Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

Bild:
<< vorherige Seite

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] sen zerberstende Klippen im Augenblicke eine
gantze Stadt begraben; also auff die bald folgen-
de Zerrüttung vieler Königreiche gleichsam mit
dem Finger gewiesen. Zeno verjahete dem Für-
sten Malovend/ daß zwar Schwantz-Sterne
und Erdbeben aus natürlichen Ursachen/ und
zwar jene aus den feurigen Ausdampffungen
der Gestirne/ diese vom Ausbrechen der unter-
irrdischen Lufft ihren Ursprung hätten; gleich-
wohl aber pflegte die göttliche Versehung ieder-
zeit darmit grosses Unheil anzudeuten. Auff
das Versincken der Stadt Lysimachia wäre al-
sofort der Stamm und die Herrschafft dessen/
der sie in Grund gelegt hätte/ untergegangen/
und er selbst hätte durch der Stieff-Mutter Ar-
sinoe Gifft seinen so tapffern Sohn Agathocles
unmenschlicher Weise hingerichtet. Als in Sy-
rien hundert und siebentzig tausend Menschen
verfallen wären/ hätten die Zeichendeuter die
Veränderung des Reichs angekündigt/ und
Pompejus die Königliche Herrschafft in Syri-
en auff gehoben. Wie bey Mutina zwey Ber-
ge! gegeneinander gerennet/ und Feuer und
Rauch gegen einander ausgespyen/ wäre gantz
Jtalien wider Rom auffgestanden/ und für
der Römer Niederlage an der Thrasymener
See hätte die Erde sieben und viertzig mahl ge-
bebet. Malovend setzte bey; Und ihr werdet
mit der Zeit von mir vernehmen/ daß nach dem
Rhetischen Felsenbruche Deutschland dreißig
Jahr erzittert sey.

Unter diesem Gespräche näherten sich diese
Fürsten an Deutschburg/ welche sie von einer
unzehlbaren Menge brennender Fackeln er-
leuchtet sahen/ und ein hefftiges Gethöne von
Trompeten und Kessel-Paucken höreten. Als
sie hinein kamen/ ward ihnen vermeldet/ daß
Melo der Sicambrer Hertzog mit seinem Bru-
der Beroris und dessen Sohne Dietrich seinen
Einzug gehalten/ und eine grosse Menge ge-
fangener Römer und Gallier mitgebracht hät-
ten. Diese Fürsten/ welche wider die Römer
[Spaltenumbruch] vermöge der mit dem Hertzog Herrmann ge-
pflogener Verständniß den ersten Auffstand ge-
macht hatten/ brachten diese den Deutschen er-
freuliche Zeitung mit/ daß weil Qvintilius Va-
rus alhier geschlagen/ habe Melo die von dem
Drusus auff dem Gebürge Taunus gebauete
Festung Tranburg mit stürmender Hand ein-
genommen/ seinem Bruder habe sich Mattium
und Segodun/ und in ihrem Rückwege auch die
Cattenburg an der Aeder ergeben; Hertzog Diet-
rich habe mit seiner leichten Reuterey noch den
abgematteten Cäditius ereilet/ selbten geschla-
gen/ also/ daß er mit einer geringen Uberblei-
bung mit Noth über den Rhein gediegen/ all-
wo die Menapier und Eburoner des Römi-
schen Jochs überdrüßig wären/ und/ da die
Deutschen mit einer mittelmäßigen Macht ü-
ber den Rhein setzen würden/ wider die Römer
zugleich auffzustehen und ihre Waffen mit den
ihrigen zu vereinigen sich anerboten hätten.
Derogestalt hätten die Römer disseit des Rheins
keine Besatzung mehr/ und hätte nunmehr ihre
Tapfferkeit ihre Reichs-Grentze dahin wieder
erweitert/ wohin sie die Natur durch diesen gros-
sen Fluß verleget hatte. Die unbeschreibliche
Freude über diesem neuen Siege verstattete den
Siegern/ die Bekümmerniß aber denen Uber-
wundenen keine Ruh; sondern die gantze Nacht
ward von jenen mit Gastereyen und ruhmrä-
thigen Erzehlungen ihrer Heldenthaten/ welche
sie so wie der Römer Verlust nicht groß genug
zu machen wusten/ von diesen aber mit Seuff-
tzen/ dem Schlaffe aus den Händen gewun-
den. Denn der Ruhm und das Geschrey
sind Geschwister der Riesen/ die von kei-
nem Mittel wissen/ sondern eitel Wunderwer-
cke oder Mißgeburten gebähren/ nehmlich des
Lobes oder der Verachtung. Biß endlich die
schläffrige Morgenröthe ihre Augenbranen der
Welt eröffnete/ diesen von zweyen so widrigen
Gemüths-Regungen aber ermunterten Leu-
ten endlich zufallen ließ.

Jn-
Erster Theil. A a

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] ſen zerberſtende Klippen im Augenblicke eine
gantze Stadt begraben; alſo auff die bald folgen-
de Zerruͤttung vieler Koͤnigreiche gleichſam mit
dem Finger gewieſen. Zeno verjahete dem Fuͤr-
ſten Malovend/ daß zwar Schwantz-Sterne
und Erdbeben aus natuͤrlichen Urſachen/ und
zwar jene aus den feurigen Ausdampffungen
der Geſtirne/ dieſe vom Ausbrechen der unter-
irrdiſchen Lufft ihren Urſprung haͤtten; gleich-
wohl aber pflegte die goͤttliche Verſehung ieder-
zeit darmit groſſes Unheil anzudeuten. Auff
das Verſincken der Stadt Lyſimachia waͤre al-
ſofort der Stamm und die Herrſchafft deſſen/
der ſie in Grund gelegt haͤtte/ untergegangen/
und er ſelbſt haͤtte durch der Stieff-Mutter Ar-
ſinoe Gifft ſeinen ſo tapffern Sohn Agathocles
unmenſchlicher Weiſe hingerichtet. Als in Sy-
rien hundert und ſiebentzig tauſend Menſchen
verfallen waͤren/ haͤtten die Zeichendeuter die
Veraͤnderung des Reichs angekuͤndigt/ und
Pompejus die Koͤnigliche Herrſchafft in Syri-
en auff gehoben. Wie bey Mutina zwey Ber-
ge! gegeneinander gerennet/ und Feuer und
Rauch gegen einander ausgeſpyen/ waͤre gantz
Jtalien wider Rom auffgeſtanden/ und fuͤr
der Roͤmer Niederlage an der Thraſymener
See haͤtte die Erde ſieben und viertzig mahl ge-
bebet. Malovend ſetzte bey; Und ihr werdet
mit der Zeit von mir vernehmen/ daß nach dem
Rhetiſchen Felſenbruche Deutſchland dreißig
Jahr erzittert ſey.

Unter dieſem Geſpraͤche naͤherten ſich dieſe
Fuͤrſten an Deutſchburg/ welche ſie von einer
unzehlbaren Menge brennender Fackeln er-
leuchtet ſahen/ und ein hefftiges Gethoͤne von
Trompeten und Keſſel-Paucken hoͤreten. Als
ſie hinein kamen/ ward ihnen vermeldet/ daß
Melo der Sicambrer Hertzog mit ſeinem Bru-
der Beroris und deſſen Sohne Dietrich ſeinen
Einzug gehalten/ und eine groſſe Menge ge-
fangener Roͤmer und Gallier mitgebracht haͤt-
ten. Dieſe Fuͤrſten/ welche wider die Roͤmer
[Spaltenumbruch] vermoͤge der mit dem Hertzog Herrmann ge-
pflogener Verſtaͤndniß den erſten Auffſtand ge-
macht hatten/ brachten dieſe den Deutſchen er-
freuliche Zeitung mit/ daß weil Qvintilius Va-
rus alhier geſchlagen/ habe Melo die von dem
Druſus auff dem Gebuͤrge Taunus gebauete
Feſtung Tranburg mit ſtuͤrmender Hand ein-
genommen/ ſeinem Bruder habe ſich Mattium
und Segodun/ und in ihrem Ruͤckwege auch die
Cattenburg an der Aeder ergeben; Hertzog Diet-
rich habe mit ſeiner leichten Reuterey noch den
abgematteten Caͤditius ereilet/ ſelbten geſchla-
gen/ alſo/ daß er mit einer geringen Uberblei-
bung mit Noth uͤber den Rhein gediegen/ all-
wo die Menapier und Eburoner des Roͤmi-
ſchen Jochs uͤberdruͤßig waͤren/ und/ da die
Deutſchen mit einer mittelmaͤßigen Macht uͤ-
ber den Rhein ſetzen wuͤrden/ wider die Roͤmer
zugleich auffzuſtehen und ihre Waffen mit den
ihrigen zu vereinigen ſich anerboten haͤtten.
Derogeſtalt haͤtten die Roͤmer diſſeit des Rheins
keine Beſatzung mehr/ und haͤtte nunmehr ihre
Tapfferkeit ihre Reichs-Grentze dahin wieder
erweitert/ wohin ſie die Natur durch dieſen groſ-
ſen Fluß verleget hatte. Die unbeſchreibliche
Freude uͤber dieſem neuen Siege verſtattete den
Siegern/ die Bekuͤmmerniß aber denen Uber-
wundenen keine Ruh; ſondern die gantze Nacht
ward von jenen mit Gaſtereyen und ruhmraͤ-
thigen Erzehlungen ihrer Heldenthaten/ welche
ſie ſo wie der Roͤmer Verluſt nicht groß genug
zu machen wuſten/ von dieſen aber mit Seuff-
tzen/ dem Schlaffe aus den Haͤnden gewun-
den. Denn der Ruhm und das Geſchrey
ſind Geſchwiſter der Rieſen/ die von kei-
nem Mittel wiſſen/ ſondern eitel Wunderwer-
cke oder Mißgeburten gebaͤhren/ nehmlich des
Lobes oder der Verachtung. Biß endlich die
ſchlaͤffrige Morgenroͤthe ihre Augenbranen der
Welt eroͤffnete/ dieſen von zweyen ſo widrigen
Gemuͤths-Regungen aber ermunterten Leu-
ten endlich zufallen ließ.

Jn-
Erſter Theil. A a
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0235" n="185"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Arminius und Thußnelda.</hi></fw><lb/><cb/>
&#x017F;en zerber&#x017F;tende Klippen im Augenblicke eine<lb/>
gantze Stadt begraben; al&#x017F;o auff die bald folgen-<lb/>
de Zerru&#x0364;ttung vieler Ko&#x0364;nigreiche gleich&#x017F;am mit<lb/>
dem Finger gewie&#x017F;en. Zeno verjahete dem Fu&#x0364;r-<lb/>
&#x017F;ten Malovend/ daß zwar Schwantz-Sterne<lb/>
und Erdbeben aus natu&#x0364;rlichen Ur&#x017F;achen/ und<lb/>
zwar jene aus den feurigen Ausdampffungen<lb/>
der Ge&#x017F;tirne/ die&#x017F;e vom Ausbrechen der unter-<lb/>
irrdi&#x017F;chen Lufft ihren Ur&#x017F;prung ha&#x0364;tten; gleich-<lb/>
wohl aber pflegte die go&#x0364;ttliche Ver&#x017F;ehung ieder-<lb/>
zeit darmit gro&#x017F;&#x017F;es Unheil anzudeuten. Auff<lb/>
das Ver&#x017F;incken der Stadt Ly&#x017F;imachia wa&#x0364;re al-<lb/>
&#x017F;ofort der Stamm und die Herr&#x017F;chafft de&#x017F;&#x017F;en/<lb/>
der &#x017F;ie in Grund gelegt ha&#x0364;tte/ untergegangen/<lb/>
und er &#x017F;elb&#x017F;t ha&#x0364;tte durch der Stieff-Mutter Ar-<lb/>
&#x017F;inoe Gifft &#x017F;einen &#x017F;o tapffern Sohn Agathocles<lb/>
unmen&#x017F;chlicher Wei&#x017F;e hingerichtet. Als in Sy-<lb/>
rien hundert und &#x017F;iebentzig tau&#x017F;end Men&#x017F;chen<lb/>
verfallen wa&#x0364;ren/ ha&#x0364;tten die Zeichendeuter die<lb/>
Vera&#x0364;nderung des Reichs angeku&#x0364;ndigt/ und<lb/>
Pompejus die Ko&#x0364;nigliche Herr&#x017F;chafft in Syri-<lb/>
en auff gehoben. Wie bey Mutina zwey Ber-<lb/>
ge! gegeneinander gerennet/ und Feuer und<lb/>
Rauch gegen einander ausge&#x017F;pyen/ wa&#x0364;re gantz<lb/>
Jtalien wider Rom auffge&#x017F;tanden/ und fu&#x0364;r<lb/>
der Ro&#x0364;mer Niederlage an der Thra&#x017F;ymener<lb/>
See ha&#x0364;tte die Erde &#x017F;ieben und viertzig mahl ge-<lb/>
bebet. Malovend &#x017F;etzte bey; Und ihr werdet<lb/>
mit der Zeit von mir vernehmen/ daß nach dem<lb/>
Rheti&#x017F;chen Fel&#x017F;enbruche Deut&#x017F;chland dreißig<lb/>
Jahr erzittert &#x017F;ey.</p><lb/>
          <p>Unter die&#x017F;em Ge&#x017F;pra&#x0364;che na&#x0364;herten &#x017F;ich die&#x017F;e<lb/>
Fu&#x0364;r&#x017F;ten an Deut&#x017F;chburg/ welche &#x017F;ie von einer<lb/>
unzehlbaren Menge brennender Fackeln er-<lb/>
leuchtet &#x017F;ahen/ und ein hefftiges Getho&#x0364;ne von<lb/>
Trompeten und Ke&#x017F;&#x017F;el-Paucken ho&#x0364;reten. Als<lb/>
&#x017F;ie hinein kamen/ ward ihnen vermeldet/ daß<lb/>
Melo der Sicambrer Hertzog mit &#x017F;einem Bru-<lb/>
der Beroris und de&#x017F;&#x017F;en Sohne Dietrich &#x017F;einen<lb/>
Einzug gehalten/ und eine gro&#x017F;&#x017F;e Menge ge-<lb/>
fangener Ro&#x0364;mer und Gallier mitgebracht ha&#x0364;t-<lb/>
ten. Die&#x017F;e Fu&#x0364;r&#x017F;ten/ welche wider die Ro&#x0364;mer<lb/><cb/>
vermo&#x0364;ge der mit dem Hertzog Herrmann ge-<lb/>
pflogener Ver&#x017F;ta&#x0364;ndniß den er&#x017F;ten Auff&#x017F;tand ge-<lb/>
macht hatten/ brachten die&#x017F;e den Deut&#x017F;chen er-<lb/>
freuliche Zeitung mit/ daß weil Qvintilius Va-<lb/>
rus alhier ge&#x017F;chlagen/ habe Melo die von dem<lb/>
Dru&#x017F;us auff dem Gebu&#x0364;rge Taunus gebauete<lb/>
Fe&#x017F;tung Tranburg mit &#x017F;tu&#x0364;rmender Hand ein-<lb/>
genommen/ &#x017F;einem Bruder habe &#x017F;ich Mattium<lb/>
und Segodun/ und in ihrem Ru&#x0364;ckwege auch die<lb/>
Cattenburg an der Aeder ergeben; Hertzog Diet-<lb/>
rich habe mit &#x017F;einer leichten Reuterey noch den<lb/>
abgematteten Ca&#x0364;ditius ereilet/ &#x017F;elbten ge&#x017F;chla-<lb/>
gen/ al&#x017F;o/ daß er mit einer geringen Uberblei-<lb/>
bung mit Noth u&#x0364;ber den Rhein gediegen/ all-<lb/>
wo die Menapier und Eburoner des Ro&#x0364;mi-<lb/>
&#x017F;chen Jochs u&#x0364;berdru&#x0364;ßig wa&#x0364;ren/ und/ da die<lb/>
Deut&#x017F;chen mit einer mittelma&#x0364;ßigen Macht u&#x0364;-<lb/>
ber den Rhein &#x017F;etzen wu&#x0364;rden/ wider die Ro&#x0364;mer<lb/>
zugleich auffzu&#x017F;tehen und ihre Waffen mit den<lb/>
ihrigen zu vereinigen &#x017F;ich anerboten ha&#x0364;tten.<lb/>
Deroge&#x017F;talt ha&#x0364;tten die Ro&#x0364;mer di&#x017F;&#x017F;eit des Rheins<lb/>
keine Be&#x017F;atzung mehr/ und ha&#x0364;tte nunmehr ihre<lb/>
Tapfferkeit ihre Reichs-Grentze dahin wieder<lb/>
erweitert/ wohin &#x017F;ie die Natur durch die&#x017F;en gro&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en Fluß verleget hatte. Die unbe&#x017F;chreibliche<lb/>
Freude u&#x0364;ber die&#x017F;em neuen Siege ver&#x017F;tattete den<lb/>
Siegern/ die Beku&#x0364;mmerniß aber denen Uber-<lb/>
wundenen keine Ruh; &#x017F;ondern die gantze Nacht<lb/>
ward von jenen mit Ga&#x017F;tereyen und ruhmra&#x0364;-<lb/>
thigen Erzehlungen ihrer Heldenthaten/ welche<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;o wie der Ro&#x0364;mer Verlu&#x017F;t nicht groß genug<lb/>
zu machen wu&#x017F;ten/ von die&#x017F;en aber mit Seuff-<lb/>
tzen/ dem Schlaffe aus den Ha&#x0364;nden gewun-<lb/>
den. Denn der Ruhm und das Ge&#x017F;chrey<lb/>
&#x017F;ind Ge&#x017F;chwi&#x017F;ter der Rie&#x017F;en/ die von kei-<lb/>
nem Mittel wi&#x017F;&#x017F;en/ &#x017F;ondern eitel Wunderwer-<lb/>
cke oder Mißgeburten geba&#x0364;hren/ nehmlich des<lb/>
Lobes oder der Verachtung. Biß endlich die<lb/>
&#x017F;chla&#x0364;ffrige Morgenro&#x0364;the ihre Augenbranen der<lb/>
Welt ero&#x0364;ffnete/ die&#x017F;en von zweyen &#x017F;o widrigen<lb/>
Gemu&#x0364;ths-Regungen aber ermunterten Leu-<lb/>
ten endlich zufallen ließ.</p>
        </div><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">Er&#x017F;ter Theil. A a</fw>
        <fw place="bottom" type="catch">Jn-</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[185/0235] Arminius und Thußnelda. ſen zerberſtende Klippen im Augenblicke eine gantze Stadt begraben; alſo auff die bald folgen- de Zerruͤttung vieler Koͤnigreiche gleichſam mit dem Finger gewieſen. Zeno verjahete dem Fuͤr- ſten Malovend/ daß zwar Schwantz-Sterne und Erdbeben aus natuͤrlichen Urſachen/ und zwar jene aus den feurigen Ausdampffungen der Geſtirne/ dieſe vom Ausbrechen der unter- irrdiſchen Lufft ihren Urſprung haͤtten; gleich- wohl aber pflegte die goͤttliche Verſehung ieder- zeit darmit groſſes Unheil anzudeuten. Auff das Verſincken der Stadt Lyſimachia waͤre al- ſofort der Stamm und die Herrſchafft deſſen/ der ſie in Grund gelegt haͤtte/ untergegangen/ und er ſelbſt haͤtte durch der Stieff-Mutter Ar- ſinoe Gifft ſeinen ſo tapffern Sohn Agathocles unmenſchlicher Weiſe hingerichtet. Als in Sy- rien hundert und ſiebentzig tauſend Menſchen verfallen waͤren/ haͤtten die Zeichendeuter die Veraͤnderung des Reichs angekuͤndigt/ und Pompejus die Koͤnigliche Herrſchafft in Syri- en auff gehoben. Wie bey Mutina zwey Ber- ge! gegeneinander gerennet/ und Feuer und Rauch gegen einander ausgeſpyen/ waͤre gantz Jtalien wider Rom auffgeſtanden/ und fuͤr der Roͤmer Niederlage an der Thraſymener See haͤtte die Erde ſieben und viertzig mahl ge- bebet. Malovend ſetzte bey; Und ihr werdet mit der Zeit von mir vernehmen/ daß nach dem Rhetiſchen Felſenbruche Deutſchland dreißig Jahr erzittert ſey. Unter dieſem Geſpraͤche naͤherten ſich dieſe Fuͤrſten an Deutſchburg/ welche ſie von einer unzehlbaren Menge brennender Fackeln er- leuchtet ſahen/ und ein hefftiges Gethoͤne von Trompeten und Keſſel-Paucken hoͤreten. Als ſie hinein kamen/ ward ihnen vermeldet/ daß Melo der Sicambrer Hertzog mit ſeinem Bru- der Beroris und deſſen Sohne Dietrich ſeinen Einzug gehalten/ und eine groſſe Menge ge- fangener Roͤmer und Gallier mitgebracht haͤt- ten. Dieſe Fuͤrſten/ welche wider die Roͤmer vermoͤge der mit dem Hertzog Herrmann ge- pflogener Verſtaͤndniß den erſten Auffſtand ge- macht hatten/ brachten dieſe den Deutſchen er- freuliche Zeitung mit/ daß weil Qvintilius Va- rus alhier geſchlagen/ habe Melo die von dem Druſus auff dem Gebuͤrge Taunus gebauete Feſtung Tranburg mit ſtuͤrmender Hand ein- genommen/ ſeinem Bruder habe ſich Mattium und Segodun/ und in ihrem Ruͤckwege auch die Cattenburg an der Aeder ergeben; Hertzog Diet- rich habe mit ſeiner leichten Reuterey noch den abgematteten Caͤditius ereilet/ ſelbten geſchla- gen/ alſo/ daß er mit einer geringen Uberblei- bung mit Noth uͤber den Rhein gediegen/ all- wo die Menapier und Eburoner des Roͤmi- ſchen Jochs uͤberdruͤßig waͤren/ und/ da die Deutſchen mit einer mittelmaͤßigen Macht uͤ- ber den Rhein ſetzen wuͤrden/ wider die Roͤmer zugleich auffzuſtehen und ihre Waffen mit den ihrigen zu vereinigen ſich anerboten haͤtten. Derogeſtalt haͤtten die Roͤmer diſſeit des Rheins keine Beſatzung mehr/ und haͤtte nunmehr ihre Tapfferkeit ihre Reichs-Grentze dahin wieder erweitert/ wohin ſie die Natur durch dieſen groſ- ſen Fluß verleget hatte. Die unbeſchreibliche Freude uͤber dieſem neuen Siege verſtattete den Siegern/ die Bekuͤmmerniß aber denen Uber- wundenen keine Ruh; ſondern die gantze Nacht ward von jenen mit Gaſtereyen und ruhmraͤ- thigen Erzehlungen ihrer Heldenthaten/ welche ſie ſo wie der Roͤmer Verluſt nicht groß genug zu machen wuſten/ von dieſen aber mit Seuff- tzen/ dem Schlaffe aus den Haͤnden gewun- den. Denn der Ruhm und das Geſchrey ſind Geſchwiſter der Rieſen/ die von kei- nem Mittel wiſſen/ ſondern eitel Wunderwer- cke oder Mißgeburten gebaͤhren/ nehmlich des Lobes oder der Verachtung. Biß endlich die ſchlaͤffrige Morgenroͤthe ihre Augenbranen der Welt eroͤffnete/ dieſen von zweyen ſo widrigen Gemuͤths-Regungen aber ermunterten Leu- ten endlich zufallen ließ. Jn- Erſter Theil. A a

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/235
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/235>, abgerufen am 31.10.2024.