Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836.

Bild:
<< vorherige Seite

Säculäre Störungen.
welche diese Excentricität nie überschreiten kann. Die Perioden,
während welcher sie von ihren größten Werthen zu ihren kleinsten,
und umgekehrt übergeht, enthalten viele Jahrtausende, und kön-
nen jetzt, wo die Massen der Planeten noch nicht mit aller Schärfe
bekannt sind, nicht mit Genauigkeit bestimmt werden. Nach den
vorläufig darüber angestellten Rechnungen war die Excentricität
der Erdbahn in dem Jahre 11400 vor Chr. G. in ihrem größten
Werthe, und betrug 0,0196. Von jener Zeit nimmt sie durch
48300 Jahre immer ab, und wird erst i. J. 36900 nach Christo
ihren kleinsten Werth 0,00393 haben, und dann allmählig wieder
zunehmen, so daß also ihre Periode nahe 48300 Jahre beträgt,
in welchen sie um 0,01567 Theile der großen Halbaxe der Erdbahn
abgenommen hat.

§. 91. (Säculäre Störungen der Planeten.) Nach diesen
kurzen Betrachtungen der säculären Störungen des Mondes gehen
wir nun zu denen der Planeten über. Es wurde bereits oben
gesagt, daß die strenge Auflösung dieses Problems die Kräfte
unserer Analyse übersteigt, und daß man sich daher mit einer
bloßen Annäherung begnügen muß, die uns glücklicherweise durch
mehrere Einrichtungen unseres Sonnensystems sehr erleichtert
wird. Demungeachtet ist die Aufgabe auch so noch sehr schwer
und verwickelt, wie sie denn auch den vorzüglichsten Geometern,
die seit Newton gelebt haben, Beschäftigung genug gegeben hat.
Gewöhnlich stellt man sich dabei einen imaginären Planeten vor,
der sich nach Keplers Gesetze in einer Ellipse bewegt, deren Ele-
mente selbst sich allmählig ändern, während sich um diesen einge-
bildeten Planeten der wahre in einer kleinen Bahn bewegt,
deren Natur von den periodischen Störungen abhängt, indeß die
erwähnten Aenderungen der elliptischen Elemente die säculären
Störungen des Planeten geben. Es würde dem Zwecke dieser
Schrift ganz unangemessen seyn, uns in eine nähere Darstellung
der hieher gehörenden Berechnungen einzulassen, daher wir uns
begnügen, nur die vorzüglichsten Resultate derselben mehr ge-
schichtlich, als mit ihren Gründen, anzuführen.

§. 92. (Störung der Knoten und Neigungen.) Wenn man
sich zwei einander schneidende Planetenbahnen, z. B. auf der
Oberfläche eines Globus, vorzeichnet, so sieht man gleichsam auf

Säculäre Störungen.
welche dieſe Excentricität nie überſchreiten kann. Die Perioden,
während welcher ſie von ihren größten Werthen zu ihren kleinſten,
und umgekehrt übergeht, enthalten viele Jahrtauſende, und kön-
nen jetzt, wo die Maſſen der Planeten noch nicht mit aller Schärfe
bekannt ſind, nicht mit Genauigkeit beſtimmt werden. Nach den
vorläufig darüber angeſtellten Rechnungen war die Excentricität
der Erdbahn in dem Jahre 11400 vor Chr. G. in ihrem größten
Werthe, und betrug 0,0196. Von jener Zeit nimmt ſie durch
48300 Jahre immer ab, und wird erſt i. J. 36900 nach Chriſto
ihren kleinſten Werth 0,00393 haben, und dann allmählig wieder
zunehmen, ſo daß alſo ihre Periode nahe 48300 Jahre beträgt,
in welchen ſie um 0,01567 Theile der großen Halbaxe der Erdbahn
abgenommen hat.

§. 91. (Säculäre Störungen der Planeten.) Nach dieſen
kurzen Betrachtungen der ſäculären Störungen des Mondes gehen
wir nun zu denen der Planeten über. Es wurde bereits oben
geſagt, daß die ſtrenge Auflöſung dieſes Problems die Kräfte
unſerer Analyſe überſteigt, und daß man ſich daher mit einer
bloßen Annäherung begnügen muß, die uns glücklicherweiſe durch
mehrere Einrichtungen unſeres Sonnenſyſtems ſehr erleichtert
wird. Demungeachtet iſt die Aufgabe auch ſo noch ſehr ſchwer
und verwickelt, wie ſie denn auch den vorzüglichſten Geometern,
die ſeit Newton gelebt haben, Beſchäftigung genug gegeben hat.
Gewöhnlich ſtellt man ſich dabei einen imaginären Planeten vor,
der ſich nach Keplers Geſetze in einer Ellipſe bewegt, deren Ele-
mente ſelbſt ſich allmählig ändern, während ſich um dieſen einge-
bildeten Planeten der wahre in einer kleinen Bahn bewegt,
deren Natur von den periodiſchen Störungen abhängt, indeß die
erwähnten Aenderungen der elliptiſchen Elemente die ſäculären
Störungen des Planeten geben. Es würde dem Zwecke dieſer
Schrift ganz unangemeſſen ſeyn, uns in eine nähere Darſtellung
der hieher gehörenden Berechnungen einzulaſſen, daher wir uns
begnügen, nur die vorzüglichſten Reſultate derſelben mehr ge-
ſchichtlich, als mit ihren Gründen, anzuführen.

§. 92. (Störung der Knoten und Neigungen.) Wenn man
ſich zwei einander ſchneidende Planetenbahnen, z. B. auf der
Oberfläche eines Globus, vorzeichnet, ſo ſieht man gleichſam auf

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0147" n="135"/><fw place="top" type="header">Säculäre Störungen.</fw><lb/>
welche die&#x017F;e Excentricität nie über&#x017F;chreiten kann. Die Perioden,<lb/>
während welcher &#x017F;ie von ihren größten Werthen zu ihren klein&#x017F;ten,<lb/>
und umgekehrt übergeht, enthalten viele Jahrtau&#x017F;ende, und kön-<lb/>
nen jetzt, wo die Ma&#x017F;&#x017F;en der Planeten noch nicht mit aller Schärfe<lb/>
bekannt &#x017F;ind, nicht mit Genauigkeit be&#x017F;timmt werden. Nach den<lb/>
vorläufig darüber ange&#x017F;tellten Rechnungen war die Excentricität<lb/>
der Erdbahn in dem Jahre 11400 vor Chr. G. in ihrem größten<lb/>
Werthe, und betrug 0,<hi rendition="#sub">0196</hi>. Von jener Zeit nimmt &#x017F;ie durch<lb/>
48300 Jahre immer ab, und wird er&#x017F;t i. J. 36900 nach Chri&#x017F;to<lb/>
ihren klein&#x017F;ten Werth 0,<hi rendition="#sub">00393</hi> haben, und dann allmählig wieder<lb/>
zunehmen, &#x017F;o daß al&#x017F;o ihre Periode nahe 48300 Jahre beträgt,<lb/>
in welchen &#x017F;ie um 0,<hi rendition="#sub">01567</hi> Theile der großen Halbaxe der Erdbahn<lb/>
abgenommen hat.</p><lb/>
              <p>§. 91. (Säculäre Störungen der Planeten.) Nach die&#x017F;en<lb/>
kurzen Betrachtungen der &#x017F;äculären Störungen des Mondes gehen<lb/>
wir nun zu denen der Planeten über. Es wurde bereits oben<lb/>
ge&#x017F;agt, daß die &#x017F;trenge Auflö&#x017F;ung die&#x017F;es Problems die Kräfte<lb/>
un&#x017F;erer Analy&#x017F;e über&#x017F;teigt, und daß man &#x017F;ich daher mit einer<lb/>
bloßen Annäherung begnügen muß, die uns glücklicherwei&#x017F;e durch<lb/>
mehrere Einrichtungen un&#x017F;eres Sonnen&#x017F;y&#x017F;tems &#x017F;ehr erleichtert<lb/>
wird. Demungeachtet i&#x017F;t die Aufgabe auch &#x017F;o noch &#x017F;ehr &#x017F;chwer<lb/>
und verwickelt, wie &#x017F;ie denn auch den vorzüglich&#x017F;ten Geometern,<lb/>
die &#x017F;eit Newton gelebt haben, Be&#x017F;chäftigung genug gegeben hat.<lb/>
Gewöhnlich &#x017F;tellt man &#x017F;ich dabei einen imaginären Planeten vor,<lb/>
der &#x017F;ich nach Keplers Ge&#x017F;etze in einer Ellip&#x017F;e bewegt, deren Ele-<lb/>
mente &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;ich allmählig ändern, während &#x017F;ich um die&#x017F;en einge-<lb/>
bildeten Planeten der <hi rendition="#g">wahre</hi> in einer kleinen Bahn bewegt,<lb/>
deren Natur von den periodi&#x017F;chen Störungen abhängt, indeß die<lb/>
erwähnten Aenderungen der ellipti&#x017F;chen Elemente die &#x017F;äculären<lb/>
Störungen des Planeten geben. Es würde dem Zwecke die&#x017F;er<lb/>
Schrift ganz unangeme&#x017F;&#x017F;en &#x017F;eyn, uns in eine nähere Dar&#x017F;tellung<lb/>
der hieher gehörenden Berechnungen einzula&#x017F;&#x017F;en, daher wir uns<lb/>
begnügen, nur die vorzüglich&#x017F;ten Re&#x017F;ultate der&#x017F;elben mehr ge-<lb/>
&#x017F;chichtlich, als mit ihren Gründen, anzuführen.</p><lb/>
              <p>§. 92. (Störung der Knoten und Neigungen.) Wenn man<lb/>
&#x017F;ich zwei einander &#x017F;chneidende Planetenbahnen, z. B. auf der<lb/>
Oberfläche eines Globus, vorzeichnet, &#x017F;o &#x017F;ieht man gleich&#x017F;am auf<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[135/0147] Säculäre Störungen. welche dieſe Excentricität nie überſchreiten kann. Die Perioden, während welcher ſie von ihren größten Werthen zu ihren kleinſten, und umgekehrt übergeht, enthalten viele Jahrtauſende, und kön- nen jetzt, wo die Maſſen der Planeten noch nicht mit aller Schärfe bekannt ſind, nicht mit Genauigkeit beſtimmt werden. Nach den vorläufig darüber angeſtellten Rechnungen war die Excentricität der Erdbahn in dem Jahre 11400 vor Chr. G. in ihrem größten Werthe, und betrug 0,0196. Von jener Zeit nimmt ſie durch 48300 Jahre immer ab, und wird erſt i. J. 36900 nach Chriſto ihren kleinſten Werth 0,00393 haben, und dann allmählig wieder zunehmen, ſo daß alſo ihre Periode nahe 48300 Jahre beträgt, in welchen ſie um 0,01567 Theile der großen Halbaxe der Erdbahn abgenommen hat. §. 91. (Säculäre Störungen der Planeten.) Nach dieſen kurzen Betrachtungen der ſäculären Störungen des Mondes gehen wir nun zu denen der Planeten über. Es wurde bereits oben geſagt, daß die ſtrenge Auflöſung dieſes Problems die Kräfte unſerer Analyſe überſteigt, und daß man ſich daher mit einer bloßen Annäherung begnügen muß, die uns glücklicherweiſe durch mehrere Einrichtungen unſeres Sonnenſyſtems ſehr erleichtert wird. Demungeachtet iſt die Aufgabe auch ſo noch ſehr ſchwer und verwickelt, wie ſie denn auch den vorzüglichſten Geometern, die ſeit Newton gelebt haben, Beſchäftigung genug gegeben hat. Gewöhnlich ſtellt man ſich dabei einen imaginären Planeten vor, der ſich nach Keplers Geſetze in einer Ellipſe bewegt, deren Ele- mente ſelbſt ſich allmählig ändern, während ſich um dieſen einge- bildeten Planeten der wahre in einer kleinen Bahn bewegt, deren Natur von den periodiſchen Störungen abhängt, indeß die erwähnten Aenderungen der elliptiſchen Elemente die ſäculären Störungen des Planeten geben. Es würde dem Zwecke dieſer Schrift ganz unangemeſſen ſeyn, uns in eine nähere Darſtellung der hieher gehörenden Berechnungen einzulaſſen, daher wir uns begnügen, nur die vorzüglichſten Reſultate derſelben mehr ge- ſchichtlich, als mit ihren Gründen, anzuführen. §. 92. (Störung der Knoten und Neigungen.) Wenn man ſich zwei einander ſchneidende Planetenbahnen, z. B. auf der Oberfläche eines Globus, vorzeichnet, ſo ſieht man gleichſam auf

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836/147
Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836/147>, abgerufen am 01.11.2024.