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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836.

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Säculäre Störungen.
müsse, aus welchen überhaupt alle Störungen dieses Satelliten
zu erklären seyn sollen. Wenn in der That die Erde in ihrer
Bahn sich der Sonne allmählich näherte, oder von ihr entfernte, so
würde sich dadurch auch die Entfernung des Mittelpunkts der
Mondsbahn von der Sonne ändern, und es ist kein Zweifel, daß
dadurch eine Vergrößerung oder eine Verkleinerung dieser Monds-
bahn selbst hervorgebracht werden müßte. Allein die große Axe
der Erdbahn ist, wie die aller Planeten, unveränderlich, und jene
Voraussetzung einer veränderlichen Entfernung der Erde von der
Sonne scheint sonach unzulässig zu seyn.

Erinnert man sich aber, daß die Excentricität der Erdbahn,
den Beobachtungen gemäß, seit den ältesten Zeiten immer kleiner
wird, daß also auch die elliptische Erdbahn, obschon die große
Axe derselben unveränderlich ist, einem Kreise immer näher
kömmt, so folgt daraus, daß auch die Sonne seit jener Zeit dem
Mittelpunkte der Mondsbahn im Allgemeinen immer näher rücken,
und daß dadurch die Wirkung der Sonne auf die Bewegung des
Mondes vergrößert werden muß. Lagrange hat der Erste diesen
Grund der Acceleration der mittleren Bewegung des Mondes
nachgewiesen, und Laplace hat denselben durch seine darüber an-
gestellten Berechnungen über allen Zweifel erhoben. Die Wir-
kung der Sonne auf den Mond hängt von der Entfernung der
Sonne von der Erde ab; diese Entfernung aber hängt von der
Excentricität der Erdbahn ab, und da die letzte veränderlich ist,
so muß es auch die erste seyn. Die mathematische Analyse gibt
die Größe dieser Aenderung des Sonneneinflusses, also auch die
Größe der daraus entspringenden Veränderung in der mittleren
Bewegung des Mondes, und zwar mit den Beobachtungen voll-
kommen übereinstimmend. Nennt man t die, seit dem Jahre 1800
verflossenen Jahrhunderte, so beträgt diese Aenderung der mittle-
ren Länge des Mondes 10,72 tt Sekunden, oder diese Länge ist
i. J. 1900 um 10,72 Sekunden größer, als sie aus der Umlaufs-
zeit, die der Mond i. J. 1800 hatte, folgen würde.

§. 89. (Säculäre Bewegung der Absiden- und Knoten-Linie.)
Dieselbe Theorie hat auch gezeigt, daß die oben (§. 85 und 86)
erwähnten Bewegungen der Absiden- und der Knoten-Linie der
Mondsbahn ähnlichen säculären Störungen unterworfen sind, die

Säculäre Störungen.
müſſe, aus welchen überhaupt alle Störungen dieſes Satelliten
zu erklären ſeyn ſollen. Wenn in der That die Erde in ihrer
Bahn ſich der Sonne allmählich näherte, oder von ihr entfernte, ſo
würde ſich dadurch auch die Entfernung des Mittelpunkts der
Mondsbahn von der Sonne ändern, und es iſt kein Zweifel, daß
dadurch eine Vergrößerung oder eine Verkleinerung dieſer Monds-
bahn ſelbſt hervorgebracht werden müßte. Allein die große Axe
der Erdbahn iſt, wie die aller Planeten, unveränderlich, und jene
Vorausſetzung einer veränderlichen Entfernung der Erde von der
Sonne ſcheint ſonach unzuläſſig zu ſeyn.

Erinnert man ſich aber, daß die Excentricität der Erdbahn,
den Beobachtungen gemäß, ſeit den älteſten Zeiten immer kleiner
wird, daß alſo auch die elliptiſche Erdbahn, obſchon die große
Axe derſelben unveränderlich iſt, einem Kreiſe immer näher
kömmt, ſo folgt daraus, daß auch die Sonne ſeit jener Zeit dem
Mittelpunkte der Mondsbahn im Allgemeinen immer näher rücken,
und daß dadurch die Wirkung der Sonne auf die Bewegung des
Mondes vergrößert werden muß. Lagrange hat der Erſte dieſen
Grund der Acceleration der mittleren Bewegung des Mondes
nachgewieſen, und Laplace hat denſelben durch ſeine darüber an-
geſtellten Berechnungen über allen Zweifel erhoben. Die Wir-
kung der Sonne auf den Mond hängt von der Entfernung der
Sonne von der Erde ab; dieſe Entfernung aber hängt von der
Excentricität der Erdbahn ab, und da die letzte veränderlich iſt,
ſo muß es auch die erſte ſeyn. Die mathematiſche Analyſe gibt
die Größe dieſer Aenderung des Sonneneinfluſſes, alſo auch die
Größe der daraus entſpringenden Veränderung in der mittleren
Bewegung des Mondes, und zwar mit den Beobachtungen voll-
kommen übereinſtimmend. Nennt man t die, ſeit dem Jahre 1800
verfloſſenen Jahrhunderte, ſo beträgt dieſe Aenderung der mittle-
ren Länge des Mondes 10,72 tt Sekunden, oder dieſe Länge iſt
i. J. 1900 um 10,72 Sekunden größer, als ſie aus der Umlaufs-
zeit, die der Mond i. J. 1800 hatte, folgen würde.

§. 89. (Säculäre Bewegung der Abſiden- und Knoten-Linie.)
Dieſelbe Theorie hat auch gezeigt, daß die oben (§. 85 und 86)
erwähnten Bewegungen der Abſiden- und der Knoten-Linie der
Mondsbahn ähnlichen ſäculären Störungen unterworfen ſind, die

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[133/0145] Säculäre Störungen. müſſe, aus welchen überhaupt alle Störungen dieſes Satelliten zu erklären ſeyn ſollen. Wenn in der That die Erde in ihrer Bahn ſich der Sonne allmählich näherte, oder von ihr entfernte, ſo würde ſich dadurch auch die Entfernung des Mittelpunkts der Mondsbahn von der Sonne ändern, und es iſt kein Zweifel, daß dadurch eine Vergrößerung oder eine Verkleinerung dieſer Monds- bahn ſelbſt hervorgebracht werden müßte. Allein die große Axe der Erdbahn iſt, wie die aller Planeten, unveränderlich, und jene Vorausſetzung einer veränderlichen Entfernung der Erde von der Sonne ſcheint ſonach unzuläſſig zu ſeyn. Erinnert man ſich aber, daß die Excentricität der Erdbahn, den Beobachtungen gemäß, ſeit den älteſten Zeiten immer kleiner wird, daß alſo auch die elliptiſche Erdbahn, obſchon die große Axe derſelben unveränderlich iſt, einem Kreiſe immer näher kömmt, ſo folgt daraus, daß auch die Sonne ſeit jener Zeit dem Mittelpunkte der Mondsbahn im Allgemeinen immer näher rücken, und daß dadurch die Wirkung der Sonne auf die Bewegung des Mondes vergrößert werden muß. Lagrange hat der Erſte dieſen Grund der Acceleration der mittleren Bewegung des Mondes nachgewieſen, und Laplace hat denſelben durch ſeine darüber an- geſtellten Berechnungen über allen Zweifel erhoben. Die Wir- kung der Sonne auf den Mond hängt von der Entfernung der Sonne von der Erde ab; dieſe Entfernung aber hängt von der Excentricität der Erdbahn ab, und da die letzte veränderlich iſt, ſo muß es auch die erſte ſeyn. Die mathematiſche Analyſe gibt die Größe dieſer Aenderung des Sonneneinfluſſes, alſo auch die Größe der daraus entſpringenden Veränderung in der mittleren Bewegung des Mondes, und zwar mit den Beobachtungen voll- kommen übereinſtimmend. Nennt man t die, ſeit dem Jahre 1800 verfloſſenen Jahrhunderte, ſo beträgt dieſe Aenderung der mittle- ren Länge des Mondes 10,72 tt Sekunden, oder dieſe Länge iſt i. J. 1900 um 10,72 Sekunden größer, als ſie aus der Umlaufs- zeit, die der Mond i. J. 1800 hatte, folgen würde. §. 89. (Säculäre Bewegung der Abſiden- und Knoten-Linie.) Dieſelbe Theorie hat auch gezeigt, daß die oben (§. 85 und 86) erwähnten Bewegungen der Abſiden- und der Knoten-Linie der Mondsbahn ähnlichen ſäculären Störungen unterworfen ſind, die

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Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836/145>, abgerufen am 01.11.2024.