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Allgemeine Zeitung, Nr. 38, 19. September 1914.

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Allgemeine Zeitung 19. September 1914.
[Spaltenumbruch] 10,000 Gefangene und eine Menge erbeuteter Geschütze dokumen-
tieren, nicht voll ausnützen, sondern mußte auch die zweite Lem-
berger Schlacht abbrechen, um weiter rückwärts in Defensive zu
gehen und einen anderen günstigen Konzentrierungsabschnitt ein-
zunehmen.

Die Ursache für diesen Ausgang ist einzig die riesige numerische
Ueberlegenheit der Russen, die mindestens 17 Divisionen, gleich
370,000 Mann mehr haben und artilleristisch überdies weit stärker
sind. Ueberdies haben die Russen das Doppelte an Munition ver-
schossen. Dazu kamen russischerseits fortwährend frische Nach-
schübe, während die österreichisch-ungarischen Truppen seit drei
Wochen mit Unterbrechung anstrengender Märsche in stetigen ver-
lustreichen Kämpfen tagsüber fochten und nachts beunruhigt wur-
den. Die österreichischen Verluste sind natürlich sehr erheblich, aber
die Russen sind noch stärker mitgenommen.

Die Resultate der neuen Situation sind noch unübersehbar.
Zunächst ist ein Stillstand der Operationen eingetreten, der der
Armee Ausruhen, Neuverproviantierung und Verlustersatz ermöglicht.
Die Ablösung der österreichischen Hauptarmee sowie der Armee des
Generals Dankl vom Feinde erfolgte glatt. Ernstere Schwierig-
keiten hat infolge schlechter rückwärtiger Verbindungen nur die
Armee Auffenberg zu überwinden.



Auch Serbien rührt sich wieder. Nach einem Telegramm
des österreichischen Generalstabs wurden die über die Save ein-
gebrochenen serbischen Kräfte überall zurückgeschlagen; Syrmien
und das Banat sind daher vom Feinde vollständig frei.

Dem Wolffschen Telegraphenbureau wird aus Budapest
unterm 17. ds. vom k. Ungarischen Korrespondenzbureau nicht
amtlich gemeldet:

Nach Nachrichten von unterrichteter Seite haben die Truppen
gegen Serbien die Offensive ergriffen, die mit entsprechendem Erfolg
fortschreitet.

Das von den Serben verbreitete Gerücht, 180000 Mann rückten
auf Budapest vor nach Besiegung der österreichisch-ungarischen
Armee, ist vollständig erlogen.

Die Südslawische Korrespondenz meldet über den Ein-
bruchsversuch der Serben
bei Panscowa: In dem
Raume von Veliko Selo auf serbischem Ufer versammelten sich die
Serben, etwa eine halbe Division stark, und eröffneten am 12. Sep-
tember die Beschießung auf die offene Stadt Panscowa. Unsere
Beobachtungstruppen zogen sich bei Beginn des Bombardements
zurück, nachdem festgestellt war, daß die Serben einen Uebergang
über die Donau durchführen wollten. Nach kurzem markiertem
Widerstand ließen unsere Truppen die Serben den Uebergang voll-
ziehen. Nachdem die Serben, 7000--8000 Mann stark, den Ueber-
gang vollzogen hatten, rückte ein Teil derselben gegen Panscowa,
während das Gros den Marsch in der Richtung auf Dolovo fortsetzte.
Hier wurden die Serben von unseren Truppen gestellt und nach
kurzem Artilleriegefecht mit dem Bajonett angegriffen und geradezu
über den Haufen geworfen. Sie erlitten ungeheuere Verluste. Un-
sere Truppen machten Scharen von Gefangenen und erbeuteten fast
das ganze Artilleriematerial. Der Rest der Serben ging über die
Donau zurück. Der Rückzug kostete Hunderten das Leben. Ein
Monitor beschoß die Fliehenden und demontierte die serbischen Bat-
teriestellungen gegenüber Panscowa. Die in Panscowa eingedrun-
genen Serben konnten nur zum Teil den Rückzug bewerkstelligen,
die Mehrzahl fand den Tod.


England.

Unser Reichskanzler hat Veranlassung genommen, sich neuer-
dings gegen die Heuchelei Englands auszusprechen. "Ritz-
aus Bureau" in Kopenhagen empfing vom Reichskanzler
v. Bethmann Hollweg nachstehende Mitteilung:

Der englische Premierminister hat in seiner Guild-
hall-Rede für England die Beschützerrolle der kleinen und schwäche-
ren Staaten in Anspruch genommen und von der Neutralität Bel-
giens, Hollands und der Schweiz gesprochen, die von Deutschland
gefährdet sei.

[Spaltenumbruch] Es ist richtig, wir haben Belgiens Neutralität verletzt,
weil uns die bittere Not zwang. Aber wir hatten Belgien volle
Integrität und Schadloshaltung zugesagt, wenn es mit dieser Not-
lage rechnen wollte. Belgien wäre ebensowenig etwas geschehen
wie z. B. Luxemburg. Hätte England als Beschützer der schwächeren
Staaten Belgien unendliches Leid ersparen wollen, dann hätte es
ihm den Rat erteilen müssen, unser Anerbieten anzunehmen. "Ge-
schützt" hat es unseres Wissens Belgien nicht. Ist also England
wirklich ein so selbstloser Beschützer? Wir wissen genau, daß der
französische Kriegsplan den Durchmarsch durch Belgien zum Angriff
auf die unbeschützten Rheinlande vorsah. Gibt es jemanden, der
glaubt, England würde dann zum Schutze der belgischen Freiheit
gegen Frankreich eingeschritten sein?

Die Neutralität Hollands und der Schweiz haben
wir streng respektiert und auch die geringste Grenzüberschreitung des
niederländischen Limburgs peinlichst vermieden. Es ist auffällig,
daß Asquith nur Belgien, Holland und die Schweiz erwähnt, nicht
aber auch die skandinavischen Länder. Die Schweiz mag
er genannt haben im Hinblick auf Frankreich. Holland und Belgien
aber liegen England gegenüber auf der anderen Seite des Kanals.
Darum ist England um der Neutralität dieser Länder so besorgt.
Warum schweigt Asquith von den skandinavischen Reichen? Viel-
leicht weil er weiß, daß es uns nicht in den Sinn kommt, die Neu-
tralität dieser Länder anzutasten? Oder sollte England etwa für
einen Vorstoß in der Ostsee oder für die Kriegführung Rußlands
die dänische Neutralität doch nicht für ein noli me tangere
halten?

Asquith will glauben machen, daß der Kampf Englands gegen
uns ein Kampf der Freiheit gegen die Gewalt sei. An diese
Ausdrucksweise ist die Welt gewöhnt. Im Namen der Freiheit hat
England mit Gewalt und einer Politik des rücksichtslosesten Egois-
mus sein gewaltiges Kolonialreich begründet. Im Namen der Frei-
heit hat es noch um die Wende dieses Jahrhunderts die Selbständig-
keit der Burenrepubliken vernichtet. Im Namen der Freiheit be-
handelt es jetzt Aegypten unter Verletzung internationaler Verträge
und eines feierlich gegebenen Versprechens als englische Kolonie, im
Namen der Freiheit verliert einer der malayischen Schutzstaaten
nach dem anderen seine Selbständigkeit zugunsten Englands, im
Namen der Freiheit sucht es durch Zerschneidung der deutschen Kabel
zu verhindern, daß die Wahrheit in die Welt dringt!

Der englische Ministerpräsident irrt. Seit England sich mit
Rußland und Japan gegen Deutschland verband, hat es in einer in
der Geschichte der Welt einzig dastehenden Verblendung die Zivili-
sation verraten und die Sache der Freiheit der europäischen Völker
und Staaten dem deutschen Schwert zur Wahrung übertragen.


Ein kleiner deutscher Kreuzer verloren.

Am 13. September vormittags wurde S. M. Kleiner Kreuzer
"Hela" durch einen Torpedoschuß eines feindlichen Unterseebootes
zum Sinken gebracht. Fast die gesamte Besatzung ist gerettet.


Ueber britische Greuel

wird dem "Stettiner Generalanzeiger" von seinem Berichterstatter
im Westheere, Hugo Caeker, folgendes geschrieben:

"Fahrt von Mons nach Valenciennes unter dem Roten Kreuz.
Kein Stimmungsbild! Dafür fehlt nach fünfzigstündiger Bahnfahrt
und nach dem eben Erlebten die Stimmung. Nun ein kurzes Wort
der Aufklärung und Warnung. Keine halbe Stunde ist es her, da
wurden uns in Mons etwa 800 gefangene Engländer vorgeführt,
und dabei wurde uns durch einen Major bekanntgegeben, welche
unglaublichen und unmenschlichen Greueltaten sich die Träger der
britischen Humanität gegen unsere braven Truppen und vor allem
gegen unsere Verwundeten haben zuschulden kommen lassen. Nicht
genug, daß sie die Hände aufheben, weiße Fahnen schwenken, um
beim Herannahen unserer Soldaten hinterrücks zu schießen, viel
schlimmer sind die Entsetzlichkeiten gegen unsere Verwundete. Und
das sind behördlich beglaubigte Tatsachen, nicht Gerücht und nicht
Gerede. Der deutschen Ansprache unseres prächtigen Majors folgte
eine zwar recht deutlich stilisierte, aber dafür um so verständlichere
englische an die britischen Bestien: "Bei der geringsten Aufsässigkeit
Maschinengewehre in 50 Meter Entfernung, und niemand von euch
bleibt am Leben." Unbeschreiblich war die Erbitterung unserer
Aerzte, die selbst unsere verstümmelten Verwundeten gesehen haben.
Warum ich Ihnen das schreibe? Damit unsere deutschen Frauen

Allgemeine Zeitung 19. September 1914.
[Spaltenumbruch] 10,000 Gefangene und eine Menge erbeuteter Geſchütze dokumen-
tieren, nicht voll ausnützen, ſondern mußte auch die zweite Lem-
berger Schlacht abbrechen, um weiter rückwärts in Defenſive zu
gehen und einen anderen günſtigen Konzentrierungsabſchnitt ein-
zunehmen.

Die Urſache für dieſen Ausgang iſt einzig die rieſige numeriſche
Ueberlegenheit der Ruſſen, die mindeſtens 17 Diviſionen, gleich
370,000 Mann mehr haben und artilleriſtiſch überdies weit ſtärker
ſind. Ueberdies haben die Ruſſen das Doppelte an Munition ver-
ſchoſſen. Dazu kamen ruſſiſcherſeits fortwährend friſche Nach-
ſchübe, während die öſterreichiſch-ungariſchen Truppen ſeit drei
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luſtreichen Kämpfen tagsüber fochten und nachts beunruhigt wur-
den. Die öſterreichiſchen Verluſte ſind natürlich ſehr erheblich, aber
die Ruſſen ſind noch ſtärker mitgenommen.

Die Reſultate der neuen Situation ſind noch unüberſehbar.
Zunächſt iſt ein Stillſtand der Operationen eingetreten, der der
Armee Ausruhen, Neuverproviantierung und Verluſterſatz ermöglicht.
Die Ablöſung der öſterreichiſchen Hauptarmee ſowie der Armee des
Generals Dankl vom Feinde erfolgte glatt. Ernſtere Schwierig-
keiten hat infolge ſchlechter rückwärtiger Verbindungen nur die
Armee Auffenberg zu überwinden.



Auch Serbien rührt ſich wieder. Nach einem Telegramm
des öſterreichiſchen Generalſtabs wurden die über die Save ein-
gebrochenen ſerbiſchen Kräfte überall zurückgeſchlagen; Syrmien
und das Banat ſind daher vom Feinde vollſtändig frei.

Dem Wolffſchen Telegraphenbureau wird aus Budapeſt
unterm 17. ds. vom k. Ungariſchen Korreſpondenzbureau nicht
amtlich gemeldet:

Nach Nachrichten von unterrichteter Seite haben die Truppen
gegen Serbien die Offenſive ergriffen, die mit entſprechendem Erfolg
fortſchreitet.

Das von den Serben verbreitete Gerücht, 180000 Mann rückten
auf Budapeſt vor nach Beſiegung der öſterreichiſch-ungariſchen
Armee, iſt vollſtändig erlogen.

Die Südſlawiſche Korreſpondenz meldet über den Ein-
bruchsverſuch der Serben
bei Panscowa: In dem
Raume von Veliko Selo auf ſerbiſchem Ufer verſammelten ſich die
Serben, etwa eine halbe Diviſion ſtark, und eröffneten am 12. Sep-
tember die Beſchießung auf die offene Stadt Panſcowa. Unſere
Beobachtungstruppen zogen ſich bei Beginn des Bombardements
zurück, nachdem feſtgeſtellt war, daß die Serben einen Uebergang
über die Donau durchführen wollten. Nach kurzem markiertem
Widerſtand ließen unſere Truppen die Serben den Uebergang voll-
ziehen. Nachdem die Serben, 7000—8000 Mann ſtark, den Ueber-
gang vollzogen hatten, rückte ein Teil derſelben gegen Panscowa,
während das Gros den Marſch in der Richtung auf Dolovo fortſetzte.
Hier wurden die Serben von unſeren Truppen geſtellt und nach
kurzem Artilleriegefecht mit dem Bajonett angegriffen und geradezu
über den Haufen geworfen. Sie erlitten ungeheuere Verluſte. Un-
ſere Truppen machten Scharen von Gefangenen und erbeuteten faſt
das ganze Artilleriematerial. Der Reſt der Serben ging über die
Donau zurück. Der Rückzug koſtete Hunderten das Leben. Ein
Monitor beſchoß die Fliehenden und demontierte die ſerbiſchen Bat-
terieſtellungen gegenüber Panscowa. Die in Panscowa eingedrun-
genen Serben konnten nur zum Teil den Rückzug bewerkſtelligen,
die Mehrzahl fand den Tod.


England.

Unſer Reichskanzler hat Veranlaſſung genommen, ſich neuer-
dings gegen die Heuchelei Englands auszuſprechen. „Ritz-
aus Bureau“ in Kopenhagen empfing vom Reichskanzler
v. Bethmann Hollweg nachſtehende Mitteilung:

Der engliſche Premierminiſter hat in ſeiner Guild-
hall-Rede für England die Beſchützerrolle der kleinen und ſchwäche-
ren Staaten in Anſpruch genommen und von der Neutralität Bel-
giens, Hollands und der Schweiz geſprochen, die von Deutſchland
gefährdet ſei.

[Spaltenumbruch] Es iſt richtig, wir haben Belgiens Neutralität verletzt,
weil uns die bittere Not zwang. Aber wir hatten Belgien volle
Integrität und Schadloshaltung zugeſagt, wenn es mit dieſer Not-
lage rechnen wollte. Belgien wäre ebenſowenig etwas geſchehen
wie z. B. Luxemburg. Hätte England als Beſchützer der ſchwächeren
Staaten Belgien unendliches Leid erſparen wollen, dann hätte es
ihm den Rat erteilen müſſen, unſer Anerbieten anzunehmen. „Ge-
ſchützt“ hat es unſeres Wiſſens Belgien nicht. Iſt alſo England
wirklich ein ſo ſelbſtloſer Beſchützer? Wir wiſſen genau, daß der
franzöſiſche Kriegsplan den Durchmarſch durch Belgien zum Angriff
auf die unbeſchützten Rheinlande vorſah. Gibt es jemanden, der
glaubt, England würde dann zum Schutze der belgiſchen Freiheit
gegen Frankreich eingeſchritten ſein?

Die Neutralität Hollands und der Schweiz haben
wir ſtreng reſpektiert und auch die geringſte Grenzüberſchreitung des
niederländiſchen Limburgs peinlichſt vermieden. Es iſt auffällig,
daß Asquith nur Belgien, Holland und die Schweiz erwähnt, nicht
aber auch die ſkandinaviſchen Länder. Die Schweiz mag
er genannt haben im Hinblick auf Frankreich. Holland und Belgien
aber liegen England gegenüber auf der anderen Seite des Kanals.
Darum iſt England um der Neutralität dieſer Länder ſo beſorgt.
Warum ſchweigt Asquith von den ſkandinaviſchen Reichen? Viel-
leicht weil er weiß, daß es uns nicht in den Sinn kommt, die Neu-
tralität dieſer Länder anzutaſten? Oder ſollte England etwa für
einen Vorſtoß in der Oſtſee oder für die Kriegführung Rußlands
die däniſche Neutralität doch nicht für ein noli me tangere
halten?

Asquith will glauben machen, daß der Kampf Englands gegen
uns ein Kampf der Freiheit gegen die Gewalt ſei. An dieſe
Ausdrucksweiſe iſt die Welt gewöhnt. Im Namen der Freiheit hat
England mit Gewalt und einer Politik des rückſichtsloſeſten Egois-
mus ſein gewaltiges Kolonialreich begründet. Im Namen der Frei-
heit hat es noch um die Wende dieſes Jahrhunderts die Selbſtändig-
keit der Burenrepubliken vernichtet. Im Namen der Freiheit be-
handelt es jetzt Aegypten unter Verletzung internationaler Verträge
und eines feierlich gegebenen Verſprechens als engliſche Kolonie, im
Namen der Freiheit verliert einer der malayiſchen Schutzſtaaten
nach dem anderen ſeine Selbſtändigkeit zugunſten Englands, im
Namen der Freiheit ſucht es durch Zerſchneidung der deutſchen Kabel
zu verhindern, daß die Wahrheit in die Welt dringt!

Der engliſche Miniſterpräſident irrt. Seit England ſich mit
Rußland und Japan gegen Deutſchland verband, hat es in einer in
der Geſchichte der Welt einzig daſtehenden Verblendung die Zivili-
ſation verraten und die Sache der Freiheit der europäiſchen Völker
und Staaten dem deutſchen Schwert zur Wahrung übertragen.


Ein kleiner deutſcher Kreuzer verloren.

Am 13. September vormittags wurde S. M. Kleiner Kreuzer
Hela“ durch einen Torpedoſchuß eines feindlichen Unterſeebootes
zum Sinken gebracht. Faſt die geſamte Beſatzung iſt gerettet.


Ueber britiſche Greuel

wird dem „Stettiner Generalanzeiger“ von ſeinem Berichterſtatter
im Weſtheere, Hugo Caeker, folgendes geſchrieben:

„Fahrt von Mons nach Valenciennes unter dem Roten Kreuz.
Kein Stimmungsbild! Dafür fehlt nach fünfzigſtündiger Bahnfahrt
und nach dem eben Erlebten die Stimmung. Nun ein kurzes Wort
der Aufklärung und Warnung. Keine halbe Stunde iſt es her, da
wurden uns in Mons etwa 800 gefangene Engländer vorgeführt,
und dabei wurde uns durch einen Major bekanntgegeben, welche
unglaublichen und unmenſchlichen Greueltaten ſich die Träger der
britiſchen Humanität gegen unſere braven Truppen und vor allem
gegen unſere Verwundeten haben zuſchulden kommen laſſen. Nicht
genug, daß ſie die Hände aufheben, weiße Fahnen ſchwenken, um
beim Herannahen unſerer Soldaten hinterrücks zu ſchießen, viel
ſchlimmer ſind die Entſetzlichkeiten gegen unſere Verwundete. Und
das ſind behördlich beglaubigte Tatſachen, nicht Gerücht und nicht
Gerede. Der deutſchen Anſprache unſeres prächtigen Majors folgte
eine zwar recht deutlich ſtiliſierte, aber dafür um ſo verſtändlichere
engliſche an die britiſchen Beſtien: „Bei der geringſten Aufſäſſigkeit
Maſchinengewehre in 50 Meter Entfernung, und niemand von euch
bleibt am Leben.“ Unbeſchreiblich war die Erbitterung unſerer
Aerzte, die ſelbſt unſere verſtümmelten Verwundeten geſehen haben.
Warum ich Ihnen das ſchreibe? Damit unſere deutſchen Frauen
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[566/0004] Allgemeine Zeitung 19. September 1914. 10,000 Gefangene und eine Menge erbeuteter Geſchütze dokumen- tieren, nicht voll ausnützen, ſondern mußte auch die zweite Lem- berger Schlacht abbrechen, um weiter rückwärts in Defenſive zu gehen und einen anderen günſtigen Konzentrierungsabſchnitt ein- zunehmen. Die Urſache für dieſen Ausgang iſt einzig die rieſige numeriſche Ueberlegenheit der Ruſſen, die mindeſtens 17 Diviſionen, gleich 370,000 Mann mehr haben und artilleriſtiſch überdies weit ſtärker ſind. Ueberdies haben die Ruſſen das Doppelte an Munition ver- ſchoſſen. Dazu kamen ruſſiſcherſeits fortwährend friſche Nach- ſchübe, während die öſterreichiſch-ungariſchen Truppen ſeit drei Wochen mit Unterbrechung anſtrengender Märſche in ſtetigen ver- luſtreichen Kämpfen tagsüber fochten und nachts beunruhigt wur- den. Die öſterreichiſchen Verluſte ſind natürlich ſehr erheblich, aber die Ruſſen ſind noch ſtärker mitgenommen. Die Reſultate der neuen Situation ſind noch unüberſehbar. Zunächſt iſt ein Stillſtand der Operationen eingetreten, der der Armee Ausruhen, Neuverproviantierung und Verluſterſatz ermöglicht. Die Ablöſung der öſterreichiſchen Hauptarmee ſowie der Armee des Generals Dankl vom Feinde erfolgte glatt. Ernſtere Schwierig- keiten hat infolge ſchlechter rückwärtiger Verbindungen nur die Armee Auffenberg zu überwinden. Auch Serbien rührt ſich wieder. Nach einem Telegramm des öſterreichiſchen Generalſtabs wurden die über die Save ein- gebrochenen ſerbiſchen Kräfte überall zurückgeſchlagen; Syrmien und das Banat ſind daher vom Feinde vollſtändig frei. Dem Wolffſchen Telegraphenbureau wird aus Budapeſt unterm 17. ds. vom k. Ungariſchen Korreſpondenzbureau nicht amtlich gemeldet: Nach Nachrichten von unterrichteter Seite haben die Truppen gegen Serbien die Offenſive ergriffen, die mit entſprechendem Erfolg fortſchreitet. Das von den Serben verbreitete Gerücht, 180000 Mann rückten auf Budapeſt vor nach Beſiegung der öſterreichiſch-ungariſchen Armee, iſt vollſtändig erlogen. Die Südſlawiſche Korreſpondenz meldet über den Ein- bruchsverſuch der Serben bei Panscowa: In dem Raume von Veliko Selo auf ſerbiſchem Ufer verſammelten ſich die Serben, etwa eine halbe Diviſion ſtark, und eröffneten am 12. Sep- tember die Beſchießung auf die offene Stadt Panſcowa. Unſere Beobachtungstruppen zogen ſich bei Beginn des Bombardements zurück, nachdem feſtgeſtellt war, daß die Serben einen Uebergang über die Donau durchführen wollten. Nach kurzem markiertem Widerſtand ließen unſere Truppen die Serben den Uebergang voll- ziehen. Nachdem die Serben, 7000—8000 Mann ſtark, den Ueber- gang vollzogen hatten, rückte ein Teil derſelben gegen Panscowa, während das Gros den Marſch in der Richtung auf Dolovo fortſetzte. Hier wurden die Serben von unſeren Truppen geſtellt und nach kurzem Artilleriegefecht mit dem Bajonett angegriffen und geradezu über den Haufen geworfen. Sie erlitten ungeheuere Verluſte. Un- ſere Truppen machten Scharen von Gefangenen und erbeuteten faſt das ganze Artilleriematerial. Der Reſt der Serben ging über die Donau zurück. Der Rückzug koſtete Hunderten das Leben. Ein Monitor beſchoß die Fliehenden und demontierte die ſerbiſchen Bat- terieſtellungen gegenüber Panscowa. Die in Panscowa eingedrun- genen Serben konnten nur zum Teil den Rückzug bewerkſtelligen, die Mehrzahl fand den Tod. England. Unſer Reichskanzler hat Veranlaſſung genommen, ſich neuer- dings gegen die Heuchelei Englands auszuſprechen. „Ritz- aus Bureau“ in Kopenhagen empfing vom Reichskanzler v. Bethmann Hollweg nachſtehende Mitteilung: Der engliſche Premierminiſter hat in ſeiner Guild- hall-Rede für England die Beſchützerrolle der kleinen und ſchwäche- ren Staaten in Anſpruch genommen und von der Neutralität Bel- giens, Hollands und der Schweiz geſprochen, die von Deutſchland gefährdet ſei. Es iſt richtig, wir haben Belgiens Neutralität verletzt, weil uns die bittere Not zwang. Aber wir hatten Belgien volle Integrität und Schadloshaltung zugeſagt, wenn es mit dieſer Not- lage rechnen wollte. Belgien wäre ebenſowenig etwas geſchehen wie z. B. Luxemburg. Hätte England als Beſchützer der ſchwächeren Staaten Belgien unendliches Leid erſparen wollen, dann hätte es ihm den Rat erteilen müſſen, unſer Anerbieten anzunehmen. „Ge- ſchützt“ hat es unſeres Wiſſens Belgien nicht. Iſt alſo England wirklich ein ſo ſelbſtloſer Beſchützer? Wir wiſſen genau, daß der franzöſiſche Kriegsplan den Durchmarſch durch Belgien zum Angriff auf die unbeſchützten Rheinlande vorſah. Gibt es jemanden, der glaubt, England würde dann zum Schutze der belgiſchen Freiheit gegen Frankreich eingeſchritten ſein? Die Neutralität Hollands und der Schweiz haben wir ſtreng reſpektiert und auch die geringſte Grenzüberſchreitung des niederländiſchen Limburgs peinlichſt vermieden. Es iſt auffällig, daß Asquith nur Belgien, Holland und die Schweiz erwähnt, nicht aber auch die ſkandinaviſchen Länder. Die Schweiz mag er genannt haben im Hinblick auf Frankreich. Holland und Belgien aber liegen England gegenüber auf der anderen Seite des Kanals. Darum iſt England um der Neutralität dieſer Länder ſo beſorgt. Warum ſchweigt Asquith von den ſkandinaviſchen Reichen? Viel- leicht weil er weiß, daß es uns nicht in den Sinn kommt, die Neu- tralität dieſer Länder anzutaſten? Oder ſollte England etwa für einen Vorſtoß in der Oſtſee oder für die Kriegführung Rußlands die däniſche Neutralität doch nicht für ein noli me tangere halten? Asquith will glauben machen, daß der Kampf Englands gegen uns ein Kampf der Freiheit gegen die Gewalt ſei. An dieſe Ausdrucksweiſe iſt die Welt gewöhnt. Im Namen der Freiheit hat England mit Gewalt und einer Politik des rückſichtsloſeſten Egois- mus ſein gewaltiges Kolonialreich begründet. Im Namen der Frei- heit hat es noch um die Wende dieſes Jahrhunderts die Selbſtändig- keit der Burenrepubliken vernichtet. Im Namen der Freiheit be- handelt es jetzt Aegypten unter Verletzung internationaler Verträge und eines feierlich gegebenen Verſprechens als engliſche Kolonie, im Namen der Freiheit verliert einer der malayiſchen Schutzſtaaten nach dem anderen ſeine Selbſtändigkeit zugunſten Englands, im Namen der Freiheit ſucht es durch Zerſchneidung der deutſchen Kabel zu verhindern, daß die Wahrheit in die Welt dringt! Der engliſche Miniſterpräſident irrt. Seit England ſich mit Rußland und Japan gegen Deutſchland verband, hat es in einer in der Geſchichte der Welt einzig daſtehenden Verblendung die Zivili- ſation verraten und die Sache der Freiheit der europäiſchen Völker und Staaten dem deutſchen Schwert zur Wahrung übertragen. Ein kleiner deutſcher Kreuzer verloren. Am 13. September vormittags wurde S. M. Kleiner Kreuzer „Hela“ durch einen Torpedoſchuß eines feindlichen Unterſeebootes zum Sinken gebracht. Faſt die geſamte Beſatzung iſt gerettet. Ueber britiſche Greuel wird dem „Stettiner Generalanzeiger“ von ſeinem Berichterſtatter im Weſtheere, Hugo Caeker, folgendes geſchrieben: „Fahrt von Mons nach Valenciennes unter dem Roten Kreuz. Kein Stimmungsbild! Dafür fehlt nach fünfzigſtündiger Bahnfahrt und nach dem eben Erlebten die Stimmung. Nun ein kurzes Wort der Aufklärung und Warnung. Keine halbe Stunde iſt es her, da wurden uns in Mons etwa 800 gefangene Engländer vorgeführt, und dabei wurde uns durch einen Major bekanntgegeben, welche unglaublichen und unmenſchlichen Greueltaten ſich die Träger der britiſchen Humanität gegen unſere braven Truppen und vor allem gegen unſere Verwundeten haben zuſchulden kommen laſſen. Nicht genug, daß ſie die Hände aufheben, weiße Fahnen ſchwenken, um beim Herannahen unſerer Soldaten hinterrücks zu ſchießen, viel ſchlimmer ſind die Entſetzlichkeiten gegen unſere Verwundete. Und das ſind behördlich beglaubigte Tatſachen, nicht Gerücht und nicht Gerede. Der deutſchen Anſprache unſeres prächtigen Majors folgte eine zwar recht deutlich ſtiliſierte, aber dafür um ſo verſtändlichere engliſche an die britiſchen Beſtien: „Bei der geringſten Aufſäſſigkeit Maſchinengewehre in 50 Meter Entfernung, und niemand von euch bleibt am Leben.“ Unbeſchreiblich war die Erbitterung unſerer Aerzte, die ſelbſt unſere verſtümmelten Verwundeten geſehen haben. Warum ich Ihnen das ſchreibe? Damit unſere deutſchen Frauen

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Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen, Susanne Haaf: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2022-04-08T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 38, 19. September 1914, S. 566. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine38_1914/4>, abgerufen am 20.05.2024.