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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] habe/ zueignen; sondern weil sie dafür halten:
Gott bewege durch eine geheime Krafft aus
einer Erbarmniß gegen den Menschen diese
edlen Thiere/ als ohne dessen Zulassung kein
Vogel eine Feder rühren/ kein Pferd einen
Fuß auffheben könte.

So bald das Kriegs-Volck/ welches in vol-
ler Rüstung bereit stand/ und nur auff einen
Feind loß zu gehen begierig war/ den heiligen
Kriegs-Wagen erblickte und daraus erkenn-
te/ daß der Krieg und Anfall des Feindes be-
schlossen war/ kriegte selbtes gleichsam eine neue
Seele und erfüllete die Lufft mit einem hei-
sern Feld-Geschrey. Als sie aber gewahr
worden/ daß Hertzog Herrmann als Feldherr
seinen Sitz darauff genommen hatte/ machten sie
mit Zusammenschlagung ihrer Lantzen/ Spies-
se/ Schilde und andern Waffen/ um dadurch
ihr Wohlgefallen über solcher Wahl zu bezeu-
gen/ ein solches Gethöne/ daß auch die näch-
sten kein Wort von des Jgniomers Rede/ wel-
cher ihnen von ihrem Schlusse einen Vortrag
thun wolte/ verstehen konten. Womit sie a-
ber zu verstehen geben möchten: daß sie dis/
was Jgniomer ihnen sagen wolte/ verstünden/
und ihre bey der Wahl eines allgemeinen Her-
tzogs habende Stimmen dem Herrmann ein-
müthig gäben; nahmen vier der fürnehmsten
Kriegs-Obersten zwey Lantzen auff die Achseln/
legten darauff einen breiten Schild/ hoben den
Feld-Herrn von dem Wagen darauff/ und
trugen ihn mitten durch ihre Reyhen. Hier-
auff senckten sie diesen Kriegs-Stuhl/ womit
er ab und zu Pferde sitzen konte. Dieses war
ein feuriger Hengst/ welcher/ nachdem er die-
sen fürtrefflichen Helden auff sich bekommen/ für
Hoffarth den Erdboden eintreten wolte/ mit
seinem Schäumen und hitzigen Sätzen seine
Ungedult aber/ daß es nicht schon in der
Schlacht wäre/ zu verstehen gab. Herrmanns
Leib war mit einem gläntzenden und zum Theil
vergüldeten Harnische bedeckt/ womit ihn
[Spaltenumbruch] Käyser Augustus beschencket/ als er in Ar-
menien bey Einsetzung des Königs Artavas-
des die Römischen Waffen zu seinem Ruhm
und des Käysers Nutzen getragen hatte. Jn
der rechten Hand führte er eine Lantze/ im lin-
cken Arm einen länglichten Schild/ auff wel-
chem ein springendes Pferd geetzt war/ wel-
ches die Cheruskischen Hertzoge noch vom al-
ten Hermion her/ aus besonderer Liebe zu den
Pferden/ zu führen gewohnt waren. Um sei-
ne Lenden war ein mit Edelgesteinen versetz-
tes Schwerdt gegürtet/ und an dem Sattel-
knopffe hieng ein eckichter Streit-Hammer.
Seine braunen und kringlichten Haare hatte
er nach seiner Landes-Art ihm über dem Häu-
pte lassen zusammen binden; den Helm aber/
über welchem ein Habicht mit ausgebreiteten
Flügeln zu sehen war/ ließ er ihm seinen Waf-
fenträger neben bey tragen. Jn solcher Rü-
stung stellete er sich gegen das in voller Schlacht-
Ordnung stehende Heer/ und redete mit ver-
mischter Freundligkeit und Großmüthigkeit
sie derogestalt an:

Edle Deutschen/ vertrauteste Brüder. Dem
Verhängniße und den Fürsten des Vaterlan-
des hat einmüthig gefallen/ für die Freyheit
Deutschlands wider der Römer Bedrän-
gung die Waffen zu ergreiffen/ und mich zum
gemeinen Feld-Herrn zu erkiesen. Das letz-
te anzunehmen hat mich die Liebe des Vater-
landes gezwungen/ nicht meine eigene Ver-
messenheit gereitzt. Die Andeutungen der Prie-
ster/ die Gerechtigkeit unserer Sache/ die Wol-
lüste unsers weibischen Feindes und eure Tapf-
ferkeit/ verheissen mir einen unzweiffelbaren
Sieg. Es ist unnöthig Männern ein Hertz
einsprechen/ für derer Thaten mehrmahls
Rom erzittert/ durch deren Hülffe die Römer al-
lein in Gallien Fuß gehalten/ und gegen die
Parther gestanden. Der Deutschen ihre Feld-
herren werden ihrem Kriegs-Volcke mehr zum
Beyspiele als zum Befehlichen fürgesetzt. Jch/

sichert

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] habe/ zueignen; ſondern weil ſie dafuͤr halten:
Gott bewege durch eine geheime Krafft aus
einer Erbarmniß gegen den Menſchen dieſe
edlen Thiere/ als ohne deſſen Zulaſſung kein
Vogel eine Feder ruͤhren/ kein Pferd einen
Fuß auffheben koͤnte.

So bald das Kriegs-Volck/ welches in vol-
ler Ruͤſtung bereit ſtand/ und nur auff einen
Feind loß zu gehen begierig war/ den heiligen
Kriegs-Wagen erblickte und daraus erkenn-
te/ daß der Krieg und Anfall des Feindes be-
ſchloſſen war/ kriegte ſelbtes gleichſam eine neue
Seele und erfuͤllete die Lufft mit einem hei-
ſern Feld-Geſchrey. Als ſie aber gewahr
worden/ daß Hertzog Herrmann als Feldherr
ſeinen Sitz darauff genom̃en hatte/ machten ſie
mit Zuſammenſchlagung ihrer Lantzen/ Spieſ-
ſe/ Schilde und andern Waffen/ um dadurch
ihr Wohlgefallen uͤber ſolcher Wahl zu bezeu-
gen/ ein ſolches Gethoͤne/ daß auch die naͤch-
ſten kein Wort von des Jgniomers Rede/ wel-
cher ihnen von ihrem Schluſſe einen Vortrag
thun wolte/ verſtehen konten. Womit ſie a-
ber zu verſtehen geben moͤchten: daß ſie dis/
was Jgniomer ihnen ſagen wolte/ verſtuͤnden/
und ihre bey der Wahl eines allgemeinen Her-
tzogs habende Stimmen dem Herrmann ein-
muͤthig gaͤben; nahmen vier der fuͤrnehmſten
Kriegs-Oberſten zwey Lantzen auff die Achſeln/
legten darauff einen breiten Schild/ hoben den
Feld-Herrn von dem Wagen darauff/ und
trugen ihn mitten durch ihre Reyhen. Hier-
auff ſenckten ſie dieſen Kriegs-Stuhl/ womit
er ab und zu Pferde ſitzen konte. Dieſes war
ein feuriger Hengſt/ welcher/ nachdem er die-
ſen fuͤrtrefflichen Helden auff ſich bekommen/ fuͤr
Hoffarth den Erdboden eintreten wolte/ mit
ſeinem Schaͤumen und hitzigen Saͤtzen ſeine
Ungedult aber/ daß es nicht ſchon in der
Schlacht waͤre/ zu verſtehen gab. Herrmanns
Leib war mit einem glaͤntzenden und zum Theil
verguͤldeten Harniſche bedeckt/ womit ihn
[Spaltenumbruch] Kaͤyſer Auguſtus beſchencket/ als er in Ar-
menien bey Einſetzung des Koͤnigs Artavaſ-
des die Roͤmiſchen Waffen zu ſeinem Ruhm
und des Kaͤyſers Nutzen getragen hatte. Jn
der rechten Hand fuͤhrte er eine Lantze/ im lin-
cken Arm einen laͤnglichten Schild/ auff wel-
chem ein ſpringendes Pferd geetzt war/ wel-
ches die Cheruſkiſchen Hertzoge noch vom al-
ten Hermion her/ aus beſonderer Liebe zu den
Pferden/ zu fuͤhren gewohnt waren. Um ſei-
ne Lenden war ein mit Edelgeſteinen verſetz-
tes Schwerdt geguͤrtet/ und an dem Sattel-
knopffe hieng ein eckichter Streit-Hammer.
Seine braunen und kringlichten Haare hatte
er nach ſeiner Landes-Art ihm uͤber dem Haͤu-
pte laſſen zuſammen binden; den Helm aber/
uͤber welchem ein Habicht mit ausgebreiteten
Fluͤgeln zu ſehen war/ ließ er ihm ſeinen Waf-
fentraͤger neben bey tragen. Jn ſolcher Ruͤ-
ſtung ſtellete er ſich gegen das in voller Schlacht-
Ordnung ſtehende Heer/ und redete mit ver-
miſchter Freundligkeit und Großmuͤthigkeit
ſie derogeſtalt an:

Edle Deutſchen/ vertrauteſte Bruͤder. Dem
Verhaͤngniße und den Fuͤrſten des Vaterlan-
des hat einmuͤthig gefallen/ fuͤr die Freyheit
Deutſchlands wider der Roͤmer Bedraͤn-
gung die Waffen zu ergreiffen/ und mich zum
gemeinen Feld-Herrn zu erkieſen. Das letz-
te anzunehmen hat mich die Liebe des Vater-
landes gezwungen/ nicht meine eigene Ver-
meſſenheit gereitzt. Die Andeutungen der Prie-
ſter/ die Gerechtigkeit unſerer Sache/ die Wol-
luͤſte unſers weibiſchen Feindes und eure Tapf-
ferkeit/ verheiſſen mir einen unzweiffelbaren
Sieg. Es iſt unnoͤthig Maͤnnern ein Hertz
einſprechen/ fuͤr derer Thaten mehrmahls
Rom erzittert/ durch deren Huͤlffe die Roͤmer al-
lein in Gallien Fuß gehalten/ und gegen die
Parther geſtanden. Der Deutſchen ihre Feld-
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[31/0079] Arminius und Thußnelda. habe/ zueignen; ſondern weil ſie dafuͤr halten: Gott bewege durch eine geheime Krafft aus einer Erbarmniß gegen den Menſchen dieſe edlen Thiere/ als ohne deſſen Zulaſſung kein Vogel eine Feder ruͤhren/ kein Pferd einen Fuß auffheben koͤnte. So bald das Kriegs-Volck/ welches in vol- ler Ruͤſtung bereit ſtand/ und nur auff einen Feind loß zu gehen begierig war/ den heiligen Kriegs-Wagen erblickte und daraus erkenn- te/ daß der Krieg und Anfall des Feindes be- ſchloſſen war/ kriegte ſelbtes gleichſam eine neue Seele und erfuͤllete die Lufft mit einem hei- ſern Feld-Geſchrey. Als ſie aber gewahr worden/ daß Hertzog Herrmann als Feldherr ſeinen Sitz darauff genom̃en hatte/ machten ſie mit Zuſammenſchlagung ihrer Lantzen/ Spieſ- ſe/ Schilde und andern Waffen/ um dadurch ihr Wohlgefallen uͤber ſolcher Wahl zu bezeu- gen/ ein ſolches Gethoͤne/ daß auch die naͤch- ſten kein Wort von des Jgniomers Rede/ wel- cher ihnen von ihrem Schluſſe einen Vortrag thun wolte/ verſtehen konten. Womit ſie a- ber zu verſtehen geben moͤchten: daß ſie dis/ was Jgniomer ihnen ſagen wolte/ verſtuͤnden/ und ihre bey der Wahl eines allgemeinen Her- tzogs habende Stimmen dem Herrmann ein- muͤthig gaͤben; nahmen vier der fuͤrnehmſten Kriegs-Oberſten zwey Lantzen auff die Achſeln/ legten darauff einen breiten Schild/ hoben den Feld-Herrn von dem Wagen darauff/ und trugen ihn mitten durch ihre Reyhen. Hier- auff ſenckten ſie dieſen Kriegs-Stuhl/ womit er ab und zu Pferde ſitzen konte. Dieſes war ein feuriger Hengſt/ welcher/ nachdem er die- ſen fuͤrtrefflichen Helden auff ſich bekommen/ fuͤr Hoffarth den Erdboden eintreten wolte/ mit ſeinem Schaͤumen und hitzigen Saͤtzen ſeine Ungedult aber/ daß es nicht ſchon in der Schlacht waͤre/ zu verſtehen gab. Herrmanns Leib war mit einem glaͤntzenden und zum Theil verguͤldeten Harniſche bedeckt/ womit ihn Kaͤyſer Auguſtus beſchencket/ als er in Ar- menien bey Einſetzung des Koͤnigs Artavaſ- des die Roͤmiſchen Waffen zu ſeinem Ruhm und des Kaͤyſers Nutzen getragen hatte. Jn der rechten Hand fuͤhrte er eine Lantze/ im lin- cken Arm einen laͤnglichten Schild/ auff wel- chem ein ſpringendes Pferd geetzt war/ wel- ches die Cheruſkiſchen Hertzoge noch vom al- ten Hermion her/ aus beſonderer Liebe zu den Pferden/ zu fuͤhren gewohnt waren. Um ſei- ne Lenden war ein mit Edelgeſteinen verſetz- tes Schwerdt geguͤrtet/ und an dem Sattel- knopffe hieng ein eckichter Streit-Hammer. Seine braunen und kringlichten Haare hatte er nach ſeiner Landes-Art ihm uͤber dem Haͤu- pte laſſen zuſammen binden; den Helm aber/ uͤber welchem ein Habicht mit ausgebreiteten Fluͤgeln zu ſehen war/ ließ er ihm ſeinen Waf- fentraͤger neben bey tragen. Jn ſolcher Ruͤ- ſtung ſtellete er ſich gegen das in voller Schlacht- Ordnung ſtehende Heer/ und redete mit ver- miſchter Freundligkeit und Großmuͤthigkeit ſie derogeſtalt an: Edle Deutſchen/ vertrauteſte Bruͤder. Dem Verhaͤngniße und den Fuͤrſten des Vaterlan- des hat einmuͤthig gefallen/ fuͤr die Freyheit Deutſchlands wider der Roͤmer Bedraͤn- gung die Waffen zu ergreiffen/ und mich zum gemeinen Feld-Herrn zu erkieſen. Das letz- te anzunehmen hat mich die Liebe des Vater- landes gezwungen/ nicht meine eigene Ver- meſſenheit gereitzt. Die Andeutungen der Prie- ſter/ die Gerechtigkeit unſerer Sache/ die Wol- luͤſte unſers weibiſchen Feindes und eure Tapf- ferkeit/ verheiſſen mir einen unzweiffelbaren Sieg. Es iſt unnoͤthig Maͤnnern ein Hertz einſprechen/ fuͤr derer Thaten mehrmahls Rom erzittert/ durch deren Huͤlffe die Roͤmer al- lein in Gallien Fuß gehalten/ und gegen die Parther geſtanden. Der Deutſchen ihre Feld- herren werden ihrem Kriegs-Volcke mehr zum Beyſpiele als zum Befehlichen fuͤrgeſetzt. Jch/ ſichert

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/79>, abgerufen am 31.10.2024.