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Mainzer Journal. Nr. 58. Mainz, 13. August 1848.

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[Beginn Spaltensatz] seinem Amte bleibt oder daß, wie versichert wird, der Papst nach-
gegeben und Mamiani mit der Bildung eines neuen Ministeriums
beauftragt hat, dessen Wahl entweder auf die bisherigen Mitglie-
der oder auf Männer von gleicher Ansicht fallen muß, da ein an-
deres bei der kriegerischen Stimmung der herrschenden Partei sich
keine 24 Stunden halten würde. Das Mitglied der Kammer Pro-
fessor Orioli hat seiner Stelle als Deputirter entsagt. Er hatte
sich kürzlich in einer Sitzung auf eine verletzende Weise über und
gegen Mamiani ausgesprochen; den Tag darauf erhielt er ein
anonymes Billet, mit der Drohung, bei ferneren ähnlichen Aeuße-
rungen ermordet zu werden. Auch der Redacteur des Cassan-
drino, der Priester Ximenes, ist auf geheime Veranstaltung der
"Häupter des Volks" durch einen Banditen ermordet worden.
Zwei Tage vorher ließ eines derselben durch einen gemeinschaftli-
chen Freund ihn warnen, mit seinen Artikeln wegen seines Lebens
auf der Hut zu seyn, und vier Tage vorher deutete der Polizei-
minister ihm an, er habe sichere Spuren, daß man ihm wegen
seiner Aufsätze nach dem Leben trachte. Ximenes verhöhnte in sei-
nem letzten Blatte auf eine witzige Weise das Ministerium, die
Kammer und das Municipium, und derselbe Tag war sein letzter.
So waltet durch die mächtigen und reichen Führer dieser sich libe-
ral nennenden Partei eine Art geheimer Terrorismus über Rom,
der durch seine unerwarteten Folgen ärger wie das Vehmgericht
die Gemüther mit Schrecken erfüllt. -- Eben erfahre ich, Mamiani
habe in der gestrigen geheimen Sitzung der Kammer erklärt: daß
man ihn und seine Collegen als völlig im Ministerium hergestellt
ansehen könne und daß von nun an die Minister für ihre sämmt-
lichen Handlungen der Nationalversammlung verantwortlich seyen.
Einen deutlichen Beleg von der kriegerischen Stimmung des hie-
sigen Publikums gibt es, daß mehr als 2000 hiesige Civici sich
gemeldet haben, um sich der von Vicenza gekommenen Legion an-
zuschließen. Der Kriegsminister Doria hat deßhalb erklärt, in ei-
nigen Tagen die Subscriptionslisten dazu eröffnen zu wollen. Die
Legion dringt namentlich auf Beschleunigung, da sie gesonnen ist,
am 11. September den Po zu überschreiten und am Feldzuge wie-
der Antheil zu nehmen ( ! ) .

* * Wie die "Morning Post" berichtet soll Karl Albert sich
dahin erklärt haben, sein Sohn der Herzog von Genua könne
die sicilianische Krone nicht eher annehmen, als bis die
italiänischen Angelegenheiten definitiv geordnet seyen. Die Sici-
lianer waren über diese Antwort so wenig erbaut, daß sie ihre
Krone durch Lord Palmerston sofort dem Prinzen Georg von
Cambridge
antragen ließen, der jedoch ebenfalls für diese höchst
zweifelhafte Ehre gedankt hat.

Frankreich.

* * * Paris 10. August. Die Discussion über das von den
Zeitungen baar zu bezahlende Gewährgeld ( cautionnement )
wurde gestern geschlossen und das von der Regierung vorgelegte
Gesetz mit bedeutender Majorität angenommen. Die Cautionen
sind übrigens billig gestellt und gehen je nach den Oertlichkeiten
und der Erscheinungsweise der Blätter von 24,000 Francs ( die
höchste Taxe ) bis auf 3,600 Francs herab. Mitten in der etwas
einförmigen Discussion brach ein heftiges Wortgefecht aus, indem
L. Blanc verlangte, daß man einen Tag zur Discussion über den
bekannten Untersuchungsbericht festsetzen solle, zugleich zeigte Herr
von Mornay an, daß er aus der Commission ausgetreten sey,
weil dieselbe es für angemessen befunden habe nicht alle Actenstücke
abdrucken zu lassen. Darüber entstand ein furchtbarer Lärm, bei
welchem sich namentlich der Berg betheiligte und die Ruhe stellte
sich nicht eher wieder her, als bis der Berichterstatter Bauchart
erklärt hatte, daß alle Actenstücke gedruckt und bis Samstag in
der Nationalversammlung ausgetheilt werden sollten. Es waren
seither von verschiedenen Seiten Versuche gemacht worden die
ganze Sache zu vertuschen oder wenigstens auf die lange Bank
zu schieben. Wie die Sachen jetzt stehen, ist dieses nicht wohl
mehr möglich, obgleich wir nicht glauben, daß die ganze Wahr-
heit je an den Tag kommen wird.

Die französisch=englischen Vermittlungsvorschläge sollen dar-
auf hinausgehen, Oesterreich, unter Belassung seines ganzen Ge-
bietes jenseits der Etsch, zum Aufgeben der Lombardei zu bewe-
gen, die dann einen Theil der österreichischen Staatsschuld über-
nehmen soll. Eine zweite Auflage des Friedens von Campo-
Formio! Der "National" ist heute wieder sehr kriegerisch und
wir lassen wegen der halbofficiellen Stellung des Blattes
seinen Artikel zur Erbauung unserer Leser hier folgen. Die
politischen Verrücktheiten desselben und das selbstgefällige Auf-
spreitzen des hochmüthigen gallischen Hahnen bedürfen vorläu-
fig keines Commentares. "Das Gerücht hat sich heute ver-
breitet, sagt der National, daß die Oesterreicher in Mailand ein-
gezogen seyen und dieser Thatsache gegenüber, die gewiß zu seyn
[Spaltenumbruch] scheint, muß die französische Regierung das Bedürfniß fühlen
kräftig zu handeln. Die italienische Unabhängigkeit darf kein lee-
res Wort bleiben und die Oesterreicher haben, als sie in die
Hauptstadt der Lombardei wieder einzogen, kein Recht errungen,
sondern nur von der Ueberlegenheit ihrer Streitkräfte einen
Nutzen gezogen, das ist eben Alles. Allerdings wäre es wünsch-
enswerth gewesen, wenn Frankreich die Eroberung von Mailand
hätte verhindern können, allein in dem Augenblicke, wo unser-
Jntervention förmlich angerufen wurde, war das Heer Radetze
kys schon zu weit vorangerückt, als daß unsere Armee ihn noch
zur rechter Zeit hätte aufhalten können. Darauf kommt es in-
dessen auch heute gar nicht mehr an, die Hauptsache ist vielmehr,
daß die Jtaliener die Freiheit, welche sie nach dem Februar er-
rungen, nicht mehr verlieren und ihre Unabhängigkeit dem Zufalle
der Schlachten nicht mehr preisgegeben werde. Zur Erreichung
dieses Zieles wird die Vermittelung von Frankreich und Groß-
britannien mehr wirken als Bataillone und ist diese Vermittelung
von den kriegführenden Parteien einmal angenommen, so werden
als nothwendige Folge eine gegenseitige Verständigung und Anord-
nungen sich anschließen, die unter dem Schutze und der Garantie
der vermittelnden Mächte stehen werden. Wir glauben immer
noch an die Möglichkeit des Friedens, wir halten jede Erklärung
von Feindseligkeiten von uns ferne, allein wir sind auch wenn es
Noth thun sollte bereit, den Krieg aufzunehmen. Diese Even-
tualität ist vielleicht nahe und die Regierung muß sich darauf vor-
bereiten. Wird ihr Wort nicht gehört, weigert sich Oesterreich,
von seinen Waffenerfolgen berauscht, die Bedingnisse anzunehmen,
auf welche hin man mit ihm unterhandeln will, nun wohlan, so
wollen wir das Schweet ziehen und die Republik wird Jtalien
retten. Komme indessen was da wolle -- die Verantwortlichkeit
für diese Ereignisse wird auf Frankreich nicht zurückfallen. Es
hat die äußersten Grenzen der Geduld erreicht und zur Stunde,
wo wir schreiben, hofft es noch auf eine friedliche Jntervention.
Mögen Diejenigen, die es zum Kriege aufgestachelt, die es zwin-
gen seine Grenzen zu überschreiten, die Folgen eines solchen Con-
flictes vor den Völkern verantworten. Ewig wird es auch unserer
jungen Republik zur Ehre gereichen, wenn sie bei der Gelegen-
heit dem mißtrauischen Europa zeigen kann, wie fern ihrem Her-
zen ( ! ) jeder Gedanke der Eroberung, jede Jdee eines Angriffes
ist. Wenn Frankreich sich für Jtalien bewaffnet, so will es nur
das Princip zur Geltung bringen, in Kraft dessen die Natio-
nalitäten sich heutzutage neu constituiren und entwickeln. Jst
Oesterreich erst zur gerechten Achtung eines heiligen Rechtes,
zur Anerkennung einer unleugbaren Thatsache zurückgeführt, so
werden wir unser Schwert wieder in die Scheide stecken, wenn
Europa so vernünftig ist unsere Uneigennützigkeit zu begreifen
und so weise unseren Edelmuth nicht zu mißbrauchen."

Die "Times" bemerken über denselben Gegenstand: "Wenn
der Friede auch den wahren Jnteressen Frankreichs und den
Wünschen des größten Theiles der Nation entspricht, so ist doch
die Aussicht auf einen Feldzug in Jtalien für den Ehrgeiz des
Heeres in allen seinen Abstufungen gar zu verlockend, und die
Vertheidigung der italienischen Nationalität ist für die Kriegspar-
tei in der Nationalversammlung ein fruchtbarer Stoff zu cicero-
nianischen Reden. Wenn also der General Cavaignac einem aus-
wärtigen Kriege entgegen ist, so muß er sich auf die heftigsten An-
griffe im Jnnern, im Parlament selbst gefaßt machen. Nicht nur
die revolutionäre Partei wird diese Gelegenheit benutzen, um Sym-
pathien für sich im Volke zu wecken, sondern auch Herr [unleserliches Material - 4 Zeichen fehlen]Mau-
guin und die alte Opposition haben die heftigen Angriffe noch nicht
vergessen, welche sie gegen Casimir Perier unter weniger bedeu-
tenden politischen Verhältnissen gerichtet haben."

Wie verlautet soll nach den englischen Vermittelungsvorschlä-
gen ein Theil der Lombardei ( wahrscheinlich Mantua und Pes-
chiera zur Deckung der Etschlinie ) Oesterreich verbleiben. Frank-
reich hat sich geweigert mit den Abgeordneten von Mailand und
Venedig zu unterhandeln, -- die Republik wollte blos mit dem
König von Sardinien zu schaffen haben.

Börse vom 9. August. Die heutige Börse zeigte eine ent-
schieden bessere Haltung und fanden zahlreiche Geschäfte statt. --
3% Frs. 43. 75. 5% Frs. 70. 75. Bankactien Frs. 25.
höher. Die Certifikate des alten Anlehens waren sehr gefragt
und gingen auf Frs. 3,500.



Von der nächsten Nummer an hört das
Vordatiren unserer Blätter auf und das Hauptblatt
sowohl als die Beilagen führen das Datum und die
Bezeichnung des Tages, an welchem sie erscheinen.

[Ende Spaltensatz]

Redacteur: Franz Sausen. -- Verlag von Kirchheim und Schott in Mainz. -- Druck von Florian Kupferberg.

[Beginn Spaltensatz] seinem Amte bleibt oder daß, wie versichert wird, der Papst nach-
gegeben und Mamiani mit der Bildung eines neuen Ministeriums
beauftragt hat, dessen Wahl entweder auf die bisherigen Mitglie-
der oder auf Männer von gleicher Ansicht fallen muß, da ein an-
deres bei der kriegerischen Stimmung der herrschenden Partei sich
keine 24 Stunden halten würde. Das Mitglied der Kammer Pro-
fessor Orioli hat seiner Stelle als Deputirter entsagt. Er hatte
sich kürzlich in einer Sitzung auf eine verletzende Weise über und
gegen Mamiani ausgesprochen; den Tag darauf erhielt er ein
anonymes Billet, mit der Drohung, bei ferneren ähnlichen Aeuße-
rungen ermordet zu werden. Auch der Redacteur des Cassan-
drino, der Priester Ximenes, ist auf geheime Veranstaltung der
„Häupter des Volks“ durch einen Banditen ermordet worden.
Zwei Tage vorher ließ eines derselben durch einen gemeinschaftli-
chen Freund ihn warnen, mit seinen Artikeln wegen seines Lebens
auf der Hut zu seyn, und vier Tage vorher deutete der Polizei-
minister ihm an, er habe sichere Spuren, daß man ihm wegen
seiner Aufsätze nach dem Leben trachte. Ximenes verhöhnte in sei-
nem letzten Blatte auf eine witzige Weise das Ministerium, die
Kammer und das Municipium, und derselbe Tag war sein letzter.
So waltet durch die mächtigen und reichen Führer dieser sich libe-
ral nennenden Partei eine Art geheimer Terrorismus über Rom,
der durch seine unerwarteten Folgen ärger wie das Vehmgericht
die Gemüther mit Schrecken erfüllt. — Eben erfahre ich, Mamiani
habe in der gestrigen geheimen Sitzung der Kammer erklärt: daß
man ihn und seine Collegen als völlig im Ministerium hergestellt
ansehen könne und daß von nun an die Minister für ihre sämmt-
lichen Handlungen der Nationalversammlung verantwortlich seyen.
Einen deutlichen Beleg von der kriegerischen Stimmung des hie-
sigen Publikums gibt es, daß mehr als 2000 hiesige Civici sich
gemeldet haben, um sich der von Vicenza gekommenen Legion an-
zuschließen. Der Kriegsminister Doria hat deßhalb erklärt, in ei-
nigen Tagen die Subscriptionslisten dazu eröffnen zu wollen. Die
Legion dringt namentlich auf Beschleunigung, da sie gesonnen ist,
am 11. September den Po zu überschreiten und am Feldzuge wie-
der Antheil zu nehmen ( ! ) .

* * Wie die „Morning Post“ berichtet soll Karl Albert sich
dahin erklärt haben, sein Sohn der Herzog von Genua könne
die sicilianische Krone nicht eher annehmen, als bis die
italiänischen Angelegenheiten definitiv geordnet seyen. Die Sici-
lianer waren über diese Antwort so wenig erbaut, daß sie ihre
Krone durch Lord Palmerston sofort dem Prinzen Georg von
Cambridge
antragen ließen, der jedoch ebenfalls für diese höchst
zweifelhafte Ehre gedankt hat.

Frankreich.

* * * Paris 10. August. Die Discussion über das von den
Zeitungen baar zu bezahlende Gewährgeld ( cautionnement )
wurde gestern geschlossen und das von der Regierung vorgelegte
Gesetz mit bedeutender Majorität angenommen. Die Cautionen
sind übrigens billig gestellt und gehen je nach den Oertlichkeiten
und der Erscheinungsweise der Blätter von 24,000 Francs ( die
höchste Taxe ) bis auf 3,600 Francs herab. Mitten in der etwas
einförmigen Discussion brach ein heftiges Wortgefecht aus, indem
L. Blanc verlangte, daß man einen Tag zur Discussion über den
bekannten Untersuchungsbericht festsetzen solle, zugleich zeigte Herr
von Mornay an, daß er aus der Commission ausgetreten sey,
weil dieselbe es für angemessen befunden habe nicht alle Actenstücke
abdrucken zu lassen. Darüber entstand ein furchtbarer Lärm, bei
welchem sich namentlich der Berg betheiligte und die Ruhe stellte
sich nicht eher wieder her, als bis der Berichterstatter Bauchart
erklärt hatte, daß alle Actenstücke gedruckt und bis Samstag in
der Nationalversammlung ausgetheilt werden sollten. Es waren
seither von verschiedenen Seiten Versuche gemacht worden die
ganze Sache zu vertuschen oder wenigstens auf die lange Bank
zu schieben. Wie die Sachen jetzt stehen, ist dieses nicht wohl
mehr möglich, obgleich wir nicht glauben, daß die ganze Wahr-
heit je an den Tag kommen wird.

Die französisch=englischen Vermittlungsvorschläge sollen dar-
auf hinausgehen, Oesterreich, unter Belassung seines ganzen Ge-
bietes jenseits der Etsch, zum Aufgeben der Lombardei zu bewe-
gen, die dann einen Theil der österreichischen Staatsschuld über-
nehmen soll. Eine zweite Auflage des Friedens von Campo-
Formio! Der „National“ ist heute wieder sehr kriegerisch und
wir lassen wegen der halbofficiellen Stellung des Blattes
seinen Artikel zur Erbauung unserer Leser hier folgen. Die
politischen Verrücktheiten desselben und das selbstgefällige Auf-
spreitzen des hochmüthigen gallischen Hahnen bedürfen vorläu-
fig keines Commentares. „Das Gerücht hat sich heute ver-
breitet, sagt der National, daß die Oesterreicher in Mailand ein-
gezogen seyen und dieser Thatsache gegenüber, die gewiß zu seyn
[Spaltenumbruch] scheint, muß die französische Regierung das Bedürfniß fühlen
kräftig zu handeln. Die italienische Unabhängigkeit darf kein lee-
res Wort bleiben und die Oesterreicher haben, als sie in die
Hauptstadt der Lombardei wieder einzogen, kein Recht errungen,
sondern nur von der Ueberlegenheit ihrer Streitkräfte einen
Nutzen gezogen, das ist eben Alles. Allerdings wäre es wünsch-
enswerth gewesen, wenn Frankreich die Eroberung von Mailand
hätte verhindern können, allein in dem Augenblicke, wo unser-
Jntervention förmlich angerufen wurde, war das Heer Radetze
kys schon zu weit vorangerückt, als daß unsere Armee ihn noch
zur rechter Zeit hätte aufhalten können. Darauf kommt es in-
dessen auch heute gar nicht mehr an, die Hauptsache ist vielmehr,
daß die Jtaliener die Freiheit, welche sie nach dem Februar er-
rungen, nicht mehr verlieren und ihre Unabhängigkeit dem Zufalle
der Schlachten nicht mehr preisgegeben werde. Zur Erreichung
dieses Zieles wird die Vermittelung von Frankreich und Groß-
britannien mehr wirken als Bataillone und ist diese Vermittelung
von den kriegführenden Parteien einmal angenommen, so werden
als nothwendige Folge eine gegenseitige Verständigung und Anord-
nungen sich anschließen, die unter dem Schutze und der Garantie
der vermittelnden Mächte stehen werden. Wir glauben immer
noch an die Möglichkeit des Friedens, wir halten jede Erklärung
von Feindseligkeiten von uns ferne, allein wir sind auch wenn es
Noth thun sollte bereit, den Krieg aufzunehmen. Diese Even-
tualität ist vielleicht nahe und die Regierung muß sich darauf vor-
bereiten. Wird ihr Wort nicht gehört, weigert sich Oesterreich,
von seinen Waffenerfolgen berauscht, die Bedingnisse anzunehmen,
auf welche hin man mit ihm unterhandeln will, nun wohlan, so
wollen wir das Schweet ziehen und die Republik wird Jtalien
retten. Komme indessen was da wolle — die Verantwortlichkeit
für diese Ereignisse wird auf Frankreich nicht zurückfallen. Es
hat die äußersten Grenzen der Geduld erreicht und zur Stunde,
wo wir schreiben, hofft es noch auf eine friedliche Jntervention.
Mögen Diejenigen, die es zum Kriege aufgestachelt, die es zwin-
gen seine Grenzen zu überschreiten, die Folgen eines solchen Con-
flictes vor den Völkern verantworten. Ewig wird es auch unserer
jungen Republik zur Ehre gereichen, wenn sie bei der Gelegen-
heit dem mißtrauischen Europa zeigen kann, wie fern ihrem Her-
zen ( ! ) jeder Gedanke der Eroberung, jede Jdee eines Angriffes
ist. Wenn Frankreich sich für Jtalien bewaffnet, so will es nur
das Princip zur Geltung bringen, in Kraft dessen die Natio-
nalitäten sich heutzutage neu constituiren und entwickeln. Jst
Oesterreich erst zur gerechten Achtung eines heiligen Rechtes,
zur Anerkennung einer unleugbaren Thatsache zurückgeführt, so
werden wir unser Schwert wieder in die Scheide stecken, wenn
Europa so vernünftig ist unsere Uneigennützigkeit zu begreifen
und so weise unseren Edelmuth nicht zu mißbrauchen.“

Die „Times“ bemerken über denselben Gegenstand: „Wenn
der Friede auch den wahren Jnteressen Frankreichs und den
Wünschen des größten Theiles der Nation entspricht, so ist doch
die Aussicht auf einen Feldzug in Jtalien für den Ehrgeiz des
Heeres in allen seinen Abstufungen gar zu verlockend, und die
Vertheidigung der italienischen Nationalität ist für die Kriegspar-
tei in der Nationalversammlung ein fruchtbarer Stoff zu cicero-
nianischen Reden. Wenn also der General Cavaignac einem aus-
wärtigen Kriege entgegen ist, so muß er sich auf die heftigsten An-
griffe im Jnnern, im Parlament selbst gefaßt machen. Nicht nur
die revolutionäre Partei wird diese Gelegenheit benutzen, um Sym-
pathien für sich im Volke zu wecken, sondern auch Herr [unleserliches Material – 4 Zeichen fehlen]Mau-
guin und die alte Opposition haben die heftigen Angriffe noch nicht
vergessen, welche sie gegen Casimir Perier unter weniger bedeu-
tenden politischen Verhältnissen gerichtet haben.“

Wie verlautet soll nach den englischen Vermittelungsvorschlä-
gen ein Theil der Lombardei ( wahrscheinlich Mantua und Pes-
chiera zur Deckung der Etschlinie ) Oesterreich verbleiben. Frank-
reich hat sich geweigert mit den Abgeordneten von Mailand und
Venedig zu unterhandeln, — die Republik wollte blos mit dem
König von Sardinien zu schaffen haben.

Börse vom 9. August. Die heutige Börse zeigte eine ent-
schieden bessere Haltung und fanden zahlreiche Geschäfte statt. —
3% Frs. 43. 75. 5% Frs. 70. 75. Bankactien Frs. 25.
höher. Die Certifikate des alten Anlehens waren sehr gefragt
und gingen auf Frs. 3,500.



☞ Von der nächsten Nummer an hört das
Vordatiren unserer Blätter auf und das Hauptblatt
sowohl als die Beilagen führen das Datum und die
Bezeichnung des Tages, an welchem sie erscheinen.

[Ende Spaltensatz]

Redacteur: Franz Sausen. — Verlag von Kirchheim und Schott in Mainz. — Druck von Florian Kupferberg.

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[0004] seinem Amte bleibt oder daß, wie versichert wird, der Papst nach- gegeben und Mamiani mit der Bildung eines neuen Ministeriums beauftragt hat, dessen Wahl entweder auf die bisherigen Mitglie- der oder auf Männer von gleicher Ansicht fallen muß, da ein an- deres bei der kriegerischen Stimmung der herrschenden Partei sich keine 24 Stunden halten würde. Das Mitglied der Kammer Pro- fessor Orioli hat seiner Stelle als Deputirter entsagt. Er hatte sich kürzlich in einer Sitzung auf eine verletzende Weise über und gegen Mamiani ausgesprochen; den Tag darauf erhielt er ein anonymes Billet, mit der Drohung, bei ferneren ähnlichen Aeuße- rungen ermordet zu werden. Auch der Redacteur des Cassan- drino, der Priester Ximenes, ist auf geheime Veranstaltung der „Häupter des Volks“ durch einen Banditen ermordet worden. Zwei Tage vorher ließ eines derselben durch einen gemeinschaftli- chen Freund ihn warnen, mit seinen Artikeln wegen seines Lebens auf der Hut zu seyn, und vier Tage vorher deutete der Polizei- minister ihm an, er habe sichere Spuren, daß man ihm wegen seiner Aufsätze nach dem Leben trachte. Ximenes verhöhnte in sei- nem letzten Blatte auf eine witzige Weise das Ministerium, die Kammer und das Municipium, und derselbe Tag war sein letzter. So waltet durch die mächtigen und reichen Führer dieser sich libe- ral nennenden Partei eine Art geheimer Terrorismus über Rom, der durch seine unerwarteten Folgen ärger wie das Vehmgericht die Gemüther mit Schrecken erfüllt. — Eben erfahre ich, Mamiani habe in der gestrigen geheimen Sitzung der Kammer erklärt: daß man ihn und seine Collegen als völlig im Ministerium hergestellt ansehen könne und daß von nun an die Minister für ihre sämmt- lichen Handlungen der Nationalversammlung verantwortlich seyen. Einen deutlichen Beleg von der kriegerischen Stimmung des hie- sigen Publikums gibt es, daß mehr als 2000 hiesige Civici sich gemeldet haben, um sich der von Vicenza gekommenen Legion an- zuschließen. Der Kriegsminister Doria hat deßhalb erklärt, in ei- nigen Tagen die Subscriptionslisten dazu eröffnen zu wollen. Die Legion dringt namentlich auf Beschleunigung, da sie gesonnen ist, am 11. September den Po zu überschreiten und am Feldzuge wie- der Antheil zu nehmen ( ! ) . * * Wie die „Morning Post“ berichtet soll Karl Albert sich dahin erklärt haben, sein Sohn der Herzog von Genua könne die sicilianische Krone nicht eher annehmen, als bis die italiänischen Angelegenheiten definitiv geordnet seyen. Die Sici- lianer waren über diese Antwort so wenig erbaut, daß sie ihre Krone durch Lord Palmerston sofort dem Prinzen Georg von Cambridge antragen ließen, der jedoch ebenfalls für diese höchst zweifelhafte Ehre gedankt hat. Frankreich. * * * Paris 10. August. Die Discussion über das von den Zeitungen baar zu bezahlende Gewährgeld ( cautionnement ) wurde gestern geschlossen und das von der Regierung vorgelegte Gesetz mit bedeutender Majorität angenommen. Die Cautionen sind übrigens billig gestellt und gehen je nach den Oertlichkeiten und der Erscheinungsweise der Blätter von 24,000 Francs ( die höchste Taxe ) bis auf 3,600 Francs herab. Mitten in der etwas einförmigen Discussion brach ein heftiges Wortgefecht aus, indem L. Blanc verlangte, daß man einen Tag zur Discussion über den bekannten Untersuchungsbericht festsetzen solle, zugleich zeigte Herr von Mornay an, daß er aus der Commission ausgetreten sey, weil dieselbe es für angemessen befunden habe nicht alle Actenstücke abdrucken zu lassen. Darüber entstand ein furchtbarer Lärm, bei welchem sich namentlich der Berg betheiligte und die Ruhe stellte sich nicht eher wieder her, als bis der Berichterstatter Bauchart erklärt hatte, daß alle Actenstücke gedruckt und bis Samstag in der Nationalversammlung ausgetheilt werden sollten. Es waren seither von verschiedenen Seiten Versuche gemacht worden die ganze Sache zu vertuschen oder wenigstens auf die lange Bank zu schieben. Wie die Sachen jetzt stehen, ist dieses nicht wohl mehr möglich, obgleich wir nicht glauben, daß die ganze Wahr- heit je an den Tag kommen wird. Die französisch=englischen Vermittlungsvorschläge sollen dar- auf hinausgehen, Oesterreich, unter Belassung seines ganzen Ge- bietes jenseits der Etsch, zum Aufgeben der Lombardei zu bewe- gen, die dann einen Theil der österreichischen Staatsschuld über- nehmen soll. Eine zweite Auflage des Friedens von Campo- Formio! Der „National“ ist heute wieder sehr kriegerisch und wir lassen wegen der halbofficiellen Stellung des Blattes seinen Artikel zur Erbauung unserer Leser hier folgen. Die politischen Verrücktheiten desselben und das selbstgefällige Auf- spreitzen des hochmüthigen gallischen Hahnen bedürfen vorläu- fig keines Commentares. „Das Gerücht hat sich heute ver- breitet, sagt der National, daß die Oesterreicher in Mailand ein- gezogen seyen und dieser Thatsache gegenüber, die gewiß zu seyn scheint, muß die französische Regierung das Bedürfniß fühlen kräftig zu handeln. Die italienische Unabhängigkeit darf kein lee- res Wort bleiben und die Oesterreicher haben, als sie in die Hauptstadt der Lombardei wieder einzogen, kein Recht errungen, sondern nur von der Ueberlegenheit ihrer Streitkräfte einen Nutzen gezogen, das ist eben Alles. Allerdings wäre es wünsch- enswerth gewesen, wenn Frankreich die Eroberung von Mailand hätte verhindern können, allein in dem Augenblicke, wo unser- Jntervention förmlich angerufen wurde, war das Heer Radetze kys schon zu weit vorangerückt, als daß unsere Armee ihn noch zur rechter Zeit hätte aufhalten können. Darauf kommt es in- dessen auch heute gar nicht mehr an, die Hauptsache ist vielmehr, daß die Jtaliener die Freiheit, welche sie nach dem Februar er- rungen, nicht mehr verlieren und ihre Unabhängigkeit dem Zufalle der Schlachten nicht mehr preisgegeben werde. Zur Erreichung dieses Zieles wird die Vermittelung von Frankreich und Groß- britannien mehr wirken als Bataillone und ist diese Vermittelung von den kriegführenden Parteien einmal angenommen, so werden als nothwendige Folge eine gegenseitige Verständigung und Anord- nungen sich anschließen, die unter dem Schutze und der Garantie der vermittelnden Mächte stehen werden. Wir glauben immer noch an die Möglichkeit des Friedens, wir halten jede Erklärung von Feindseligkeiten von uns ferne, allein wir sind auch wenn es Noth thun sollte bereit, den Krieg aufzunehmen. Diese Even- tualität ist vielleicht nahe und die Regierung muß sich darauf vor- bereiten. Wird ihr Wort nicht gehört, weigert sich Oesterreich, von seinen Waffenerfolgen berauscht, die Bedingnisse anzunehmen, auf welche hin man mit ihm unterhandeln will, nun wohlan, so wollen wir das Schweet ziehen und die Republik wird Jtalien retten. Komme indessen was da wolle — die Verantwortlichkeit für diese Ereignisse wird auf Frankreich nicht zurückfallen. Es hat die äußersten Grenzen der Geduld erreicht und zur Stunde, wo wir schreiben, hofft es noch auf eine friedliche Jntervention. Mögen Diejenigen, die es zum Kriege aufgestachelt, die es zwin- gen seine Grenzen zu überschreiten, die Folgen eines solchen Con- flictes vor den Völkern verantworten. Ewig wird es auch unserer jungen Republik zur Ehre gereichen, wenn sie bei der Gelegen- heit dem mißtrauischen Europa zeigen kann, wie fern ihrem Her- zen ( ! ) jeder Gedanke der Eroberung, jede Jdee eines Angriffes ist. Wenn Frankreich sich für Jtalien bewaffnet, so will es nur das Princip zur Geltung bringen, in Kraft dessen die Natio- nalitäten sich heutzutage neu constituiren und entwickeln. Jst Oesterreich erst zur gerechten Achtung eines heiligen Rechtes, zur Anerkennung einer unleugbaren Thatsache zurückgeführt, so werden wir unser Schwert wieder in die Scheide stecken, wenn Europa so vernünftig ist unsere Uneigennützigkeit zu begreifen und so weise unseren Edelmuth nicht zu mißbrauchen.“ Die „Times“ bemerken über denselben Gegenstand: „Wenn der Friede auch den wahren Jnteressen Frankreichs und den Wünschen des größten Theiles der Nation entspricht, so ist doch die Aussicht auf einen Feldzug in Jtalien für den Ehrgeiz des Heeres in allen seinen Abstufungen gar zu verlockend, und die Vertheidigung der italienischen Nationalität ist für die Kriegspar- tei in der Nationalversammlung ein fruchtbarer Stoff zu cicero- nianischen Reden. Wenn also der General Cavaignac einem aus- wärtigen Kriege entgegen ist, so muß er sich auf die heftigsten An- griffe im Jnnern, im Parlament selbst gefaßt machen. Nicht nur die revolutionäre Partei wird diese Gelegenheit benutzen, um Sym- pathien für sich im Volke zu wecken, sondern auch Herr ____Mau- guin und die alte Opposition haben die heftigen Angriffe noch nicht vergessen, welche sie gegen Casimir Perier unter weniger bedeu- tenden politischen Verhältnissen gerichtet haben.“ Wie verlautet soll nach den englischen Vermittelungsvorschlä- gen ein Theil der Lombardei ( wahrscheinlich Mantua und Pes- chiera zur Deckung der Etschlinie ) Oesterreich verbleiben. Frank- reich hat sich geweigert mit den Abgeordneten von Mailand und Venedig zu unterhandeln, — die Republik wollte blos mit dem König von Sardinien zu schaffen haben. Börse vom 9. August. Die heutige Börse zeigte eine ent- schieden bessere Haltung und fanden zahlreiche Geschäfte statt. — 3% Frs. 43. 75. 5% Frs. 70. 75. Bankactien Frs. 25. höher. Die Certifikate des alten Anlehens waren sehr gefragt und gingen auf Frs. 3,500. ☞ Von der nächsten Nummer an hört das Vordatiren unserer Blätter auf und das Hauptblatt sowohl als die Beilagen führen das Datum und die Bezeichnung des Tages, an welchem sie erscheinen. Redacteur: Franz Sausen. — Verlag von Kirchheim und Schott in Mainz. — Druck von Florian Kupferberg.

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Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 58. Mainz, 13. August 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal058_1848/4>, abgerufen am 01.06.2024.