ihm nun heilig. Mit einer Art von Ehrfurcht trat er auf den Fleck, wo er wußte, daß der Pa¬ stor P. . . gegangen war. -- Was hätte er itzt darum gegeben, daß er schon zum Abendmahl hätte mitgehen dürfen! Er sahe nun den Pastor P. . . zu Hause gehen, dessen Sohn, ein Knabe von neun Jahren, neben hergieng. -- Seine ganze Existenz hätte Anton darum gegeben, um dieser glückliche Sohn zu seyn. -- Wenn er nun den Pastor P. . . sahe, wie er mit der Ge¬ meine, die ihn von allen Seiten umwallte, über die Straße ging, und immer von beiden Seiten, denen, die ihn grüßten, freundlich dankte, so war es, als ob er um sein Haupt einen ge¬ wissen Schimmer erblickte, und unter den übri¬ gen Sterblichen ein übermenschliches Wesen da¬ hin wandeln sahe, -- sein höchster Wunsch war, durch sein Hutabnehmen, nur einen seiner Bli¬ cke auf sich zu ziehen -- und als ihm das gelun¬ gen war, eilte er schnell nach Hause, um die¬ sen Blick gleichsam in seinem Herzen zu be¬ wahren.
Den folgenden Sonntag predigte der Pastor P. . . des Mittages von der Liebe gegen die
Brü¬
ihm nun heilig. Mit einer Art von Ehrfurcht trat er auf den Fleck, wo er wußte, daß der Pa¬ ſtor P. . . gegangen war. — Was haͤtte er itzt darum gegeben, daß er ſchon zum Abendmahl haͤtte mitgehen duͤrfen! Er ſahe nun den Paſtor P. . . zu Hauſe gehen, deſſen Sohn, ein Knabe von neun Jahren, neben hergieng. — Seine ganze Exiſtenz haͤtte Anton darum gegeben, um dieſer gluͤckliche Sohn zu ſeyn. — Wenn er nun den Paſtor P. . . ſahe, wie er mit der Ge¬ meine, die ihn von allen Seiten umwallte, uͤber die Straße ging, und immer von beiden Seiten, denen, die ihn gruͤßten, freundlich dankte, ſo war es, als ob er um ſein Haupt einen ge¬ wiſſen Schimmer erblickte, und unter den uͤbri¬ gen Sterblichen ein uͤbermenſchliches Weſen da¬ hin wandeln ſahe, — ſein hoͤchſter Wunſch war, durch ſein Hutabnehmen, nur einen ſeiner Bli¬ cke auf ſich zu ziehen — und als ihm das gelun¬ gen war, eilte er ſchnell nach Hauſe, um die¬ ſen Blick gleichſam in ſeinem Herzen zu be¬ wahren.
Den folgenden Sonntag predigte der Paſtor P. . . des Mittages von der Liebe gegen die
Bruͤ¬
<TEI><text><body><p><pbfacs="#f0133"n="123"/>
ihm nun heilig. Mit einer Art von Ehrfurcht<lb/>
trat er auf den Fleck, wo er wußte, daß der Pa¬<lb/>ſtor P. . . gegangen war. — Was haͤtte er itzt<lb/>
darum gegeben, daß er ſchon zum Abendmahl<lb/>
haͤtte mitgehen duͤrfen! Er ſahe nun den Paſtor<lb/>
P. . . zu Hauſe gehen, deſſen Sohn, ein Knabe<lb/>
von neun Jahren, neben hergieng. — Seine<lb/>
ganze Exiſtenz haͤtte Anton darum gegeben, um<lb/>
dieſer gluͤckliche Sohn zu ſeyn. — Wenn er<lb/>
nun den Paſtor P. . . ſahe, wie er mit der Ge¬<lb/>
meine, die ihn von allen Seiten umwallte, uͤber<lb/>
die Straße ging, und immer von beiden Seiten,<lb/>
denen, die ihn gruͤßten, freundlich dankte, ſo<lb/>
war es, als ob er um ſein Haupt einen ge¬<lb/>
wiſſen Schimmer erblickte, und unter den uͤbri¬<lb/>
gen Sterblichen ein uͤbermenſchliches Weſen da¬<lb/>
hin wandeln ſahe, —ſein hoͤchſter Wunſch war,<lb/>
durch ſein Hutabnehmen, nur einen ſeiner Bli¬<lb/>
cke auf ſich zu ziehen — und als ihm das gelun¬<lb/>
gen war, eilte er ſchnell nach Hauſe, um die¬<lb/>ſen Blick gleichſam in ſeinem Herzen zu be¬<lb/>
wahren.</p><lb/><p>Den folgenden Sonntag predigte der Paſtor<lb/>
P. . . des Mittages von der Liebe gegen die<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Bruͤ¬<lb/></fw></p></body></text></TEI>
[123/0133]
ihm nun heilig. Mit einer Art von Ehrfurcht
trat er auf den Fleck, wo er wußte, daß der Pa¬
ſtor P. . . gegangen war. — Was haͤtte er itzt
darum gegeben, daß er ſchon zum Abendmahl
haͤtte mitgehen duͤrfen! Er ſahe nun den Paſtor
P. . . zu Hauſe gehen, deſſen Sohn, ein Knabe
von neun Jahren, neben hergieng. — Seine
ganze Exiſtenz haͤtte Anton darum gegeben, um
dieſer gluͤckliche Sohn zu ſeyn. — Wenn er
nun den Paſtor P. . . ſahe, wie er mit der Ge¬
meine, die ihn von allen Seiten umwallte, uͤber
die Straße ging, und immer von beiden Seiten,
denen, die ihn gruͤßten, freundlich dankte, ſo
war es, als ob er um ſein Haupt einen ge¬
wiſſen Schimmer erblickte, und unter den uͤbri¬
gen Sterblichen ein uͤbermenſchliches Weſen da¬
hin wandeln ſahe, — ſein hoͤchſter Wunſch war,
durch ſein Hutabnehmen, nur einen ſeiner Bli¬
cke auf ſich zu ziehen — und als ihm das gelun¬
gen war, eilte er ſchnell nach Hauſe, um die¬
ſen Blick gleichſam in ſeinem Herzen zu be¬
wahren.
Den folgenden Sonntag predigte der Paſtor
P. . . des Mittages von der Liebe gegen die
Bruͤ¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 1. Berlin, 1785, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser01_1785/133>, abgerufen am 13.06.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.