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Allgemeine Zeitung, Nr. 31, 31. Januar 1850.

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[Spaltenumbruch] und Litteratur Vorlesungen gehalten hat, während die slavischen Spra-
chen in reichstem Maße gepflegt wurden.

Wir haben nun einmal einen Winter mit all'
seinen Leiden und Freuden. Der melancholische Scirocco, der sonst die
Geister niederdrückte, kriecht heuer nicht über nebelseuchtem Boden ein-
her, sondern die Bora, des Nordens strenge Tochter, hat ein bleibend
Winterquartier auf dem schneeglänzenden Karste aufgeschlagen, und der
Sturm spannt die Nerven straff und hält die Sinne aufgeweckt. Das
R[verlorenes Material - 1 Zeichen fehlt]aumur'sche Thermometer zeigte dieser Tage 7 bis 8 Grade unter Null; et-
was für uns ganz ungewöhnliches. Neben der ernsten Börse versuchen sich
muthwillige Jungen in der unter ihnen seltenen Kunst des Schleifens auf
einer Bahn die sie sich "espressamente" geschaffen, wie die Alten ihre
Oper "espressamente" für die Stagione zu haben pflegen. Bunte Mas-
ken, die der Wind jagt und schiebt, huschen im Dunkeln durch die Stra-
ßen, und die muthwilligen Lebensgeister lärmen wohl auch zuweilen daß
die erschreckten Schläfer einen Herentanz zu vernehmen meinen. Drüben
liegt Venedig still und öde; Venedig, die Stadt des Adels, von ihm nun
gemieden; Venedig die Stadt der Lust und des Scherzes, nun lautlos und
ernst; Venedig, die Stadt des Reichthums und ein Asyl vieler Brustkran-
ken, nun arm und selbst an der Schwindsucht leidend. Da zittert man nun
in manchen Familien wo Vater oder Sohn sich erst vom politischen Ver-
dachte reinigen soll oder schon entlassen ist, da sieht man mit verlornen
Privilegien einer trostlosen Zukunft entgegen. -- Viel Aufsehen erregt
hier die Art und Weise wie einer unsrer Mitbürger, Hr. Alexander Mau-
roner, in Wien auftritt, und noch mehr die Huldigung die dem Manne von
der Wiener Zeitung, dem doch ausgesprochenen Organe des Ministeriums,
zu Theil wird. Hr. Mauroner war theils als Mitarbeiter, theils als Re-
dacteur bei der im Jahre 1848 entstandenen und bis zur Activirung des
Cautionssystems sich herumtummelnden radicalen Presse betheiligt, die
ihm manchen schönen Aufsatz verdankte; überhaupt hatte er sich als Geg-
ner des Ministeriums sehr bemerkbar gemacht. Cine von ihm später (im
September v. J.) herausgegebene Schrift über "die Freihafensfrage", bei
der natürlich von ihm, dem Triestiner, Triest's Privilegium in Schutz ge-
nommen wurde, hatte an und für sich wenig Aufsehen erregt, nur fand
man es sonderbar daß der Autor seiner Vaterstadt das Recht zum Frei-
hafen unter andern auch um jener viel besprochenen und hie und da bewitzel-
ten Gesinnungen willen vindicirte, welche allerdings die der Majorität,
aber nichts weniger als die des Hrn. Mauroner waren. Hr. Mauroner
geht nach Wien und veröffentlicht seine "Rivoluzione e Reazione in
Austria."
Die Wiener Zeitung bläst in die Ruhmesposaune. Hrn.
Mauroners politische Freunde von früher sehen sich mit langen Gesich-
tern an, und begreifen nicht was dem Demokraten zugesloßen sey. Das
gibt aber seinen politischen Gegnern von früher noch kein Vertrauen zum
neuen unerwarteten Freunde. Sie sagen es ihm auch so ziemlich unver-
hohlen in unsern Blättern. Hätte die Wiener Zeitung sich bei der Lobes-
erhebung an den Inhalt der Mauroner'schen Schrift gebunden, so ginge
noch alles hin. Da sie aber auch den uncorrecten Styl pries, so mußte
man's mit Händen greifen um was es sich da handle. Nun kommt Hr.
Mauroner noch mit dem neuen Journal "Corriere italiano" dem Mini-
sterium zu Hülfe. Tempora mutantur.

Oesterreichische Monarchie.

Heute um 7 Uhr Morgens, also nach sech-
zehn Monaten ereilte die Hand der Vergeltung den Mörder Kolossy, der
bekanntlich am 18 Sept. 1848 auf der Pest-Ofener Schiffsbrücke dem ed-
len Grasen Lamberg den ersten Hieb beibrachte und hierauf mit dem blu-
tigen Schwert triumphirend durch die Straßen Pesths herumstolzirte. Er
wurde um jene Stunde nebst zwei andern Missethätern, welche einen Rus-
sen meuchlings ermorder hatten, auf der Sandstätte hinter dem Neuge-
bäude durch den Strang hingerichtet. Die Kälte war ungeheuer und deß-
halb eine nur spärliche Zuschauerschaft zugegen. Wir zählten -- ein für
Pesth seltener Fall -- 20 Grad unter Null.

Das heute verkündigte Todesurtheil Georg
Kolossy's enthält die Bestätigung aller jener Thatsachen welche wir den Le-
sern dieses Blattes bereits vor mehreren Wochen mittheilten, und fügt
nur bei daß er katholischer Religion, 24 Jahr alt, weiland Hörer der Phi-
losophie an der Pesther Universität und aus Kövesd im Ober-Weißenbur-
ger Comitat in Siebenbürgen gebürtig gewesen. Auch ward der Umstand
constatirt daß er, bevor er zum Schwert griff, mit einer Pistole auf den un-
glücklichen Grafen Lamberg angeschlagen hatte. Kolossy starb mit großer
Verstocktheit, ja er wollte auf der verhängnißvollen Leiter noch eine Rede
an die versammelte Menge halten, was ihm jedoch nicht gestattet wurde.
Desto verzagter, unaufhörlich um Pardon winselnd endeten die zwei an-
dern Mörder. Es waren ein gewisser Johann Markus von Patta im He-
veser Comitat geburtig, katholisch, ledig, Schulgehülfe in Sar, dann ein
gewisser Ignaz Pallik von Solymos in derselben Gespanschaft, gleichfalls
[Spaltenumbruch] katholisch, ledig, Jäger auf der dortigen erzbischöflichen Herrschaft. Beide
Bursche standen in ihrem 19ten Jahre und hatten nach hergestelltem That-
bestand vor Gericht gestanden, in der Nacht vom 26 Jul., v. J. mit Schieß-
waffen versehen, unter Commando eines berüchtigten Guerrillasanführers
bei der Ermordung und Beraubung des als Courier von Mezökövesd kom-
menden k. k. Obristlieutenants Karl Baron Hacke, ferner bei der Anhal-
tung, Beraubung und Ablieferung an die Rebellen eines in gleicher Ei-
genschaft gemeinschaftlich mit dem Baron reisenden kaiserlich russischen
Stabsofficiers und eines k. k. Botenjägers mitgewirkt zu haben. Alle
drei Missethäter waren also gemeine Mörder. Die Leichname blieben bis
gegen die Mittagsstunde am Galgen hängen, und waren, als man sie ab-
nahm, in Folge der furchtbaren Kälte steif gefroren. Abends stieg der
Thermometer bis auf elf Grad unter Null, der Himmel umzog sich und
es fielen bis zum späten Morgen neue Schneemassen. Da nach Nachrichten
aus den untern Gegenden die Donau so fest zugefroren ist daß man an
manchen Stellen, wie bei Semlin, mit schwer belasteten Frachtwagen über
das Eis seiner ganzen Breite nach fahren kann, so wollen Aengstliche,
vielleicht nicht mit Unrecht, eine Wiederkehr der schauderhaften Ueber-
schwemmungsscenen vom Jahr 1838 voraussagen. Gebe der Allbarm-
herzige daß diese Prophezeiung zu Schanden werde! Nach einer neuern
Verordnung dürfen im hiesigen Versatzamte fürder keine Gold- und Sil-
bermünzen mehr als Pfand angenommen werden, ja sogar die bereits
hypothekarisch daselbst deponirte Summe von etwa einer halben Million
klingender Münze muß von den Eignern zurückgenommen werden. Die
menschenfreundliche Stiftung des Armee-Obercommandanten Baron Ju-
lius v. Haynau besitzt bereits einen Fonds von 29,000 fl. in Baarem und
43,200 fl. in Obligationen. Der dießjährige Carneval läßt sich sehr flau
an. Der erste öffentliche Ball im deutschen Theater war spärlich besucht.
Zahlreicheres und eleganteres Publicum versammelte das erste Pickenick
im Casinogebäude. Die glänzendsten Geschäfte aber dürfte der Unterneh-
mer der Bälle in der Königsgasse in der Theresienstadt machen.

Portugal.

Die neueste Lissaboner Post d. d. 20 Jan. versichert daß Portugal
ruhig ist. Damit widerlegt sich das Gerücht von der Meuterei zweier Regimen-
ter an der spanischen Gränze. Gewiß aber ist daß in der dortigen Armee wegen
der langen Soldrückstände eine schwierige Stimmung herrscht, welche von
Dom Miguel eventuell benützt werden könnte. Die ministerielle Adresse
auf die Thronrede ward am 12 Jan. im Senat mit 31 gegen 21 Stimmen
votirt, und dadurch ein Amendement des Grafen Lavradio verworfen. In
der Deputirtenkammer begann die Adreßdebatte erst am 19. Die Oppo-
sition beabsichtigte eine förmliche Anklage gegen den Grafen Thomar.
(Engl. Bl.)

Spanien.

Die Debatte in der Deputirtenkammer über
das Budget ist noch nicht geschlossen; der Sieg des Ministeriums ist zwar
nicht zu bezweifeln, aber die oppositionelle Minderzahl bereitet ihm einen
schweren Stand, und die Oppositionspresse tritt muthiger als bisher ge-
gen Narvaez auf, welcher in den Kammern fortwährend die Taktik befolgt
jeden politischen Gegner persönlich zu bruskiren. -- In Barcelona sind
neuerdings 1600 Mann aus Italien gelandet.

Großbritannien.

Mit Erstaunen sehen wir aus der neuesten Londoner Post daß auch
der M. Herald und der Palmerston'sche Globe in eigenen Corre-
spondenzen aus Konstantinopel die gestrige Angabe der Daily News wie-
derholen.*) In der Ueberzeugung daß es der österreichischen Regierung leicht
fallen wird eine solche schmähliche Verleumdung zurückzuweisen, über-
setzen wir hier die betreffende Stelle des Globe: "Wir haben", sagt er,
"uns Mühe gegeben die genaue Wahrheit in der Sache zu ermitteln, und
mit Bedauern müssen wir melden daß die Nachricht des M. Herald ge-
gründet ist. Vor ungefähr vier oder fünf Wochen erfuhr Sir Stratford
Canning von dieser Verschwörung (conspiracy), und beim Abgang der
letzten levantischen Post war solche das allgemeine Gespräch in Konstanti-
nopel geworden. Die Sache verhält sich also. Unter den Flüchtlingen,
welche Kossuth über die türkische Gränze folgten, war ein ungarischer
Soldat der, aus dem kaiserlichen Dienst in Italien desertirt, sein Vater-
land vor Beendigung des Kriegs zu erreichen vermocht. Ein österreichi-
scher Consul (welcher?) setzte sich in Verkehr mit diesem Mann, und schlug
ihm vor die Flucht Kossuths nach Frankreich oder England bewerkstelligen
zu helfen; so würde Oesterreich von der Verlegenheit befreit welche ihm
die Flüchtlingsfrage bereite. Der ungarische Soldat ging in die Falle,
und fing an zur Ausführung des Plans mitzuwirken; aber bald wurde

*) Durch ein Versehen steht in der gestrigen Allg. Ztg. "österreichischer Nun-
cius" anstatt "Internuncius."

[Spaltenumbruch] und Litteratur Vorleſungen gehalten hat, während die ſlaviſchen Spra-
chen in reichſtem Maße gepflegt wurden.

Wir haben nun einmal einen Winter mit all’
ſeinen Leiden und Freuden. Der melancholiſche Scirocco, der ſonſt die
Geiſter niederdrückte, kriecht heuer nicht über nebelſeuchtem Boden ein-
her, ſondern die Bora, des Nordens ſtrenge Tochter, hat ein bleibend
Winterquartier auf dem ſchneeglänzenden Karſte aufgeſchlagen, und der
Sturm ſpannt die Nerven ſtraff und hält die Sinne aufgeweckt. Das
R[verlorenes Material – 1 Zeichen fehlt]aumur’ſche Thermometer zeigte dieſer Tage 7 bis 8 Grade unter Null; et-
was für uns ganz ungewöhnliches. Neben der ernſten Börſe verſuchen ſich
muthwillige Jungen in der unter ihnen ſeltenen Kunſt des Schleifens auf
einer Bahn die ſie ſich „espressamente“ geſchaffen, wie die Alten ihre
Oper „espressamente“ für die Stagione zu haben pflegen. Bunte Mas-
ken, die der Wind jagt und ſchiebt, huſchen im Dunkeln durch die Stra-
ßen, und die muthwilligen Lebensgeiſter lärmen wohl auch zuweilen daß
die erſchreckten Schläfer einen Herentanz zu vernehmen meinen. Drüben
liegt Venedig ſtill und öde; Venedig, die Stadt des Adels, von ihm nun
gemieden; Venedig die Stadt der Luſt und des Scherzes, nun lautlos und
ernſt; Venedig, die Stadt des Reichthums und ein Aſyl vieler Bruſtkran-
ken, nun arm und ſelbſt an der Schwindſucht leidend. Da zittert man nun
in manchen Familien wo Vater oder Sohn ſich erſt vom politiſchen Ver-
dachte reinigen ſoll oder ſchon entlaſſen iſt, da ſieht man mit verlornen
Privilegien einer troſtloſen Zukunft entgegen. — Viel Aufſehen erregt
hier die Art und Weiſe wie einer unſrer Mitbürger, Hr. Alexander Mau-
roner, in Wien auftritt, und noch mehr die Huldigung die dem Manne von
der Wiener Zeitung, dem doch ausgeſprochenen Organe des Miniſteriums,
zu Theil wird. Hr. Mauroner war theils als Mitarbeiter, theils als Re-
dacteur bei der im Jahre 1848 entſtandenen und bis zur Activirung des
Cautionsſyſtems ſich herumtummelnden radicalen Preſſe betheiligt, die
ihm manchen ſchönen Aufſatz verdankte; überhaupt hatte er ſich als Geg-
ner des Miniſteriums ſehr bemerkbar gemacht. Cine von ihm ſpäter (im
September v. J.) herausgegebene Schrift über „die Freihafensfrage“, bei
der natürlich von ihm, dem Trieſtiner, Trieſt’s Privilegium in Schutz ge-
nommen wurde, hatte an und für ſich wenig Aufſehen erregt, nur fand
man es ſonderbar daß der Autor ſeiner Vaterſtadt das Recht zum Frei-
hafen unter andern auch um jener viel beſprochenen und hie und da bewitzel-
ten Geſinnungen willen vindicirte, welche allerdings die der Majorität,
aber nichts weniger als die des Hrn. Mauroner waren. Hr. Mauroner
geht nach Wien und veröffentlicht ſeine „Rivoluzione e Reazione in
Austria.“
Die Wiener Zeitung bläst in die Ruhmespoſaune. Hrn.
Mauroners politiſche Freunde von früher ſehen ſich mit langen Geſich-
tern an, und begreifen nicht was dem Demokraten zugeſloßen ſey. Das
gibt aber ſeinen politiſchen Gegnern von früher noch kein Vertrauen zum
neuen unerwarteten Freunde. Sie ſagen es ihm auch ſo ziemlich unver-
hohlen in unſern Blättern. Hätte die Wiener Zeitung ſich bei der Lobes-
erhebung an den Inhalt der Mauroner’ſchen Schrift gebunden, ſo ginge
noch alles hin. Da ſie aber auch den uncorrecten Styl pries, ſo mußte
man’s mit Händen greifen um was es ſich da handle. Nun kommt Hr.
Mauroner noch mit dem neuen Journal „Corriere italiano“ dem Mini-
ſterium zu Hülfe. Tempora mutantur.

Oeſterreichiſche Monarchie.

Heute um 7 Uhr Morgens, alſo nach ſech-
zehn Monaten ereilte die Hand der Vergeltung den Mörder Koloſſy, der
bekanntlich am 18 Sept. 1848 auf der Peſt-Ofener Schiffsbrücke dem ed-
len Graſen Lamberg den erſten Hieb beibrachte und hierauf mit dem blu-
tigen Schwert triumphirend durch die Straßen Peſths herumſtolzirte. Er
wurde um jene Stunde nebſt zwei andern Miſſethätern, welche einen Ruſ-
ſen meuchlings ermorder hatten, auf der Sandſtätte hinter dem Neuge-
bäude durch den Strang hingerichtet. Die Kälte war ungeheuer und deß-
halb eine nur ſpärliche Zuſchauerſchaft zugegen. Wir zählten — ein für
Peſth ſeltener Fall — 20 Grad unter Null.

Das heute verkündigte Todesurtheil Georg
Koloſſy’s enthält die Beſtätigung aller jener Thatſachen welche wir den Le-
ſern dieſes Blattes bereits vor mehreren Wochen mittheilten, und fügt
nur bei daß er katholiſcher Religion, 24 Jahr alt, weiland Hörer der Phi-
loſophie an der Peſther Univerſität und aus Kövesd im Ober-Weißenbur-
ger Comitat in Siebenbürgen gebürtig geweſen. Auch ward der Umſtand
conſtatirt daß er, bevor er zum Schwert griff, mit einer Piſtole auf den un-
glücklichen Grafen Lamberg angeſchlagen hatte. Koloſſy ſtarb mit großer
Verſtocktheit, ja er wollte auf der verhängnißvollen Leiter noch eine Rede
an die verſammelte Menge halten, was ihm jedoch nicht geſtattet wurde.
Deſto verzagter, unaufhörlich um Pardon winſelnd endeten die zwei an-
dern Mörder. Es waren ein gewiſſer Johann Markus von Patta im He-
veſer Comitat geburtig, katholiſch, ledig, Schulgehülfe in Sar, dann ein
gewiſſer Ignaz Pallik von Solymos in derſelben Geſpanſchaft, gleichfalls
[Spaltenumbruch] katholiſch, ledig, Jäger auf der dortigen erzbiſchöflichen Herrſchaft. Beide
Burſche ſtanden in ihrem 19ten Jahre und hatten nach hergeſtelltem That-
beſtand vor Gericht geſtanden, in der Nacht vom 26 Jul., v. J. mit Schieß-
waffen verſehen, unter Commando eines berüchtigten Guerrillasanführers
bei der Ermordung und Beraubung des als Courier von Mezökövesd kom-
menden k. k. Obriſtlieutenants Karl Baron Hacke, ferner bei der Anhal-
tung, Beraubung und Ablieferung an die Rebellen eines in gleicher Ei-
genſchaft gemeinſchaftlich mit dem Baron reiſenden kaiſerlich ruſſiſchen
Stabsofficiers und eines k. k. Botenjägers mitgewirkt zu haben. Alle
drei Miſſethäter waren alſo gemeine Mörder. Die Leichname blieben bis
gegen die Mittagsſtunde am Galgen hängen, und waren, als man ſie ab-
nahm, in Folge der furchtbaren Kälte ſteif gefroren. Abends ſtieg der
Thermometer bis auf elf Grad unter Null, der Himmel umzog ſich und
es fielen bis zum ſpäten Morgen neue Schneemaſſen. Da nach Nachrichten
aus den untern Gegenden die Donau ſo feſt zugefroren iſt daß man an
manchen Stellen, wie bei Semlin, mit ſchwer belaſteten Frachtwagen über
das Eis ſeiner ganzen Breite nach fahren kann, ſo wollen Aengſtliche,
vielleicht nicht mit Unrecht, eine Wiederkehr der ſchauderhaften Ueber-
ſchwemmungsſcenen vom Jahr 1838 vorausſagen. Gebe der Allbarm-
herzige daß dieſe Prophezeiung zu Schanden werde! Nach einer neuern
Verordnung dürfen im hieſigen Verſatzamte fürder keine Gold- und Sil-
bermünzen mehr als Pfand angenommen werden, ja ſogar die bereits
hypothekariſch daſelbſt deponirte Summe von etwa einer halben Million
klingender Münze muß von den Eignern zurückgenommen werden. Die
menſchenfreundliche Stiftung des Armee-Obercommandanten Baron Ju-
lius v. Haynau beſitzt bereits einen Fonds von 29,000 fl. in Baarem und
43,200 fl. in Obligationen. Der dießjährige Carneval läßt ſich ſehr flau
an. Der erſte öffentliche Ball im deutſchen Theater war ſpärlich beſucht.
Zahlreicheres und eleganteres Publicum verſammelte das erſte Pickenick
im Caſinogebäude. Die glänzendſten Geſchäfte aber dürfte der Unterneh-
mer der Bälle in der Königsgaſſe in der Thereſienſtadt machen.

Portugal.

Die neueſte Liſſaboner Poſt d. d. 20 Jan. verſichert daß Portugal
ruhig iſt. Damit widerlegt ſich das Gerücht von der Meuterei zweier Regimen-
ter an der ſpaniſchen Gränze. Gewiß aber iſt daß in der dortigen Armee wegen
der langen Soldrückſtände eine ſchwierige Stimmung herrſcht, welche von
Dom Miguel eventuell benützt werden könnte. Die miniſterielle Adreſſe
auf die Thronrede ward am 12 Jan. im Senat mit 31 gegen 21 Stimmen
votirt, und dadurch ein Amendement des Grafen Lavradio verworfen. In
der Deputirtenkammer begann die Adreßdebatte erſt am 19. Die Oppo-
ſition beabſichtigte eine förmliche Anklage gegen den Grafen Thomar.
(Engl. Bl.)

Spanien.

Die Debatte in der Deputirtenkammer über
das Budget iſt noch nicht geſchloſſen; der Sieg des Miniſteriums iſt zwar
nicht zu bezweifeln, aber die oppoſitionelle Minderzahl bereitet ihm einen
ſchweren Stand, und die Oppoſitionspreſſe tritt muthiger als bisher ge-
gen Narvaez auf, welcher in den Kammern fortwährend die Taktik befolgt
jeden politiſchen Gegner perſönlich zu bruskiren. — In Barcelona ſind
neuerdings 1600 Mann aus Italien gelandet.

Großbritannien.

Mit Erſtaunen ſehen wir aus der neueſten Londoner Poſt daß auch
der M. Herald und der Palmerſton’ſche Globe in eigenen Corre-
ſpondenzen aus Konſtantinopel die geſtrige Angabe der Daily News wie-
derholen.*) In der Ueberzeugung daß es der öſterreichiſchen Regierung leicht
fallen wird eine ſolche ſchmähliche Verleumdung zurückzuweiſen, über-
ſetzen wir hier die betreffende Stelle des Globe: „Wir haben“, ſagt er,
„uns Mühe gegeben die genaue Wahrheit in der Sache zu ermitteln, und
mit Bedauern müſſen wir melden daß die Nachricht des M. Herald ge-
gründet iſt. Vor ungefähr vier oder fünf Wochen erfuhr Sir Stratford
Canning von dieſer Verſchwörung (conspiracy), und beim Abgang der
letzten levantiſchen Poſt war ſolche das allgemeine Geſpräch in Konſtanti-
nopel geworden. Die Sache verhält ſich alſo. Unter den Flüchtlingen,
welche Koſſuth über die türkiſche Gränze folgten, war ein ungariſcher
Soldat der, aus dem kaiſerlichen Dienſt in Italien deſertirt, ſein Vater-
land vor Beendigung des Kriegs zu erreichen vermocht. Ein öſterreichi-
ſcher Conſul (welcher?) ſetzte ſich in Verkehr mit dieſem Mann, und ſchlug
ihm vor die Flucht Koſſuths nach Frankreich oder England bewerkſtelligen
zu helfen; ſo würde Oeſterreich von der Verlegenheit befreit welche ihm
die Flüchtlingsfrage bereite. Der ungariſche Soldat ging in die Falle,
und fing an zur Ausführung des Plans mitzuwirken; aber bald wurde

*) Durch ein Verſehen ſteht in der geſtrigen Allg. Ztg. „öſterreichiſcher Nun-
cius“ anſtatt „Internuncius.“
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[486/0006] und Litteratur Vorleſungen gehalten hat, während die ſlaviſchen Spra- chen in reichſtem Maße gepflegt wurden. * Trieſt, 25 Jan. Wir haben nun einmal einen Winter mit all’ ſeinen Leiden und Freuden. Der melancholiſche Scirocco, der ſonſt die Geiſter niederdrückte, kriecht heuer nicht über nebelſeuchtem Boden ein- her, ſondern die Bora, des Nordens ſtrenge Tochter, hat ein bleibend Winterquartier auf dem ſchneeglänzenden Karſte aufgeſchlagen, und der Sturm ſpannt die Nerven ſtraff und hält die Sinne aufgeweckt. Das R_aumur’ſche Thermometer zeigte dieſer Tage 7 bis 8 Grade unter Null; et- was für uns ganz ungewöhnliches. Neben der ernſten Börſe verſuchen ſich muthwillige Jungen in der unter ihnen ſeltenen Kunſt des Schleifens auf einer Bahn die ſie ſich „espressamente“ geſchaffen, wie die Alten ihre Oper „espressamente“ für die Stagione zu haben pflegen. Bunte Mas- ken, die der Wind jagt und ſchiebt, huſchen im Dunkeln durch die Stra- ßen, und die muthwilligen Lebensgeiſter lärmen wohl auch zuweilen daß die erſchreckten Schläfer einen Herentanz zu vernehmen meinen. Drüben liegt Venedig ſtill und öde; Venedig, die Stadt des Adels, von ihm nun gemieden; Venedig die Stadt der Luſt und des Scherzes, nun lautlos und ernſt; Venedig, die Stadt des Reichthums und ein Aſyl vieler Bruſtkran- ken, nun arm und ſelbſt an der Schwindſucht leidend. Da zittert man nun in manchen Familien wo Vater oder Sohn ſich erſt vom politiſchen Ver- dachte reinigen ſoll oder ſchon entlaſſen iſt, da ſieht man mit verlornen Privilegien einer troſtloſen Zukunft entgegen. — Viel Aufſehen erregt hier die Art und Weiſe wie einer unſrer Mitbürger, Hr. Alexander Mau- roner, in Wien auftritt, und noch mehr die Huldigung die dem Manne von der Wiener Zeitung, dem doch ausgeſprochenen Organe des Miniſteriums, zu Theil wird. Hr. Mauroner war theils als Mitarbeiter, theils als Re- dacteur bei der im Jahre 1848 entſtandenen und bis zur Activirung des Cautionsſyſtems ſich herumtummelnden radicalen Preſſe betheiligt, die ihm manchen ſchönen Aufſatz verdankte; überhaupt hatte er ſich als Geg- ner des Miniſteriums ſehr bemerkbar gemacht. Cine von ihm ſpäter (im September v. J.) herausgegebene Schrift über „die Freihafensfrage“, bei der natürlich von ihm, dem Trieſtiner, Trieſt’s Privilegium in Schutz ge- nommen wurde, hatte an und für ſich wenig Aufſehen erregt, nur fand man es ſonderbar daß der Autor ſeiner Vaterſtadt das Recht zum Frei- hafen unter andern auch um jener viel beſprochenen und hie und da bewitzel- ten Geſinnungen willen vindicirte, welche allerdings die der Majorität, aber nichts weniger als die des Hrn. Mauroner waren. Hr. Mauroner geht nach Wien und veröffentlicht ſeine „Rivoluzione e Reazione in Austria.“ Die Wiener Zeitung bläst in die Ruhmespoſaune. Hrn. Mauroners politiſche Freunde von früher ſehen ſich mit langen Geſich- tern an, und begreifen nicht was dem Demokraten zugeſloßen ſey. Das gibt aber ſeinen politiſchen Gegnern von früher noch kein Vertrauen zum neuen unerwarteten Freunde. Sie ſagen es ihm auch ſo ziemlich unver- hohlen in unſern Blättern. Hätte die Wiener Zeitung ſich bei der Lobes- erhebung an den Inhalt der Mauroner’ſchen Schrift gebunden, ſo ginge noch alles hin. Da ſie aber auch den uncorrecten Styl pries, ſo mußte man’s mit Händen greifen um was es ſich da handle. Nun kommt Hr. Mauroner noch mit dem neuen Journal „Corriere italiano“ dem Mini- ſterium zu Hülfe. Tempora mutantur. Oeſterreichiſche Monarchie. :: Peſth, 23 Jan. Heute um 7 Uhr Morgens, alſo nach ſech- zehn Monaten ereilte die Hand der Vergeltung den Mörder Koloſſy, der bekanntlich am 18 Sept. 1848 auf der Peſt-Ofener Schiffsbrücke dem ed- len Graſen Lamberg den erſten Hieb beibrachte und hierauf mit dem blu- tigen Schwert triumphirend durch die Straßen Peſths herumſtolzirte. Er wurde um jene Stunde nebſt zwei andern Miſſethätern, welche einen Ruſ- ſen meuchlings ermorder hatten, auf der Sandſtätte hinter dem Neuge- bäude durch den Strang hingerichtet. Die Kälte war ungeheuer und deß- halb eine nur ſpärliche Zuſchauerſchaft zugegen. Wir zählten — ein für Peſth ſeltener Fall — 20 Grad unter Null. :: Peſth, 24 Jan. Das heute verkündigte Todesurtheil Georg Koloſſy’s enthält die Beſtätigung aller jener Thatſachen welche wir den Le- ſern dieſes Blattes bereits vor mehreren Wochen mittheilten, und fügt nur bei daß er katholiſcher Religion, 24 Jahr alt, weiland Hörer der Phi- loſophie an der Peſther Univerſität und aus Kövesd im Ober-Weißenbur- ger Comitat in Siebenbürgen gebürtig geweſen. Auch ward der Umſtand conſtatirt daß er, bevor er zum Schwert griff, mit einer Piſtole auf den un- glücklichen Grafen Lamberg angeſchlagen hatte. Koloſſy ſtarb mit großer Verſtocktheit, ja er wollte auf der verhängnißvollen Leiter noch eine Rede an die verſammelte Menge halten, was ihm jedoch nicht geſtattet wurde. Deſto verzagter, unaufhörlich um Pardon winſelnd endeten die zwei an- dern Mörder. Es waren ein gewiſſer Johann Markus von Patta im He- veſer Comitat geburtig, katholiſch, ledig, Schulgehülfe in Sar, dann ein gewiſſer Ignaz Pallik von Solymos in derſelben Geſpanſchaft, gleichfalls katholiſch, ledig, Jäger auf der dortigen erzbiſchöflichen Herrſchaft. Beide Burſche ſtanden in ihrem 19ten Jahre und hatten nach hergeſtelltem That- beſtand vor Gericht geſtanden, in der Nacht vom 26 Jul., v. J. mit Schieß- waffen verſehen, unter Commando eines berüchtigten Guerrillasanführers bei der Ermordung und Beraubung des als Courier von Mezökövesd kom- menden k. k. Obriſtlieutenants Karl Baron Hacke, ferner bei der Anhal- tung, Beraubung und Ablieferung an die Rebellen eines in gleicher Ei- genſchaft gemeinſchaftlich mit dem Baron reiſenden kaiſerlich ruſſiſchen Stabsofficiers und eines k. k. Botenjägers mitgewirkt zu haben. Alle drei Miſſethäter waren alſo gemeine Mörder. Die Leichname blieben bis gegen die Mittagsſtunde am Galgen hängen, und waren, als man ſie ab- nahm, in Folge der furchtbaren Kälte ſteif gefroren. Abends ſtieg der Thermometer bis auf elf Grad unter Null, der Himmel umzog ſich und es fielen bis zum ſpäten Morgen neue Schneemaſſen. Da nach Nachrichten aus den untern Gegenden die Donau ſo feſt zugefroren iſt daß man an manchen Stellen, wie bei Semlin, mit ſchwer belaſteten Frachtwagen über das Eis ſeiner ganzen Breite nach fahren kann, ſo wollen Aengſtliche, vielleicht nicht mit Unrecht, eine Wiederkehr der ſchauderhaften Ueber- ſchwemmungsſcenen vom Jahr 1838 vorausſagen. Gebe der Allbarm- herzige daß dieſe Prophezeiung zu Schanden werde! Nach einer neuern Verordnung dürfen im hieſigen Verſatzamte fürder keine Gold- und Sil- bermünzen mehr als Pfand angenommen werden, ja ſogar die bereits hypothekariſch daſelbſt deponirte Summe von etwa einer halben Million klingender Münze muß von den Eignern zurückgenommen werden. 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In der Deputirtenkammer begann die Adreßdebatte erſt am 19. Die Oppo- ſition beabſichtigte eine förmliche Anklage gegen den Grafen Thomar. (Engl. Bl.) Spanien. Madrid, 21 Jan. Die Debatte in der Deputirtenkammer über das Budget iſt noch nicht geſchloſſen; der Sieg des Miniſteriums iſt zwar nicht zu bezweifeln, aber die oppoſitionelle Minderzahl bereitet ihm einen ſchweren Stand, und die Oppoſitionspreſſe tritt muthiger als bisher ge- gen Narvaez auf, welcher in den Kammern fortwährend die Taktik befolgt jeden politiſchen Gegner perſönlich zu bruskiren. — In Barcelona ſind neuerdings 1600 Mann aus Italien gelandet. Großbritannien. London, 26 Jan. Mit Erſtaunen ſehen wir aus der neueſten Londoner Poſt daß auch der M. 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Ein öſterreichi- ſcher Conſul (welcher?) ſetzte ſich in Verkehr mit dieſem Mann, und ſchlug ihm vor die Flucht Koſſuths nach Frankreich oder England bewerkſtelligen zu helfen; ſo würde Oeſterreich von der Verlegenheit befreit welche ihm die Flüchtlingsfrage bereite. Der ungariſche Soldat ging in die Falle, und fing an zur Ausführung des Plans mitzuwirken; aber bald wurde *) Durch ein Verſehen ſteht in der geſtrigen Allg. Ztg. „öſterreichiſcher Nun- cius“ anſtatt „Internuncius.“

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Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen, Susanne Haaf: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2022-04-08T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 31, 31. Januar 1850, S. 486. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine31_1850/6>, abgerufen am 31.10.2024.