Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 1. Berlin u. a., 1773.er vermuthen kan, daß darunter viel seyn möchten, die eben so viel, und mehr Einsicht haben als er. Mag. Sehr wenige Profeßoren denken so deli- Seb. Das befremdet mich sehr. Jch wenigstens Mag. Ey sie machen sich feine Schwierigkeiten! Seb.
er vermuthen kan, daß darunter viel ſeyn moͤchten, die eben ſo viel, und mehr Einſicht haben als er. Mag. Sehr wenige Profeßoren denken ſo deli- Seb. Das befremdet mich ſehr. Jch wenigſtens Mag. Ey ſie machen ſich feine Schwierigkeiten! Seb.
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er vermuthen kan, daß darunter viel ſeyn moͤchten,
die eben ſo viel, und mehr Einſicht haben als er.
Mag. Sehr wenige Profeßoren denken ſo deli-
cat als Sie, ich kenne mehr als einen, der ſeine Le-
ſern voͤllig eben ſo anredet und unterrichtet, als ob ſie
lanter junge Studenten waͤren.
Seb. Das befremdet mich ſehr. Jch wenigſtens
wenn in dem Falle waͤre, wuͤrde mir immer vorſtel-
len, daß die erleuchteteſten Leute meiner Zeit meine Le-
ſer ſeyn koͤnnten, und welche armſelige Figur ich gegen
ſie machen muͤſte, wenn ich ihnen ganz bekannte Sa-
chen vordociren wolte, die ſie viel beſſer wuͤſten. Ue-
berhaupt daͤchte ich, ein Lehrer in einem Collegium fuͤr
junge Leute, muͤſſe ſich nach dem Verſtaͤndniſſe des
Geringſten unter ſeinen Zuhoͤrern bequemen, hin-
gegen ein Schriftſteller, ſuche hauptſaͤchlich den Ver-
ſtaͤndigſten unter ſeinen Leſern zu gefallen, daher
koͤnne ein gutes Collegium, doch ſchwerlich ein gutes
Buch werden.
Mag. Ey ſie machen ſich feine Schwierigkeiten!
Wiſſen Sie hiemit, was gedruckt werden kann, kann
ein Buch werden. Eine Dißertation, eine Proluſion,
eine Oration, ein Programma, ein Oſter- oder Pfingſt-
anſchlag den ein Schulmann oder Profeßor amts-
halber ſchreiben muß iſt ja wohl noch weniger ein Buch.
Seb.
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