Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 1. Stuttgart, 1834.Gestalt der Erde. nehmen müssen, daß die Erde nicht nur in horizontaler Richtung,sondern auch auf ihrer unteren Seite ebensowohl ein begränzter Körper ist, wie wir dieses auf der oberen Seite derselben, auf der wir uns selbst befinden, bemerken. Welche Gestalt also diese un- sere Erde auch haben mag; sie ist ein ringsum abgeschlossener Körper, dessen Oberfläche in allen seinen Theilen, mit der sie um- gebenden Luft, oder doch mit dem übrigen Weltraume in Ver- bindung steht, und da sie, wie wir gesehen haben, keine Unterlage haben kann, wenn anders noch die Sterne sich um sie bewegen sollen; so bleibt nichts übrig, als anzunehmen, daß sie frei in diesem Weltraume hängt, oder daß irgend ein unsichtbares, ein uns unbekanntes Band sie an dieser Stelle des Himmels festhält. Ein kühner Gedanke für den, der ihn zuerst gedacht hat, obschon er, wenn er anders folgerecht denken sollte, beinahe dazu gezwun- gen wurde. §. 3. (Kugelgestalt der Erde). Noch ist drittens die äußere Unsere Berge, besonders die isolirt in der Ebene stehenden, Geſtalt der Erde. nehmen müſſen, daß die Erde nicht nur in horizontaler Richtung,ſondern auch auf ihrer unteren Seite ebenſowohl ein begränzter Körper iſt, wie wir dieſes auf der oberen Seite derſelben, auf der wir uns ſelbſt befinden, bemerken. Welche Geſtalt alſo dieſe un- ſere Erde auch haben mag; ſie iſt ein ringsum abgeſchloſſener Körper, deſſen Oberfläche in allen ſeinen Theilen, mit der ſie um- gebenden Luft, oder doch mit dem übrigen Weltraume in Ver- bindung ſteht, und da ſie, wie wir geſehen haben, keine Unterlage haben kann, wenn anders noch die Sterne ſich um ſie bewegen ſollen; ſo bleibt nichts übrig, als anzunehmen, daß ſie frei in dieſem Weltraume hängt, oder daß irgend ein unſichtbares, ein uns unbekanntes Band ſie an dieſer Stelle des Himmels feſthält. Ein kühner Gedanke für den, der ihn zuerſt gedacht hat, obſchon er, wenn er anders folgerecht denken ſollte, beinahe dazu gezwun- gen wurde. §. 3. (Kugelgeſtalt der Erde). Noch iſt drittens die äußere Unſere Berge, beſonders die iſolirt in der Ebene ſtehenden, <TEI> <text> <body> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0058" n="46"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Geſtalt der Erde</hi>.</fw><lb/> nehmen müſſen, daß die Erde nicht nur in horizontaler Richtung,<lb/> ſondern auch auf ihrer unteren Seite ebenſowohl ein begränzter<lb/> Körper iſt, wie wir dieſes auf der oberen Seite derſelben, auf der<lb/> wir uns ſelbſt befinden, bemerken. Welche Geſtalt alſo dieſe un-<lb/> ſere Erde auch haben mag; ſie iſt ein ringsum abgeſchloſſener<lb/> Körper, deſſen Oberfläche in allen ſeinen Theilen, mit der ſie um-<lb/> gebenden Luft, oder doch mit dem übrigen Weltraume in Ver-<lb/> bindung ſteht, und da ſie, wie wir geſehen haben, keine Unterlage<lb/> haben kann, wenn anders noch die Sterne ſich um ſie bewegen<lb/> ſollen; ſo bleibt nichts übrig, als anzunehmen, daß ſie <hi rendition="#g">frei</hi> in<lb/> dieſem Weltraume hängt, oder daß irgend ein unſichtbares, ein<lb/> uns unbekanntes Band ſie an dieſer Stelle des Himmels feſthält.<lb/> Ein kühner Gedanke für den, der ihn zuerſt gedacht hat, obſchon<lb/> er, wenn er anders folgerecht denken ſollte, beinahe dazu gezwun-<lb/> gen wurde.</p><lb/> <p>§. 3. (Kugelgeſtalt der Erde). Noch iſt drittens die <hi rendition="#g">äußere<lb/> Form</hi> dieſer im Himmelsraume freiſchwebenden Erde zu beſtim-<lb/> men übrig. Hat ſie die Geſtalt eines Würfels, eines Cilinders<lb/> oder irgend eines andern Körpers? Solche Fragen können offen-<lb/> bar nicht durch Schlüſſe, ſondern ſie müſſen durch Beobachtungen<lb/> entſchieden werden, und gewiß, wenn wir unſere Erde aus recht<lb/> großer Entfernung, etwa aus dem Monde ſehen, oder wenn wir<lb/> ſie ganz überſehen könnten, wir würden mit dieſer unſerer Unter-<lb/> ſuchung bald im Reinen ſeyn. Da wir aber an ſie gebunden,<lb/> und da alle Wege die zum Monde führen, uns unbekannt ſind,<lb/> ſo wollen wir uns wenigſtens ſo weit über ſie erheben als wir eben<lb/> dürfen, um, weil wir das Ganze nicht überſehen können, doch<lb/> einen möglichſt großen Theil deſſelben zu erblicken.</p><lb/> <p>Unſere Berge, beſonders die iſolirt in der Ebene ſtehenden,<lb/> bieten uns dazu ein gutes Mittel. Und wie erſcheint uns da der<lb/> Theil der Erde, den wir von dem Gipfel jener Berge überſehen?<lb/> — Durchaus in der Geſtalt eines <hi rendition="#g">Kreiſes</hi>, über deſſen Mittel-<lb/> punkt wir ſelbſt zu ſtehen glauben. Immer ſehen wir die äußer-<lb/> ſten Gegenſtände der Erde, die unſeren Geſichtskreis begränzen,<lb/> in <hi rendition="#g">gleicher</hi> Entfernung von unſeren Augen, und alle <hi rendition="#g">gleich<lb/> tief</hi> unter uns. Die ſchärfſten Meſſungen mit dazu geeigneten<lb/> Inſtrumenten beſtätigen dieſe Erſcheinung vollkommen, und auf<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [46/0058]
Geſtalt der Erde.
nehmen müſſen, daß die Erde nicht nur in horizontaler Richtung,
ſondern auch auf ihrer unteren Seite ebenſowohl ein begränzter
Körper iſt, wie wir dieſes auf der oberen Seite derſelben, auf der
wir uns ſelbſt befinden, bemerken. Welche Geſtalt alſo dieſe un-
ſere Erde auch haben mag; ſie iſt ein ringsum abgeſchloſſener
Körper, deſſen Oberfläche in allen ſeinen Theilen, mit der ſie um-
gebenden Luft, oder doch mit dem übrigen Weltraume in Ver-
bindung ſteht, und da ſie, wie wir geſehen haben, keine Unterlage
haben kann, wenn anders noch die Sterne ſich um ſie bewegen
ſollen; ſo bleibt nichts übrig, als anzunehmen, daß ſie frei in
dieſem Weltraume hängt, oder daß irgend ein unſichtbares, ein
uns unbekanntes Band ſie an dieſer Stelle des Himmels feſthält.
Ein kühner Gedanke für den, der ihn zuerſt gedacht hat, obſchon
er, wenn er anders folgerecht denken ſollte, beinahe dazu gezwun-
gen wurde.
§. 3. (Kugelgeſtalt der Erde). Noch iſt drittens die äußere
Form dieſer im Himmelsraume freiſchwebenden Erde zu beſtim-
men übrig. Hat ſie die Geſtalt eines Würfels, eines Cilinders
oder irgend eines andern Körpers? Solche Fragen können offen-
bar nicht durch Schlüſſe, ſondern ſie müſſen durch Beobachtungen
entſchieden werden, und gewiß, wenn wir unſere Erde aus recht
großer Entfernung, etwa aus dem Monde ſehen, oder wenn wir
ſie ganz überſehen könnten, wir würden mit dieſer unſerer Unter-
ſuchung bald im Reinen ſeyn. Da wir aber an ſie gebunden,
und da alle Wege die zum Monde führen, uns unbekannt ſind,
ſo wollen wir uns wenigſtens ſo weit über ſie erheben als wir eben
dürfen, um, weil wir das Ganze nicht überſehen können, doch
einen möglichſt großen Theil deſſelben zu erblicken.
Unſere Berge, beſonders die iſolirt in der Ebene ſtehenden,
bieten uns dazu ein gutes Mittel. Und wie erſcheint uns da der
Theil der Erde, den wir von dem Gipfel jener Berge überſehen?
— Durchaus in der Geſtalt eines Kreiſes, über deſſen Mittel-
punkt wir ſelbſt zu ſtehen glauben. Immer ſehen wir die äußer-
ſten Gegenſtände der Erde, die unſeren Geſichtskreis begränzen,
in gleicher Entfernung von unſeren Augen, und alle gleich
tief unter uns. Die ſchärfſten Meſſungen mit dazu geeigneten
Inſtrumenten beſtätigen dieſe Erſcheinung vollkommen, und auf
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