Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836.

Bild:
<< vorherige Seite
Periodische Störungen.

Die Astronomen haben diese Störungen für alle sieben
älteren Planeten, Uranus und die Erde auf das genaueste
berechnet. Man findet sie in dem dritten Theile der Mecanique
celeste
von Laplace. Auf diese Rechnungen sind dann die Tafeln
gegründet worden, durch welche die Bestimmung des Ortes jedes
Planeten für jede gegebene Zeit zugleich ungemein erleichtert und
gesichert wird. Die besten Planetentafeln, deren wir uns jetzt
bedienen, sind die der Sonne, oder vielmehr der Erde von De-
lambre und Carlini, -- des Merkur, der Venus und des Mars
von Lindenau, und endlich der drei von der Sonne entferntesten
Planeten von Bouvard; für die vier neuen Planeten hat man
noch keine solche Tafeln entworfen, weil ihre großen Excentrici-
täten und Neigungen der genauen Bestimmung derselben noch zu
viele Hindernisse entgegen stellen.

§. 84. (Merkwürdige Störung zwischen Jupiter und Saturn.)
Unter diesen periodischen Störungen der Planeten sind vorzüglich
zwei, die zwischen den beiden größten Planeten unseres Sonnen-
systems statt haben, merkwürdig geworden. Schon Halley, New-
tons Coaeve, hatte bemerkt, daß die Umlaufszeit Saturns zur
Zeit des Hipparch (140 Jahre vor Chr.) größer, und die des Ju-
piter im Gegentheile kleiner war, als zu seiner Zeit, oder daß
die mittlere Bewegung des Saturn seitdem langsamer, und die
des Jupiter geschwinder geworden sey. Diese Entdeckung war
um so auffallender, da man bei allen andern Planeten diese Um-
laufszeiten aus den älteren und neueren Beobachtungen durchaus
constant oder unveränderlich gefunden hatte (I. §. 125), und da
man bald darauf auch durch die Theorie belehrt wurde, daß
dieses Element der Planetenbahnen in der That immer dasselbe
bleiben müsse.

Euler war der erste, der diese sonderbare Entdeckung der
Analyse zu unterwerfen suchte. Er fand auch in der That eine
solche Verzögerung des einen, und eine Beschleunigung des an-
dern jener beiden Planeten, aber da er durch seine Theorie beide
von gleicher Größe gefunden hatte, was mit den Beobachtungen
nicht übereinstimmte, so konnte seine Erklärung dieser Erscheinung,
so sinnreich sie auch war, nicht angenommen werden. Auch La-
grange beschäftigte sich später mit diesem eben so schwierigen, als

Periodiſche Störungen.

Die Aſtronomen haben dieſe Störungen für alle ſieben
älteren Planeten, Uranus und die Erde auf das genaueſte
berechnet. Man findet ſie in dem dritten Theile der Mécanique
céleste
von Laplace. Auf dieſe Rechnungen ſind dann die Tafeln
gegründet worden, durch welche die Beſtimmung des Ortes jedes
Planeten für jede gegebene Zeit zugleich ungemein erleichtert und
geſichert wird. Die beſten Planetentafeln, deren wir uns jetzt
bedienen, ſind die der Sonne, oder vielmehr der Erde von De-
lambre und Carlini, — des Merkur, der Venus und des Mars
von Lindenau, und endlich der drei von der Sonne entfernteſten
Planeten von Bouvard; für die vier neuen Planeten hat man
noch keine ſolche Tafeln entworfen, weil ihre großen Excentrici-
täten und Neigungen der genauen Beſtimmung derſelben noch zu
viele Hinderniſſe entgegen ſtellen.

§. 84. (Merkwürdige Störung zwiſchen Jupiter und Saturn.)
Unter dieſen periodiſchen Störungen der Planeten ſind vorzüglich
zwei, die zwiſchen den beiden größten Planeten unſeres Sonnen-
ſyſtems ſtatt haben, merkwürdig geworden. Schon Halley, New-
tons Coaeve, hatte bemerkt, daß die Umlaufszeit Saturns zur
Zeit des Hipparch (140 Jahre vor Chr.) größer, und die des Ju-
piter im Gegentheile kleiner war, als zu ſeiner Zeit, oder daß
die mittlere Bewegung des Saturn ſeitdem langſamer, und die
des Jupiter geſchwinder geworden ſey. Dieſe Entdeckung war
um ſo auffallender, da man bei allen andern Planeten dieſe Um-
laufszeiten aus den älteren und neueren Beobachtungen durchaus
conſtant oder unveränderlich gefunden hatte (I. §. 125), und da
man bald darauf auch durch die Theorie belehrt wurde, daß
dieſes Element der Planetenbahnen in der That immer daſſelbe
bleiben müſſe.

Euler war der erſte, der dieſe ſonderbare Entdeckung der
Analyſe zu unterwerfen ſuchte. Er fand auch in der That eine
ſolche Verzögerung des einen, und eine Beſchleunigung des an-
dern jener beiden Planeten, aber da er durch ſeine Theorie beide
von gleicher Größe gefunden hatte, was mit den Beobachtungen
nicht übereinſtimmte, ſo konnte ſeine Erklärung dieſer Erſcheinung,
ſo ſinnreich ſie auch war, nicht angenommen werden. Auch La-
grange beſchäftigte ſich ſpäter mit dieſem eben ſo ſchwierigen, als

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0137" n="125"/>
              <fw place="top" type="header">Periodi&#x017F;che Störungen.</fw><lb/>
              <p>Die A&#x017F;tronomen haben die&#x017F;e Störungen für alle &#x017F;ieben<lb/>
älteren Planeten, Uranus und die Erde auf das genaue&#x017F;te<lb/>
berechnet. Man findet &#x017F;ie in dem dritten Theile der <hi rendition="#aq">Mécanique<lb/>
céleste</hi> von Laplace. Auf die&#x017F;e Rechnungen &#x017F;ind dann die Tafeln<lb/>
gegründet worden, durch welche die Be&#x017F;timmung des Ortes jedes<lb/>
Planeten für jede gegebene Zeit zugleich ungemein erleichtert und<lb/>
ge&#x017F;ichert wird. Die be&#x017F;ten Planetentafeln, deren wir uns jetzt<lb/>
bedienen, &#x017F;ind die der Sonne, oder vielmehr der Erde von De-<lb/>
lambre und Carlini, &#x2014; des Merkur, der Venus und des Mars<lb/>
von Lindenau, und endlich der drei von der Sonne entfernte&#x017F;ten<lb/>
Planeten von Bouvard; für die vier neuen Planeten hat man<lb/>
noch keine &#x017F;olche Tafeln entworfen, weil ihre großen Excentrici-<lb/>
täten und Neigungen der genauen Be&#x017F;timmung der&#x017F;elben noch zu<lb/>
viele Hinderni&#x017F;&#x017F;e entgegen &#x017F;tellen.</p><lb/>
              <p>§. 84. (Merkwürdige Störung zwi&#x017F;chen Jupiter und Saturn.)<lb/>
Unter die&#x017F;en periodi&#x017F;chen Störungen der Planeten &#x017F;ind vorzüglich<lb/>
zwei, die zwi&#x017F;chen den beiden größten Planeten un&#x017F;eres Sonnen-<lb/>
&#x017F;y&#x017F;tems &#x017F;tatt haben, merkwürdig geworden. Schon Halley, New-<lb/>
tons Coaeve, hatte bemerkt, daß die Umlaufszeit Saturns zur<lb/>
Zeit des Hipparch (140 Jahre vor Chr.) größer, und die des Ju-<lb/>
piter im Gegentheile kleiner war, als zu &#x017F;einer Zeit, oder daß<lb/>
die mittlere Bewegung des Saturn &#x017F;eitdem lang&#x017F;amer, und die<lb/>
des Jupiter ge&#x017F;chwinder geworden &#x017F;ey. Die&#x017F;e Entdeckung war<lb/>
um &#x017F;o auffallender, da man bei allen andern Planeten die&#x017F;e Um-<lb/>
laufszeiten aus den älteren und neueren Beobachtungen durchaus<lb/>
con&#x017F;tant oder unveränderlich gefunden hatte (<hi rendition="#aq">I.</hi> §. 125), und da<lb/>
man bald darauf auch durch die Theorie belehrt wurde, daß<lb/>
die&#x017F;es Element der Planetenbahnen in der That immer da&#x017F;&#x017F;elbe<lb/>
bleiben mü&#x017F;&#x017F;e.</p><lb/>
              <p>Euler war der er&#x017F;te, der die&#x017F;e &#x017F;onderbare Entdeckung der<lb/>
Analy&#x017F;e zu unterwerfen &#x017F;uchte. Er fand auch in der That eine<lb/>
&#x017F;olche Verzögerung des einen, und eine Be&#x017F;chleunigung des an-<lb/>
dern jener beiden Planeten, aber da er durch &#x017F;eine Theorie beide<lb/>
von gleicher Größe gefunden hatte, was mit den Beobachtungen<lb/>
nicht überein&#x017F;timmte, &#x017F;o konnte &#x017F;eine Erklärung die&#x017F;er Er&#x017F;cheinung,<lb/>
&#x017F;o &#x017F;innreich &#x017F;ie auch war, nicht angenommen werden. Auch La-<lb/>
grange be&#x017F;chäftigte &#x017F;ich &#x017F;päter mit die&#x017F;em eben &#x017F;o &#x017F;chwierigen, als<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[125/0137] Periodiſche Störungen. Die Aſtronomen haben dieſe Störungen für alle ſieben älteren Planeten, Uranus und die Erde auf das genaueſte berechnet. Man findet ſie in dem dritten Theile der Mécanique céleste von Laplace. Auf dieſe Rechnungen ſind dann die Tafeln gegründet worden, durch welche die Beſtimmung des Ortes jedes Planeten für jede gegebene Zeit zugleich ungemein erleichtert und geſichert wird. Die beſten Planetentafeln, deren wir uns jetzt bedienen, ſind die der Sonne, oder vielmehr der Erde von De- lambre und Carlini, — des Merkur, der Venus und des Mars von Lindenau, und endlich der drei von der Sonne entfernteſten Planeten von Bouvard; für die vier neuen Planeten hat man noch keine ſolche Tafeln entworfen, weil ihre großen Excentrici- täten und Neigungen der genauen Beſtimmung derſelben noch zu viele Hinderniſſe entgegen ſtellen. §. 84. (Merkwürdige Störung zwiſchen Jupiter und Saturn.) Unter dieſen periodiſchen Störungen der Planeten ſind vorzüglich zwei, die zwiſchen den beiden größten Planeten unſeres Sonnen- ſyſtems ſtatt haben, merkwürdig geworden. Schon Halley, New- tons Coaeve, hatte bemerkt, daß die Umlaufszeit Saturns zur Zeit des Hipparch (140 Jahre vor Chr.) größer, und die des Ju- piter im Gegentheile kleiner war, als zu ſeiner Zeit, oder daß die mittlere Bewegung des Saturn ſeitdem langſamer, und die des Jupiter geſchwinder geworden ſey. Dieſe Entdeckung war um ſo auffallender, da man bei allen andern Planeten dieſe Um- laufszeiten aus den älteren und neueren Beobachtungen durchaus conſtant oder unveränderlich gefunden hatte (I. §. 125), und da man bald darauf auch durch die Theorie belehrt wurde, daß dieſes Element der Planetenbahnen in der That immer daſſelbe bleiben müſſe. Euler war der erſte, der dieſe ſonderbare Entdeckung der Analyſe zu unterwerfen ſuchte. Er fand auch in der That eine ſolche Verzögerung des einen, und eine Beſchleunigung des an- dern jener beiden Planeten, aber da er durch ſeine Theorie beide von gleicher Größe gefunden hatte, was mit den Beobachtungen nicht übereinſtimmte, ſo konnte ſeine Erklärung dieſer Erſcheinung, ſo ſinnreich ſie auch war, nicht angenommen werden. Auch La- grange beſchäftigte ſich ſpäter mit dieſem eben ſo ſchwierigen, als

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836/137
Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836/137>, abgerufen am 31.10.2024.