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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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[Spaltenumbruch] Verhängniß unvermuthet seinem Leben und
Gebiete/ nicht aber seinem noch herrlichen
Nachruhme einen Grentzstein.

Die Sonne fing nun an zu Golde zu gehen/
und es trat des Feldherrn Jägermeister zugleich
in den Saal mit Erinnerung: es wäre hohe Zeit
zur Rückkehr/ im Fall sie daselbst nicht über-
nachten wolten. Weil aber diese Fürsten diß letz-
tere bey ihrem erstern Ausritte zu thun Beden-
cken hatten/ befahlen sie ihre Pferde zur Stelle
zu bringen. Malovend aber fing an: Jch habe
meine versprochene Erzehlung übel eingetheilt/
und ich bleibe noch die Geschicht dieser vier letz-
tern Feldherren schuldig. Zu der letztern zwey-
en/ nehmlich Aembrichs und Segimers unge-
meinen Zufällen bedinge ich mir einen beson-
dern Tag aus/ von dem neundten und zehen-
den aber/ nehmlich dem Roderich und Malorich
wil ich zu Pferde noch etwas weniges erweh-
nen.

Als sie nun auff dem Rückwege begriffen wa-
ren/ fuhr Malovend fort: Beyde diese Feld-
herren sind Klodomirs Söhne/ und betrat Ro-
derich nach seines Vaters Tode alle väterliche
Throne; diese befestigte er mit Gerechtigkeit/
Deutschland erhielter durch Vereinbarung sei-
ner Glieder in einer herrlichen Eintracht/ und
beseligte es mit dem güldnen Frieden. Jn Pan-
nonien und Dacien aber führte er wider drey
Seythische Könige/ nehmlich dem Turama/
der nach des Miles seines Vaters Tode auff
seinem Grabe fünff Brüder abschlachtete/ dem
Mehdum/ welcher seinen Thron auf siebenzehn
erwürgte Leichen seiner Brüder gründete/ und
dem Techma/ der seinem eigenen Bruder die Au-
gen ausstach/ mit grosser Hertzhafftigkeit Krieg.
Er gewann unterschiedene Schlachten/ erober-
te etliche verlohrne Festungen/ und insonderheit
durch eine besondere Kriegs-List des Ritters
Schwartzenburg die durch Zagheit eines Pan-
nonischen Edelmanns den Scythen ohne Noth
übergebene Stadt Arabo. Er bemächtigte sich
[Spaltenumbruch] eines Theils Daciens über dem Flusse Pathis-
sus/ allwo ein Marsingischer Ritter Reder in
der Festung Nidavar die gantze Scythische
Macht mit unglaublichem Heldenmuthe auff-
hielt/ und nach Verlust unzehlbarer Stürme
abzuweichen zwang. Er zwang den König
der Dacier Gundimes zu einem Vergleiche/
krafft dessen nach seinem Absterben ihm seine
Länder heimfallen solten/ und als dieser seiner
Zusage wider kam/ in dem er seinem Vetter Na-
sared seine Herrschafft einräumte/ wurden die
Dacier und Scythen auffs Haupt geschlagen/
und Nasared selbst muste seine Untreu mit sei-
nem Halse bezahlen. Ob sich nun wohl hier-
auff Tabisock zum Oberhaupte der Dacier
auffwarff/ und vom Könige Techma beschir-
met ward/ so zwang doch Roderich jenen/ daß
er ihn für seinen Lehns-Herrn erkennen/ dieser
aber einen billichen Frieden eingehen muste.
Sintemahl der grosse Mithridates der Par-
then König um den Tod seines Vaters Arta-
bans/ welchen die Thocharischen Scythen in ei-
ner Schlacht erschlagen hatten/ wie auch sei-
nes Groß-Vaters Phraates/ der eben so um-
kommen war/ zu rächen/ nicht allein ihnen
die vorhin verlohrnen Städte Tauris und Ar-
tzirum wieder abgenommen/ sondern auch den
Scythischen Bund-Genossen Artavasden
geschlagen/ sich seines Armeniens bemächti-
get/ und in das Hertze des Scythischen Rei-
ches mit Feuer und Schwerdt gedrungen war.
Dieser Mithridates schickte eine prächtige Ge-
sandtschafft an den Roderich mit kostbaren Ge-
schencken/ worunter merckwürdig waren ein
blauer Topaß so groß/ daß man daraus ein
Trinck-Geschirr machen konte/ ein weißer To-
paß und ein reiner Amethist/ beyde so groß als ein
Ganß-Ey/ ein Persianischer Bogen von Spann-
adern eines Camels mit grossen Diamanten/
zwey Parthische Sebeln mit Damaseener Klin-
gen und Rubinen versetzt/ ein gelber Topaß so
groß als ein Tauben Ey/ eine Schnure wunder-

grosse

Anderes Buch
[Spaltenumbruch] Verhaͤngniß unvermuthet ſeinem Leben und
Gebiete/ nicht aber ſeinem noch herrlichen
Nachruhme einen Grentzſtein.

Die Sonne fing nun an zu Golde zu gehen/
und es trat des Feldherrn Jaͤgermeiſteꝛ zugleich
in den Saal mit Erinnerung: es waͤre hohe Zeit
zur Ruͤckkehr/ im Fall ſie daſelbſt nicht uͤber-
nachten wolten. Weil aber dieſe Fuͤrſten diß letz-
tere bey ihrem erſtern Ausritte zu thun Beden-
cken hatten/ befahlen ſie ihre Pferde zur Stelle
zu bringen. Malovend aber fing an: Jch habe
meine verſprochene Erzehlung uͤbel eingetheilt/
und ich bleibe noch die Geſchicht dieſer vier letz-
tern Feldherren ſchuldig. Zu der letztern zwey-
en/ nehmlich Aembrichs und Segimers unge-
meinen Zufaͤllen bedinge ich mir einen beſon-
dern Tag aus/ von dem neundten und zehen-
den aber/ nehmlich dem Roderich und Malorich
wil ich zu Pferde noch etwas weniges erweh-
nen.

Als ſie nun auff dem Ruͤckwege begriffen wa-
ren/ fuhr Malovend fort: Beyde dieſe Feld-
herren ſind Klodomirs Soͤhne/ und betrat Ro-
derich nach ſeines Vaters Tode alle vaͤterliche
Throne; dieſe befeſtigte er mit Gerechtigkeit/
Deutſchland erhielter durch Vereinbarung ſei-
ner Glieder in einer herrlichen Eintracht/ und
beſeligte es mit dem guͤldnen Frieden. Jn Pan-
nonien und Dacien aber fuͤhrte er wider drey
Seythiſche Koͤnige/ nehmlich dem Turama/
der nach des Miles ſeines Vaters Tode auff
ſeinem Grabe fuͤnff Bruͤder abſchlachtete/ dem
Mehdum/ welcher ſeinen Thron auf ſiebenzehn
erwuͤrgte Leichen ſeiner Bruͤder gruͤndete/ und
dem Techma/ der ſeinem eigenen Bruder die Au-
gen ausſtach/ mit groſſer Hertzhafftigkeit Krieg.
Er gewann unterſchiedene Schlachten/ erober-
te etliche verlohrne Feſtungen/ und inſonderheit
durch eine beſondere Kriegs-Liſt des Ritters
Schwartzenburg die durch Zagheit eines Pan-
noniſchen Edelmanns den Scythen ohne Noth
uͤbergebene Stadt Arabo. Er bemaͤchtigte ſich
[Spaltenumbruch] eines Theils Daciens uͤber dem Fluſſe Pathiſ-
ſus/ allwo ein Marſingiſcher Ritter Reder in
der Feſtung Nidavar die gantze Scythiſche
Macht mit unglaublichem Heldenmuthe auff-
hielt/ und nach Verluſt unzehlbarer Stuͤrme
abzuweichen zwang. Er zwang den Koͤnig
der Dacier Gundimes zu einem Vergleiche/
krafft deſſen nach ſeinem Abſterben ihm ſeine
Laͤnder heimfallen ſolten/ und als dieſer ſeiner
Zuſage wider kam/ in dem er ſeinem Vetter Na-
ſared ſeine Herrſchafft einraͤumte/ wurden die
Dacier und Scythen auffs Haupt geſchlagen/
und Naſared ſelbſt muſte ſeine Untreu mit ſei-
nem Halſe bezahlen. Ob ſich nun wohl hier-
auff Tabiſock zum Oberhaupte der Dacier
auffwarff/ und vom Koͤnige Techma beſchir-
met ward/ ſo zwang doch Roderich jenen/ daß
er ihn fuͤr ſeinen Lehns-Herrn erkennen/ dieſer
aber einen billichen Frieden eingehen muſte.
Sintemahl der groſſe Mithridates der Par-
then Koͤnig um den Tod ſeines Vaters Arta-
bans/ welchen die Thochariſchen Scythen in ei-
ner Schlacht erſchlagen hatten/ wie auch ſei-
nes Groß-Vaters Phraates/ der eben ſo um-
kommen war/ zu raͤchen/ nicht allein ihnen
die vorhin verlohrnen Staͤdte Tauris und Ar-
tzirum wieder abgenommen/ ſondern auch den
Scythiſchen Bund-Genoſſen Artavasden
geſchlagen/ ſich ſeines Armeniens bemaͤchti-
get/ und in das Hertze des Scythiſchen Rei-
ches mit Feuer und Schwerdt gedrungen war.
Dieſer Mithridates ſchickte eine praͤchtige Ge-
ſandtſchafft an den Roderich mit koſtbaren Ge-
ſchencken/ worunter merckwuͤrdig waren ein
blauer Topaß ſo groß/ daß man daraus ein
Trinck-Geſchirr machen konte/ ein weißer To-
paß und ein reineꝛ Amethiſt/ beyde ſo groß als ein
Ganß-Ey/ ein Perſianiſcher Bogen von Spañ-
adern eines Camels mit groſſen Diamanten/
zwey Parthiſche Sebeln mit Damaſeener Klin-
gen und Rubinen verſetzt/ ein gelber Topaß ſo
groß als ein Tauben Ey/ eine Schnure wundeꝛ-

groſſe
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[172/0222] Anderes Buch Verhaͤngniß unvermuthet ſeinem Leben und Gebiete/ nicht aber ſeinem noch herrlichen Nachruhme einen Grentzſtein. Die Sonne fing nun an zu Golde zu gehen/ und es trat des Feldherrn Jaͤgermeiſteꝛ zugleich in den Saal mit Erinnerung: es waͤre hohe Zeit zur Ruͤckkehr/ im Fall ſie daſelbſt nicht uͤber- nachten wolten. Weil aber dieſe Fuͤrſten diß letz- tere bey ihrem erſtern Ausritte zu thun Beden- cken hatten/ befahlen ſie ihre Pferde zur Stelle zu bringen. Malovend aber fing an: Jch habe meine verſprochene Erzehlung uͤbel eingetheilt/ und ich bleibe noch die Geſchicht dieſer vier letz- tern Feldherren ſchuldig. Zu der letztern zwey- en/ nehmlich Aembrichs und Segimers unge- meinen Zufaͤllen bedinge ich mir einen beſon- dern Tag aus/ von dem neundten und zehen- den aber/ nehmlich dem Roderich und Malorich wil ich zu Pferde noch etwas weniges erweh- nen. Als ſie nun auff dem Ruͤckwege begriffen wa- ren/ fuhr Malovend fort: Beyde dieſe Feld- herren ſind Klodomirs Soͤhne/ und betrat Ro- derich nach ſeines Vaters Tode alle vaͤterliche Throne; dieſe befeſtigte er mit Gerechtigkeit/ Deutſchland erhielter durch Vereinbarung ſei- ner Glieder in einer herrlichen Eintracht/ und beſeligte es mit dem guͤldnen Frieden. Jn Pan- nonien und Dacien aber fuͤhrte er wider drey Seythiſche Koͤnige/ nehmlich dem Turama/ der nach des Miles ſeines Vaters Tode auff ſeinem Grabe fuͤnff Bruͤder abſchlachtete/ dem Mehdum/ welcher ſeinen Thron auf ſiebenzehn erwuͤrgte Leichen ſeiner Bruͤder gruͤndete/ und dem Techma/ der ſeinem eigenen Bruder die Au- gen ausſtach/ mit groſſer Hertzhafftigkeit Krieg. Er gewann unterſchiedene Schlachten/ erober- te etliche verlohrne Feſtungen/ und inſonderheit durch eine beſondere Kriegs-Liſt des Ritters Schwartzenburg die durch Zagheit eines Pan- noniſchen Edelmanns den Scythen ohne Noth uͤbergebene Stadt Arabo. Er bemaͤchtigte ſich eines Theils Daciens uͤber dem Fluſſe Pathiſ- ſus/ allwo ein Marſingiſcher Ritter Reder in der Feſtung Nidavar die gantze Scythiſche Macht mit unglaublichem Heldenmuthe auff- hielt/ und nach Verluſt unzehlbarer Stuͤrme abzuweichen zwang. Er zwang den Koͤnig der Dacier Gundimes zu einem Vergleiche/ krafft deſſen nach ſeinem Abſterben ihm ſeine Laͤnder heimfallen ſolten/ und als dieſer ſeiner Zuſage wider kam/ in dem er ſeinem Vetter Na- ſared ſeine Herrſchafft einraͤumte/ wurden die Dacier und Scythen auffs Haupt geſchlagen/ und Naſared ſelbſt muſte ſeine Untreu mit ſei- nem Halſe bezahlen. Ob ſich nun wohl hier- auff Tabiſock zum Oberhaupte der Dacier auffwarff/ und vom Koͤnige Techma beſchir- met ward/ ſo zwang doch Roderich jenen/ daß er ihn fuͤr ſeinen Lehns-Herrn erkennen/ dieſer aber einen billichen Frieden eingehen muſte. Sintemahl der groſſe Mithridates der Par- then Koͤnig um den Tod ſeines Vaters Arta- bans/ welchen die Thochariſchen Scythen in ei- ner Schlacht erſchlagen hatten/ wie auch ſei- nes Groß-Vaters Phraates/ der eben ſo um- kommen war/ zu raͤchen/ nicht allein ihnen die vorhin verlohrnen Staͤdte Tauris und Ar- tzirum wieder abgenommen/ ſondern auch den Scythiſchen Bund-Genoſſen Artavasden geſchlagen/ ſich ſeines Armeniens bemaͤchti- get/ und in das Hertze des Scythiſchen Rei- ches mit Feuer und Schwerdt gedrungen war. Dieſer Mithridates ſchickte eine praͤchtige Ge- ſandtſchafft an den Roderich mit koſtbaren Ge- ſchencken/ worunter merckwuͤrdig waren ein blauer Topaß ſo groß/ daß man daraus ein Trinck-Geſchirr machen konte/ ein weißer To- paß und ein reineꝛ Amethiſt/ beyde ſo groß als ein Ganß-Ey/ ein Perſianiſcher Bogen von Spañ- adern eines Camels mit groſſen Diamanten/ zwey Parthiſche Sebeln mit Damaſeener Klin- gen und Rubinen verſetzt/ ein gelber Topaß ſo groß als ein Tauben Ey/ eine Schnure wundeꝛ- groſſe

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/222>, abgerufen am 31.10.2024.