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Mainzer Journal. Nr. 165. Mainz, 15. Dezember 1848.

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[Beginn Spaltensatz] fahrten der Bevölkerung in innigster Verbindung stehen. Der
Belagerungszustand hat zwar zu manchen Unbequemlichkeiten
geführt. Jm Allgemeinen ist er aber in den letzten Tagen
kaum fühlbar zu nennen gewesen und auch da, wo er noch
beschränkend in den Weg tritt, wird er, wie verlautet, durch
den Oberbefehlshaber von Neuem gemildert werden.
Entschieden soll dies überall da geschehen, wo die gewerblichen
Jnteressen gefährdet sind. Unter diesen Umständen bietet sich uns
schon für die nächsten Tage die Aussicht auf jenen regen geselligen
Verkehr der früheren Winter dar, und von wesentlichem Einflusse
auf die hiesigen gewerblichen Verhältnisse wird es seyn, daß mit
der gesicherten Ruhe auch zahlreiche fremde Familien wieder
hieher zurückkehren werden,
welche gewohnt waren,
während des Winters ihren Aufenthalt in Berlin zu nehmen.
Uebrigens ist auch, wie wie für gewiß versichern dürfen, der
Zeitpunkt nahe, wo, wie alljährlich, Jhre Majestäten und die
Königlichen Prinzen für die Wintermonate den Aufenhalt in
Berlin nehmen.

Gegen Herrn Eichler, der durch sein demokratische Thä-
tigkeit vielfach bekannt geworden ist, soll eine ernstliche Vorunter-
suchung wegen Aufruhres schweben, welche darauf beruht, daß
derselbe vor einigen Monaten versucht haben soll, einen gewaltsa-
men Angriff auf das Jnstitut der Schutzmänner herbeizuführen.
Herr Eichler soll aber Berlin verlassen haben und nicht zu ermit-
teln seyn. -- Dr. Oppenheim, der der polizeilichen Auswei-
sung längere Zeit Widerstand entgegengesetzt hatte, ist gestern
früh genöthigt worden, mittelst Zwangspasses die Stadt zu ver-
lassen. -- Es wird versichert, daß Dr. Schütte vor einigen
Tagen hier angelangt sey und nach kurzem Aufenthalte sich
nach Hamburg begeben habe, von wo er bereits nach den
nordamerikanischen Freistaaten abgegangen seyn soll. -- Herr
Held veranstaltet in Mylius Hotel in dem ehemaligen
Sitzungssaale der Linken unserer aufgelösten Nationalversamm-
lung mit Genehmigung des Generals Wrangel eine politische
Puppencomödie, welche gewiß beim Publicum große Sensation
erregen und bedeutende Theilnahme finden wird. Um dem Gesetze
Genüge zu leisten, wird die Comödie nicht als eine politische,
sondern als eine tagesgeschichtliche eingeführt. -- Der
Kaufmann Müller, der ehemalige Präsident des souveränen
Lindenclubs, befindet sich noch immer wegen seiner Betheiligung
bei der Ausreißung der Schloßgitter in Haft und soll demselben
ein Straferkenntniß in Aussicht stehen. Unsere früheren Volks-
führer scheinen hiernach sich sämmtlich in traurigen Umständen zu
befinden. Herr Karbe soll sein Geschäft als Conditor fortsetzen.

München 12. December. ( A. P. Z. ) Die von der Erz-
herzogin Sophie von Oesterreich beabsichtigte Reise nach Mün-
chen scheint aufgegeben, wenigstens weiß man bei Hofe hier nichts
davon. [ Wahrscheinlich war die Nachricht eine jener Zeitungs-
enten, die wir ruhig weiter schwimmen lassen, ohne sie für unser
Blatt aufzufangen. ]

* Vom Haardtgebirge 13. December. Zu der proclamirten
Blutrache und zum angekündigten Henkersvereine, von denen
jüngst auch im Mainzer Journale die Rede war, und deren beider
Sprache man dermalen in der Pfalz vielfach hören kann, hat sich
unterdessen noch etwas Weiteres gesellt. Der Terrorismus, dem
wir mit schnellen Schritten entgegengehen, hat schon ein weiteres
Zeichen von sich gegeben: er beginnt mit so einer Art von Pro-
scriptionen.
Herr Fr. Buhl von Deidesheim ( Ettlingen ) ,
in Betreff seiner freisinnigen Ansichten allgemein bekannt, der aber
wie Bassermann, Welcker und Andere wohl einsieht, wohin un-
sere Wühlerei führt und der noch keineswegs gesonnen ist mit
jedem Lumpen, verdorbenem Schreiber oder bankerottem Kauf-
manne sein Vermögen zu theilen, Herr Buhl also soll einen seiner
Arbeiter zu sich haben kommen lassen, welcher neben dem Wein-
bergsgeschäfte auch ein wenig Demokratie getrieben zu haben
scheint. Diesem nun soll er bedeutet haben, wenn er nicht vom
demokratischen Volksvereine austrete, so werde er ihn fortschicken.
-- Was geschieht nun? "Der Volksverein in Deidesheim" läßt
dieses unter seinem Namen in die Speyerer Zeitung vom 9. De-
cember einrücken! Es heißt am Schlusse des Jnserates: "Einer
weitern Bemerkung bedarf ein solches Verfahren nicht." Wahr-
lich im Geiste dieser Vereine deutlich genug gesprochen. Wenn
aber ein Mann, der bei seinem großen Reichthume auch Manches
für die ihm arbeitenden Proletarier thut, und der mit dieser be-
regten Warnung und Androhung gerade auch nur seine Vorsorge
für das Wohl seiner Arbeiter verräth, -- wenn ein solcher Mann
auch nur eine Drohung gegen ein Mitglied der allmächtigen De-
mokratie ausspricht: dann wird die Aechtung über ihn ausge-
sprochen! -- Fahret übrigens nur so fort: bei der Trägheit der
großen Mehrzahl unserer Bürger sind euere Streiche das einzige
noch übrige Aufstachelungsmittel und Jhr mit euerem Treiben seyd
der beste Arzt für gar Viele, die dessen noch bedürfen.

[Spaltenumbruch]

== Mainz 14. December. Jn der gestrigen Sitzung des Ge-
meinderathes hat sich derselbe mit 17 Stimmen gegen 12 in der
Schulfrage dahin ausgesprochen, bei der Staatsbehörde die Auf-
hebung der katholischen und protestantischen Confessionsschulen
und die Einführung von Communalschulen zu bean-
tragen. Die gewichtigsten Gegengründe, welche von der Minori-
tät geltend gemacht wurden, konnten bei der einmal vorgefaßten
Meinung der Gegenpartei sich keine Anerkennung verschaffen, und
trotz der Protestation des hiesigen Piusvereines, der die Rechte
der Katholiken auf ihre Schulen und Schulstiftungen wahrte und
eines ernsten abmahnenden Schreibens von Seite der bischöflichen
Behörde, ward der besagte Beschluß gefaßt. Die Männer, wel-
che gegen den neuen Vorschlag, der, wie sich von selbst versteht,
des Beifalles aller Wühler sich erfreut, aufzutreten den Muth
hatten und in Mitten einer Zuhörerschaft, die durch ihre mannich-
fachen Störungen bewies, wie fähig sie der Freiheit sey, ent-
wickelten klar und bestimmt, wie die Jnteressen der Religion, der
Erziehung, der öffentlichen Ordnung, des Rechtes durch einen
solchen Beschluß verletzt werden müßten; aber umsonst; unsere
Vaterstadt, ohnehin so berühmt und geachtet unter den rheinischen
Städten ob ihrer tüchtigen Gesinnung, konnte doch unmöglich auf
die Ehre verzichten, auch im Schulwesen zuerst dem Zeitgeiste
gehuldigt und deshalb den christlichen Unterricht aus demselben
verbannt zu haben. Denn, wenn auch ein oder das andere Mit-
glied des Gemeinderathes meinte und versicherte, die Religion
liege ihm sehr am Herzen und solle auch durch die neue Schulein-
richtung nicht beeinträchtigt werden, so wird dessenungeachtet, wenn
das Project zur Ausführung kommen sollte, geschehen, was nicht
zu vermeiden ist: wir werden total irreligiöse Schulen und in
Folge davon eine gänzlich irreligiöse und frivole Jugend bekom-
men. Merkwürdig bei der Verhandlung war, daß einer der Ge-
meinderäthe sich gegen die Communalschulen erklärte, nicht weil
er persönlich sie für nachtheilig halte, sondern weil er wisse,
daß die Mehrheit der Bürgerschaft sie nicht wolle.

Er halte aber dafür, der Wille der Mehrheit müsse entscheidend
seyn. Mit Beifall stimmten die Anwesenden dieser Aeußerung
bei; -- aber die Wahrheit seiner Behauptung hinderte nicht, daß
die Abstimmung gegen den Willen der Mehrheit der Bürgerschaft
erfolgte; denn was fragt der falsche Liberalismus nach dem
Wunsche und Willen der Bürgerschaft? -- Möge darum sie selbst
ihre confessionellen Schulen aufrecht erhalten 1). -- Wie man als
sicher hört, wird Herr v. Ketteler, Mitglied der Reichsver-
sammlung zu Frankfurt, auf seiner Heimreise nach Westphalen
am nächsten Sonntage und den drei folgenden Tagen hier pre-
digen. Seine Rede über die socialen Verhältnisse der Gegenwart,
die er vorletzten Sonntag gehalten, hat so allgemein angesprochen,
daß ihm der Wunsch ausgedrückt ward, dieselbe doch fortsetzen zu
wollen. Jn der Zeit beengt, will nun der freundliche Mann auf
die angegebene Weise dem allgemeinen Verlangen entsprechen.

Frankfurt 12. December. ( Karlsr. Z. ) Die Nachricht,
daß Heinrich von Gagern mit nächstem das Ministerium des
Jnnern übernehmen werde, bestätigt sich von allen Seiten und
damit auch die Aussicht auf einen innigen Verband Oesterreichs
mit dem übrigen Deutschlande. Daß an die Spitze Deutschlands
ein erblicher Kaiser gestellt werden soll, ist im Ausschusse be-
schlossen; desgleichen die Ernennung eines Staatsrathes, wozu
jeder Einzelstaat je ein Mitglied stellen soll. Ueber die Be-
dingungen der Einigung mit Deutschland erhalte ich aus sicherer
Hand folgendes Programm, das in Olmütz bereits eine günstige
Aufnahme gefunden haben soll:

1 ) Oesterreich tritt mit seinen zum Deutschen Bunde gehöri-
gen Ländern dem deutschen Bundesstaate nach Maßgabe der von
der deutschen Reichsversammlung desfalls gefaßten Beschlüsse bei.

2 ) Oesterreich tritt mit seinem gesammten außerdeutschen Län-
derbesitze in einen engen, unauflöslichen Staatenbund mit Deutsch-
land.

Die wesentlichen Punkte dieses Bundes sind: a ) Gegenseitige
Gewährleistung der Unabhängigkeit, Jntegrität und beiderseiti-
gen Verfassung.

b ) Schutz= und Trutzbündniß gegen jeden auswärtigen Feind.

c ) Gemeinschaftlichkeit aller von einem der beiden Staaten
für nöthig erachteten völkerrechtlichen Maßregeln.

[Ende Spaltensatz]
1) Wir müssen hier noch die Namen der Votanten einregistriren:
Für Einführung von Communalschulen stimmten die Herren Deninger,
Krämer, Prickarts, Rascher, Noll, Knußmann, Lauteren, Aleiter,
Barthel, Wetter, Hestermann, Dieterich, Gastell, Martel, Schalck,
Bruch und Nack; gegen Einführung derselben die Herren Dael,
Mappes, Nillius, Größer, Lennig, Henco, Heidelberger, Brazy, Kilian,
Hofmann, Klein und Stumpf. Die Herren Noll, Hestermann,
Dieterich
und Bruch sind Protestanten, Herr Nack ist der Herr
Bürgermeister. Daß bei so bewandten Umständen die Majorität nicht
gar schwer in die Wagschaale fällt, sieht Jeder ein.

[Beginn Spaltensatz] fahrten der Bevölkerung in innigster Verbindung stehen. Der
Belagerungszustand hat zwar zu manchen Unbequemlichkeiten
geführt. Jm Allgemeinen ist er aber in den letzten Tagen
kaum fühlbar zu nennen gewesen und auch da, wo er noch
beschränkend in den Weg tritt, wird er, wie verlautet, durch
den Oberbefehlshaber von Neuem gemildert werden.
Entschieden soll dies überall da geschehen, wo die gewerblichen
Jnteressen gefährdet sind. Unter diesen Umständen bietet sich uns
schon für die nächsten Tage die Aussicht auf jenen regen geselligen
Verkehr der früheren Winter dar, und von wesentlichem Einflusse
auf die hiesigen gewerblichen Verhältnisse wird es seyn, daß mit
der gesicherten Ruhe auch zahlreiche fremde Familien wieder
hieher zurückkehren werden,
welche gewohnt waren,
während des Winters ihren Aufenthalt in Berlin zu nehmen.
Uebrigens ist auch, wie wie für gewiß versichern dürfen, der
Zeitpunkt nahe, wo, wie alljährlich, Jhre Majestäten und die
Königlichen Prinzen für die Wintermonate den Aufenhalt in
Berlin nehmen.

Gegen Herrn Eichler, der durch sein demokratische Thä-
tigkeit vielfach bekannt geworden ist, soll eine ernstliche Vorunter-
suchung wegen Aufruhres schweben, welche darauf beruht, daß
derselbe vor einigen Monaten versucht haben soll, einen gewaltsa-
men Angriff auf das Jnstitut der Schutzmänner herbeizuführen.
Herr Eichler soll aber Berlin verlassen haben und nicht zu ermit-
teln seyn. — Dr. Oppenheim, der der polizeilichen Auswei-
sung längere Zeit Widerstand entgegengesetzt hatte, ist gestern
früh genöthigt worden, mittelst Zwangspasses die Stadt zu ver-
lassen. — Es wird versichert, daß Dr. Schütte vor einigen
Tagen hier angelangt sey und nach kurzem Aufenthalte sich
nach Hamburg begeben habe, von wo er bereits nach den
nordamerikanischen Freistaaten abgegangen seyn soll. — Herr
Held veranstaltet in Mylius Hotel in dem ehemaligen
Sitzungssaale der Linken unserer aufgelösten Nationalversamm-
lung mit Genehmigung des Generals Wrangel eine politische
Puppencomödie, welche gewiß beim Publicum große Sensation
erregen und bedeutende Theilnahme finden wird. Um dem Gesetze
Genüge zu leisten, wird die Comödie nicht als eine politische,
sondern als eine tagesgeschichtliche eingeführt. — Der
Kaufmann Müller, der ehemalige Präsident des souveränen
Lindenclubs, befindet sich noch immer wegen seiner Betheiligung
bei der Ausreißung der Schloßgitter in Haft und soll demselben
ein Straferkenntniß in Aussicht stehen. Unsere früheren Volks-
führer scheinen hiernach sich sämmtlich in traurigen Umständen zu
befinden. Herr Karbe soll sein Geschäft als Conditor fortsetzen.

München 12. December. ( A. P. Z. ) Die von der Erz-
herzogin Sophie von Oesterreich beabsichtigte Reise nach Mün-
chen scheint aufgegeben, wenigstens weiß man bei Hofe hier nichts
davon. [ Wahrscheinlich war die Nachricht eine jener Zeitungs-
enten, die wir ruhig weiter schwimmen lassen, ohne sie für unser
Blatt aufzufangen. ]

* Vom Haardtgebirge 13. December. Zu der proclamirten
Blutrache und zum angekündigten Henkersvereine, von denen
jüngst auch im Mainzer Journale die Rede war, und deren beider
Sprache man dermalen in der Pfalz vielfach hören kann, hat sich
unterdessen noch etwas Weiteres gesellt. Der Terrorismus, dem
wir mit schnellen Schritten entgegengehen, hat schon ein weiteres
Zeichen von sich gegeben: er beginnt mit so einer Art von Pro-
scriptionen.
Herr Fr. Buhl von Deidesheim ( Ettlingen ) ,
in Betreff seiner freisinnigen Ansichten allgemein bekannt, der aber
wie Bassermann, Welcker und Andere wohl einsieht, wohin un-
sere Wühlerei führt und der noch keineswegs gesonnen ist mit
jedem Lumpen, verdorbenem Schreiber oder bankerottem Kauf-
manne sein Vermögen zu theilen, Herr Buhl also soll einen seiner
Arbeiter zu sich haben kommen lassen, welcher neben dem Wein-
bergsgeschäfte auch ein wenig Demokratie getrieben zu haben
scheint. Diesem nun soll er bedeutet haben, wenn er nicht vom
demokratischen Volksvereine austrete, so werde er ihn fortschicken.
— Was geschieht nun? „Der Volksverein in Deidesheim“ läßt
dieses unter seinem Namen in die Speyerer Zeitung vom 9. De-
cember einrücken! Es heißt am Schlusse des Jnserates: „Einer
weitern Bemerkung bedarf ein solches Verfahren nicht.“ Wahr-
lich im Geiste dieser Vereine deutlich genug gesprochen. Wenn
aber ein Mann, der bei seinem großen Reichthume auch Manches
für die ihm arbeitenden Proletarier thut, und der mit dieser be-
regten Warnung und Androhung gerade auch nur seine Vorsorge
für das Wohl seiner Arbeiter verräth, — wenn ein solcher Mann
auch nur eine Drohung gegen ein Mitglied der allmächtigen De-
mokratie ausspricht: dann wird die Aechtung über ihn ausge-
sprochen! — Fahret übrigens nur so fort: bei der Trägheit der
großen Mehrzahl unserer Bürger sind euere Streiche das einzige
noch übrige Aufstachelungsmittel und Jhr mit euerem Treiben seyd
der beste Arzt für gar Viele, die dessen noch bedürfen.

[Spaltenumbruch]

== Mainz 14. December. Jn der gestrigen Sitzung des Ge-
meinderathes hat sich derselbe mit 17 Stimmen gegen 12 in der
Schulfrage dahin ausgesprochen, bei der Staatsbehörde die Auf-
hebung der katholischen und protestantischen Confessionsschulen
und die Einführung von Communalschulen zu bean-
tragen. Die gewichtigsten Gegengründe, welche von der Minori-
tät geltend gemacht wurden, konnten bei der einmal vorgefaßten
Meinung der Gegenpartei sich keine Anerkennung verschaffen, und
trotz der Protestation des hiesigen Piusvereines, der die Rechte
der Katholiken auf ihre Schulen und Schulstiftungen wahrte und
eines ernsten abmahnenden Schreibens von Seite der bischöflichen
Behörde, ward der besagte Beschluß gefaßt. Die Männer, wel-
che gegen den neuen Vorschlag, der, wie sich von selbst versteht,
des Beifalles aller Wühler sich erfreut, aufzutreten den Muth
hatten und in Mitten einer Zuhörerschaft, die durch ihre mannich-
fachen Störungen bewies, wie fähig sie der Freiheit sey, ent-
wickelten klar und bestimmt, wie die Jnteressen der Religion, der
Erziehung, der öffentlichen Ordnung, des Rechtes durch einen
solchen Beschluß verletzt werden müßten; aber umsonst; unsere
Vaterstadt, ohnehin so berühmt und geachtet unter den rheinischen
Städten ob ihrer tüchtigen Gesinnung, konnte doch unmöglich auf
die Ehre verzichten, auch im Schulwesen zuerst dem Zeitgeiste
gehuldigt und deshalb den christlichen Unterricht aus demselben
verbannt zu haben. Denn, wenn auch ein oder das andere Mit-
glied des Gemeinderathes meinte und versicherte, die Religion
liege ihm sehr am Herzen und solle auch durch die neue Schulein-
richtung nicht beeinträchtigt werden, so wird dessenungeachtet, wenn
das Project zur Ausführung kommen sollte, geschehen, was nicht
zu vermeiden ist: wir werden total irreligiöse Schulen und in
Folge davon eine gänzlich irreligiöse und frivole Jugend bekom-
men. Merkwürdig bei der Verhandlung war, daß einer der Ge-
meinderäthe sich gegen die Communalschulen erklärte, nicht weil
er persönlich sie für nachtheilig halte, sondern weil er wisse,
daß die Mehrheit der Bürgerschaft sie nicht wolle.

Er halte aber dafür, der Wille der Mehrheit müsse entscheidend
seyn. Mit Beifall stimmten die Anwesenden dieser Aeußerung
bei; — aber die Wahrheit seiner Behauptung hinderte nicht, daß
die Abstimmung gegen den Willen der Mehrheit der Bürgerschaft
erfolgte; denn was fragt der falsche Liberalismus nach dem
Wunsche und Willen der Bürgerschaft? — Möge darum sie selbst
ihre confessionellen Schulen aufrecht erhalten 1). — Wie man als
sicher hört, wird Herr v. Ketteler, Mitglied der Reichsver-
sammlung zu Frankfurt, auf seiner Heimreise nach Westphalen
am nächsten Sonntage und den drei folgenden Tagen hier pre-
digen. Seine Rede über die socialen Verhältnisse der Gegenwart,
die er vorletzten Sonntag gehalten, hat so allgemein angesprochen,
daß ihm der Wunsch ausgedrückt ward, dieselbe doch fortsetzen zu
wollen. Jn der Zeit beengt, will nun der freundliche Mann auf
die angegebene Weise dem allgemeinen Verlangen entsprechen.

Frankfurt 12. December. ( Karlsr. Z. ) Die Nachricht,
daß Heinrich von Gagern mit nächstem das Ministerium des
Jnnern übernehmen werde, bestätigt sich von allen Seiten und
damit auch die Aussicht auf einen innigen Verband Oesterreichs
mit dem übrigen Deutschlande. Daß an die Spitze Deutschlands
ein erblicher Kaiser gestellt werden soll, ist im Ausschusse be-
schlossen; desgleichen die Ernennung eines Staatsrathes, wozu
jeder Einzelstaat je ein Mitglied stellen soll. Ueber die Be-
dingungen der Einigung mit Deutschland erhalte ich aus sicherer
Hand folgendes Programm, das in Olmütz bereits eine günstige
Aufnahme gefunden haben soll:

1 ) Oesterreich tritt mit seinen zum Deutschen Bunde gehöri-
gen Ländern dem deutschen Bundesstaate nach Maßgabe der von
der deutschen Reichsversammlung desfalls gefaßten Beschlüsse bei.

2 ) Oesterreich tritt mit seinem gesammten außerdeutschen Län-
derbesitze in einen engen, unauflöslichen Staatenbund mit Deutsch-
land.

Die wesentlichen Punkte dieses Bundes sind: a ) Gegenseitige
Gewährleistung der Unabhängigkeit, Jntegrität und beiderseiti-
gen Verfassung.

b ) Schutz= und Trutzbündniß gegen jeden auswärtigen Feind.

c ) Gemeinschaftlichkeit aller von einem der beiden Staaten
für nöthig erachteten völkerrechtlichen Maßregeln.

[Ende Spaltensatz]
1) Wir müssen hier noch die Namen der Votanten einregistriren:
Für Einführung von Communalschulen stimmten die Herren Deninger,
Krämer, Prickarts, Rascher, Noll, Knußmann, Lauteren, Aleiter,
Barthel, Wetter, Hestermann, Dieterich, Gastell, Martel, Schalck,
Bruch und Nack; gegen Einführung derselben die Herren Dael,
Mappes, Nillius, Größer, Lennig, Henco, Heidelberger, Brazy, Kilian,
Hofmann, Klein und Stumpf. Die Herren Noll, Hestermann,
Dieterich
und Bruch sind Protestanten, Herr Nack ist der Herr
Bürgermeister. Daß bei so bewandten Umständen die Majorität nicht
gar schwer in die Wagschaale fällt, sieht Jeder ein.
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[0003] fahrten der Bevölkerung in innigster Verbindung stehen. Der Belagerungszustand hat zwar zu manchen Unbequemlichkeiten geführt. Jm Allgemeinen ist er aber in den letzten Tagen kaum fühlbar zu nennen gewesen und auch da, wo er noch beschränkend in den Weg tritt, wird er, wie verlautet, durch den Oberbefehlshaber von Neuem gemildert werden. Entschieden soll dies überall da geschehen, wo die gewerblichen Jnteressen gefährdet sind. Unter diesen Umständen bietet sich uns schon für die nächsten Tage die Aussicht auf jenen regen geselligen Verkehr der früheren Winter dar, und von wesentlichem Einflusse auf die hiesigen gewerblichen Verhältnisse wird es seyn, daß mit der gesicherten Ruhe auch zahlreiche fremde Familien wieder hieher zurückkehren werden, welche gewohnt waren, während des Winters ihren Aufenthalt in Berlin zu nehmen. Uebrigens ist auch, wie wie für gewiß versichern dürfen, der Zeitpunkt nahe, wo, wie alljährlich, Jhre Majestäten und die Königlichen Prinzen für die Wintermonate den Aufenhalt in Berlin nehmen. Gegen Herrn Eichler, der durch sein demokratische Thä- tigkeit vielfach bekannt geworden ist, soll eine ernstliche Vorunter- suchung wegen Aufruhres schweben, welche darauf beruht, daß derselbe vor einigen Monaten versucht haben soll, einen gewaltsa- men Angriff auf das Jnstitut der Schutzmänner herbeizuführen. Herr Eichler soll aber Berlin verlassen haben und nicht zu ermit- teln seyn. — Dr. Oppenheim, der der polizeilichen Auswei- sung längere Zeit Widerstand entgegengesetzt hatte, ist gestern früh genöthigt worden, mittelst Zwangspasses die Stadt zu ver- lassen. — Es wird versichert, daß Dr. Schütte vor einigen Tagen hier angelangt sey und nach kurzem Aufenthalte sich nach Hamburg begeben habe, von wo er bereits nach den nordamerikanischen Freistaaten abgegangen seyn soll. — Herr Held veranstaltet in Mylius Hotel in dem ehemaligen Sitzungssaale der Linken unserer aufgelösten Nationalversamm- lung mit Genehmigung des Generals Wrangel eine politische Puppencomödie, welche gewiß beim Publicum große Sensation erregen und bedeutende Theilnahme finden wird. Um dem Gesetze Genüge zu leisten, wird die Comödie nicht als eine politische, sondern als eine tagesgeschichtliche eingeführt. — Der Kaufmann Müller, der ehemalige Präsident des souveränen Lindenclubs, befindet sich noch immer wegen seiner Betheiligung bei der Ausreißung der Schloßgitter in Haft und soll demselben ein Straferkenntniß in Aussicht stehen. Unsere früheren Volks- führer scheinen hiernach sich sämmtlich in traurigen Umständen zu befinden. Herr Karbe soll sein Geschäft als Conditor fortsetzen. München 12. December. ( A. P. Z. ) Die von der Erz- herzogin Sophie von Oesterreich beabsichtigte Reise nach Mün- chen scheint aufgegeben, wenigstens weiß man bei Hofe hier nichts davon. [ Wahrscheinlich war die Nachricht eine jener Zeitungs- enten, die wir ruhig weiter schwimmen lassen, ohne sie für unser Blatt aufzufangen. ] * Vom Haardtgebirge 13. December. Zu der proclamirten Blutrache und zum angekündigten Henkersvereine, von denen jüngst auch im Mainzer Journale die Rede war, und deren beider Sprache man dermalen in der Pfalz vielfach hören kann, hat sich unterdessen noch etwas Weiteres gesellt. Der Terrorismus, dem wir mit schnellen Schritten entgegengehen, hat schon ein weiteres Zeichen von sich gegeben: er beginnt mit so einer Art von Pro- scriptionen. Herr Fr. Buhl von Deidesheim ( Ettlingen ) , in Betreff seiner freisinnigen Ansichten allgemein bekannt, der aber wie Bassermann, Welcker und Andere wohl einsieht, wohin un- sere Wühlerei führt und der noch keineswegs gesonnen ist mit jedem Lumpen, verdorbenem Schreiber oder bankerottem Kauf- manne sein Vermögen zu theilen, Herr Buhl also soll einen seiner Arbeiter zu sich haben kommen lassen, welcher neben dem Wein- bergsgeschäfte auch ein wenig Demokratie getrieben zu haben scheint. Diesem nun soll er bedeutet haben, wenn er nicht vom demokratischen Volksvereine austrete, so werde er ihn fortschicken. — Was geschieht nun? „Der Volksverein in Deidesheim“ läßt dieses unter seinem Namen in die Speyerer Zeitung vom 9. De- cember einrücken! Es heißt am Schlusse des Jnserates: „Einer weitern Bemerkung bedarf ein solches Verfahren nicht.“ Wahr- lich im Geiste dieser Vereine deutlich genug gesprochen. Wenn aber ein Mann, der bei seinem großen Reichthume auch Manches für die ihm arbeitenden Proletarier thut, und der mit dieser be- regten Warnung und Androhung gerade auch nur seine Vorsorge für das Wohl seiner Arbeiter verräth, — wenn ein solcher Mann auch nur eine Drohung gegen ein Mitglied der allmächtigen De- mokratie ausspricht: dann wird die Aechtung über ihn ausge- sprochen! — Fahret übrigens nur so fort: bei der Trägheit der großen Mehrzahl unserer Bürger sind euere Streiche das einzige noch übrige Aufstachelungsmittel und Jhr mit euerem Treiben seyd der beste Arzt für gar Viele, die dessen noch bedürfen. == Mainz 14. December. Jn der gestrigen Sitzung des Ge- meinderathes hat sich derselbe mit 17 Stimmen gegen 12 in der Schulfrage dahin ausgesprochen, bei der Staatsbehörde die Auf- hebung der katholischen und protestantischen Confessionsschulen und die Einführung von Communalschulen zu bean- tragen. Die gewichtigsten Gegengründe, welche von der Minori- tät geltend gemacht wurden, konnten bei der einmal vorgefaßten Meinung der Gegenpartei sich keine Anerkennung verschaffen, und trotz der Protestation des hiesigen Piusvereines, der die Rechte der Katholiken auf ihre Schulen und Schulstiftungen wahrte und eines ernsten abmahnenden Schreibens von Seite der bischöflichen Behörde, ward der besagte Beschluß gefaßt. Die Männer, wel- che gegen den neuen Vorschlag, der, wie sich von selbst versteht, des Beifalles aller Wühler sich erfreut, aufzutreten den Muth hatten und in Mitten einer Zuhörerschaft, die durch ihre mannich- fachen Störungen bewies, wie fähig sie der Freiheit sey, ent- wickelten klar und bestimmt, wie die Jnteressen der Religion, der Erziehung, der öffentlichen Ordnung, des Rechtes durch einen solchen Beschluß verletzt werden müßten; aber umsonst; unsere Vaterstadt, ohnehin so berühmt und geachtet unter den rheinischen Städten ob ihrer tüchtigen Gesinnung, konnte doch unmöglich auf die Ehre verzichten, auch im Schulwesen zuerst dem Zeitgeiste gehuldigt und deshalb den christlichen Unterricht aus demselben verbannt zu haben. Denn, wenn auch ein oder das andere Mit- glied des Gemeinderathes meinte und versicherte, die Religion liege ihm sehr am Herzen und solle auch durch die neue Schulein- richtung nicht beeinträchtigt werden, so wird dessenungeachtet, wenn das Project zur Ausführung kommen sollte, geschehen, was nicht zu vermeiden ist: wir werden total irreligiöse Schulen und in Folge davon eine gänzlich irreligiöse und frivole Jugend bekom- men. Merkwürdig bei der Verhandlung war, daß einer der Ge- meinderäthe sich gegen die Communalschulen erklärte, nicht weil er persönlich sie für nachtheilig halte, sondern weil er wisse, daß die Mehrheit der Bürgerschaft sie nicht wolle. Er halte aber dafür, der Wille der Mehrheit müsse entscheidend seyn. Mit Beifall stimmten die Anwesenden dieser Aeußerung bei; — aber die Wahrheit seiner Behauptung hinderte nicht, daß die Abstimmung gegen den Willen der Mehrheit der Bürgerschaft erfolgte; denn was fragt der falsche Liberalismus nach dem Wunsche und Willen der Bürgerschaft? — Möge darum sie selbst ihre confessionellen Schulen aufrecht erhalten 1). — Wie man als sicher hört, wird Herr v. Ketteler, Mitglied der Reichsver- sammlung zu Frankfurt, auf seiner Heimreise nach Westphalen am nächsten Sonntage und den drei folgenden Tagen hier pre- digen. Seine Rede über die socialen Verhältnisse der Gegenwart, die er vorletzten Sonntag gehalten, hat so allgemein angesprochen, daß ihm der Wunsch ausgedrückt ward, dieselbe doch fortsetzen zu wollen. Jn der Zeit beengt, will nun der freundliche Mann auf die angegebene Weise dem allgemeinen Verlangen entsprechen. Frankfurt 12. December. ( Karlsr. Z. ) Die Nachricht, daß Heinrich von Gagern mit nächstem das Ministerium des Jnnern übernehmen werde, bestätigt sich von allen Seiten und damit auch die Aussicht auf einen innigen Verband Oesterreichs mit dem übrigen Deutschlande. Daß an die Spitze Deutschlands ein erblicher Kaiser gestellt werden soll, ist im Ausschusse be- schlossen; desgleichen die Ernennung eines Staatsrathes, wozu jeder Einzelstaat je ein Mitglied stellen soll. Ueber die Be- dingungen der Einigung mit Deutschland erhalte ich aus sicherer Hand folgendes Programm, das in Olmütz bereits eine günstige Aufnahme gefunden haben soll: 1 ) Oesterreich tritt mit seinen zum Deutschen Bunde gehöri- gen Ländern dem deutschen Bundesstaate nach Maßgabe der von der deutschen Reichsversammlung desfalls gefaßten Beschlüsse bei. 2 ) Oesterreich tritt mit seinem gesammten außerdeutschen Län- derbesitze in einen engen, unauflöslichen Staatenbund mit Deutsch- land. Die wesentlichen Punkte dieses Bundes sind: a ) Gegenseitige Gewährleistung der Unabhängigkeit, Jntegrität und beiderseiti- gen Verfassung. b ) Schutz= und Trutzbündniß gegen jeden auswärtigen Feind. c ) Gemeinschaftlichkeit aller von einem der beiden Staaten für nöthig erachteten völkerrechtlichen Maßregeln. 1) Wir müssen hier noch die Namen der Votanten einregistriren: Für Einführung von Communalschulen stimmten die Herren Deninger, Krämer, Prickarts, Rascher, Noll, Knußmann, Lauteren, Aleiter, Barthel, Wetter, Hestermann, Dieterich, Gastell, Martel, Schalck, Bruch und Nack; gegen Einführung derselben die Herren Dael, Mappes, Nillius, Größer, Lennig, Henco, Heidelberger, Brazy, Kilian, Hofmann, Klein und Stumpf. Die Herren Noll, Hestermann, Dieterich und Bruch sind Protestanten, Herr Nack ist der Herr Bürgermeister. Daß bei so bewandten Umständen die Majorität nicht gar schwer in die Wagschaale fällt, sieht Jeder ein.

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Susanne Haaf, Rahel Hartz, Nicole Postelt: Nachkorrektur und Vervollständigung der TEI/DTABf-Annotation
Rahel Hartz: Artikelstrukturierung

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Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 165. Mainz, 15. Dezember 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal165_1848/3>, abgerufen am 13.06.2024.