Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 1. Stuttgart, 1834.Gestalt der Erde. der hohen See tritt sie selbst auf den ersten Blick als eine nichtweiter zu bezweifelnde Thatsache hervor. Die Schiffer nehmen bei allen ihren Beobachtungen auf diese Erscheinung Rücksicht, die bei ihnen unter der Benennung der Depression des Horizonts [Einl. §. 8] bekannt ist. Wenn uns aber die Oberfläche der Erde überall, wo wir sie §. 4. (Wieviel wir von der Erde in größeren Höhen über- Es ist für sich klar, daß wir immer mehr von dieser kugel- Geſtalt der Erde. der hohen See tritt ſie ſelbſt auf den erſten Blick als eine nichtweiter zu bezweifelnde Thatſache hervor. Die Schiffer nehmen bei allen ihren Beobachtungen auf dieſe Erſcheinung Rückſicht, die bei ihnen unter der Benennung der Depreſſion des Horizonts [Einl. §. 8] bekannt iſt. Wenn uns aber die Oberfläche der Erde überall, wo wir ſie §. 4. (Wieviel wir von der Erde in größeren Höhen über- Es iſt für ſich klar, daß wir immer mehr von dieſer kugel- <TEI> <text> <body> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0059" n="47"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Geſtalt der Erde</hi>.</fw><lb/> der hohen See tritt ſie ſelbſt auf den erſten Blick als eine nicht<lb/> weiter zu bezweifelnde Thatſache hervor. Die Schiffer nehmen<lb/> bei allen ihren Beobachtungen auf dieſe Erſcheinung Rückſicht, die<lb/> bei ihnen unter der Benennung der <hi rendition="#g">Depreſſion des Horizonts</hi><lb/> [Einl. §. 8] bekannt iſt.</p><lb/> <p>Wenn uns aber die Oberfläche der Erde überall, wo wir ſie<lb/> aus einem Punkte über ihr betrachten, von einem <hi rendition="#g">Kreiſe</hi> be-<lb/> gränzt erſcheint, ſo muß dieſe Erde ſelbſt offenbar die Geſtalt<lb/> einer <hi rendition="#g">Kugel</hi> haben, da nur bei der Kugel in <hi rendition="#g">allen</hi> ihren Thei-<lb/> len jene Erſcheinung Statt haben kann.</p><lb/> <p>§. 4. (Wieviel wir von der Erde in größeren Höhen über-<lb/> ſehen). Bleiben wir einen Augenblick bei dieſem Gegenſtande<lb/> ſtehen, um ihn etwas näher zu betrachten. — Wir werden weiter<lb/> unten ſehen, daß der Halbmeſſer dieſer Kugel 19.631.114 Pa-<lb/> riſer Fuß, oder nahe 859 3/10 deutſche Meilen beträgt, von wel-<lb/> chen eine der 15te Theil eines Grades des Umfanges der Erde<lb/> iſt, und daher 22.841 8/10 Par. Fuß hat. Dieß vorausgeſetzt, wie<lb/> viel überſehen wir von der Erde von der Spitze eines Thurmes,<lb/> oder von dem Gipfel eines Berges, deſſen Höhe gegeben iſt, und<lb/> unter welchem Winkel erſcheint uns, in jener Höhe, dieſer von<lb/> dort ſichtbare Theil der Erde?</p><lb/> <p>Es iſt für ſich klar, daß wir immer mehr von dieſer kugel-<lb/> förmigen Erde überſehen werden, je höher wir ſteigen, und daß<lb/> zugleich der uns ſichtbare Theil der Erde, obſchon er, wenn wir<lb/> uns über ihn erheben, an ſich ſelbſt immer <hi rendition="#g">größer</hi> wird, doch<lb/> ſich unſerem Auge unter einem geringeren Winkel darſtellen, oder<lb/> immer <hi rendition="#g">kleiner</hi> erſcheinen wird. So werden wir ganz nahe über<lb/> der Oberfläche der Erde, in der geringen Höhe von 13 7/10 Fuß,<lb/> auf der offenen See einen Kreis derſelben überſehen, deſſen Peri-<lb/> pherie in allen ihren Punkten nahe eine Meile von uns entfernt<lb/> iſt, aber dieſer Halbmeſſer von einer deutſchen Meile ſteht uns ſo<lb/> nahe, daß er uns unter einem ſehr großen Winkel erſcheint, der<lb/> nur vier Minuten kleiner iſt als ein Quadrant, der alſo beinahe<lb/> ein rechter Winkel iſt, oder mit anderen Worten, die geraden<lb/> Linien aus unſerem Auge an alle Punkte der Peripherie werden<lb/> nur äußerſt wenig unter dem Horizont geneigt ſeyn, und jener<lb/> Kreis ſelbſt, alſo auch mit ihm die ganze ſichtbare Erde, wird<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [47/0059]
Geſtalt der Erde.
der hohen See tritt ſie ſelbſt auf den erſten Blick als eine nicht
weiter zu bezweifelnde Thatſache hervor. Die Schiffer nehmen
bei allen ihren Beobachtungen auf dieſe Erſcheinung Rückſicht, die
bei ihnen unter der Benennung der Depreſſion des Horizonts
[Einl. §. 8] bekannt iſt.
Wenn uns aber die Oberfläche der Erde überall, wo wir ſie
aus einem Punkte über ihr betrachten, von einem Kreiſe be-
gränzt erſcheint, ſo muß dieſe Erde ſelbſt offenbar die Geſtalt
einer Kugel haben, da nur bei der Kugel in allen ihren Thei-
len jene Erſcheinung Statt haben kann.
§. 4. (Wieviel wir von der Erde in größeren Höhen über-
ſehen). Bleiben wir einen Augenblick bei dieſem Gegenſtande
ſtehen, um ihn etwas näher zu betrachten. — Wir werden weiter
unten ſehen, daß der Halbmeſſer dieſer Kugel 19.631.114 Pa-
riſer Fuß, oder nahe 859 3/10 deutſche Meilen beträgt, von wel-
chen eine der 15te Theil eines Grades des Umfanges der Erde
iſt, und daher 22.841 8/10 Par. Fuß hat. Dieß vorausgeſetzt, wie
viel überſehen wir von der Erde von der Spitze eines Thurmes,
oder von dem Gipfel eines Berges, deſſen Höhe gegeben iſt, und
unter welchem Winkel erſcheint uns, in jener Höhe, dieſer von
dort ſichtbare Theil der Erde?
Es iſt für ſich klar, daß wir immer mehr von dieſer kugel-
förmigen Erde überſehen werden, je höher wir ſteigen, und daß
zugleich der uns ſichtbare Theil der Erde, obſchon er, wenn wir
uns über ihn erheben, an ſich ſelbſt immer größer wird, doch
ſich unſerem Auge unter einem geringeren Winkel darſtellen, oder
immer kleiner erſcheinen wird. So werden wir ganz nahe über
der Oberfläche der Erde, in der geringen Höhe von 13 7/10 Fuß,
auf der offenen See einen Kreis derſelben überſehen, deſſen Peri-
pherie in allen ihren Punkten nahe eine Meile von uns entfernt
iſt, aber dieſer Halbmeſſer von einer deutſchen Meile ſteht uns ſo
nahe, daß er uns unter einem ſehr großen Winkel erſcheint, der
nur vier Minuten kleiner iſt als ein Quadrant, der alſo beinahe
ein rechter Winkel iſt, oder mit anderen Worten, die geraden
Linien aus unſerem Auge an alle Punkte der Peripherie werden
nur äußerſt wenig unter dem Horizont geneigt ſeyn, und jener
Kreis ſelbſt, alſo auch mit ihm die ganze ſichtbare Erde, wird
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