Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 8, St. 3. Berlin, 1791.
Beinahe keine Abhandlung von Moses Mendelssohn trägt mehr den Stempel seines Geistes und seines vortreflichen Kopfs, als diese. Es ist ein wahres Kleinod! Jch hatte sie noch nicht gelesen, als ich die vorhergehenden Anmerkungen schrieb. Jch vernichte sie dennoch nicht; denn ich bin nur Geschichtschreiber, nur ein armseeliger Handlanger, aber mein Freund Mendelssohn ist Architekt; er setzt die Materialien zusammen, welche man ihm darreicht, und erschaft ein prächtiges Gebäude. Jch wünschte, daß er auch die meinigen besessen hätte; sie wären ihm nicht unnütz gewesen, wiewohl sie noch ziemlich unvollkommen sind. Ach, meine Herren! wie vortreflich wäre ein Magazin für die Erfahrungsseelenkunde, zu welchem ein Beobachter wie Spalding die Beiträge lieferte, und ein Mendelssohn sie kommentirte! Finden Sie ein solches aus, und ich verspreche Jhnen, daß ich sie mit meinen Packeten nicht mehr belästigen will. Jch bin überzeugt, sie halten es für keinen Vorwurf, wenn ich behaupte, daß sie es nicht finden werden. Jch hatte mir vorgenommen zu der erwähnten Abhandlung flüchtige Anmerkungen hinzuwerfen; aber, nun ich die angezeichneten Stellen überlese, werde ich gewahr, daß meine Bemerkungen eben
Beinahe keine Abhandlung von Moses Mendelssohn traͤgt mehr den Stempel seines Geistes und seines vortreflichen Kopfs, als diese. Es ist ein wahres Kleinod! Jch hatte sie noch nicht gelesen, als ich die vorhergehenden Anmerkungen schrieb. Jch vernichte sie dennoch nicht; denn ich bin nur Geschichtschreiber, nur ein armseeliger Handlanger, aber mein Freund Mendelssohn ist Architekt; er setzt die Materialien zusammen, welche man ihm darreicht, und erschaft ein praͤchtiges Gebaͤude. Jch wuͤnschte, daß er auch die meinigen besessen haͤtte; sie waͤren ihm nicht unnuͤtz gewesen, wiewohl sie noch ziemlich unvollkommen sind. Ach, meine Herren! wie vortreflich waͤre ein Magazin fuͤr die Erfahrungsseelenkunde, zu welchem ein Beobachter wie Spalding die Beitraͤge lieferte, und ein Mendelssohn sie kommentirte! Finden Sie ein solches aus, und ich verspreche Jhnen, daß ich sie mit meinen Packeten nicht mehr belaͤstigen will. Jch bin uͤberzeugt, sie halten es fuͤr keinen Vorwurf, wenn ich behaupte, daß sie es nicht finden werden. Jch hatte mir vorgenommen zu der erwaͤhnten Abhandlung fluͤchtige Anmerkungen hinzuwerfen; aber, nun ich die angezeichneten Stellen uͤberlese, werde ich gewahr, daß meine Bemerkungen eben <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0096" n="96"/><lb/> man denkt. Jch sage darum von diesem Stuͤcke nichts mehr, als daß ich gerne fuͤr dieses <hi rendition="#b">Einzige</hi> den Preis des ganzen Magazins bezahlt haͤtte. </p> <p>Beinahe keine Abhandlung von <hi rendition="#b">Moses Mendelssohn</hi> traͤgt mehr den Stempel seines Geistes und seines vortreflichen Kopfs, als diese. Es ist ein wahres Kleinod! Jch hatte sie noch nicht gelesen, als ich die vorhergehenden Anmerkungen schrieb. Jch vernichte sie dennoch nicht; denn ich bin nur Geschichtschreiber, nur ein armseeliger Handlanger, aber mein Freund <hi rendition="#b">Mendelssohn</hi> ist Architekt; er setzt die Materialien zusammen, welche man ihm darreicht, und erschaft ein praͤchtiges Gebaͤude. Jch wuͤnschte, daß er auch die meinigen besessen haͤtte; sie waͤren ihm nicht unnuͤtz gewesen, wiewohl sie noch ziemlich unvollkommen sind. </p> <p>Ach, meine Herren! wie vortreflich waͤre ein Magazin fuͤr die <hi rendition="#b">Erfahrungsseelenkunde,</hi> zu welchem ein Beobachter wie <hi rendition="#b">Spalding</hi> die Beitraͤge lieferte, und ein <hi rendition="#b">Mendelssohn</hi> sie kommentirte! Finden Sie ein solches aus, und ich verspreche Jhnen, daß ich sie mit meinen Packeten nicht mehr belaͤstigen will. Jch bin uͤberzeugt, sie halten es fuͤr keinen Vorwurf, wenn ich behaupte, daß sie es nicht finden werden. </p> <p>Jch hatte mir vorgenommen zu der erwaͤhnten Abhandlung fluͤchtige Anmerkungen hinzuwerfen; aber, nun ich die angezeichneten Stellen uͤberlese, werde ich gewahr, daß meine Bemerkungen eben<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [96/0096]
man denkt. Jch sage darum von diesem Stuͤcke nichts mehr, als daß ich gerne fuͤr dieses Einzige den Preis des ganzen Magazins bezahlt haͤtte.
Beinahe keine Abhandlung von Moses Mendelssohn traͤgt mehr den Stempel seines Geistes und seines vortreflichen Kopfs, als diese. Es ist ein wahres Kleinod! Jch hatte sie noch nicht gelesen, als ich die vorhergehenden Anmerkungen schrieb. Jch vernichte sie dennoch nicht; denn ich bin nur Geschichtschreiber, nur ein armseeliger Handlanger, aber mein Freund Mendelssohn ist Architekt; er setzt die Materialien zusammen, welche man ihm darreicht, und erschaft ein praͤchtiges Gebaͤude. Jch wuͤnschte, daß er auch die meinigen besessen haͤtte; sie waͤren ihm nicht unnuͤtz gewesen, wiewohl sie noch ziemlich unvollkommen sind.
Ach, meine Herren! wie vortreflich waͤre ein Magazin fuͤr die Erfahrungsseelenkunde, zu welchem ein Beobachter wie Spalding die Beitraͤge lieferte, und ein Mendelssohn sie kommentirte! Finden Sie ein solches aus, und ich verspreche Jhnen, daß ich sie mit meinen Packeten nicht mehr belaͤstigen will. Jch bin uͤberzeugt, sie halten es fuͤr keinen Vorwurf, wenn ich behaupte, daß sie es nicht finden werden.
Jch hatte mir vorgenommen zu der erwaͤhnten Abhandlung fluͤchtige Anmerkungen hinzuwerfen; aber, nun ich die angezeichneten Stellen uͤberlese, werde ich gewahr, daß meine Bemerkungen eben
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Zitationshilfe: | Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 8, St. 3. Berlin, 1791, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0803_1791/96>, abgerufen am 17.06.2024. |