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Allgemeine Zeitung, Nr. 165, 13. Juni 1860.

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[Spaltenumbruch] lösen wäre, und worüber ich noch die nachfolgenden Betrachtungen vorzubringen mir
erlaube. Ich bin nämlich der Ansicht daß der allgemeine Ausgangspunkt des vor-
liegenden Entwurfes der Grundbuchsordnung ein verfehlter sey, und ich berufe mich
dießfalls auf die Erfahrung welche man bei der Gemeinde-Ordnung gemacht hat.
Diese letztere, gleichfalls mit der Gültigkeit für die ganze Monarchie erlassen, 365
Paragraphen umfassend und bereits seit länger als einem Jahre allgemein kundge-
macht, hat sich, obgleich mit vieler Sorgfalt und Gründlichkeit ausgearbeitet, doch
praktisch als nicht ausführbar erwiesen, weil hiebei die localen Verhältnisse der ver-
schiedenen Provinzen nicht im Auge behalten, und weil nicht je nach denselben
auch verschiedene Vorschriften erlassen wurden. Ich glaube wir gehen mit dem
Operat der Grundbuchsordnung dem gleichen Schicksal entgegen, und deßhalb kann
ich mich nicht dafür erklären daß der verstärkt Reichsrath und das von ihm einzu-
setzende Comite sich mit dem Detail des vorliegenden Entwurfs beschäftige, und
durch die übergroße Zahl der zu berathenden Paragraphen gewissermaßen erdrückt
werde, während doch voraussichtlich eine solche allgemeine Grundbuchsordnung für sämmt-
liche Provinzen niemals praktisch ausführbar seyn wird. Allerdings ist schon in den
Artikeln 1, 2, 3 und 4 des entworfenen Kundmachungspatents auf die Verschie-
denheit der Provinzen insofern Rücksicht genommen, daß ihrer wenigstens Erwäh-
nung geschieht, aber ich glaube daß solches nicht genügt, und hiedurch die bei sehr
vielen Personen entstandenen gegründeten Besorgnisse nicht behoben wurden. Neh-
men wir die Sachlage wie sie wirklich ist. Schon seit vielen Jahren besitzt Oesterreich
ein geordnetes, und zwar ein zweifaches Grundbuch, nämlich die Landtafel für die herr-
schaftlichen Gründe und das Grundbuch, welches ehemals bei den vormaligen Herrschaften
geführt wurde, für die bäuerlichen Gründe. Bei der Organisirung der Bezirksämter in
den Jahren 1850 und 1851 wurde durch das Justizministerium angeordnet, die bisher
bestandene Absonderung zu beseitigen. Die bäuerlichen Gründe wurden sohin bezirksweise
geordnet und bei den Bezirksämtern verbucht. Bei den Landtafelgütern bezweckte man
den gleichen Vorgang, stieß jedoch in der Ausführung auf sehr bedeutende, ja unüber-
windliche Hindernisse. In Böhmen wurde die Sache im Jahr 1852 particularifirt,
die Besitztitel wurden nicht allein verschieden umschrieben, sondern auch besonders aus-
geschieden. Im allgemeinen erscheinen in der Landtafel die Grundstücke der adeligen
Besitzer. Auf diese Güter sind viele Schulden hypothecirt und intabulirt. Bei der
Organisation im Jahr 1850 wurden die Gutscomplexe zerrissen, was selbstverständlich
zur Folge hatte daß der Schuldenstand nicht übersichtlich, sondern in mehreren Be-
zirken getrennt eingetragen erscheint. Hiedurch verliert die Hypothek in gewissem Sinn
ihre Wesenheit; man müßte nämlich immer nur einen bestimmten Theil des Gutes
belasten, die ganze Schuld repartiren, sie auf die einzelnen Aecker, Wiesen, Wälder u. s. w.
vertheilen. Die Nachtheile hievon und die Schwierigkeiten der Durchführung sind klar,
und es ist wohl nicht zu zweifeln daß gleiches auch in andern Provinzen, wo bereits
die Landtafel und die Grundbücher bestehen, zur Geltung gelangen dürfte. Was aber
insbesondere Ungarn betrifft, so muß ich gestehen daß in diesem Lande noch größere
Bedenken obwalten, die jetzige Grundbuchsordnung, welche kaum erst ins Leben ge-
rufen wurde, auch fortan gebrauchen zu können. Ich will mich nicht in eine Kruik
einlassen ob man recht gethan oder nicht die Grundbücher in deutscher Sprache ein-
zuführen; viele Böswillige glaubten darin einen Germanisirungsversuch zu erblicken.
Ich enthalte mich hier, wie gesagt, jeder Kritik, aber so viel muß ich auch als that-
sächlich constatiren daß dadurch auf die Einführung des Grundbuchs selbst, welche als
zweckmäßig und nothwendig bereits von mehreren Landtagen eifrig betrieben worden
war, schon im voraus ein Schatten geworfen und ihr die öffentliche Meinung nicht
günstig wurde. Ein zweiter Punkt, welcher in Ungarn große Wichtigkeit besitzt, ist der
daß sich nicht nur bei Privatpersonen, sondern auch bei Beamten des verschiedensten
Rangs, welche während längeren Verweilens in Ungarn sich mit den dortigen Ver-
hältnissen näher vertraut machten, die Ueberzeugung bildete, die ganze Einführung
der Grundbücher daselbst sey eine verfrühte, weil man nicht die nöthige Rücksicht
auf die noch nicht commassirten Grundstücke genommen habe. Bekanntlich wurde
durch das kaiserl. Patent vom Jahr 1853 sanctionirt daß die Zusammenlegung der
Felder für Ungarn zu gelten habe. Bis zum Jahr 1858 war ein Theil commassirt,
der größere Theil aber (ungefähr zwei Drittheile oder drei Viertheile) war nicht
regulirt. Selbstverständlich erhoben sich Besorgnisse bei denjenigen für welche die
Einführung des Grundbuchs wichtig war, die Besorgnisse nämlich ob hinsichtlich der
commassirten und nichtcommassirten Gründe kein Unterschied gemacht werden würde.
Anfangs hieß es daß die Grundbücher bloß für commassirte Gründe gelten, später
jedoch hat man trotz der vielfachsten eindringlichsten Vorstellungen von Privaten so-
wohl als von Gerichts- und Verwaltungsbeamten die Sache in der bekannten Weise
geregelt. Es war schwer zu begreifen, warum bei der Operation hinsichtlich der
commassirten und nichtcommassirten Ortschaften keine Unterscheidung gemacht wurde,
nachdem es doch klar ist daß der Act der Commassation mehrere Jahre in Anspruch
nimmt, daß derselbe auf Kosten des Besitzers vor sich zu gehen hat, und daß, wenn
die Commassation vollzogen ist, der genaue parcellenweise Stand des Besitzes voll-
kommen in Evidenz gehalten und die Verbuchung eines solchen commassirten Besitzes
in den öffentlichen Büchern sehr leicht geschehen kann, so daß dann gar nichts weiter
vorzukehren gewesen seyn würde als die Lasten zu specialisiren und sie auf die ein-
zelnen Hypotheken anzuwenden. Diese Rücksichten wurden jedoch nicht beobachtet,
und ich halte es für meine Pflicht hier zu erwähnen daß wohl eines der stärksten
Argumente für diesen Vorgang in dem Wunsch bestand die Anzahl der Beamten zu
vermehren, was auch wirklich geschah. Es wurden sehr wenige, ja fast gar keine
aus Ungarn, sondern meist nur solche aus fremden Provinzen verwendet, und man
glaubte ein Motiv der Humanität für diesen Zweck in Anspruch nehmen zu müssen,
damit im Fall eines Umschwungs die Existenz der Beamten nicht in Frage komme.
Die gleichen Humanitätsrücksichten hat man im Jahr 1850 nicht beobachtet. Da-
mals waren es meist ungarische Beamte welche entlassen wurden, ohne daß für sie
die nämlichen Humanitätsrücksichten gegolten hätten. Ein dritter Umstand bezüglich
Ungarns ist der daß die Landtage von jeher die Einführung des Grundbuchs ver-
langten, welches ja immer und mit Recht als die Basis des Privatbesitzes galt, und
als solche insbesondere bei Besitzveränderungen für nothwendig gehalten wurde. Es
war dieß schon ein Verlangen der Landtage von 1830, 1834 und 1836. Nachdem
wir nun in neuester Zeit zufolge des kaiserl. Handschreibens vom 19 April l. J. die
begründete Hoffnung haben, und wohl kein loyaler Unterthan daran zweifeln wird
daß Ungarn bald das Glück haben wird einen Landtag zu besitzen, so glaube ich
vor allem daß dieser Gegenstand der Grundbuchsnorm zu den Provincialsachen und
als solcher zunächst vor den Landtag gehört, daß er somit jetzt nicht seiner ganzen
Ausdehnung nach der Berathung zu unterziehen seyn wird. Dieß sind meine Be-
denken in dieser Sache, und ich schließe meinen Vortrag mit dem Wunsch daß, wenn
die hohe Versammlung sich für die Zusammensetzung eines Comite's entschließen
[Spaltenumbruch] sollte, hiebei weder eine Instruction noch eine sonstige theilweise Richtschnur fest-
gestellt, sondern über den Grundsatz selbst ein Beschluß gefaßt werden möge: ob
das Comite sich ohne Rücksicht auf eine Majorität oder Minorität in demselben in
die Frage der Details einzulassen, oder ob es die Aufgabe habe die allgemeinen
Gründe gegen ein detaillirtes Eingehen in dieses Operat zusammenzufassen und dar-
über an die hohe Versammlung Bericht zu erstatten."

(Fortsetzung folgt.)

Aus dem Staatsvoranschlag für 1861 theilt die Oesterr. Ztg. weiter
folgende Data mit: Der Reichsbaudienst zerfällt in drei Positionen: den
Baubehörden, präliminirt mit 1,865,200 fl., dem Straßenbau 8,901,000 fl.,
dem Wasserbau 3,319,300 fl. Für die Theißregulirung sind präliminirt
198,050 fl, die Baubehörden für die Theißregulirung kosten 4225 fl. Das
Ministerium der Justiz besteht aus: der Centralleitung, präliminirt
mit 211,700 fl., dem obersten Gerichtshofe 528,100 fl. und der Justizver-
waltung in den Kronländern 12,725,900 fl. Die Centralleitung besteht
aus dem Minister, 8400 fl. Gehalt, 2100 fl. Quartiergeld und 4200 fl.
Personalzulage, zusammen 14,000 fl.; zwei Sectionschefs 14,700 fl.; sieben
Ministerialräthen 36,960 fl., vier Sectionsräthen 12,180 fl., sechs Mini-
sterialsecretären 13,230 fl., vierzehn Concipisten 16,905 fl. Der oberste
Gerichtshof hat einen Präsidenten 14,700 fl., einen zweiten Präsidenten
9450 fl., fünf Senatspräsidenten 36,750 fl., fünfundvierzig Hofräthe
244,650 fl., einen Präsidialsecretär 2520 fl., elf Hofsecretäre 24,045 fl.
und zehn Rathssecretärsadjuncten 13,650 fl. Die Justizverwaltung in den
Kronländern kostet: in Niederösterreich 1,170,370 fl., Oberösterreich
205,900 fl., Salzburg 83,620 fl., Tirol 388,300 fl., Steiermark 462,600 fl.,
Kärnthen 162,200 fl., Krain 136,600 fl. Küstenland 361,600 fl., Dalma-
tien 228,900 fl., Böhmen 1,428,200 fl., Mähren 534,700 fl., Schlesien
115,600 fl., Ostgalizien 801,200 fl., Westgalizien 407,650 fl., Bukowina
100,600 fl., Lombardo-Venetien 1,929,800 fl., Ungarn 3,637,760 fl., Croa-
tien und Slavonien 353,500 fl., Woiwodschaft 535,700 fl., Siebenbürgen
681,100 fl.

Der Contre-Admiral Ritter v. Fautz machte vor-
gestern von Pola aus mit dem Linienschiff "Kaiser" eine längere Probefahrt,
welche die besten Resultate lieferte und die Vorzüglichkeit der Leistungen unse-
rer technischen Anstalt neuerdings bethätigte. Die Umwendungen der
Schraube, welche contractmäßig 45 in einer Minute hätten betragen sollen,
stiegen während der Fahrt auf 49. Die Thätigkeit und Genauigkeit der
Maschine läßt nichts zu wünschen übrig, und das Linienschiff ist in jeder Hin-
sicht, sowohl was seinen Körper, seine Bemastung wie auch was seine Ma-
schinenkraft anbelangt, als ein vollkommen gelungenes Schiff anzusehen. --
Bei gewissen Erdausgrabungen, die vor einigen Tagen in Pola in der Nähe
des Doms vorgenommen wurden, entdeckte man den Hauptaltar der einstigen
Kirche des heiligen Thomas, von der ältere Chroniken Erwähnung thun, und
unter demselben einige vorzüglich gearbeitete silberne Vasen, deren Inhalt
Staub und Gebeine ausmachten -- wahrscheinlich Reliquien. -- Letzten Mon-
tag lief der päpstliche Dampfer "St. Giovanni" in Pola ein, um ein paar
Trabakeln mit allerlei Material ins Schlepptau zu nehmen und nach Ancona
zu führen. -- Mit dem Rettungsapparat des Piloten Nasso wurde diese
Woche wieder vor einer technischen Commission ein Versuch gemacht, der sehr
gut ausfiel; doch wurden noch einige Verbesserungen für nöthig befunden,
unter andern die Anbringung von ein paar Rudern, damit, für den Fall als
die Schraube eine Beschädigung erleiden sollte, der Gerettete sich derselben
bedienen könne um das Boot weiter zu bringen. Sonst sprach sich die Com-
mission sehr günstig über die Erfindung aus, und ich werde nächstens in der
Lage seyn Ihnen berichten zu können daß der Erfinder seinen wohlverdienten
Lohn erhalten hat. -- FML. Graf Degenfeld ist gestern Abends von hier
nach Venedig und Verona abgereist. -- Die Frau v. Bruck hat sich über
Fiume nach Klenownik in Croatien begeben, wo sich in kurzem die ganze
Familie des sel. Frhrn. v. Bruck vereinigen wird. Als Frhr. v. Bruck voriges
Jahr in Klenownik verweilte, gieng er mit einigen Mitgliedern seiner Familie
einen ganzen Nachmittag spazieren um den Kirchhof des Dorfes zu finden,
und sich, wie er sagte, eine Grabstätte auf demselben auszusuchen, doch ver-
gebens -- der Kirchhof war nicht zu finden. Da sagte er endlich lächelnd:
"Nun, ich nehme dieß als eine gute Vorbedeutung daß mich der Tod nicht so
bald von euch trennen wird!" Es ist noch nicht ein Jahr verflossen, und er
ist nicht mehr! -- Die reizende Villa Abazia bei Volesco in der Nähe von
Fiume wird für die Aufnahme eines hohen Gastes in Bereitschaft gesetzt. Es
wird nämlich die Kaiserin Maria Anna für einige Wochen daselbst ihren Auf-
enthalt nehmen um die Seebäder zu gebrauchen.

Schweiz.

Den Nachrichten aus Savoyen zufolge, welche
von der Pariser Correspondenz des "Journal de Geneve" heute bestätigt wer-
den, ist die Neuorganisation der zwei neuen französischen Departemente voll-
endet. Das Departement mit der Hauptstadt Chambery wird den Namen
Savoyen fortführen, Hr. Dien ist zum Präfecten daselbst bestimmt; der bis-
herige Unterpräfect von Valenciennes soll Präfect in Anaecy, Hauptstadt von
Obersavoyen, werden. Nach der obengenannten Correspondenz würden die

[Spaltenumbruch] löſen wäre, und worüber ich noch die nachfolgenden Betrachtungen vorzubringen mir
erlaube. Ich bin nämlich der Anſicht daß der allgemeine Ausgangspunkt des vor-
liegenden Entwurfes der Grundbuchsordnung ein verfehlter ſey, und ich berufe mich
dießfalls auf die Erfahrung welche man bei der Gemeinde-Ordnung gemacht hat.
Dieſe letztere, gleichfalls mit der Gültigkeit für die ganze Monarchie erlaſſen, 365
Paragraphen umfaſſend und bereits ſeit länger als einem Jahre allgemein kundge-
macht, hat ſich, obgleich mit vieler Sorgfalt und Gründlichkeit ausgearbeitet, doch
praktiſch als nicht ausführbar erwieſen, weil hiebei die localen Verhältniſſe der ver-
ſchiedenen Provinzen nicht im Auge behalten, und weil nicht je nach denſelben
auch verſchiedene Vorſchriften erlaſſen wurden. Ich glaube wir gehen mit dem
Operat der Grundbuchsordnung dem gleichen Schickſal entgegen, und deßhalb kann
ich mich nicht dafür erklären daß der verſtärkt Reichsrath und das von ihm einzu-
ſetzende Comité ſich mit dem Detail des vorliegenden Entwurfs beſchäftige, und
durch die übergroße Zahl der zu berathenden Paragraphen gewiſſermaßen erdrückt
werde, während doch vorausſichtlich eine ſolche allgemeine Grundbuchsordnung für ſämmt-
liche Provinzen niemals praktiſch ausführbar ſeyn wird. Allerdings iſt ſchon in den
Artikeln 1, 2, 3 und 4 des entworfenen Kundmachungspatents auf die Verſchie-
denheit der Provinzen inſofern Rückſicht genommen, daß ihrer wenigſtens Erwäh-
nung geſchieht, aber ich glaube daß ſolches nicht genügt, und hiedurch die bei ſehr
vielen Perſonen entſtandenen gegründeten Beſorgniſſe nicht behoben wurden. Neh-
men wir die Sachlage wie ſie wirklich iſt. Schon ſeit vielen Jahren beſitzt Oeſterreich
ein geordnetes, und zwar ein zweifaches Grundbuch, nämlich die Landtafel für die herr-
ſchaftlichen Gründe und das Grundbuch, welches ehemals bei den vormaligen Herrſchaften
geführt wurde, für die bäuerlichen Gründe. Bei der Organiſirung der Bezirkſämter in
den Jahren 1850 und 1851 wurde durch das Juſtizminiſterium angeordnet, die bisher
beſtandene Abſonderung zu beſeitigen. Die bäuerlichen Gründe wurden ſohin bezirksweiſe
geordnet und bei den Bezirksämtern verbucht. Bei den Landtafelgütern bezweckte man
den gleichen Vorgang, ſtieß jedoch in der Ausführung auf ſehr bedeutende, ja unüber-
windliche Hinderniſſe. In Böhmen wurde die Sache im Jahr 1852 particularifirt,
die Beſitztitel wurden nicht allein verſchieden umſchrieben, ſondern auch beſonders aus-
geſchieden. Im allgemeinen erſcheinen in der Landtafel die Grundſtücke der adeligen
Beſitzer. Auf dieſe Güter ſind viele Schulden hypothecirt und intabulirt. Bei der
Organiſation im Jahr 1850 wurden die Gutscomplexe zerriſſen, was ſelbſtverſtändlich
zur Folge hatte daß der Schuldenſtand nicht überſichtlich, ſondern in mehreren Be-
zirken getrennt eingetragen erſcheint. Hiedurch verliert die Hypothek in gewiſſem Sinn
ihre Weſenheit; man müßte nämlich immer nur einen beſtimmten Theil des Gutes
belaſten, die ganze Schuld repartiren, ſie auf die einzelnen Aecker, Wieſen, Wälder u. ſ. w.
vertheilen. Die Nachtheile hievon und die Schwierigkeiten der Durchführung ſind klar,
und es iſt wohl nicht zu zweifeln daß gleiches auch in andern Provinzen, wo bereits
die Landtafel und die Grundbücher beſtehen, zur Geltung gelangen dürfte. Was aber
insbeſondere Ungarn betrifft, ſo muß ich geſtehen daß in dieſem Lande noch größere
Bedenken obwalten, die jetzige Grundbuchsordnung, welche kaum erſt ins Leben ge-
rufen wurde, auch fortan gebrauchen zu können. Ich will mich nicht in eine Kruik
einlaſſen ob man recht gethan oder nicht die Grundbücher in deutſcher Sprache ein-
zuführen; viele Böswillige glaubten darin einen Germaniſirungsverſuch zu erblicken.
Ich enthalte mich hier, wie geſagt, jeder Kritik, aber ſo viel muß ich auch als that-
ſächlich conſtatiren daß dadurch auf die Einführung des Grundbuchs ſelbſt, welche als
zweckmäßig und nothwendig bereits von mehreren Landtagen eifrig betrieben worden
war, ſchon im voraus ein Schatten geworfen und ihr die öffentliche Meinung nicht
günſtig wurde. Ein zweiter Punkt, welcher in Ungarn große Wichtigkeit beſitzt, iſt der
daß ſich nicht nur bei Privatperſonen, ſondern auch bei Beamten des verſchiedenſten
Rangs, welche während längeren Verweilens in Ungarn ſich mit den dortigen Ver-
hältniſſen näher vertraut machten, die Ueberzeugung bildete, die ganze Einführung
der Grundbücher daſelbſt ſey eine verfrühte, weil man nicht die nöthige Rückſicht
auf die noch nicht commaſſirten Grundſtücke genommen habe. Bekanntlich wurde
durch das kaiſerl. Patent vom Jahr 1853 ſanctionirt daß die Zuſammenlegung der
Felder für Ungarn zu gelten habe. Bis zum Jahr 1858 war ein Theil commaſſirt,
der größere Theil aber (ungefähr zwei Drittheile oder drei Viertheile) war nicht
regulirt. Selbſtverſtändlich erhoben ſich Beſorgniſſe bei denjenigen für welche die
Einführung des Grundbuchs wichtig war, die Beſorgniſſe nämlich ob hinſichtlich der
commaſſirten und nichtcommaſſirten Gründe kein Unterſchied gemacht werden würde.
Anfangs hieß es daß die Grundbücher bloß für commaſſirte Gründe gelten, ſpäter
jedoch hat man trotz der vielfachſten eindringlichſten Vorſtellungen von Privaten ſo-
wohl als von Gerichts- und Verwaltungsbeamten die Sache in der bekannten Weiſe
geregelt. Es war ſchwer zu begreifen, warum bei der Operation hinſichtlich der
commaſſirten und nichtcommaſſirten Ortſchaften keine Unterſcheidung gemacht wurde,
nachdem es doch klar iſt daß der Act der Commaſſation mehrere Jahre in Anſpruch
nimmt, daß derſelbe auf Koſten des Beſitzers vor ſich zu gehen hat, und daß, wenn
die Commaſſation vollzogen iſt, der genaue parcellenweiſe Stand des Beſitzes voll-
kommen in Evidenz gehalten und die Verbuchung eines ſolchen commaſſirten Beſitzes
in den öffentlichen Büchern ſehr leicht geſchehen kann, ſo daß dann gar nichts weiter
vorzukehren geweſen ſeyn würde als die Laſten zu ſpecialiſiren und ſie auf die ein-
zelnen Hypotheken anzuwenden. Dieſe Rückſichten wurden jedoch nicht beobachtet,
und ich halte es für meine Pflicht hier zu erwähnen daß wohl eines der ſtärkſten
Argumente für dieſen Vorgang in dem Wunſch beſtand die Anzahl der Beamten zu
vermehren, was auch wirklich geſchah. Es wurden ſehr wenige, ja faſt gar keine
aus Ungarn, ſondern meiſt nur ſolche aus fremden Provinzen verwendet, und man
glaubte ein Motiv der Humanität für dieſen Zweck in Anſpruch nehmen zu müſſen,
damit im Fall eines Umſchwungs die Exiſtenz der Beamten nicht in Frage komme.
Die gleichen Humanitätsrückſichten hat man im Jahr 1850 nicht beobachtet. Da-
mals waren es meiſt ungariſche Beamte welche entlaſſen wurden, ohne daß für ſie
die nämlichen Humanitätsrückſichten gegolten hätten. Ein dritter Umſtand bezüglich
Ungarns iſt der daß die Landtage von jeher die Einführung des Grundbuchs ver-
langten, welches ja immer und mit Recht als die Baſis des Privatbeſitzes galt, und
als ſolche insbeſondere bei Beſitzveränderungen für nothwendig gehalten wurde. Es
war dieß ſchon ein Verlangen der Landtage von 1830, 1834 und 1836. Nachdem
wir nun in neueſter Zeit zufolge des kaiſerl. Handſchreibens vom 19 April l. J. die
begründete Hoffnung haben, und wohl kein loyaler Unterthan daran zweifeln wird
daß Ungarn bald das Glück haben wird einen Landtag zu beſitzen, ſo glaube ich
vor allem daß dieſer Gegenſtand der Grundbuchsnorm zu den Provincialſachen und
als ſolcher zunächſt vor den Landtag gehört, daß er ſomit jetzt nicht ſeiner ganzen
Ausdehnung nach der Berathung zu unterziehen ſeyn wird. Dieß ſind meine Be-
denken in dieſer Sache, und ich ſchließe meinen Vortrag mit dem Wunſch daß, wenn
die hohe Verſammlung ſich für die Zuſammenſetzung eines Comité’s entſchließen
[Spaltenumbruch] ſollte, hiebei weder eine Inſtruction noch eine ſonſtige theilweiſe Richtſchnur feſt-
geſtellt, ſondern über den Grundſatz ſelbſt ein Beſchluß gefaßt werden möge: ob
das Comité ſich ohne Rückſicht auf eine Majorität oder Minorität in demſelben in
die Frage der Details einzulaſſen, oder ob es die Aufgabe habe die allgemeinen
Gründe gegen ein detaillirtes Eingehen in dieſes Operat zuſammenzufaſſen und dar-
über an die hohe Verſammlung Bericht zu erſtatten.“

(Fortſetzung folgt.)

Aus dem Staatsvoranſchlag für 1861 theilt die Oeſterr. Ztg. weiter
folgende Data mit: Der Reichsbaudienſt zerfällt in drei Poſitionen: den
Baubehörden, präliminirt mit 1,865,200 fl., dem Straßenbau 8,901,000 fl.,
dem Waſſerbau 3,319,300 fl. Für die Theißregulirung ſind präliminirt
198,050 fl, die Baubehörden für die Theißregulirung koſten 4225 fl. Das
Miniſterium der Juſtiz beſteht aus: der Centralleitung, präliminirt
mit 211,700 fl., dem oberſten Gerichtshofe 528,100 fl. und der Juſtizver-
waltung in den Kronländern 12,725,900 fl. Die Centralleitung beſteht
aus dem Miniſter, 8400 fl. Gehalt, 2100 fl. Quartiergeld und 4200 fl.
Perſonalzulage, zuſammen 14,000 fl.; zwei Sectionschefs 14,700 fl.; ſieben
Miniſterialräthen 36,960 fl., vier Sectionsräthen 12,180 fl., ſechs Mini-
ſterialſecretären 13,230 fl., vierzehn Concipiſten 16,905 fl. Der oberſte
Gerichtshof hat einen Präſidenten 14,700 fl., einen zweiten Präſidenten
9450 fl., fünf Senatspräſidenten 36,750 fl., fünfundvierzig Hofräthe
244,650 fl., einen Präſidialſecretär 2520 fl., elf Hofſecretäre 24,045 fl.
und zehn Rathsſecretärsadjuncten 13,650 fl. Die Juſtizverwaltung in den
Kronländern koſtet: in Niederöſterreich 1,170,370 fl., Oberöſterreich
205,900 fl., Salzburg 83,620 fl., Tirol 388,300 fl., Steiermark 462,600 fl.,
Kärnthen 162,200 fl., Krain 136,600 fl. Küſtenland 361,600 fl., Dalma-
tien 228,900 fl., Böhmen 1,428,200 fl., Mähren 534,700 fl., Schleſien
115,600 fl., Oſtgalizien 801,200 fl., Weſtgalizien 407,650 fl., Bukowina
100,600 fl., Lombardo-Venetien 1,929,800 fl., Ungarn 3,637,760 fl., Croa-
tien und Slavonien 353,500 fl., Woiwodſchaft 535,700 fl., Siebenbürgen
681,100 fl.

Der Contre-Admiral Ritter v. Fautz machte vor-
geſtern von Pola aus mit dem Linienſchiff „Kaiſer“ eine längere Probefahrt,
welche die beſten Reſultate lieferte und die Vorzüglichkeit der Leiſtungen unſe-
rer techniſchen Anſtalt neuerdings bethätigte. Die Umwendungen der
Schraube, welche contractmäßig 45 in einer Minute hätten betragen ſollen,
ſtiegen während der Fahrt auf 49. Die Thätigkeit und Genauigkeit der
Maſchine läßt nichts zu wünſchen übrig, und das Linienſchiff iſt in jeder Hin-
ſicht, ſowohl was ſeinen Körper, ſeine Bemaſtung wie auch was ſeine Ma-
ſchinenkraft anbelangt, als ein vollkommen gelungenes Schiff anzuſehen. —
Bei gewiſſen Erdausgrabungen, die vor einigen Tagen in Pola in der Nähe
des Doms vorgenommen wurden, entdeckte man den Hauptaltar der einſtigen
Kirche des heiligen Thomas, von der ältere Chroniken Erwähnung thun, und
unter demſelben einige vorzüglich gearbeitete ſilberne Vaſen, deren Inhalt
Staub und Gebeine ausmachten — wahrſcheinlich Reliquien. — Letzten Mon-
tag lief der päpſtliche Dampfer „St. Giovanni“ in Pola ein, um ein paar
Trabakeln mit allerlei Material ins Schlepptau zu nehmen und nach Ancona
zu führen. — Mit dem Rettungsapparat des Piloten Naſſo wurde dieſe
Woche wieder vor einer techniſchen Commiſſion ein Verſuch gemacht, der ſehr
gut ausfiel; doch wurden noch einige Verbeſſerungen für nöthig befunden,
unter andern die Anbringung von ein paar Rudern, damit, für den Fall als
die Schraube eine Beſchädigung erleiden ſollte, der Gerettete ſich derſelben
bedienen könne um das Boot weiter zu bringen. Sonſt ſprach ſich die Com-
miſſion ſehr günſtig über die Erfindung aus, und ich werde nächſtens in der
Lage ſeyn Ihnen berichten zu können daß der Erfinder ſeinen wohlverdienten
Lohn erhalten hat. — FML. Graf Degenfeld iſt geſtern Abends von hier
nach Venedig und Verona abgereist. — Die Frau v. Bruck hat ſich über
Fiume nach Klenownik in Croatien begeben, wo ſich in kurzem die ganze
Familie des ſel. Frhrn. v. Bruck vereinigen wird. Als Frhr. v. Bruck voriges
Jahr in Klenownik verweilte, gieng er mit einigen Mitgliedern ſeiner Familie
einen ganzen Nachmittag ſpazieren um den Kirchhof des Dorfes zu finden,
und ſich, wie er ſagte, eine Grabſtätte auf demſelben auszuſuchen, doch ver-
gebens — der Kirchhof war nicht zu finden. Da ſagte er endlich lächelnd:
„Nun, ich nehme dieß als eine gute Vorbedeutung daß mich der Tod nicht ſo
bald von euch trennen wird!“ Es iſt noch nicht ein Jahr verfloſſen, und er
iſt nicht mehr! — Die reizende Villa Abazia bei Volesco in der Nähe von
Fiume wird für die Aufnahme eines hohen Gaſtes in Bereitſchaft geſetzt. Es
wird nämlich die Kaiſerin Maria Anna für einige Wochen daſelbſt ihren Auf-
enthalt nehmen um die Seebäder zu gebrauchen.

Schweiz.

Den Nachrichten aus Savoyen zufolge, welche
von der Pariſer Correſpondenz des „Journal de Genève“ heute beſtätigt wer-
den, iſt die Neuorganiſation der zwei neuen franzöſiſchen Departemente voll-
endet. Das Departement mit der Hauptſtadt Chambery wird den Namen
Savoyen fortführen, Hr. Dien iſt zum Präfecten daſelbſt beſtimmt; der bis-
herige Unterpräfect von Valenciennes ſoll Präfect in Anaecy, Hauptſtadt von
Oberſavoyen, werden. Nach der obengenannten Correſpondenz würden die

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Bedenken obwalten, die jetzige Grundbuchsordnung, welche kaum er&#x017F;t ins Leben ge-<lb/>
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Ich enthalte mich hier, wie ge&#x017F;agt, jeder Kritik, aber &#x017F;o viel muß ich auch als that-<lb/>
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vorzukehren gewe&#x017F;en &#x017F;eyn würde als die La&#x017F;ten zu &#x017F;peciali&#x017F;iren und &#x017F;ie auf die ein-<lb/>
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und ich halte es für meine Pflicht hier zu erwähnen daß wohl eines der &#x017F;tärk&#x017F;ten<lb/>
Argumente für die&#x017F;en Vorgang in dem Wun&#x017F;ch be&#x017F;tand die Anzahl der Beamten zu<lb/>
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aus Ungarn, &#x017F;ondern mei&#x017F;t nur &#x017F;olche aus fremden Provinzen verwendet, und man<lb/>
glaubte ein Motiv der Humanität für die&#x017F;en Zweck in An&#x017F;pruch nehmen zu mü&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
damit im Fall eines Um&#x017F;chwungs die Exi&#x017F;tenz der Beamten nicht in Frage komme.<lb/>
Die gleichen Humanitätsrück&#x017F;ichten hat man im Jahr 1850 nicht beobachtet. Da-<lb/>
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Ungarns i&#x017F;t der daß die Landtage von jeher die Einführung des Grundbuchs ver-<lb/>
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war dieß &#x017F;chon ein Verlangen der Landtage von 1830, 1834 und 1836. Nachdem<lb/>
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begründete Hoffnung haben, und wohl kein loyaler Unterthan daran zweifeln wird<lb/>
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Ausdehnung nach der Berathung zu unterziehen &#x017F;eyn wird. Dieß &#x017F;ind meine Be-<lb/>
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die hohe Ver&#x017F;ammlung &#x017F;ich für die Zu&#x017F;ammen&#x017F;etzung eines Comit<hi rendition="#aq">é</hi>&#x2019;s ent&#x017F;chließen<lb/><cb/>
&#x017F;ollte, hiebei weder eine In&#x017F;truction noch eine &#x017F;on&#x017F;tige theilwei&#x017F;e Richt&#x017F;chnur fe&#x017F;t-<lb/>
ge&#x017F;tellt, &#x017F;ondern über den Grund&#x017F;atz &#x017F;elb&#x017F;t ein Be&#x017F;chluß gefaßt werden möge: ob<lb/>
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Gründe gegen ein detaillirtes Eingehen in die&#x017F;es Operat zu&#x017F;ammenzufa&#x017F;&#x017F;en und dar-<lb/>
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Gerichtshof hat einen Prä&#x017F;identen 14,700 fl., einen zweiten Prä&#x017F;identen<lb/>
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ge&#x017F;tern von Pola aus mit dem Linien&#x017F;chiff &#x201E;Kai&#x017F;er&#x201C; eine längere Probefahrt,<lb/>
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i&#x017F;t nicht mehr! &#x2014; Die reizende Villa Abazia bei Volesco in der Nähe von<lb/>
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[2748/0004] löſen wäre, und worüber ich noch die nachfolgenden Betrachtungen vorzubringen mir erlaube. Ich bin nämlich der Anſicht daß der allgemeine Ausgangspunkt des vor- liegenden Entwurfes der Grundbuchsordnung ein verfehlter ſey, und ich berufe mich dießfalls auf die Erfahrung welche man bei der Gemeinde-Ordnung gemacht hat. Dieſe letztere, gleichfalls mit der Gültigkeit für die ganze Monarchie erlaſſen, 365 Paragraphen umfaſſend und bereits ſeit länger als einem Jahre allgemein kundge- macht, hat ſich, obgleich mit vieler Sorgfalt und Gründlichkeit ausgearbeitet, doch praktiſch als nicht ausführbar erwieſen, weil hiebei die localen Verhältniſſe der ver- ſchiedenen Provinzen nicht im Auge behalten, und weil nicht je nach denſelben auch verſchiedene Vorſchriften erlaſſen wurden. Ich glaube wir gehen mit dem Operat der Grundbuchsordnung dem gleichen Schickſal entgegen, und deßhalb kann ich mich nicht dafür erklären daß der verſtärkt Reichsrath und das von ihm einzu- ſetzende Comité ſich mit dem Detail des vorliegenden Entwurfs beſchäftige, und durch die übergroße Zahl der zu berathenden Paragraphen gewiſſermaßen erdrückt werde, während doch vorausſichtlich eine ſolche allgemeine Grundbuchsordnung für ſämmt- liche Provinzen niemals praktiſch ausführbar ſeyn wird. Allerdings iſt ſchon in den Artikeln 1, 2, 3 und 4 des entworfenen Kundmachungspatents auf die Verſchie- denheit der Provinzen inſofern Rückſicht genommen, daß ihrer wenigſtens Erwäh- nung geſchieht, aber ich glaube daß ſolches nicht genügt, und hiedurch die bei ſehr vielen Perſonen entſtandenen gegründeten Beſorgniſſe nicht behoben wurden. Neh- men wir die Sachlage wie ſie wirklich iſt. Schon ſeit vielen Jahren beſitzt Oeſterreich ein geordnetes, und zwar ein zweifaches Grundbuch, nämlich die Landtafel für die herr- ſchaftlichen Gründe und das Grundbuch, welches ehemals bei den vormaligen Herrſchaften geführt wurde, für die bäuerlichen Gründe. Bei der Organiſirung der Bezirkſämter in den Jahren 1850 und 1851 wurde durch das Juſtizminiſterium angeordnet, die bisher beſtandene Abſonderung zu beſeitigen. Die bäuerlichen Gründe wurden ſohin bezirksweiſe geordnet und bei den Bezirksämtern verbucht. Bei den Landtafelgütern bezweckte man den gleichen Vorgang, ſtieß jedoch in der Ausführung auf ſehr bedeutende, ja unüber- windliche Hinderniſſe. In Böhmen wurde die Sache im Jahr 1852 particularifirt, die Beſitztitel wurden nicht allein verſchieden umſchrieben, ſondern auch beſonders aus- geſchieden. Im allgemeinen erſcheinen in der Landtafel die Grundſtücke der adeligen Beſitzer. Auf dieſe Güter ſind viele Schulden hypothecirt und intabulirt. Bei der Organiſation im Jahr 1850 wurden die Gutscomplexe zerriſſen, was ſelbſtverſtändlich zur Folge hatte daß der Schuldenſtand nicht überſichtlich, ſondern in mehreren Be- zirken getrennt eingetragen erſcheint. Hiedurch verliert die Hypothek in gewiſſem Sinn ihre Weſenheit; man müßte nämlich immer nur einen beſtimmten Theil des Gutes belaſten, die ganze Schuld repartiren, ſie auf die einzelnen Aecker, Wieſen, Wälder u. ſ. w. vertheilen. Die Nachtheile hievon und die Schwierigkeiten der Durchführung ſind klar, und es iſt wohl nicht zu zweifeln daß gleiches auch in andern Provinzen, wo bereits die Landtafel und die Grundbücher beſtehen, zur Geltung gelangen dürfte. Was aber insbeſondere Ungarn betrifft, ſo muß ich geſtehen daß in dieſem Lande noch größere Bedenken obwalten, die jetzige Grundbuchsordnung, welche kaum erſt ins Leben ge- rufen wurde, auch fortan gebrauchen zu können. Ich will mich nicht in eine Kruik einlaſſen ob man recht gethan oder nicht die Grundbücher in deutſcher Sprache ein- zuführen; viele Böswillige glaubten darin einen Germaniſirungsverſuch zu erblicken. Ich enthalte mich hier, wie geſagt, jeder Kritik, aber ſo viel muß ich auch als that- ſächlich conſtatiren daß dadurch auf die Einführung des Grundbuchs ſelbſt, welche als zweckmäßig und nothwendig bereits von mehreren Landtagen eifrig betrieben worden war, ſchon im voraus ein Schatten geworfen und ihr die öffentliche Meinung nicht günſtig wurde. Ein zweiter Punkt, welcher in Ungarn große Wichtigkeit beſitzt, iſt der daß ſich nicht nur bei Privatperſonen, ſondern auch bei Beamten des verſchiedenſten Rangs, welche während längeren Verweilens in Ungarn ſich mit den dortigen Ver- hältniſſen näher vertraut machten, die Ueberzeugung bildete, die ganze Einführung der Grundbücher daſelbſt ſey eine verfrühte, weil man nicht die nöthige Rückſicht auf die noch nicht commaſſirten Grundſtücke genommen habe. Bekanntlich wurde durch das kaiſerl. Patent vom Jahr 1853 ſanctionirt daß die Zuſammenlegung der Felder für Ungarn zu gelten habe. Bis zum Jahr 1858 war ein Theil commaſſirt, der größere Theil aber (ungefähr zwei Drittheile oder drei Viertheile) war nicht regulirt. Selbſtverſtändlich erhoben ſich Beſorgniſſe bei denjenigen für welche die Einführung des Grundbuchs wichtig war, die Beſorgniſſe nämlich ob hinſichtlich der commaſſirten und nichtcommaſſirten Gründe kein Unterſchied gemacht werden würde. Anfangs hieß es daß die Grundbücher bloß für commaſſirte Gründe gelten, ſpäter jedoch hat man trotz der vielfachſten eindringlichſten Vorſtellungen von Privaten ſo- wohl als von Gerichts- und Verwaltungsbeamten die Sache in der bekannten Weiſe geregelt. Es war ſchwer zu begreifen, warum bei der Operation hinſichtlich der commaſſirten und nichtcommaſſirten Ortſchaften keine Unterſcheidung gemacht wurde, nachdem es doch klar iſt daß der Act der Commaſſation mehrere Jahre in Anſpruch nimmt, daß derſelbe auf Koſten des Beſitzers vor ſich zu gehen hat, und daß, wenn die Commaſſation vollzogen iſt, der genaue parcellenweiſe Stand des Beſitzes voll- kommen in Evidenz gehalten und die Verbuchung eines ſolchen commaſſirten Beſitzes in den öffentlichen Büchern ſehr leicht geſchehen kann, ſo daß dann gar nichts weiter vorzukehren geweſen ſeyn würde als die Laſten zu ſpecialiſiren und ſie auf die ein- zelnen Hypotheken anzuwenden. Dieſe Rückſichten wurden jedoch nicht beobachtet, und ich halte es für meine Pflicht hier zu erwähnen daß wohl eines der ſtärkſten Argumente für dieſen Vorgang in dem Wunſch beſtand die Anzahl der Beamten zu vermehren, was auch wirklich geſchah. Es wurden ſehr wenige, ja faſt gar keine aus Ungarn, ſondern meiſt nur ſolche aus fremden Provinzen verwendet, und man glaubte ein Motiv der Humanität für dieſen Zweck in Anſpruch nehmen zu müſſen, damit im Fall eines Umſchwungs die Exiſtenz der Beamten nicht in Frage komme. Die gleichen Humanitätsrückſichten hat man im Jahr 1850 nicht beobachtet. Da- mals waren es meiſt ungariſche Beamte welche entlaſſen wurden, ohne daß für ſie die nämlichen Humanitätsrückſichten gegolten hätten. Ein dritter Umſtand bezüglich Ungarns iſt der daß die Landtage von jeher die Einführung des Grundbuchs ver- langten, welches ja immer und mit Recht als die Baſis des Privatbeſitzes galt, und als ſolche insbeſondere bei Beſitzveränderungen für nothwendig gehalten wurde. Es war dieß ſchon ein Verlangen der Landtage von 1830, 1834 und 1836. Nachdem wir nun in neueſter Zeit zufolge des kaiſerl. Handſchreibens vom 19 April l. J. die begründete Hoffnung haben, und wohl kein loyaler Unterthan daran zweifeln wird daß Ungarn bald das Glück haben wird einen Landtag zu beſitzen, ſo glaube ich vor allem daß dieſer Gegenſtand der Grundbuchsnorm zu den Provincialſachen und als ſolcher zunächſt vor den Landtag gehört, daß er ſomit jetzt nicht ſeiner ganzen Ausdehnung nach der Berathung zu unterziehen ſeyn wird. Dieß ſind meine Be- denken in dieſer Sache, und ich ſchließe meinen Vortrag mit dem Wunſch daß, wenn die hohe Verſammlung ſich für die Zuſammenſetzung eines Comité’s entſchließen ſollte, hiebei weder eine Inſtruction noch eine ſonſtige theilweiſe Richtſchnur feſt- geſtellt, ſondern über den Grundſatz ſelbſt ein Beſchluß gefaßt werden möge: ob das Comité ſich ohne Rückſicht auf eine Majorität oder Minorität in demſelben in die Frage der Details einzulaſſen, oder ob es die Aufgabe habe die allgemeinen Gründe gegen ein detaillirtes Eingehen in dieſes Operat zuſammenzufaſſen und dar- über an die hohe Verſammlung Bericht zu erſtatten.“ (Fortſetzung folgt.) Aus dem Staatsvoranſchlag für 1861 theilt die Oeſterr. Ztg. weiter folgende Data mit: Der Reichsbaudienſt zerfällt in drei Poſitionen: den Baubehörden, präliminirt mit 1,865,200 fl., dem Straßenbau 8,901,000 fl., dem Waſſerbau 3,319,300 fl. Für die Theißregulirung ſind präliminirt 198,050 fl, die Baubehörden für die Theißregulirung koſten 4225 fl. Das Miniſterium der Juſtiz beſteht aus: der Centralleitung, präliminirt mit 211,700 fl., dem oberſten Gerichtshofe 528,100 fl. und der Juſtizver- waltung in den Kronländern 12,725,900 fl. Die Centralleitung beſteht aus dem Miniſter, 8400 fl. Gehalt, 2100 fl. Quartiergeld und 4200 fl. Perſonalzulage, zuſammen 14,000 fl.; zwei Sectionschefs 14,700 fl.; ſieben Miniſterialräthen 36,960 fl., vier Sectionsräthen 12,180 fl., ſechs Mini- ſterialſecretären 13,230 fl., vierzehn Concipiſten 16,905 fl. Der oberſte Gerichtshof hat einen Präſidenten 14,700 fl., einen zweiten Präſidenten 9450 fl., fünf Senatspräſidenten 36,750 fl., fünfundvierzig Hofräthe 244,650 fl., einen Präſidialſecretär 2520 fl., elf Hofſecretäre 24,045 fl. und zehn Rathsſecretärsadjuncten 13,650 fl. Die Juſtizverwaltung in den Kronländern koſtet: in Niederöſterreich 1,170,370 fl., Oberöſterreich 205,900 fl., Salzburg 83,620 fl., Tirol 388,300 fl., Steiermark 462,600 fl., Kärnthen 162,200 fl., Krain 136,600 fl. Küſtenland 361,600 fl., Dalma- tien 228,900 fl., Böhmen 1,428,200 fl., Mähren 534,700 fl., Schleſien 115,600 fl., Oſtgalizien 801,200 fl., Weſtgalizien 407,650 fl., Bukowina 100,600 fl., Lombardo-Venetien 1,929,800 fl., Ungarn 3,637,760 fl., Croa- tien und Slavonien 353,500 fl., Woiwodſchaft 535,700 fl., Siebenbürgen 681,100 fl. ∆ Trieſt, 8 Jun. Der Contre-Admiral Ritter v. Fautz machte vor- geſtern von Pola aus mit dem Linienſchiff „Kaiſer“ eine längere Probefahrt, welche die beſten Reſultate lieferte und die Vorzüglichkeit der Leiſtungen unſe- rer techniſchen Anſtalt neuerdings bethätigte. Die Umwendungen der Schraube, welche contractmäßig 45 in einer Minute hätten betragen ſollen, ſtiegen während der Fahrt auf 49. Die Thätigkeit und Genauigkeit der Maſchine läßt nichts zu wünſchen übrig, und das Linienſchiff iſt in jeder Hin- ſicht, ſowohl was ſeinen Körper, ſeine Bemaſtung wie auch was ſeine Ma- ſchinenkraft anbelangt, als ein vollkommen gelungenes Schiff anzuſehen. — Bei gewiſſen Erdausgrabungen, die vor einigen Tagen in Pola in der Nähe des Doms vorgenommen wurden, entdeckte man den Hauptaltar der einſtigen Kirche des heiligen Thomas, von der ältere Chroniken Erwähnung thun, und unter demſelben einige vorzüglich gearbeitete ſilberne Vaſen, deren Inhalt Staub und Gebeine ausmachten — wahrſcheinlich Reliquien. — Letzten Mon- tag lief der päpſtliche Dampfer „St. Giovanni“ in Pola ein, um ein paar Trabakeln mit allerlei Material ins Schlepptau zu nehmen und nach Ancona zu führen. — Mit dem Rettungsapparat des Piloten Naſſo wurde dieſe Woche wieder vor einer techniſchen Commiſſion ein Verſuch gemacht, der ſehr gut ausfiel; doch wurden noch einige Verbeſſerungen für nöthig befunden, unter andern die Anbringung von ein paar Rudern, damit, für den Fall als die Schraube eine Beſchädigung erleiden ſollte, der Gerettete ſich derſelben bedienen könne um das Boot weiter zu bringen. Sonſt ſprach ſich die Com- miſſion ſehr günſtig über die Erfindung aus, und ich werde nächſtens in der Lage ſeyn Ihnen berichten zu können daß der Erfinder ſeinen wohlverdienten Lohn erhalten hat. — FML. Graf Degenfeld iſt geſtern Abends von hier nach Venedig und Verona abgereist. — Die Frau v. Bruck hat ſich über Fiume nach Klenownik in Croatien begeben, wo ſich in kurzem die ganze Familie des ſel. Frhrn. v. Bruck vereinigen wird. Als Frhr. v. Bruck voriges Jahr in Klenownik verweilte, gieng er mit einigen Mitgliedern ſeiner Familie einen ganzen Nachmittag ſpazieren um den Kirchhof des Dorfes zu finden, und ſich, wie er ſagte, eine Grabſtätte auf demſelben auszuſuchen, doch ver- gebens — der Kirchhof war nicht zu finden. Da ſagte er endlich lächelnd: „Nun, ich nehme dieß als eine gute Vorbedeutung daß mich der Tod nicht ſo bald von euch trennen wird!“ Es iſt noch nicht ein Jahr verfloſſen, und er iſt nicht mehr! — Die reizende Villa Abazia bei Volesco in der Nähe von Fiume wird für die Aufnahme eines hohen Gaſtes in Bereitſchaft geſetzt. Es wird nämlich die Kaiſerin Maria Anna für einige Wochen daſelbſt ihren Auf- enthalt nehmen um die Seebäder zu gebrauchen. Schweiz. (*) Genf, 9 Jun. Den Nachrichten aus Savoyen zufolge, welche von der Pariſer Correſpondenz des „Journal de Genève“ heute beſtätigt wer- den, iſt die Neuorganiſation der zwei neuen franzöſiſchen Departemente voll- endet. Das Departement mit der Hauptſtadt Chambery wird den Namen Savoyen fortführen, Hr. Dien iſt zum Präfecten daſelbſt beſtimmt; der bis- herige Unterpräfect von Valenciennes ſoll Präfect in Anaecy, Hauptſtadt von Oberſavoyen, werden. Nach der obengenannten Correſpondenz würden die

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Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen, Susanne Haaf: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2022-04-08T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 165, 13. Juni 1860, S. 2748. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine165_1860/4>, abgerufen am 31.10.2024.