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Mainzer Journal. Nr. 58. Mainz, 13. August 1848.

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Erste Beilage zum Mainzer Journal.


Nro 58. Sonntag, den 13. August. 1848.


[Beginn Spaltensatz]
Deutschland.
Reichstag.

Frankfurt 12. August. ( 60. Sitzung der deutschen Na-
tionalversammlung. ) Erster Gegenstand der Tagesordnung ist
der Bericht des völkerrechtlichen Ausschusses über den Antrag, die
Bezirke von Trient und Roveredo aus dem deutschen Bundesver-
bande zu entlassen. Die Nationalversammlung beschließt: 1 )
eine Trennung oder Lossagung der Kreise Trient und Roveredo
vom deutschen Bunde kann nicht stattfinden; 2 ) in Bezug
auf einen zweiten Antrag wegen Trennung Welschtirols von dem
deutschen Tirol beschließt die Versammlung: daß die Antrag-
steller behufs der bei ihrer Landesregierung einzubringenden Ge-
suche sich zunächst auf den allgemeinen Beschluß der National-
versammlung beziehen mögen, welcher lautet: den nicht deutsch-
redenden Volksstämmen Deutschlands ist ihre volksthümliche Ent-
wickelung gewährleistet, namentlich die Gleichberechtigung ihrer
Sprachen, soweit deren Gebiete reichen, in dem Kirchenwesen, dem
Unterrichte, der Literatur, der innern Verwaltung und Rechts-
pflege. Zweiter Gegenstand der Tagesordnung ist der Bericht
des völkerrechtlichen Ausschusses, den österreichisch=italienischen
Krieg betreffend. Die Versammlung beschließt, den Bericht des
Ausschusses und sämmtliche Anträge der Centralgewalt zu
übergeben, in der Erwartung, daß dieselbe die Ehre und die Jn-
teressen Deutschlands wahren werde. Jm Laufe der Discussion
erklärt der Reichsminister des Aeußern, Heckscher: Das Reichs-
ministerium ist von der hohen Wichtigkeit der Frage bezüg-
lich des italienischen Krieges durchdrungen. Es ist zu dem
Entschlusse gekommen, entschieden dahin zu wirken, daß diese
Frage friedlich und zugleich in einer der Würde
und dem Jnteresse Deutschlands entsprechenden
Weise
gelöst werde. Eben deßhalb sehe ich mich veranlaßt,
jede fernere Erörterung im Jnteresse der Sache selbst abzulehnen.
Wenn ich einem der Anträge den Vorzug geben soll, nach meiner
und des Reichsministeriums Ansicht, so ist es derjenige, daß alle
Anträge der Centralgewalt ohne weiteres überwiesen werden, in
der sichern Erwartung, daß sie ihre Pflicht thun werde. Drit-
ter
Gegenstand der Tagesordnung ist der Bericht des völker-
rechtlichen Ausschusses, die Vereinigung Jstriens mit dem deut-
schen Bunde betreffend. Die Versammlung beschließt nach dem
Ausschußantrage, die Sache der vollziehenden Gewalt zu über-
weisen, und deren nähere Mittheilungen und Anträge zu erwar-
ten. -- Die aus 25 Mitgliedern bestehende Deputation zu dem
Kölner Dombau wird sich mit den vielen Mitgliedern, welche sich
derselben anschließen, morgen früh6 1 / 2 Uhr mit dem ersten
Bahnzuge nach Mainz begeben, und die von der Kölner Dampf-
schifffahrtsgesellschaft bereit gehaltenen Schiffe besteigen. Die De-
putation wird auch den in Köln anwesenden König von Preußen
begrüßen. -- Nächste Sitzung Donnerstag den 17. August.

Wien 7. August. ( Schw. M. ) Vorläufig geht durch die
Stadt die verbürgte freudige Kunde, daß der Kaiser und der
gesammte Hof im Laufe dieser Woche noch in ihre Residenz hier
zurückkehren werden. Von so mancherlei Besorgnissen und Nach-
theilen die Abwesenheit des Monarchen auch begleitet gewesen ist,
so hat sie dabei doch das unläugbare Gute zur Folge gehabt, das
monarchische Princip in den Gesinnungen der ungeheuren Mehr-
zahl der hiesigen Bewohner unzweifelhaft herauszustellen und die
Erwartungen jener ultra=demokratischen, oder vielmehr republi-
kanischen Partei Lügen zu strafen, die sich bereits im Besitze der
Macht geträumt hat. Seit drei Tagen ist hier eine Schilderheb-
ung der Republikaner, die durch vereinzelte Versuche auch bereits
angekündigt und durch falsche beängstigende Gerüchte aller Art,
z. B. der Sperrung der Donau von Oberösterreich her durch die
"reaktionäre Partei," vorbereitet werde, mit Besorgniß entgegen-
gesehen worden. Aber es herrscht die vollkommenste Ruhe, und
die Stimmung der Nationalgarde, an deren Glieder vom Kriegs-
ministerium je 60 Patronen zur Vertheilung gekommen sind, gewährt
alle Bürgschaft gegen weitere anarchische Bestrebungen der Art. --
Während die Minister des Kriegs, Graf Latour, und der Fi-
nanzen, v. Krauß sich im Vertrauen des Reichstages und des
Publikums immer mehr befestigen, ist dies bei Doblhoff, Bach
und Schwarzer gegentheilig der Fall, die ohne alle tiefere
Geschäftskenntniß sind und mit den Tagesmeinungen laviren.
Namentlich hat sich Herr v. Schwarzer mit seinem im Minister-
[Spaltenumbruch] rathe vorgetragenen Ansinnen wieder in der öffentlichen Meinung
sehr geschadet, die ärarischen Gold= und Silberwerke
an Privaten zu verkaufen, ein Antrag, dem man die geheime
Triebfeder beimaß, diesen Staatsschatz auf solche
Weise in Judenhände gelangen zu lassen.
Baron
Wessenberg wird bis zur Ankunft des Kaisers hier eintreffen.
Dann scheint ein theilweiser Ministerwechsel in Aussicht zu stehen.

sqrt Berlin 10. August. Jn der gestrigen Sitzung der Natio-
nalversammlung wurde der Antrag, eine Untersuchungscommis-
sion nach Schweidnitz zu senden, mit 204 gegen 163 Stim-
men angenommen, ebenso mit großer Majorität der Antrag der
Commission, die bei den Ereignissen compromittirten Truppen
aus Schweidnitz zu entfernen. Der Antrag des Abgeord-
neten Stein, daß der Kriegminister einen Erlaß an die Officiere
wegen der reactionären Tendenzen richten möge, wird fast ein-
stimmig angenommen. Ein Unteramendement des Abgeordneten
Schultz: "denjenigen Officieren, welche mit dem neuen Staats-
princip nicht völlig einverstanden wären, es zur Ehrenpflicht zu
machen, aus dem Heere auszuscheiden," wird mit 180 gegen 179
Stimmen, also mit der Majorität einer einzigen Stimme ange-
nommen. Es fielen überhaupt die härtesten Reden gegen das
Militär und seine reactionären Tendenzen. Jn der Konstabler-
frage dagegen blieb das Ministerium mit 203 gegen 150 Stim-
men in der Majorität, obgleich ihm von mehreren Seiten be-
merkt wurde, es solle zuerst das Land mit den englischen freien
Jnstitutionen und dann erst mit englischer Polizei beglücken. Ber-
lin behält also vorläufig seine anglisirten "Consabler" und die
Wächter der öffentlichen Ordnung, die als Gensdarmen in's
Grab gelegt wurden, sind als Konstabler wieder auferstanden.

*** Camberg im Herzogthum Nassan 9. August. Vor Kur-
zem haben Sie durch Jhren Artikel "Die Städter und das Land-
volk " den Beweis geliefert, daß Sie die Garantien für eine
große Zukunft unseres Vaterlandes nicht vorzugsweise innerhalb
der Mauern der Städte suchen. Uns, die wir mit Recht zu den
Landbewohnern uns rechnen, und unserem staatsmännischen Sin-
ne, wenn Sie diesen Ausdruck uns erlauben, haben die dort
ausgesprochenen Wahrheiten sehr zugesagt; wir halten sie für
eben so wohlbegründet als praktisch wichtig. Auch hat es uns ge-
freut, das Gute, das wir in schlimmen Zeiten uns noch errettet
haben, anerkannt zu sehen, zumal es zum Besten des Vater-
landes gereicht. Doch, Sie sollen mich nicht einer zu großen
Redseligkeit beschuldigen, und so gehe ich denn über zu meiner
Mittheilung über ein sehr schönes vaterländisches Fest, das
wir hier feierten, nämlich die Ernennung unseres hohen
Reichsverwesers, des Erzherzogs Johann. Nach-
dem wir am Morgen des 6. dieses Monates bei trübem
Wetter und schlechter Aussicht der Feier des Tages in der Kirche
gedacht, hatten wir die Freude, beim Herausgehen aus derselben
den Himmel sich aufhellen zu sehen und einen schönen Nachmittag
zu erleben, was für uns um so wichtiger war, als wir das Fest
auf einer Anhöhe im Walde feierten. So zogen wir denn des
Nachmittags, die Bürgerwehr mit ihren Fahnen in Reih' und
Glied dem munteren Trommelschlage folgend, die Höhe hinauf
durch unsere gesegneten Fruchtfelder dem Walde zu. Oben ange-
kommen, wo eine Augen und Herz erfreuende Aussicht sich dar-
bietet auf unser unten liegendes Städtchen, die benachbarten
waldigen Höhen des Taunus und die umliegenden Ortschaften
mit ihren reichen Feldern, ward Halt gemacht, die National-
garde bildete einen Kreis und unser Herr Stadtschultheiß Lauer,
ein Mann aus der alten kernhaften Zeit, hielt eine dem Tage
angemessene Anrede. Er erinnerte daran, "wie Kaiser Franz der
Zweite glorreichen Andenkens wegen des Ungehorsams seiner
Reichsstände die Kaiserkrone habe niederlegen müssen, wie diese
Stände sich mit Beihülfe des Reichsfeindes, der Franzosen, als
souveraine Herren erklärt hätten, und durch zweiundvierzig
Jahre hindurch ein Zustand schmachvoller Unterdrückung auf
Deutschland gelastet habe. Nicht mehr seyen die Eltern frei gewesen
in der Erziehung ihrer Kinder, die Gemeinden nicht mehr Herr
über ihr Eigenthum, ja sogar der Gedanke war in Fesseln
geschlagen. Nun aber sey wie durch einen Zauber, ohne daß
man wisse wie und woher es gekommen, das deutsche Volk wieder
in seine Rechte eingesetzt, mit bewunderungswürdiger Zusammen-
stimmung habe es seine Vertreter zu einer Reichsversammlung
berufen, und diese holten nunmehr nach, was die Reichsstände
[Ende Spaltensatz]

Erste Beilage zum Mainzer Journal.


Nro 58. Sonntag, den 13. August. 1848.


[Beginn Spaltensatz]
Deutschland.
Reichstag.

Frankfurt 12. August. ( 60. Sitzung der deutschen Na-
tionalversammlung. ) Erster Gegenstand der Tagesordnung ist
der Bericht des völkerrechtlichen Ausschusses über den Antrag, die
Bezirke von Trient und Roveredo aus dem deutschen Bundesver-
bande zu entlassen. Die Nationalversammlung beschließt: 1 )
eine Trennung oder Lossagung der Kreise Trient und Roveredo
vom deutschen Bunde kann nicht stattfinden; 2 ) in Bezug
auf einen zweiten Antrag wegen Trennung Welschtirols von dem
deutschen Tirol beschließt die Versammlung: daß die Antrag-
steller behufs der bei ihrer Landesregierung einzubringenden Ge-
suche sich zunächst auf den allgemeinen Beschluß der National-
versammlung beziehen mögen, welcher lautet: den nicht deutsch-
redenden Volksstämmen Deutschlands ist ihre volksthümliche Ent-
wickelung gewährleistet, namentlich die Gleichberechtigung ihrer
Sprachen, soweit deren Gebiete reichen, in dem Kirchenwesen, dem
Unterrichte, der Literatur, der innern Verwaltung und Rechts-
pflege. Zweiter Gegenstand der Tagesordnung ist der Bericht
des völkerrechtlichen Ausschusses, den österreichisch=italienischen
Krieg betreffend. Die Versammlung beschließt, den Bericht des
Ausschusses und sämmtliche Anträge der Centralgewalt zu
übergeben, in der Erwartung, daß dieselbe die Ehre und die Jn-
teressen Deutschlands wahren werde. Jm Laufe der Discussion
erklärt der Reichsminister des Aeußern, Heckscher: Das Reichs-
ministerium ist von der hohen Wichtigkeit der Frage bezüg-
lich des italienischen Krieges durchdrungen. Es ist zu dem
Entschlusse gekommen, entschieden dahin zu wirken, daß diese
Frage friedlich und zugleich in einer der Würde
und dem Jnteresse Deutschlands entsprechenden
Weise
gelöst werde. Eben deßhalb sehe ich mich veranlaßt,
jede fernere Erörterung im Jnteresse der Sache selbst abzulehnen.
Wenn ich einem der Anträge den Vorzug geben soll, nach meiner
und des Reichsministeriums Ansicht, so ist es derjenige, daß alle
Anträge der Centralgewalt ohne weiteres überwiesen werden, in
der sichern Erwartung, daß sie ihre Pflicht thun werde. Drit-
ter
Gegenstand der Tagesordnung ist der Bericht des völker-
rechtlichen Ausschusses, die Vereinigung Jstriens mit dem deut-
schen Bunde betreffend. Die Versammlung beschließt nach dem
Ausschußantrage, die Sache der vollziehenden Gewalt zu über-
weisen, und deren nähere Mittheilungen und Anträge zu erwar-
ten. — Die aus 25 Mitgliedern bestehende Deputation zu dem
Kölner Dombau wird sich mit den vielen Mitgliedern, welche sich
derselben anschließen, morgen früh6 1 / 2 Uhr mit dem ersten
Bahnzuge nach Mainz begeben, und die von der Kölner Dampf-
schifffahrtsgesellschaft bereit gehaltenen Schiffe besteigen. Die De-
putation wird auch den in Köln anwesenden König von Preußen
begrüßen. — Nächste Sitzung Donnerstag den 17. August.

Wien 7. August. ( Schw. M. ) Vorläufig geht durch die
Stadt die verbürgte freudige Kunde, daß der Kaiser und der
gesammte Hof im Laufe dieser Woche noch in ihre Residenz hier
zurückkehren werden. Von so mancherlei Besorgnissen und Nach-
theilen die Abwesenheit des Monarchen auch begleitet gewesen ist,
so hat sie dabei doch das unläugbare Gute zur Folge gehabt, das
monarchische Princip in den Gesinnungen der ungeheuren Mehr-
zahl der hiesigen Bewohner unzweifelhaft herauszustellen und die
Erwartungen jener ultra=demokratischen, oder vielmehr republi-
kanischen Partei Lügen zu strafen, die sich bereits im Besitze der
Macht geträumt hat. Seit drei Tagen ist hier eine Schilderheb-
ung der Republikaner, die durch vereinzelte Versuche auch bereits
angekündigt und durch falsche beängstigende Gerüchte aller Art,
z. B. der Sperrung der Donau von Oberösterreich her durch die
„reaktionäre Partei,“ vorbereitet werde, mit Besorgniß entgegen-
gesehen worden. Aber es herrscht die vollkommenste Ruhe, und
die Stimmung der Nationalgarde, an deren Glieder vom Kriegs-
ministerium je 60 Patronen zur Vertheilung gekommen sind, gewährt
alle Bürgschaft gegen weitere anarchische Bestrebungen der Art. —
Während die Minister des Kriegs, Graf Latour, und der Fi-
nanzen, v. Krauß sich im Vertrauen des Reichstages und des
Publikums immer mehr befestigen, ist dies bei Doblhoff, Bach
und Schwarzer gegentheilig der Fall, die ohne alle tiefere
Geschäftskenntniß sind und mit den Tagesmeinungen laviren.
Namentlich hat sich Herr v. Schwarzer mit seinem im Minister-
[Spaltenumbruch] rathe vorgetragenen Ansinnen wieder in der öffentlichen Meinung
sehr geschadet, die ärarischen Gold= und Silberwerke
an Privaten zu verkaufen, ein Antrag, dem man die geheime
Triebfeder beimaß, diesen Staatsschatz auf solche
Weise in Judenhände gelangen zu lassen.
Baron
Wessenberg wird bis zur Ankunft des Kaisers hier eintreffen.
Dann scheint ein theilweiser Ministerwechsel in Aussicht zu stehen.

√ Berlin 10. August. Jn der gestrigen Sitzung der Natio-
nalversammlung wurde der Antrag, eine Untersuchungscommis-
sion nach Schweidnitz zu senden, mit 204 gegen 163 Stim-
men angenommen, ebenso mit großer Majorität der Antrag der
Commission, die bei den Ereignissen compromittirten Truppen
aus Schweidnitz zu entfernen. Der Antrag des Abgeord-
neten Stein, daß der Kriegminister einen Erlaß an die Officiere
wegen der reactionären Tendenzen richten möge, wird fast ein-
stimmig angenommen. Ein Unteramendement des Abgeordneten
Schultz: „denjenigen Officieren, welche mit dem neuen Staats-
princip nicht völlig einverstanden wären, es zur Ehrenpflicht zu
machen, aus dem Heere auszuscheiden,“ wird mit 180 gegen 179
Stimmen, also mit der Majorität einer einzigen Stimme ange-
nommen. Es fielen überhaupt die härtesten Reden gegen das
Militär und seine reactionären Tendenzen. Jn der Konstabler-
frage dagegen blieb das Ministerium mit 203 gegen 150 Stim-
men in der Majorität, obgleich ihm von mehreren Seiten be-
merkt wurde, es solle zuerst das Land mit den englischen freien
Jnstitutionen und dann erst mit englischer Polizei beglücken. Ber-
lin behält also vorläufig seine anglisirten „Consabler“ und die
Wächter der öffentlichen Ordnung, die als Gensdarmen in's
Grab gelegt wurden, sind als Konstabler wieder auferstanden.

*** Camberg im Herzogthum Nassan 9. August. Vor Kur-
zem haben Sie durch Jhren Artikel „Die Städter und das Land-
volk “ den Beweis geliefert, daß Sie die Garantien für eine
große Zukunft unseres Vaterlandes nicht vorzugsweise innerhalb
der Mauern der Städte suchen. Uns, die wir mit Recht zu den
Landbewohnern uns rechnen, und unserem staatsmännischen Sin-
ne, wenn Sie diesen Ausdruck uns erlauben, haben die dort
ausgesprochenen Wahrheiten sehr zugesagt; wir halten sie für
eben so wohlbegründet als praktisch wichtig. Auch hat es uns ge-
freut, das Gute, das wir in schlimmen Zeiten uns noch errettet
haben, anerkannt zu sehen, zumal es zum Besten des Vater-
landes gereicht. Doch, Sie sollen mich nicht einer zu großen
Redseligkeit beschuldigen, und so gehe ich denn über zu meiner
Mittheilung über ein sehr schönes vaterländisches Fest, das
wir hier feierten, nämlich die Ernennung unseres hohen
Reichsverwesers, des Erzherzogs Johann. Nach-
dem wir am Morgen des 6. dieses Monates bei trübem
Wetter und schlechter Aussicht der Feier des Tages in der Kirche
gedacht, hatten wir die Freude, beim Herausgehen aus derselben
den Himmel sich aufhellen zu sehen und einen schönen Nachmittag
zu erleben, was für uns um so wichtiger war, als wir das Fest
auf einer Anhöhe im Walde feierten. So zogen wir denn des
Nachmittags, die Bürgerwehr mit ihren Fahnen in Reih' und
Glied dem munteren Trommelschlage folgend, die Höhe hinauf
durch unsere gesegneten Fruchtfelder dem Walde zu. Oben ange-
kommen, wo eine Augen und Herz erfreuende Aussicht sich dar-
bietet auf unser unten liegendes Städtchen, die benachbarten
waldigen Höhen des Taunus und die umliegenden Ortschaften
mit ihren reichen Feldern, ward Halt gemacht, die National-
garde bildete einen Kreis und unser Herr Stadtschultheiß Lauer,
ein Mann aus der alten kernhaften Zeit, hielt eine dem Tage
angemessene Anrede. Er erinnerte daran, „wie Kaiser Franz der
Zweite glorreichen Andenkens wegen des Ungehorsams seiner
Reichsstände die Kaiserkrone habe niederlegen müssen, wie diese
Stände sich mit Beihülfe des Reichsfeindes, der Franzosen, als
souveraine Herren erklärt hätten, und durch zweiundvierzig
Jahre hindurch ein Zustand schmachvoller Unterdrückung auf
Deutschland gelastet habe. Nicht mehr seyen die Eltern frei gewesen
in der Erziehung ihrer Kinder, die Gemeinden nicht mehr Herr
über ihr Eigenthum, ja sogar der Gedanke war in Fesseln
geschlagen. Nun aber sey wie durch einen Zauber, ohne daß
man wisse wie und woher es gekommen, das deutsche Volk wieder
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berufen, und diese holten nunmehr nach, was die Reichsstände
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[0005] Erste Beilage zum Mainzer Journal. Nro 58. Sonntag, den 13. August. 1848. Deutschland. Reichstag. Frankfurt 12. August. ( 60. Sitzung der deutschen Na- tionalversammlung. ) Erster Gegenstand der Tagesordnung ist der Bericht des völkerrechtlichen Ausschusses über den Antrag, die Bezirke von Trient und Roveredo aus dem deutschen Bundesver- bande zu entlassen. Die Nationalversammlung beschließt: 1 ) eine Trennung oder Lossagung der Kreise Trient und Roveredo vom deutschen Bunde kann nicht stattfinden; 2 ) in Bezug auf einen zweiten Antrag wegen Trennung Welschtirols von dem deutschen Tirol beschließt die Versammlung: daß die Antrag- steller behufs der bei ihrer Landesregierung einzubringenden Ge- suche sich zunächst auf den allgemeinen Beschluß der National- versammlung beziehen mögen, welcher lautet: den nicht deutsch- redenden Volksstämmen Deutschlands ist ihre volksthümliche Ent- wickelung gewährleistet, namentlich die Gleichberechtigung ihrer Sprachen, soweit deren Gebiete reichen, in dem Kirchenwesen, dem Unterrichte, der Literatur, der innern Verwaltung und Rechts- pflege. Zweiter Gegenstand der Tagesordnung ist der Bericht des völkerrechtlichen Ausschusses, den österreichisch=italienischen Krieg betreffend. Die Versammlung beschließt, den Bericht des Ausschusses und sämmtliche Anträge der Centralgewalt zu übergeben, in der Erwartung, daß dieselbe die Ehre und die Jn- teressen Deutschlands wahren werde. Jm Laufe der Discussion erklärt der Reichsminister des Aeußern, Heckscher: Das Reichs- ministerium ist von der hohen Wichtigkeit der Frage bezüg- lich des italienischen Krieges durchdrungen. Es ist zu dem Entschlusse gekommen, entschieden dahin zu wirken, daß diese Frage friedlich und zugleich in einer der Würde und dem Jnteresse Deutschlands entsprechenden Weise gelöst werde. Eben deßhalb sehe ich mich veranlaßt, jede fernere Erörterung im Jnteresse der Sache selbst abzulehnen. Wenn ich einem der Anträge den Vorzug geben soll, nach meiner und des Reichsministeriums Ansicht, so ist es derjenige, daß alle Anträge der Centralgewalt ohne weiteres überwiesen werden, in der sichern Erwartung, daß sie ihre Pflicht thun werde. Drit- ter Gegenstand der Tagesordnung ist der Bericht des völker- rechtlichen Ausschusses, die Vereinigung Jstriens mit dem deut- schen Bunde betreffend. Die Versammlung beschließt nach dem Ausschußantrage, die Sache der vollziehenden Gewalt zu über- weisen, und deren nähere Mittheilungen und Anträge zu erwar- ten. — Die aus 25 Mitgliedern bestehende Deputation zu dem Kölner Dombau wird sich mit den vielen Mitgliedern, welche sich derselben anschließen, morgen früh6 1 / 2 Uhr mit dem ersten Bahnzuge nach Mainz begeben, und die von der Kölner Dampf- schifffahrtsgesellschaft bereit gehaltenen Schiffe besteigen. Die De- putation wird auch den in Köln anwesenden König von Preußen begrüßen. — Nächste Sitzung Donnerstag den 17. August. Wien 7. August. ( Schw. M. ) Vorläufig geht durch die Stadt die verbürgte freudige Kunde, daß der Kaiser und der gesammte Hof im Laufe dieser Woche noch in ihre Residenz hier zurückkehren werden. Von so mancherlei Besorgnissen und Nach- theilen die Abwesenheit des Monarchen auch begleitet gewesen ist, so hat sie dabei doch das unläugbare Gute zur Folge gehabt, das monarchische Princip in den Gesinnungen der ungeheuren Mehr- zahl der hiesigen Bewohner unzweifelhaft herauszustellen und die Erwartungen jener ultra=demokratischen, oder vielmehr republi- kanischen Partei Lügen zu strafen, die sich bereits im Besitze der Macht geträumt hat. Seit drei Tagen ist hier eine Schilderheb- ung der Republikaner, die durch vereinzelte Versuche auch bereits angekündigt und durch falsche beängstigende Gerüchte aller Art, z. B. der Sperrung der Donau von Oberösterreich her durch die „reaktionäre Partei,“ vorbereitet werde, mit Besorgniß entgegen- gesehen worden. Aber es herrscht die vollkommenste Ruhe, und die Stimmung der Nationalgarde, an deren Glieder vom Kriegs- ministerium je 60 Patronen zur Vertheilung gekommen sind, gewährt alle Bürgschaft gegen weitere anarchische Bestrebungen der Art. — Während die Minister des Kriegs, Graf Latour, und der Fi- nanzen, v. Krauß sich im Vertrauen des Reichstages und des Publikums immer mehr befestigen, ist dies bei Doblhoff, Bach und Schwarzer gegentheilig der Fall, die ohne alle tiefere Geschäftskenntniß sind und mit den Tagesmeinungen laviren. Namentlich hat sich Herr v. Schwarzer mit seinem im Minister- rathe vorgetragenen Ansinnen wieder in der öffentlichen Meinung sehr geschadet, die ärarischen Gold= und Silberwerke an Privaten zu verkaufen, ein Antrag, dem man die geheime Triebfeder beimaß, diesen Staatsschatz auf solche Weise in Judenhände gelangen zu lassen. Baron Wessenberg wird bis zur Ankunft des Kaisers hier eintreffen. Dann scheint ein theilweiser Ministerwechsel in Aussicht zu stehen. √ Berlin 10. August. Jn der gestrigen Sitzung der Natio- nalversammlung wurde der Antrag, eine Untersuchungscommis- sion nach Schweidnitz zu senden, mit 204 gegen 163 Stim- men angenommen, ebenso mit großer Majorität der Antrag der Commission, die bei den Ereignissen compromittirten Truppen aus Schweidnitz zu entfernen. Der Antrag des Abgeord- neten Stein, daß der Kriegminister einen Erlaß an die Officiere wegen der reactionären Tendenzen richten möge, wird fast ein- stimmig angenommen. Ein Unteramendement des Abgeordneten Schultz: „denjenigen Officieren, welche mit dem neuen Staats- princip nicht völlig einverstanden wären, es zur Ehrenpflicht zu machen, aus dem Heere auszuscheiden,“ wird mit 180 gegen 179 Stimmen, also mit der Majorität einer einzigen Stimme ange- nommen. Es fielen überhaupt die härtesten Reden gegen das Militär und seine reactionären Tendenzen. Jn der Konstabler- frage dagegen blieb das Ministerium mit 203 gegen 150 Stim- men in der Majorität, obgleich ihm von mehreren Seiten be- merkt wurde, es solle zuerst das Land mit den englischen freien Jnstitutionen und dann erst mit englischer Polizei beglücken. Ber- lin behält also vorläufig seine anglisirten „Consabler“ und die Wächter der öffentlichen Ordnung, die als Gensdarmen in's Grab gelegt wurden, sind als Konstabler wieder auferstanden. *** Camberg im Herzogthum Nassan 9. August. Vor Kur- zem haben Sie durch Jhren Artikel „Die Städter und das Land- volk “ den Beweis geliefert, daß Sie die Garantien für eine große Zukunft unseres Vaterlandes nicht vorzugsweise innerhalb der Mauern der Städte suchen. Uns, die wir mit Recht zu den Landbewohnern uns rechnen, und unserem staatsmännischen Sin- ne, wenn Sie diesen Ausdruck uns erlauben, haben die dort ausgesprochenen Wahrheiten sehr zugesagt; wir halten sie für eben so wohlbegründet als praktisch wichtig. Auch hat es uns ge- freut, das Gute, das wir in schlimmen Zeiten uns noch errettet haben, anerkannt zu sehen, zumal es zum Besten des Vater- landes gereicht. Doch, Sie sollen mich nicht einer zu großen Redseligkeit beschuldigen, und so gehe ich denn über zu meiner Mittheilung über ein sehr schönes vaterländisches Fest, das wir hier feierten, nämlich die Ernennung unseres hohen Reichsverwesers, des Erzherzogs Johann. Nach- dem wir am Morgen des 6. dieses Monates bei trübem Wetter und schlechter Aussicht der Feier des Tages in der Kirche gedacht, hatten wir die Freude, beim Herausgehen aus derselben den Himmel sich aufhellen zu sehen und einen schönen Nachmittag zu erleben, was für uns um so wichtiger war, als wir das Fest auf einer Anhöhe im Walde feierten. So zogen wir denn des Nachmittags, die Bürgerwehr mit ihren Fahnen in Reih' und Glied dem munteren Trommelschlage folgend, die Höhe hinauf durch unsere gesegneten Fruchtfelder dem Walde zu. Oben ange- kommen, wo eine Augen und Herz erfreuende Aussicht sich dar- bietet auf unser unten liegendes Städtchen, die benachbarten waldigen Höhen des Taunus und die umliegenden Ortschaften mit ihren reichen Feldern, ward Halt gemacht, die National- garde bildete einen Kreis und unser Herr Stadtschultheiß Lauer, ein Mann aus der alten kernhaften Zeit, hielt eine dem Tage angemessene Anrede. Er erinnerte daran, „wie Kaiser Franz der Zweite glorreichen Andenkens wegen des Ungehorsams seiner Reichsstände die Kaiserkrone habe niederlegen müssen, wie diese Stände sich mit Beihülfe des Reichsfeindes, der Franzosen, als souveraine Herren erklärt hätten, und durch zweiundvierzig Jahre hindurch ein Zustand schmachvoller Unterdrückung auf Deutschland gelastet habe. Nicht mehr seyen die Eltern frei gewesen in der Erziehung ihrer Kinder, die Gemeinden nicht mehr Herr über ihr Eigenthum, ja sogar der Gedanke war in Fesseln geschlagen. Nun aber sey wie durch einen Zauber, ohne daß man wisse wie und woher es gekommen, das deutsche Volk wieder in seine Rechte eingesetzt, mit bewunderungswürdiger Zusammen- stimmung habe es seine Vertreter zu einer Reichsversammlung berufen, und diese holten nunmehr nach, was die Reichsstände

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Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 58. Mainz, 13. August 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal058_1848/5>, abgerufen am 12.06.2024.