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Allgemeine Zeitung, Nr. 137, 23. März 1908.

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erste Seite
Montag, 23. März 1908. München. Einzige Tagesausgabe.--Nr. 137.
Allgemeine Zeitung.
Erscheint täglich 2mal. -- Einhundertelfter Jahrgang.

Bezugspreis: Ausgabe B mit Wissenschaftlicher Beilage und Internationaler Wochenschrift in
München 1.50 Mark monatlich frei ins Haus; durch die Post: 2.-- Mark monatlich. Ausgabe A (ohne
Beilage) in München 1.-- Mark, durch die Post bezogen 1.50 Mark monatlich. Abonnements für
München: Expedition Bayerstraße 57, deren Filialen und sämtliche Zeitungs-Expeditionen; für
das Ausland: England: A. Siegle, 30 Lime Str. und The Anglo-Foreign Publishing Syndicate,
Ltd., 38 Coleman Str., in London; Frankreich, Portugal und Spanien: A. Ammel u. C. Kliencksieck
in Paris; das übrige Europa: die Postämter; Orient: das k. k. Postamt in Wien oder in Triest; Nord-
amerika: F. W. Christern. E. Steiger & Co., Gust E. Stechert. Westermann & Co., sämtlich in New York

[Abbildung]

Insertionspreis: für die 7 gespaltene Kolonelzeile oder deren Raum im Morgenblatt
40 Pfennig, im Abendblatt 30 Pfennig, Lokale Anzeigen nach Tarif. Stellen-Gesuche 10 Pfennig.
Inseraten-Annahme in München: Expedition Bayerstraße 57, die Filialen der Allgemeinen
Zeitung und alle Annoncen-Expeditionen. -- Generalvertretungen: für Oesterreich-Ungarn
in Wien V/I, Schönbrunner Str. 48 (Richard Jahn); Frankreich: John F. Jones & Co.,
31 bis Rue du Faubourg Montmartre in Paris; England: John F. Jones & Co.,
1 & 2 Snow Hill, Holborn-Viadukt, London; Rußland: L. & E. Metzl & Co., Moskau.
Mjasnitzkaja Haus Systow, St. Petersburg, Morskaja 11; Warschau: Kral-Vorstadt 53.

Chefredakteur: Dr. Hermann Diez.
Verantwortlich: für den politischen Teil mit Ausnahme der bayerischen Politik Dr. Rudolf Dammert; für den bayerischen Teil Dr. Paul Busching; für das Feuilleton und den "Sonntag" Alfred Frhr. v. Mensi;
für die Wissenschaftliche Beilage Dr. Oskar Bulle; für den Handelsteil Leo Jolles, sämtlich in München.
Redaktion: Bayerstraße 57 Telephon 8432, 8433. = Druck und Verlag: Bayerische Druckerei & Verlagsanstalt, G. m. b. H., in München. = Expedition: Bayerstraße 57. Telephon 8430, 8431.

[Spaltenumbruch]
Das Neueste vom Tage.

Der Finanzausschuß der Reichsratskammer hat das vom
Plenum an ihn zurückverwiesene Augustinerstockpro-
jekt
in der Fassung der Regierungsvorlage aber-
mals einstimmig angenommen.



Verbandsvertreter des Flottenvereins setzten in einer ver-
traulichen Besprechung in Dresden eine neue Vorschlags-
liste für das Präsidium fest, in der Großadmiral v. Köster
als 1. Präsident, Konteradmiral v. Siegel als geschäfts-
führender Vorsitzender bezeichnet werden.

Der Kaiser von Oesterreich genehmigte heute die Errichtung
eines Ministeriums für öffentliche Arbeiten,
zu dessen Chef er den Minister ohne Portefeuille Glas-
mann
ernannte.

Der Feldzugsplan des Generals
Liautey.

Der mit einer Art Oberinspektion betraute General
Liautey wird in Begleitung des Gesandten Regnault dieser
Tage in Casablanca eintreffen und dort nach Rücksprache
mit General d'Amade sich an die Ausführung der ihm
vom Ministerium übertragenen Mission begeben. Mittler-
weile hat indessen die energisch weitergeführte "Pazifizie-
rungs"methode des Generals d'Amade einen Erfolg ge-
zeitigt, der den französischen Absichten im Grunde eher un-
gelegen kommt. Die durch die französischen Plünderungen
stark heimgesuchten Stämme der Schauja sind kriegsmüde,
um so mehr, da die Erntezeit bevorsteht, und haben teil-
weise bereits ihre Unterwerfung angeboten. Und der
Sultan des Südens, dessen Hilfsmittel der Erschöpfung nahe
sind, hat abermals versucht, mit dem französischen Ober-
befehlshaber durch französische Mittelsmänner Friedensver-
handlungen anzuknüpfen. Falls den Franzosen wirklich,
wie fortwährend versichert wird, daran läge, aus dem
marokkanischen Wespennest herauszukommen, so böte sich
jetzt gute Gelegenheit, dem grausamen Spiel ein Ende zu
machen, um so mehr, als durch die bisherigen Opfer Frank-
reichs verletzte Ehre genügsam gesühnt erscheint. Aus der
unfreundlichen Art, wie die Vermittlungsversuche abge-
lehnt worden sind, geht daher deutlich hervor, daß der
französischen Regierung eine derartige Lösung nicht er-
wünscht ist, da sie den hohen Entschädigungsansprüchen
keine Rechnung trägt. -- Soll für Frankreich der erhoffte
Gewinn aus dem marokkanischen Abenteuer heraussprin-
gen, so darf es nicht so enden. General Liautey, der jetzt
bei der Regierung wieder zu vollen Gnaden gelangte Ver-
trauensmann der Expansionisten, hat daher die Aufgabe,
die französische Aktion in ein Fahrwasser zu steuern, das
zum gewünschten Ziele führen soll. Die Grundzüge seines
von der Regierung gebilligten Feldzugsplanes sind, wie
der Eclair mitteilt, folgende: Zunächst sollen so rasch wie
möglich die Häfen von Saffi und Azzemur besetzt werden
von denen Muley Hafid gegenwärtig noch immer Waffen
und Munition bezieht. Dann soll der Vormarsch der Ma-
halla des Sultans Abd ul Asis von Rabat nach Fez be-
schleunigt werden, damit sie unterwegs nicht einem An-
griff der Zemmur ausgesetzt sei, deren einflußreicher Scherif
Wazani sich mit dem Maghzen überworfen hat, hat man
von französischer Seite bei Wazani vermittelt und seinen
Zorn durch Geschenke besänftigt, so daß dank der französi-
schen Intervention die Streitmacht des Sultans frei pas-
sieren kann. Um jede Reizung der Eingeborenen zu ver-
meiden, wird die Sultanstruppe nicht von französischen
Offizieren befehligt werden, doch werden sie einige be-
gleiten, darunter Hauptmann Rondenay; sie sollen auch,
wenigstens äußerlich, bei einer Aktion nicht hervortreten,
sondern sich im zweiten Treffen halten.

Aus diesem Plane geht zunächst als Wesentlichstes her-
vor, daß Frankreich nicht nur finanziell, sondern auch mili-
tärisch dem rechtmäßigen Sultan zur Wiedergewinnung
von Fez behilflich sein will und damit eine Verantwortung
für ihn übernimmt. Bei der notorischen Schwäche und Un-
fähigkeit von Abd ul Asis ist vorauszusehen, daß er kräfti-
ger Unterstützung bedürfen wird, und so ist die immer ab-
geleugnete französische Expedition nach Fez nur eine Frage
der Zeit und damit auch -- wenn alles nach Wunsch geht --
das französische Protektorat über Marokko, das Ziel der
Wünsche aller Expansionisten.

Die französische Regierung hat dieser Tage mit großem
Nachdruck eine Meldung des Goulois dementiert, wonach sie
Schritte beabsichtige, um eine Revision der Akte von
Algeciras
herbeizuführen und diese Angelegenheit
sogar zum Gegenstand einer Vertrauensfrage in den Kam-
mern zu machen. Auf Grund vieler Erfahrungen ist man
auch hier in manchen politischen Kreisen zu der Schlußfolge-
rung geneigt: Die Meldung wird dementiert: also ist sie
doch wahr! Jedenfalls läßt sich nicht erkennen, wie ohne
eine Abänderung der Akte von Algeciras der Feldzugs-
plan des Generals Liautey mit seinen notwendigen Kon-
sequenzen den französischen Interessen dienen könnte. Es
ist nur nicht opportun, schon heute von diesen Dingen zu
[Spaltenumbruch] sprechen, die sich später gleichsam als Schlußglieder einer
notwendigen, organischen Entwicklung darstellen müssen. --
Wie man in Berlin über eine Besetzung von Saffi denkt,
geht schon aus der im Vorabendblatt mitgeteilten Berliner
Aeußerung der Süddeutschen Reichskorrespondenz hervor.
Vielfach nimmt man an, daß auch Fürst Bülows be-
vorstehende Reichstagsrede
auf diese Dinge ein-
gehen werde.



Protest der Reichstagsjournalisten.

(Privattel.) Den
Reichstags-Journalisten ging eine Mitteilung zu, daß
der Präsident des Reichstags den Vertretern
der Presse volle Genugtuung zu geben
wünsche.
Der Präsident drückte den Wunsch nach
einer neuen Besprechung
aus. Eine Abordnung
von drei Herren wurde gewählt, die ohne Auftrag im ein-
zelnen mit dem Präsidenten verhandeln sollte. Als dann
Präsident Graf Stolberg das Präsidium an
den Vizepräsidenten abgegeben hatte, traten die von
der Versammlung der Pressevertreter beauftragten Herren
mit ihm in Unterhandlung. Diese fand statt in Gegenwart
des Abgeordneten Frhrn. v. Hertling, sowie des Abge-
ordneten v. Normann. Das Ergebnis war ein negatives.
Der Präsident glaubte nach der Rücksprache, die er in-
zwischen gehabt hat, den Vorschlag, den er den Pressever-
tretern am Vormittag hatte übermitteln lassen, und den sie
als vollkommen befriedigend angesehen haben, nicht
mehr aufrecht
erhalten zu können und die Abordnung
war lediglich in der Lage, der Versammlung folgenden von
Frhrn. v. Hertling formulierten Vorschlag zu unterbreiten:
Die Journalisten sollten zunächst Herrn Gröber gegen-
über ihr Bedauern über die auf der Tribüne vorge-
kommene Störung ausdrücken. Danach, und zwar in dieser
chronologischen Reihenfolge, würde Herr Gröber er-
klären, er ziehe unter dem Ausdruck des Bedauerns seine
beleidigende Aeußerung zurück. In der Nachmittagsver-
sammlung der Pressevertreter wurde dieser Vorschlag zur
Abstimmung gestellt. Die Versammlung, an der 86 Herren
aller Parteirichtungen einschließlich des Zentrums teil-
nahmen, lehnte diesen Vorschlag mit 84 gegen
2 Stimmen ab
und beauftragte ein Mitglied der Ab-
ordnung, diesen Beschluß dem Präsidenten mitzuteilen.
Dies geschah gleichfalls in Gegenwart der Herren Abgeord-
neten Frhrn. v. Hertling und v. Normann. Ein weiteres
Ergebnis wurde hierdurch nicht erzielt. Nachdem dies der
Versammlung mitgeteilt war, beschloß diese, am Montag,
halb 12 Uhr, wieder zusammenzutreten, und bis dahin die
Dreierkommission in Permanenz zu erklären; sie wurde zu
neuen Verhandlungen in der Zwischenzeit ermächtigt in
der Richtung, daß Herr Gröber zu erst seine Worte öffent-
lich mit dem Ausdruck des Bedauerns zurücknimmt. Da-
nach würden die Journalisten sich gern bereit erklären, zu
versichern, daß niemand seine und seiner Freunde religiöse
Gefühle verletzen wolle.

In der heutigen Versammlung
der Reichstagsjournalisten wurden zunächst Sympathie-
kundgebungen
verlesen, darunter solche vom Mün-
chener Journalisten- und Schriftstellerverein, vom Syndikat
österreichischer Zeitungskorrespondenten, vom Journalisten-
und Schriftstellerverein Hamburg-Altona und dem Verein
Wuppertaler-Presse. Es wurde beschlossen, eine Kommission
einzusetzen, welche ohne einen besonderen Auftrag mit dem
Präsidenten über eine geeignete Erledigung des Streit-
falles verhandelt. Die Kommission besteht aus drei Herren.
Die Versammlung vertagte sich darauf, bis ein Resultat
der Verhandlungen vorliegt. Die Versammlung nahm zur
Kenntnis, daß die zurzeit in Berlin tagende Versamm-
lung des Vereins der Zeitungsverleger
sich
vollkommen auf Seiten der Reichstagsjourna-
listen
stelle.

Den Reichstagsjournalisten
gingen Erklärungen zu von der Daily Expreß, Daily
Telegraph, Daily Mail und Standard, daß bei Nichterledi-
gung des Streitfalles sie auch am Montag über die Ver-
handlungen des Reichstages über die auswärtige Politik
keine Zeile veröffentlichen würden. Auch die übrigen eng-
lischen Zeitungen würden sich ihnen voraussichtlich an-
schließen. Die Vertreter des Figaro, Matin und Temps
schlossen sich ebenfalls der englischen Presse an und er-
klärten, bis zur Erledigung des Streitfalles nichts über die
Reichstagsverhandlungen veröffentlichen zu wollen, auch
nichts am Montag über die Verhandlungen über die aus-
wärtige Politik.

Weitere Sympathiekund-
gebungen
gingen den Reichstagsjournalisten zu von den
Tageszeitungen, sowie von dem Verein der niedersächsischen
Presse in Hannover, dem Journalistenverein Karlsruhe,
dem Landesverband hessischer Zeitungsredakteure in Darm-
stadt, den Journalisten des hessischen Landtages, den
Kammerjournalisten mit Ausnahme des Zentrums in
München, der Vereinigten Königsberger Presse, der Ver-
[Spaltenumbruch] einigung der Parlamentsberichterstatter in Wien und dem
Verein der Tagespresse in Marseille.

Die Journalistentribüne
der bayerischen Abgeordnetenkammer
hat heute
an die Journalistentribüne des Deuschen Reichstags folgendes
Telegramm abgesandt: "Die Kammerjournalisten des bayerischen
Landtags mit Ausnahme des Zentrums sprechen ihren
Kollegen im Deutschen Reichstag für die energische Wahrung
der journalistischen Standesehre ihre wärmste Sympathie aus."

(Privattelegramm.) Das
Syndikat der Korrespondenten, dem die Vertreter der Presse der
ganzen Welt angehören, sandte eine Solidaritätsdepesche
an den Berliner Korrespondentenverband wegen des Zwischen-
falles Gröber.

Von Herrn Dr. Müller-Meiningen erhalten wir fol-
gende Zuschrift:

Sehr geehrte Redaktion!
Kein Tag ohne eine neue Schandtat dieses Müller-
Meiningen! Am Tage, als die Felle des alleinseligmachenden
Zentrums davonschwammen und das Reichsvereinsgesetz in der
Kommission angenommen wurde, beging er eine zweite ruchlose
Tat. Und das kam so! Ein Journalist lachte laut über eine
geistreiche Bemerkung des Herrn Matthias Erzberger. Ich halte
dies für entschuldbar, wenn auch ungehörig. Herr Gröber von
der Zentrumspartei schrie darauf so laut, daß es das ganze Haus
hören konnte, so ähnlich wie: "Das sind wieder dieselben S ..-
bengels wie bei mir neulich." Ich saß auf meinem Platze, der
ziemlich entfernt ist von demjenigen des Herrn Gröber, und
hörte die laut gerufene Bemerkung deutlich. An den Jargon
dieser Herren gewöhnt, legte ich ihr keine weitere Bedeutung bei.
Bald nach diesem Zwischenfall kam ein Herr der Presse zu mir,
der mich bat, da es sich doch nur um die Ungehörigkeit eines ein-
zelnen handelte, die allgemeine Beleidigung der
Journalistentribüne zurückzuweisen. Der Herr kannte also bereits
den Wortlaut der Gröberschen Bemerkung. Daß sich der Herr
an mich wandte, war natürlich, erstens, da ich der nächste Redner
nach Erzberger war, zweitens, weil ich seit zehn Jahren stets für
die Interessen der Presse -- wie ich glaube, mit Recht sagen zu
können -- energisch eingetreten bin. Genau in diesem Sinne be-
handelte ich die Sache am Beginn meiner Rede; ich wunderte
mich daher, daß der Abgeordnete Eichhorn unter Verzerrung der
Gesamttendenz meiner Bemerkung, gegen die allgemeine Preß-
hetze zu protestieren, mir vorwarf, "ich hätte die Presse gerüffelt".
Der Wortlaut des Stenogramms meiner Rede wird das Gegen-
teil beweisen: Ich hege die größten Sympathien mit der gerade
in der letzten Zeit Großes leistenden Parlamentspresse und lasse
mich nicht in ein animoses Verhältnis zu ihr hineinhetzen.

Und nun lese man die Darstellung der Germania! Danach
bin ich an allem schuld, denn ich hatte die Sache brühwarm
auf der Journalistentribüne mitgeteilt und mit dieser "Denun-
ziation" natürlicherweise auf der Tribüne große Erregung her-
vorgerufen. Der unschuldige Herr Gröber! Die ganze
Darstellung ist von A bis Z erlogen: Echte
christliche Preßarbeit!
Ich habe die Tribüne nicht be-
treten. Ich wiederhole, der Herr der Presse, der zu mir kam,
war bereits von der Aeußerung unterrichtet und bat mich ledig-
lich, gegen die allgemeine Beleidigung aufzutreten! Das ganze
Gespräch dauerte eine halbe Minute, da ich sofort wieder in den
Saal eilen mußte, wo ich jede Minute aufgerufen werden konnte.

Die Tendenz dieser neuen echten Jesuitenmache ist klar. Man
sucht einen Sündenbock für die Beleidigung der Presse durch
Gröber. Wer wäre dazu geeigneter als der, den man am meisten
haßt! Dazu noch der durchsichtige Versuch einer gefährlichen Ab-
lenkung der öffentlichen Aufmerksamkeit von der Niederlage des
Zentrums beim Vereinsgesetz!

Ich quittiere für diese neueste Glanzleistung christlicher
Nächstenliebe!

Gesegnet sind die Frommen, ihnen
Muß alles ja zum besten dienen.
Hochachtungsvollst!

Dr. Müller-Meiningen, Hof.


Politische Rundschau.
Gesandter Graf Quadt über Deutschland und Persien.

* Graf Albert von Quadt-Wykradt-Isny, der als Nach-
folger des nunmehrigen Unterstaatssekretärs im Auswär-
tigen Amt Stemrich vor kurzem den Posten des kaiserlichen
Gesandten in Teheran angetreten hat, hatte die Freund-
lichkeit, unserem dortigen Spezialberichterstatter eine Unter-
redung zu gewähren, in der er sich über seine ersten Ein-
drücke in der persischen Hauptstadt und zumal über die Be-
ziehungen zwischen Deutschland und Persien aussprach.
Seine Auffassungen in dieser Hinsicht entsprechen durchaus
dem, was Fürst von Bülow jüngst zu einem russischen Jour-
nalisten äußerte. Unser Teheraner Korrespondent schreibt
uns darüber:

Der neue deutsche Gesandte Graf v. Quadt-Wykradt-Isny
äußerte sich in einer Unterredung mit mir sehr befriedigt über
den Empfang, der ihm vom Schah sowie den persischen Behörden
zuteil geworden war. Auch bei seinen Besuchen beim diplomati-
schen Korps sei man ihm mit großer Herzlichkeit entgegengetreten.
"In persischen Kreisen hob man," so führte der Gesandte aus,
"immer und immer wieder hervor, wie segensreich die deutsche
Schule in Teheran
bereits gewirkt hätte und wie Großes
man sich für die Zukunft von der Vergrößerung dieser Bildungs-
anstalt für das persische Volk verspreche." Auf meine Frage über
die politische Stellungnahme Deutschlands in Persien erwiderte
der Herr Gesandte. Deutschland verfolge, wie der Herr Reichs-
kanzler wiederholt im Reichstag betont habe, keine politi-
schen Ziele.
Der Grundsatz der offenen Tür sei von allen
Mächten in Persien proklamiert worden; Deutschland sei daher

Montag, 23. März 1908. München. Einzige Tagesausgabe.—Nr. 137.
Allgemeine Zeitung.
Erſcheint täglich 2mal. — Einhundertelfter Jahrgang.

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München 1.50 Mark monatlich frei ins Haus; durch die Poſt: 2.— Mark monatlich. Ausgabe A (ohne
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amerika: F. W. Chriſtern. E. Steiger & Co., Guſt E. Stechert. Weſtermann & Co., ſämtlich in New York

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40 Pfennig, im Abendblatt 30 Pfennig, Lokale Anzeigen nach Tarif. Stellen-Geſuche 10 Pfennig.
Inſeraten-Annahme in München: Expedition Bayerſtraße 57, die Filialen der Allgemeinen
Zeitung und alle Annoncen-Expeditionen. — Generalvertretungen: für Oeſterreich-Ungarn
in Wien V/I, Schönbrunner Str. 48 (Richard Jahn); Frankreich: John F. Jones & Co.,
31 bis Rue du Faubourg Montmartre in Paris; England: John F. Jones & Co.,
1 & 2 Snow Hill, Holborn-Viadukt, London; Rußland: L. & E. Metzl & Co., Moskau.
Mjasnitzkaja Haus Syſtow, St. Petersburg, Morskaja 11; Warſchau: Kral-Vorſtadt 53.

Chefredakteur: Dr. Hermann Diez.
Verantwortlich: für den politiſchen Teil mit Ausnahme der bayeriſchen Politik Dr. Rudolf Dammert; für den bayeriſchen Teil Dr. Paul Buſching; für das Feuilleton und den „Sonntag“ Alfred Frhr. v. Menſi;
für die Wiſſenſchaftliche Beilage Dr. Oskar Bulle; für den Handelsteil Leo Jolles, ſämtlich in München.
Redaktion: Bayerſtraße 57 Telephon 8432, 8433. = Druck und Verlag: Bayeriſche Druckerei & Verlagsanſtalt, G. m. b. H., in München. = Expedition: Bayerſtraße 57. Telephon 8430, 8431.

[Spaltenumbruch]
Das Neueſte vom Tage.

Der Finanzausſchuß der Reichsratskammer hat das vom
Plenum an ihn zurückverwieſene Auguſtinerſtockpro-
jekt
in der Faſſung der Regierungsvorlage aber-
mals einſtimmig angenommen.



Verbandsvertreter des Flottenvereins ſetzten in einer ver-
traulichen Beſprechung in Dresden eine neue Vorſchlags-
liſte für das Präſidium feſt, in der Großadmiral v. Köſter
als 1. Präſident, Konteradmiral v. Siegel als geſchäfts-
führender Vorſitzender bezeichnet werden.

Der Kaiſer von Oeſterreich genehmigte heute die Errichtung
eines Miniſteriums für öffentliche Arbeiten,
zu deſſen Chef er den Miniſter ohne Portefeuille Glas-
mann
ernannte.

Der Feldzugsplan des Generals
Liautey.

Der mit einer Art Oberinſpektion betraute General
Liautey wird in Begleitung des Geſandten Regnault dieſer
Tage in Caſablanca eintreffen und dort nach Rückſprache
mit General d’Amade ſich an die Ausführung der ihm
vom Miniſterium übertragenen Miſſion begeben. Mittler-
weile hat indeſſen die energiſch weitergeführte „Pazifizie-
rungs“methode des Generals d’Amade einen Erfolg ge-
zeitigt, der den franzöſiſchen Abſichten im Grunde eher un-
gelegen kommt. Die durch die franzöſiſchen Plünderungen
ſtark heimgeſuchten Stämme der Schauja ſind kriegsmüde,
um ſo mehr, da die Erntezeit bevorſteht, und haben teil-
weiſe bereits ihre Unterwerfung angeboten. Und der
Sultan des Südens, deſſen Hilfsmittel der Erſchöpfung nahe
ſind, hat abermals verſucht, mit dem franzöſiſchen Ober-
befehlshaber durch franzöſiſche Mittelsmänner Friedensver-
handlungen anzuknüpfen. Falls den Franzoſen wirklich,
wie fortwährend verſichert wird, daran läge, aus dem
marokkaniſchen Weſpenneſt herauszukommen, ſo böte ſich
jetzt gute Gelegenheit, dem grauſamen Spiel ein Ende zu
machen, um ſo mehr, als durch die bisherigen Opfer Frank-
reichs verletzte Ehre genügſam geſühnt erſcheint. Aus der
unfreundlichen Art, wie die Vermittlungsverſuche abge-
lehnt worden ſind, geht daher deutlich hervor, daß der
franzöſiſchen Regierung eine derartige Löſung nicht er-
wünſcht iſt, da ſie den hohen Entſchädigungsanſprüchen
keine Rechnung trägt. — Soll für Frankreich der erhoffte
Gewinn aus dem marokkaniſchen Abenteuer herausſprin-
gen, ſo darf es nicht ſo enden. General Liautey, der jetzt
bei der Regierung wieder zu vollen Gnaden gelangte Ver-
trauensmann der Expanſioniſten, hat daher die Aufgabe,
die franzöſiſche Aktion in ein Fahrwaſſer zu ſteuern, das
zum gewünſchten Ziele führen ſoll. Die Grundzüge ſeines
von der Regierung gebilligten Feldzugsplanes ſind, wie
der Eclair mitteilt, folgende: Zunächſt ſollen ſo raſch wie
möglich die Häfen von Saffi und Azzemur beſetzt werden
von denen Muley Hafid gegenwärtig noch immer Waffen
und Munition bezieht. Dann ſoll der Vormarſch der Ma-
halla des Sultans Abd ul Aſis von Rabat nach Fez be-
ſchleunigt werden, damit ſie unterwegs nicht einem An-
griff der Zemmur ausgeſetzt ſei, deren einflußreicher Scherif
Wazani ſich mit dem Maghzen überworfen hat, hat man
von franzöſiſcher Seite bei Wazani vermittelt und ſeinen
Zorn durch Geſchenke beſänftigt, ſo daß dank der franzöſi-
ſchen Intervention die Streitmacht des Sultans frei paſ-
ſieren kann. Um jede Reizung der Eingeborenen zu ver-
meiden, wird die Sultanstruppe nicht von franzöſiſchen
Offizieren befehligt werden, doch werden ſie einige be-
gleiten, darunter Hauptmann Rondenay; ſie ſollen auch,
wenigſtens äußerlich, bei einer Aktion nicht hervortreten,
ſondern ſich im zweiten Treffen halten.

Aus dieſem Plane geht zunächſt als Weſentlichſtes her-
vor, daß Frankreich nicht nur finanziell, ſondern auch mili-
täriſch dem rechtmäßigen Sultan zur Wiedergewinnung
von Fez behilflich ſein will und damit eine Verantwortung
für ihn übernimmt. Bei der notoriſchen Schwäche und Un-
fähigkeit von Abd ul Aſis iſt vorauszuſehen, daß er kräfti-
ger Unterſtützung bedürfen wird, und ſo iſt die immer ab-
geleugnete franzöſiſche Expedition nach Fez nur eine Frage
der Zeit und damit auch — wenn alles nach Wunſch geht —
das franzöſiſche Protektorat über Marokko, das Ziel der
Wünſche aller Expanſioniſten.

Die franzöſiſche Regierung hat dieſer Tage mit großem
Nachdruck eine Meldung des Goulois dementiert, wonach ſie
Schritte beabſichtige, um eine Reviſion der Akte von
Algeciras
herbeizuführen und dieſe Angelegenheit
ſogar zum Gegenſtand einer Vertrauensfrage in den Kam-
mern zu machen. Auf Grund vieler Erfahrungen iſt man
auch hier in manchen politiſchen Kreiſen zu der Schlußfolge-
rung geneigt: Die Meldung wird dementiert: alſo iſt ſie
doch wahr! Jedenfalls läßt ſich nicht erkennen, wie ohne
eine Abänderung der Akte von Algeciras der Feldzugs-
plan des Generals Liautey mit ſeinen notwendigen Kon-
ſequenzen den franzöſiſchen Intereſſen dienen könnte. Es
iſt nur nicht opportun, ſchon heute von dieſen Dingen zu
[Spaltenumbruch] ſprechen, die ſich ſpäter gleichſam als Schlußglieder einer
notwendigen, organiſchen Entwicklung darſtellen müſſen. —
Wie man in Berlin über eine Beſetzung von Saffi denkt,
geht ſchon aus der im Vorabendblatt mitgeteilten Berliner
Aeußerung der Süddeutſchen Reichskorreſpondenz hervor.
Vielfach nimmt man an, daß auch Fürſt Bülows be-
vorſtehende Reichstagsrede
auf dieſe Dinge ein-
gehen werde.



Proteſt der Reichstagsjournaliſten.

(Privattel.) Den
Reichstags-Journaliſten ging eine Mitteilung zu, daß
der Präſident des Reichstags den Vertretern
der Preſſe volle Genugtuung zu geben
wünſche.
Der Präſident drückte den Wunſch nach
einer neuen Beſprechung
aus. Eine Abordnung
von drei Herren wurde gewählt, die ohne Auftrag im ein-
zelnen mit dem Präſidenten verhandeln ſollte. Als dann
Präſident Graf Stolberg das Präſidium an
den Vizepräſidenten abgegeben hatte, traten die von
der Verſammlung der Preſſevertreter beauftragten Herren
mit ihm in Unterhandlung. Dieſe fand ſtatt in Gegenwart
des Abgeordneten Frhrn. v. Hertling, ſowie des Abge-
ordneten v. Normann. Das Ergebnis war ein negatives.
Der Präſident glaubte nach der Rückſprache, die er in-
zwiſchen gehabt hat, den Vorſchlag, den er den Preſſever-
tretern am Vormittag hatte übermitteln laſſen, und den ſie
als vollkommen befriedigend angeſehen haben, nicht
mehr aufrecht
erhalten zu können und die Abordnung
war lediglich in der Lage, der Verſammlung folgenden von
Frhrn. v. Hertling formulierten Vorſchlag zu unterbreiten:
Die Journaliſten ſollten zunächſt Herrn Gröber gegen-
über ihr Bedauern über die auf der Tribüne vorge-
kommene Störung ausdrücken. Danach, und zwar in dieſer
chronologiſchen Reihenfolge, würde Herr Gröber er-
klären, er ziehe unter dem Ausdruck des Bedauerns ſeine
beleidigende Aeußerung zurück. In der Nachmittagsver-
ſammlung der Preſſevertreter wurde dieſer Vorſchlag zur
Abſtimmung geſtellt. Die Verſammlung, an der 86 Herren
aller Parteirichtungen einſchließlich des Zentrums teil-
nahmen, lehnte dieſen Vorſchlag mit 84 gegen
2 Stimmen ab
und beauftragte ein Mitglied der Ab-
ordnung, dieſen Beſchluß dem Präſidenten mitzuteilen.
Dies geſchah gleichfalls in Gegenwart der Herren Abgeord-
neten Frhrn. v. Hertling und v. Normann. Ein weiteres
Ergebnis wurde hierdurch nicht erzielt. Nachdem dies der
Verſammlung mitgeteilt war, beſchloß dieſe, am Montag,
halb 12 Uhr, wieder zuſammenzutreten, und bis dahin die
Dreierkommiſſion in Permanenz zu erklären; ſie wurde zu
neuen Verhandlungen in der Zwiſchenzeit ermächtigt in
der Richtung, daß Herr Gröber zu erſt ſeine Worte öffent-
lich mit dem Ausdruck des Bedauerns zurücknimmt. Da-
nach würden die Journaliſten ſich gern bereit erklären, zu
verſichern, daß niemand ſeine und ſeiner Freunde religiöſe
Gefühle verletzen wolle.

In der heutigen Verſammlung
der Reichstagsjournaliſten wurden zunächſt Sympathie-
kundgebungen
verleſen, darunter ſolche vom Mün-
chener Journaliſten- und Schriftſtellerverein, vom Syndikat
öſterreichiſcher Zeitungskorreſpondenten, vom Journaliſten-
und Schriftſtellerverein Hamburg-Altona und dem Verein
Wuppertaler-Preſſe. Es wurde beſchloſſen, eine Kommiſſion
einzuſetzen, welche ohne einen beſonderen Auftrag mit dem
Präſidenten über eine geeignete Erledigung des Streit-
falles verhandelt. Die Kommiſſion beſteht aus drei Herren.
Die Verſammlung vertagte ſich darauf, bis ein Reſultat
der Verhandlungen vorliegt. Die Verſammlung nahm zur
Kenntnis, daß die zurzeit in Berlin tagende Verſamm-
lung des Vereins der Zeitungsverleger
ſich
vollkommen auf Seiten der Reichstagsjourna-
liſten
ſtelle.

Den Reichstagsjournaliſten
gingen Erklärungen zu von der Daily Expreß, Daily
Telegraph, Daily Mail und Standard, daß bei Nichterledi-
gung des Streitfalles ſie auch am Montag über die Ver-
handlungen des Reichstages über die auswärtige Politik
keine Zeile veröffentlichen würden. Auch die übrigen eng-
liſchen Zeitungen würden ſich ihnen vorausſichtlich an-
ſchließen. Die Vertreter des Figaro, Matin und Temps
ſchloſſen ſich ebenfalls der engliſchen Preſſe an und er-
klärten, bis zur Erledigung des Streitfalles nichts über die
Reichstagsverhandlungen veröffentlichen zu wollen, auch
nichts am Montag über die Verhandlungen über die aus-
wärtige Politik.

Weitere Sympathiekund-
gebungen
gingen den Reichstagsjournaliſten zu von den
Tageszeitungen, ſowie von dem Verein der niederſächſiſchen
Preſſe in Hannover, dem Journaliſtenverein Karlsruhe,
dem Landesverband heſſiſcher Zeitungsredakteure in Darm-
ſtadt, den Journaliſten des heſſiſchen Landtages, den
Kammerjournaliſten mit Ausnahme des Zentrums in
München, der Vereinigten Königsberger Preſſe, der Ver-
[Spaltenumbruch] einigung der Parlamentsberichterſtatter in Wien und dem
Verein der Tagespreſſe in Marſeille.

Die Journaliſtentribüne
der bayeriſchen Abgeordnetenkammer
hat heute
an die Journaliſtentribüne des Deuſchen Reichstags folgendes
Telegramm abgeſandt: „Die Kammerjournaliſten des bayeriſchen
Landtags mit Ausnahme des Zentrums ſprechen ihren
Kollegen im Deutſchen Reichstag für die energiſche Wahrung
der journaliſtiſchen Standesehre ihre wärmſte Sympathie aus.“

(Privattelegramm.) Das
Syndikat der Korreſpondenten, dem die Vertreter der Preſſe der
ganzen Welt angehören, ſandte eine Solidaritätsdepeſche
an den Berliner Korreſpondentenverband wegen des Zwiſchen-
falles Gröber.

Von Herrn Dr. Müller-Meiningen erhalten wir fol-
gende Zuſchrift:

Sehr geehrte Redaktion!
Kein Tag ohne eine neue Schandtat dieſes Müller-
Meiningen! Am Tage, als die Felle des alleinſeligmachenden
Zentrums davonſchwammen und das Reichsvereinsgeſetz in der
Kommiſſion angenommen wurde, beging er eine zweite ruchloſe
Tat. Und das kam ſo! Ein Journaliſt lachte laut über eine
geiſtreiche Bemerkung des Herrn Matthias Erzberger. Ich halte
dies für entſchuldbar, wenn auch ungehörig. Herr Gröber von
der Zentrumspartei ſchrie darauf ſo laut, daß es das ganze Haus
hören konnte, ſo ähnlich wie: „Das ſind wieder dieſelben S ..-
bengels wie bei mir neulich.“ Ich ſaß auf meinem Platze, der
ziemlich entfernt iſt von demjenigen des Herrn Gröber, und
hörte die laut gerufene Bemerkung deutlich. An den Jargon
dieſer Herren gewöhnt, legte ich ihr keine weitere Bedeutung bei.
Bald nach dieſem Zwiſchenfall kam ein Herr der Preſſe zu mir,
der mich bat, da es ſich doch nur um die Ungehörigkeit eines ein-
zelnen handelte, die allgemeine Beleidigung der
Journaliſtentribüne zurückzuweiſen. Der Herr kannte alſo bereits
den Wortlaut der Gröberſchen Bemerkung. Daß ſich der Herr
an mich wandte, war natürlich, erſtens, da ich der nächſte Redner
nach Erzberger war, zweitens, weil ich ſeit zehn Jahren ſtets für
die Intereſſen der Preſſe — wie ich glaube, mit Recht ſagen zu
können — energiſch eingetreten bin. Genau in dieſem Sinne be-
handelte ich die Sache am Beginn meiner Rede; ich wunderte
mich daher, daß der Abgeordnete Eichhorn unter Verzerrung der
Geſamttendenz meiner Bemerkung, gegen die allgemeine Preß-
hetze zu proteſtieren, mir vorwarf, „ich hätte die Preſſe gerüffelt“.
Der Wortlaut des Stenogramms meiner Rede wird das Gegen-
teil beweiſen: Ich hege die größten Sympathien mit der gerade
in der letzten Zeit Großes leiſtenden Parlamentspreſſe und laſſe
mich nicht in ein animoſes Verhältnis zu ihr hineinhetzen.

Und nun leſe man die Darſtellung der Germania! Danach
bin ich an allem ſchuld, denn ich hatte die Sache brühwarm
auf der Journaliſtentribüne mitgeteilt und mit dieſer „Denun-
ziation“ natürlicherweiſe auf der Tribüne große Erregung her-
vorgerufen. Der unſchuldige Herr Gröber! Die ganze
Darſtellung iſt von A bis Z erlogen: Echte
chriſtliche Preßarbeit!
Ich habe die Tribüne nicht be-
treten. Ich wiederhole, der Herr der Preſſe, der zu mir kam,
war bereits von der Aeußerung unterrichtet und bat mich ledig-
lich, gegen die allgemeine Beleidigung aufzutreten! Das ganze
Geſpräch dauerte eine halbe Minute, da ich ſofort wieder in den
Saal eilen mußte, wo ich jede Minute aufgerufen werden konnte.

Die Tendenz dieſer neuen echten Jeſuitenmache iſt klar. Man
ſucht einen Sündenbock für die Beleidigung der Preſſe durch
Gröber. Wer wäre dazu geeigneter als der, den man am meiſten
haßt! Dazu noch der durchſichtige Verſuch einer gefährlichen Ab-
lenkung der öffentlichen Aufmerkſamkeit von der Niederlage des
Zentrums beim Vereinsgeſetz!

Ich quittiere für dieſe neueſte Glanzleiſtung chriſtlicher
Nächſtenliebe!

Geſegnet ſind die Frommen, ihnen
Muß alles ja zum beſten dienen.
Hochachtungsvollſt!

Dr. Müller-Meiningen, Hof.


Politiſche Rundſchau.
Geſandter Graf Quadt über Deutſchland und Perſien.

* Graf Albert von Quadt-Wykradt-Isny, der als Nach-
folger des nunmehrigen Unterſtaatsſekretärs im Auswär-
tigen Amt Stemrich vor kurzem den Poſten des kaiſerlichen
Geſandten in Teheran angetreten hat, hatte die Freund-
lichkeit, unſerem dortigen Spezialberichterſtatter eine Unter-
redung zu gewähren, in der er ſich über ſeine erſten Ein-
drücke in der perſiſchen Hauptſtadt und zumal über die Be-
ziehungen zwiſchen Deutſchland und Perſien ausſprach.
Seine Auffaſſungen in dieſer Hinſicht entſprechen durchaus
dem, was Fürſt von Bülow jüngſt zu einem ruſſiſchen Jour-
naliſten äußerte. Unſer Teheraner Korreſpondent ſchreibt
uns darüber:

Der neue deutſche Geſandte Graf v. Quadt-Wykradt-Isny
äußerte ſich in einer Unterredung mit mir ſehr befriedigt über
den Empfang, der ihm vom Schah ſowie den perſiſchen Behörden
zuteil geworden war. Auch bei ſeinen Beſuchen beim diplomati-
ſchen Korps ſei man ihm mit großer Herzlichkeit entgegengetreten.
„In perſiſchen Kreiſen hob man,“ ſo führte der Geſandte aus,
„immer und immer wieder hervor, wie ſegensreich die deutſche
Schule in Teheran
bereits gewirkt hätte und wie Großes
man ſich für die Zukunft von der Vergrößerung dieſer Bildungs-
anſtalt für das perſiſche Volk verſpreche.“ Auf meine Frage über
die politiſche Stellungnahme Deutſchlands in Perſien erwiderte
der Herr Geſandte. Deutſchland verfolge, wie der Herr Reichs-
kanzler wiederholt im Reichstag betont habe, keine politi-
ſchen Ziele.
Der Grundſatz der offenen Tür ſei von allen
Mächten in Perſien proklamiert worden; Deutſchland ſei daher

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[0001] Montag, 23. März 1908. München. Einzige Tagesausgabe.—Nr. 137. Allgemeine Zeitung. Erſcheint täglich 2mal. — Einhundertelfter Jahrgang. Bezugspreis: Ausgabe B mit Wiſſenſchaftlicher Beilage und Internationaler Wochenſchrift in München 1.50 Mark monatlich frei ins Haus; durch die Poſt: 2.— Mark monatlich. Ausgabe A (ohne Beilage) in München 1.— Mark, durch die Poſt bezogen 1.50 Mark monatlich. Abonnements für München: Expedition Bayerſtraße 57, deren Filialen und ſämtliche Zeitungs-Expeditionen; für das Ausland: England: A. Siegle, 30 Lime Str. und The Anglo-Foreign Publiſhing Syndicate, Ltd., 38 Coleman Str., in London; Frankreich, Portugal und Spanien: A. Ammel u. C. Klienckſieck in Paris; das übrige Europa: die Poſtämter; Orient: das k. k. Poſtamt in Wien oder in Trieſt; Nord- amerika: F. W. Chriſtern. E. Steiger & Co., Guſt E. Stechert. Weſtermann & Co., ſämtlich in New York [Abbildung] Inſertionspreis: für die 7 geſpaltene Kolonelzeile oder deren Raum im Morgenblatt 40 Pfennig, im Abendblatt 30 Pfennig, Lokale Anzeigen nach Tarif. Stellen-Geſuche 10 Pfennig. Inſeraten-Annahme in München: Expedition Bayerſtraße 57, die Filialen der Allgemeinen Zeitung und alle Annoncen-Expeditionen. — Generalvertretungen: für Oeſterreich-Ungarn in Wien V/I, Schönbrunner Str. 48 (Richard Jahn); Frankreich: John F. Jones & Co., 31 bis Rue du Faubourg Montmartre in Paris; England: John F. Jones & Co., 1 & 2 Snow Hill, Holborn-Viadukt, London; Rußland: L. & E. Metzl & Co., Moskau. Mjasnitzkaja Haus Syſtow, St. Petersburg, Morskaja 11; Warſchau: Kral-Vorſtadt 53. Chefredakteur: Dr. Hermann Diez. Verantwortlich: für den politiſchen Teil mit Ausnahme der bayeriſchen Politik Dr. Rudolf Dammert; für den bayeriſchen Teil Dr. Paul Buſching; für das Feuilleton und den „Sonntag“ Alfred Frhr. v. Menſi; für die Wiſſenſchaftliche Beilage Dr. Oskar Bulle; für den Handelsteil Leo Jolles, ſämtlich in München. Redaktion: Bayerſtraße 57 Telephon 8432, 8433. = Druck und Verlag: Bayeriſche Druckerei & Verlagsanſtalt, G. m. b. H., in München. = Expedition: Bayerſtraße 57. Telephon 8430, 8431. Das Neueſte vom Tage. Der Finanzausſchuß der Reichsratskammer hat das vom Plenum an ihn zurückverwieſene Auguſtinerſtockpro- jekt in der Faſſung der Regierungsvorlage aber- mals einſtimmig angenommen. Verbandsvertreter des Flottenvereins ſetzten in einer ver- traulichen Beſprechung in Dresden eine neue Vorſchlags- liſte für das Präſidium feſt, in der Großadmiral v. Köſter als 1. Präſident, Konteradmiral v. Siegel als geſchäfts- führender Vorſitzender bezeichnet werden. Der Kaiſer von Oeſterreich genehmigte heute die Errichtung eines Miniſteriums für öffentliche Arbeiten, zu deſſen Chef er den Miniſter ohne Portefeuille Glas- mann ernannte. Der Feldzugsplan des Generals Liautey. Der mit einer Art Oberinſpektion betraute General Liautey wird in Begleitung des Geſandten Regnault dieſer Tage in Caſablanca eintreffen und dort nach Rückſprache mit General d’Amade ſich an die Ausführung der ihm vom Miniſterium übertragenen Miſſion begeben. Mittler- weile hat indeſſen die energiſch weitergeführte „Pazifizie- rungs“methode des Generals d’Amade einen Erfolg ge- zeitigt, der den franzöſiſchen Abſichten im Grunde eher un- gelegen kommt. Die durch die franzöſiſchen Plünderungen ſtark heimgeſuchten Stämme der Schauja ſind kriegsmüde, um ſo mehr, da die Erntezeit bevorſteht, und haben teil- weiſe bereits ihre Unterwerfung angeboten. Und der Sultan des Südens, deſſen Hilfsmittel der Erſchöpfung nahe ſind, hat abermals verſucht, mit dem franzöſiſchen Ober- befehlshaber durch franzöſiſche Mittelsmänner Friedensver- handlungen anzuknüpfen. Falls den Franzoſen wirklich, wie fortwährend verſichert wird, daran läge, aus dem marokkaniſchen Weſpenneſt herauszukommen, ſo böte ſich jetzt gute Gelegenheit, dem grauſamen Spiel ein Ende zu machen, um ſo mehr, als durch die bisherigen Opfer Frank- reichs verletzte Ehre genügſam geſühnt erſcheint. Aus der unfreundlichen Art, wie die Vermittlungsverſuche abge- lehnt worden ſind, geht daher deutlich hervor, daß der franzöſiſchen Regierung eine derartige Löſung nicht er- wünſcht iſt, da ſie den hohen Entſchädigungsanſprüchen keine Rechnung trägt. — Soll für Frankreich der erhoffte Gewinn aus dem marokkaniſchen Abenteuer herausſprin- gen, ſo darf es nicht ſo enden. General Liautey, der jetzt bei der Regierung wieder zu vollen Gnaden gelangte Ver- trauensmann der Expanſioniſten, hat daher die Aufgabe, die franzöſiſche Aktion in ein Fahrwaſſer zu ſteuern, das zum gewünſchten Ziele führen ſoll. Die Grundzüge ſeines von der Regierung gebilligten Feldzugsplanes ſind, wie der Eclair mitteilt, folgende: Zunächſt ſollen ſo raſch wie möglich die Häfen von Saffi und Azzemur beſetzt werden von denen Muley Hafid gegenwärtig noch immer Waffen und Munition bezieht. Dann ſoll der Vormarſch der Ma- halla des Sultans Abd ul Aſis von Rabat nach Fez be- ſchleunigt werden, damit ſie unterwegs nicht einem An- griff der Zemmur ausgeſetzt ſei, deren einflußreicher Scherif Wazani ſich mit dem Maghzen überworfen hat, hat man von franzöſiſcher Seite bei Wazani vermittelt und ſeinen Zorn durch Geſchenke beſänftigt, ſo daß dank der franzöſi- ſchen Intervention die Streitmacht des Sultans frei paſ- ſieren kann. Um jede Reizung der Eingeborenen zu ver- meiden, wird die Sultanstruppe nicht von franzöſiſchen Offizieren befehligt werden, doch werden ſie einige be- gleiten, darunter Hauptmann Rondenay; ſie ſollen auch, wenigſtens äußerlich, bei einer Aktion nicht hervortreten, ſondern ſich im zweiten Treffen halten. Aus dieſem Plane geht zunächſt als Weſentlichſtes her- vor, daß Frankreich nicht nur finanziell, ſondern auch mili- täriſch dem rechtmäßigen Sultan zur Wiedergewinnung von Fez behilflich ſein will und damit eine Verantwortung für ihn übernimmt. Bei der notoriſchen Schwäche und Un- fähigkeit von Abd ul Aſis iſt vorauszuſehen, daß er kräfti- ger Unterſtützung bedürfen wird, und ſo iſt die immer ab- geleugnete franzöſiſche Expedition nach Fez nur eine Frage der Zeit und damit auch — wenn alles nach Wunſch geht — das franzöſiſche Protektorat über Marokko, das Ziel der Wünſche aller Expanſioniſten. Die franzöſiſche Regierung hat dieſer Tage mit großem Nachdruck eine Meldung des Goulois dementiert, wonach ſie Schritte beabſichtige, um eine Reviſion der Akte von Algeciras herbeizuführen und dieſe Angelegenheit ſogar zum Gegenſtand einer Vertrauensfrage in den Kam- mern zu machen. Auf Grund vieler Erfahrungen iſt man auch hier in manchen politiſchen Kreiſen zu der Schlußfolge- rung geneigt: Die Meldung wird dementiert: alſo iſt ſie doch wahr! Jedenfalls läßt ſich nicht erkennen, wie ohne eine Abänderung der Akte von Algeciras der Feldzugs- plan des Generals Liautey mit ſeinen notwendigen Kon- ſequenzen den franzöſiſchen Intereſſen dienen könnte. Es iſt nur nicht opportun, ſchon heute von dieſen Dingen zu ſprechen, die ſich ſpäter gleichſam als Schlußglieder einer notwendigen, organiſchen Entwicklung darſtellen müſſen. — Wie man in Berlin über eine Beſetzung von Saffi denkt, geht ſchon aus der im Vorabendblatt mitgeteilten Berliner Aeußerung der Süddeutſchen Reichskorreſpondenz hervor. Vielfach nimmt man an, daß auch Fürſt Bülows be- vorſtehende Reichstagsrede auf dieſe Dinge ein- gehen werde. Proteſt der Reichstagsjournaliſten. n. Berlin, 21. März, 10.45 N. (Privattel.) Den Reichstags-Journaliſten ging eine Mitteilung zu, daß der Präſident des Reichstags den Vertretern der Preſſe volle Genugtuung zu geben wünſche. Der Präſident drückte den Wunſch nach einer neuen Beſprechung aus. Eine Abordnung von drei Herren wurde gewählt, die ohne Auftrag im ein- zelnen mit dem Präſidenten verhandeln ſollte. Als dann Präſident Graf Stolberg das Präſidium an den Vizepräſidenten abgegeben hatte, traten die von der Verſammlung der Preſſevertreter beauftragten Herren mit ihm in Unterhandlung. Dieſe fand ſtatt in Gegenwart des Abgeordneten Frhrn. v. Hertling, ſowie des Abge- ordneten v. Normann. Das Ergebnis war ein negatives. Der Präſident glaubte nach der Rückſprache, die er in- zwiſchen gehabt hat, den Vorſchlag, den er den Preſſever- tretern am Vormittag hatte übermitteln laſſen, und den ſie als vollkommen befriedigend angeſehen haben, nicht mehr aufrecht erhalten zu können und die Abordnung war lediglich in der Lage, der Verſammlung folgenden von Frhrn. v. Hertling formulierten Vorſchlag zu unterbreiten: Die Journaliſten ſollten zunächſt Herrn Gröber gegen- über ihr Bedauern über die auf der Tribüne vorge- kommene Störung ausdrücken. Danach, und zwar in dieſer chronologiſchen Reihenfolge, würde Herr Gröber er- klären, er ziehe unter dem Ausdruck des Bedauerns ſeine beleidigende Aeußerung zurück. In der Nachmittagsver- ſammlung der Preſſevertreter wurde dieſer Vorſchlag zur Abſtimmung geſtellt. Die Verſammlung, an der 86 Herren aller Parteirichtungen einſchließlich des Zentrums teil- nahmen, lehnte dieſen Vorſchlag mit 84 gegen 2 Stimmen ab und beauftragte ein Mitglied der Ab- ordnung, dieſen Beſchluß dem Präſidenten mitzuteilen. Dies geſchah gleichfalls in Gegenwart der Herren Abgeord- neten Frhrn. v. Hertling und v. Normann. Ein weiteres Ergebnis wurde hierdurch nicht erzielt. Nachdem dies der Verſammlung mitgeteilt war, beſchloß dieſe, am Montag, halb 12 Uhr, wieder zuſammenzutreten, und bis dahin die Dreierkommiſſion in Permanenz zu erklären; ſie wurde zu neuen Verhandlungen in der Zwiſchenzeit ermächtigt in der Richtung, daß Herr Gröber zu erſt ſeine Worte öffent- lich mit dem Ausdruck des Bedauerns zurücknimmt. Da- nach würden die Journaliſten ſich gern bereit erklären, zu verſichern, daß niemand ſeine und ſeiner Freunde religiöſe Gefühle verletzen wolle. * Berlin, 21. März. In der heutigen Verſammlung der Reichstagsjournaliſten wurden zunächſt Sympathie- kundgebungen verleſen, darunter ſolche vom Mün- chener Journaliſten- und Schriftſtellerverein, vom Syndikat öſterreichiſcher Zeitungskorreſpondenten, vom Journaliſten- und Schriftſtellerverein Hamburg-Altona und dem Verein Wuppertaler-Preſſe. Es wurde beſchloſſen, eine Kommiſſion einzuſetzen, welche ohne einen beſonderen Auftrag mit dem Präſidenten über eine geeignete Erledigung des Streit- falles verhandelt. Die Kommiſſion beſteht aus drei Herren. Die Verſammlung vertagte ſich darauf, bis ein Reſultat der Verhandlungen vorliegt. Die Verſammlung nahm zur Kenntnis, daß die zurzeit in Berlin tagende Verſamm- lung des Vereins der Zeitungsverleger ſich vollkommen auf Seiten der Reichstagsjourna- liſten ſtelle. * Berlin, 21. März. Den Reichstagsjournaliſten gingen Erklärungen zu von der Daily Expreß, Daily Telegraph, Daily Mail und Standard, daß bei Nichterledi- gung des Streitfalles ſie auch am Montag über die Ver- handlungen des Reichstages über die auswärtige Politik keine Zeile veröffentlichen würden. Auch die übrigen eng- liſchen Zeitungen würden ſich ihnen vorausſichtlich an- ſchließen. Die Vertreter des Figaro, Matin und Temps ſchloſſen ſich ebenfalls der engliſchen Preſſe an und er- klärten, bis zur Erledigung des Streitfalles nichts über die Reichstagsverhandlungen veröffentlichen zu wollen, auch nichts am Montag über die Verhandlungen über die aus- wärtige Politik. * Berlin, 21. März. Weitere Sympathiekund- gebungen gingen den Reichstagsjournaliſten zu von den Tageszeitungen, ſowie von dem Verein der niederſächſiſchen Preſſe in Hannover, dem Journaliſtenverein Karlsruhe, dem Landesverband heſſiſcher Zeitungsredakteure in Darm- ſtadt, den Journaliſten des heſſiſchen Landtages, den Kammerjournaliſten mit Ausnahme des Zentrums in München, der Vereinigten Königsberger Preſſe, der Ver- einigung der Parlamentsberichterſtatter in Wien und dem Verein der Tagespreſſe in Marſeille. # München, 21. März. Die Journaliſtentribüne der bayeriſchen Abgeordnetenkammer hat heute an die Journaliſtentribüne des Deuſchen Reichstags folgendes Telegramm abgeſandt: „Die Kammerjournaliſten des bayeriſchen Landtags mit Ausnahme des Zentrums ſprechen ihren Kollegen im Deutſchen Reichstag für die energiſche Wahrung der journaliſtiſchen Standesehre ihre wärmſte Sympathie aus.“ gl. Rom, 21. März. 6.50 N. (Privattelegramm.) Das Syndikat der Korreſpondenten, dem die Vertreter der Preſſe der ganzen Welt angehören, ſandte eine Solidaritätsdepeſche an den Berliner Korreſpondentenverband wegen des Zwiſchen- falles Gröber. Von Herrn Dr. Müller-Meiningen erhalten wir fol- gende Zuſchrift: Sehr geehrte Redaktion! Kein Tag ohne eine neue Schandtat dieſes Müller- Meiningen! Am Tage, als die Felle des alleinſeligmachenden Zentrums davonſchwammen und das Reichsvereinsgeſetz in der Kommiſſion angenommen wurde, beging er eine zweite ruchloſe Tat. Und das kam ſo! Ein Journaliſt lachte laut über eine geiſtreiche Bemerkung des Herrn Matthias Erzberger. Ich halte dies für entſchuldbar, wenn auch ungehörig. Herr Gröber von der Zentrumspartei ſchrie darauf ſo laut, daß es das ganze Haus hören konnte, ſo ähnlich wie: „Das ſind wieder dieſelben S ..- bengels wie bei mir neulich.“ Ich ſaß auf meinem Platze, der ziemlich entfernt iſt von demjenigen des Herrn Gröber, und hörte die laut gerufene Bemerkung deutlich. An den Jargon dieſer Herren gewöhnt, legte ich ihr keine weitere Bedeutung bei. Bald nach dieſem Zwiſchenfall kam ein Herr der Preſſe zu mir, der mich bat, da es ſich doch nur um die Ungehörigkeit eines ein- zelnen handelte, die allgemeine Beleidigung der Journaliſtentribüne zurückzuweiſen. Der Herr kannte alſo bereits den Wortlaut der Gröberſchen Bemerkung. Daß ſich der Herr an mich wandte, war natürlich, erſtens, da ich der nächſte Redner nach Erzberger war, zweitens, weil ich ſeit zehn Jahren ſtets für die Intereſſen der Preſſe — wie ich glaube, mit Recht ſagen zu können — energiſch eingetreten bin. Genau in dieſem Sinne be- handelte ich die Sache am Beginn meiner Rede; ich wunderte mich daher, daß der Abgeordnete Eichhorn unter Verzerrung der Geſamttendenz meiner Bemerkung, gegen die allgemeine Preß- hetze zu proteſtieren, mir vorwarf, „ich hätte die Preſſe gerüffelt“. Der Wortlaut des Stenogramms meiner Rede wird das Gegen- teil beweiſen: Ich hege die größten Sympathien mit der gerade in der letzten Zeit Großes leiſtenden Parlamentspreſſe und laſſe mich nicht in ein animoſes Verhältnis zu ihr hineinhetzen. Und nun leſe man die Darſtellung der Germania! Danach bin ich an allem ſchuld, denn ich hatte die Sache brühwarm auf der Journaliſtentribüne mitgeteilt und mit dieſer „Denun- ziation“ natürlicherweiſe auf der Tribüne große Erregung her- vorgerufen. Der unſchuldige Herr Gröber! Die ganze Darſtellung iſt von A bis Z erlogen: Echte chriſtliche Preßarbeit! Ich habe die Tribüne nicht be- treten. Ich wiederhole, der Herr der Preſſe, der zu mir kam, war bereits von der Aeußerung unterrichtet und bat mich ledig- lich, gegen die allgemeine Beleidigung aufzutreten! Das ganze Geſpräch dauerte eine halbe Minute, da ich ſofort wieder in den Saal eilen mußte, wo ich jede Minute aufgerufen werden konnte. Die Tendenz dieſer neuen echten Jeſuitenmache iſt klar. Man ſucht einen Sündenbock für die Beleidigung der Preſſe durch Gröber. Wer wäre dazu geeigneter als der, den man am meiſten haßt! Dazu noch der durchſichtige Verſuch einer gefährlichen Ab- lenkung der öffentlichen Aufmerkſamkeit von der Niederlage des Zentrums beim Vereinsgeſetz! Ich quittiere für dieſe neueſte Glanzleiſtung chriſtlicher Nächſtenliebe! Geſegnet ſind die Frommen, ihnen Muß alles ja zum beſten dienen. Hochachtungsvollſt! Dr. Müller-Meiningen, Hof. Politiſche Rundſchau. Geſandter Graf Quadt über Deutſchland und Perſien. * Graf Albert von Quadt-Wykradt-Isny, der als Nach- folger des nunmehrigen Unterſtaatsſekretärs im Auswär- tigen Amt Stemrich vor kurzem den Poſten des kaiſerlichen Geſandten in Teheran angetreten hat, hatte die Freund- lichkeit, unſerem dortigen Spezialberichterſtatter eine Unter- redung zu gewähren, in der er ſich über ſeine erſten Ein- drücke in der perſiſchen Hauptſtadt und zumal über die Be- ziehungen zwiſchen Deutſchland und Perſien ausſprach. Seine Auffaſſungen in dieſer Hinſicht entſprechen durchaus dem, was Fürſt von Bülow jüngſt zu einem ruſſiſchen Jour- naliſten äußerte. Unſer Teheraner Korreſpondent ſchreibt uns darüber: Der neue deutſche Geſandte Graf v. Quadt-Wykradt-Isny äußerte ſich in einer Unterredung mit mir ſehr befriedigt über den Empfang, der ihm vom Schah ſowie den perſiſchen Behörden zuteil geworden war. Auch bei ſeinen Beſuchen beim diplomati- ſchen Korps ſei man ihm mit großer Herzlichkeit entgegengetreten. „In perſiſchen Kreiſen hob man,“ ſo führte der Geſandte aus, „immer und immer wieder hervor, wie ſegensreich die deutſche Schule in Teheran bereits gewirkt hätte und wie Großes man ſich für die Zukunft von der Vergrößerung dieſer Bildungs- anſtalt für das perſiſche Volk verſpreche.“ Auf meine Frage über die politiſche Stellungnahme Deutſchlands in Perſien erwiderte der Herr Geſandte. Deutſchland verfolge, wie der Herr Reichs- kanzler wiederholt im Reichstag betont habe, keine politi- ſchen Ziele. Der Grundſatz der offenen Tür ſei von allen Mächten in Perſien proklamiert worden; Deutſchland ſei daher

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Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 137, 23. März 1908, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine137_1908/1>, abgerufen am 16.05.2024.