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Mainzer Journal. Nr. 165. Mainz, 15. Dezember 1848.

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Beilage zum Mainzer Journal.


Nro 165. Samstag, den 16. December. 1848.


[Beginn Spaltensatz]
Verhandlungen der Nationalversammlung.
Vom 15. December.
Tagesordnung der 136. öffentlichen Sitzung.
Fortsetzung der Berathung über die Vorlage zur zweiten Lesung der
Grundrechte.

Der Vorsitzende, Heinrich v. Gagern, zeigt den Austritt
des Abgeordneten Gerstner aus Böhmen an. Sodann wird eine
längere Reihe von deutschen Buchhandlungen namhaft gemacht:
Julius Baumgärtner in Leipzig, Dumont=Schauberg in Köln,
Flammer und Hofmann in Pforzheim, sämmtliche Buchhändler
Frankfurts, welche der Reichsbibliothek eine beliebige Auswahl
aus ihren Verlagswerken zur unentgeldlichen Verfügung stellen.
Moritz Hartmann aus Leitmeritz fürchtet, die Auswahl werde
durch Fachmänner und mithin einseitig geschehen. Daher bean-
tragt er, es solle dem Bureau eine Commission für die Biblio-
thekangelegenheit zur Seite gesetzt werden. Wird genehmigt und
den obigen Buchhändlern zugleich die dankende Anerkenntniß der
Versammlung ausgesprochen.

v. Mayfeld aus Wien ersucht das Reichsministerium in
Folge der vom österreichischen Ministerium auf die Anfragen
Schuselka's zu Kremsier gemachten Eröffnungen, um Aufklärung
der Widersprüche jener österreichischen und der diesseitigen Mit-
theilungen des Reichsministeriums der Justiz.

Zimmermann von Spandow verlangt, daß die neuer-
richteten Aemter und die dazu ernannten Personen vom Ministe-
rium bezeichnet werden.

Dietsch aus Annaberg fragt die Reichsminister des Jnnern
und der Justiz: was zur Ermittelung und Bestrafung der
Schuldtragenden von Blums Hinrichtung geschehen, wie dem
Ungehorsame des österreichischen Ministeriums begegnet werden
solle Alle diese Anfragen werden dem Reichsministerium zur
Beantwortung zugefertigt.

Werner von Oberkirch stellt einen dringenden Antrag in
Bezug auf die außerordentliche Conscription in Baden: daß das
Reichsministerium des Krieges veranlaßt werde, die Zurücknahme
der badischen Truppenaushebungsmaßregeln zu verfügen und
dafür die Einführung von Bürgerwehren, allgemeiner Volks-
bewaffnung u. s. w. anzuordnen. Der Antrag wird als dringlich
nicht erkannt und dem Wehrausschusse zur Begutachtung über-
wiesen.

Vicepräsident Beseler trägt die Liste sehr zahlreicher Ur-
landsgesuche vor, die sämmtlich bewilligt werden. Dann über-
nimmt er den Vorsitz für die Fortsetzung der zweiten Lesung
der Grundrechte.
Die Abstimmung geht auch heute rasch
von statten. Unter Verzicht auf die Discussion wird zum Be-
schlusse erhoben:

Artikel VI. §. 22. Die Wissenschaft und ihre Lehre ist frei.

§. 23. Das Unterrichts= und Erziehungswesen steht unter
der Oberaufsicht des Staates, und ist, abgesehen vom Religions-
unterrichte, der Beaufsichtigung der Geistlichkeit als solcher enthoben.

§. 24. Unterrichts= und Erziehungsanstalten zu gründen,
zu leiten und an solchen Unterricht zu ertheilen, steht jedem Deut-
schen frei, wenn er seine Befähigung der betreffenden Staats-
behörde nachgewiesen hat. Der häusliche Unterricht unterliegt
keiner Beschränkung.

§. 25. Für die Bildung der deutschen Jugend soll durch
öffentliche Schulen überall genügend gesorgt werden. Angenom-
men wird dazu der Zusatz des Schulausschusses: Die öffentlichen
Lehrer haben die Rechte der Staatsdiener. ( Ebenso der Zusatz
desselben Schulausschusses: Der Staat stellt unter gesetzlich ge-
ordneter Betheiligung der Gemeinden, aus der Zahl der Geprüf-
ten, die Lehrer der Volksschulen an. )

Eltern oder deren Stellvertreter dürfen ihre Kinder oder
Pflegbefohlenen nicht ohne den Unterricht lassen, welcher für die
unteren Volksschulen vorgeschrieben ist.

Obige beiden Zusätze des Schulausschusses werden in dem
Artikel einen besondern Paragraphen bilden, wozu dem Verfas-
sungsausschusse der Auftrag ertheilt wird.

§. 26. Für den Unterricht in Volksschulen und niederen Ge-
werbeschulen wird kein Schulgeld bezahlt. Unbemittelten soll auf
[Spaltenumbruch] allen öffentlichen Unterrichtsanstalten freier Unterricht gewährt
werden.

Der Zusatz des Schulausschusses, daß keine besonderen Ar-
menschulen mehr bestehen dürfen, zu §. 26. wird mit 206 gegen
202 Stimmen verworfen.

§. 27. Es steht einem Jeden frei, seinen Beruf zu wählen
und sich für denselben auszubilden, wie und wo er will.

Artikel VII. §. 28. Die Deutschen haben das Recht, sich fried-
lich und ohne Waffen zu versammeln; einer besondern Erlaub-
niß bedarf es nicht. Volksversammlungen unter freiem Himmel
können bei dringender Gefahr für die öffentliche Ordnung und
Sicherheit verboten werden.

§. 29. Die Deutschen haben das Recht Vereine zu bilden.
Dieses Recht soll durch keine vorbeugende Maßregel beschränkt
werden.

Nachdem auf Zachariä's Antrag noch folgender Zusatz ange-
nommen worden: "Die in §§. 28. und 29. enthaltenen Bestim-
mungen finden auch auf das Heer und die Kriegsflotte Anwen-
dung, insofern die Disciplinargesetze nicht entgegenstehen" -- ver-
tagt das Haus die Berathung über die Grundrechte. Wesen-
donck
interpellirt abermals im heftigsten Tone und mit dem
dringendsten Ausdrucke den Biedermann=sächsischen Ausschuß um
Beschleunigung des Berichtes über die preußischen Angelegen-
heiten.

Jordan von Marburg erklärt, daß der Referent des Aus-
schusses erkrankt und daher die verlangte Berichterstattung vor
Montag nicht zu liefern sey. Mit der Feststellung der morgenden
Tagesordnung schließt2 1 / 4 Uhr Nachmittags die heutige Sitzung.



Deutschland.

Wien 10. December. ( A. Z. ) Wie ich Jhnen geschrieben,
gestern begannen die Operationen, indem das Hauptquartier an
die ungarische Grenze aufgebrochen ist, heute verläßt uns der
Banus, morgen wird Preßburg angegriffen, "genommen," wie
man jetzt immer sagt, denn an ernstlichen Widerstand ist kaum zu
denken. Uebrigens sind wir ohne alle bestimmten Nachrichten aus
Ungarn. Ziemlich verbürgt scheint es, daß die Nationalgarde in
den Städten entwaffnet wurde, als nicht verläßlich, und daß
Kossuth aller Orten das Proletariat bewaffnete, c'est tout comme
chez nous
. Windischgrätz wie Cavaignac kämpft nur, wo der
Sieg unfehlbar ist, und jedenfalls ist seine Uebermacht in Ungarn
unwiderstehlich. Täglich kommen hier jetzt Remonten durch in lan-
gen Zügen; da es in Ungarn namentlich an Transportmitteln
gebricht, mußte ein enormer Train neu geschaffen werden. Auch
exerciren auf dem Glacis die Recruten, deren die Bataillone jetzt
übermäßig viele haben. Aufsehen erregen die Officiere der hiesigen
Freiwilligen, welche aus Jtalien zurückkamen, und zwar in pie-
montesischen Uniformen; das vortreffliche Tuch war ihnen eine
willkommene Beute, und nach dem Reglement frägt kein Mensch
mehr, unsere Officiere sind eine wahre Musterkarte von Paletots
jeder Art, von Fräcken und Waffenröcken. -- Noch immer erwar-
tet man das kaiserliche Manifest, welches dem Angriffe auf Ungarn
vorhergehen soll.

Wien 11. December. ( St. C. ) Der ehemalige Bezirkschef
der Nationalgarde in einer Vorstadt, ein reicher, von Geschäften
zurückgezogener Privatier, ist von der Gemeinde auf Schadener-
satz verklagt worden, da der von ihm ertheilte Befehl, beim An-
griffe der Truppen die Fenster offen zu halten, Plünderungen ver-
anlaßt habe. Das Vermögen des Angeklagten soll sich auf eine
halbe Million belaufen. -- Nach der erschienenen Kundmachung
verfällt der standrechtlichen Behandlung noch fortwäh-
rend: wer Waffen verheimlicht und nicht abliefert; wer einen
Militäristen zum Treubruche zu verleiten sucht; wer zum Aufruhre
reizt oder einer solchen Aufforderung werkthätige Hilfe leistet;
wer bei einer aufrührerischen Zusammenrottung auf die erste Auf-
forderung der öffentlichen Behörde sich nicht zurückzieht und wer
im letztern Falle mit Waffen in der Hand betreten wird.

Berlin 12. December. ( D. Z. ) Heute kündigt auch unser
bestes Witzblatt "Kladderadatsch" durch gewaltige Placate an
allen Straßenecken an, daß es von jetzt ab wieder erscheinen werde.
Das bunte Gewühl des Weihnachtsmarktes hat ebenfalls begon-
nen, so daß der Fremde unserer Stadt vom Belagerungszustande
[Ende Spaltensatz]

Beilage zum Mainzer Journal.


Nro 165. Samstag, den 16. December. 1848.


[Beginn Spaltensatz]
Verhandlungen der Nationalversammlung.
Vom 15. December.
Tagesordnung der 136. öffentlichen Sitzung.
Fortsetzung der Berathung über die Vorlage zur zweiten Lesung der
Grundrechte.

Der Vorsitzende, Heinrich v. Gagern, zeigt den Austritt
des Abgeordneten Gerstner aus Böhmen an. Sodann wird eine
längere Reihe von deutschen Buchhandlungen namhaft gemacht:
Julius Baumgärtner in Leipzig, Dumont=Schauberg in Köln,
Flammer und Hofmann in Pforzheim, sämmtliche Buchhändler
Frankfurts, welche der Reichsbibliothek eine beliebige Auswahl
aus ihren Verlagswerken zur unentgeldlichen Verfügung stellen.
Moritz Hartmann aus Leitmeritz fürchtet, die Auswahl werde
durch Fachmänner und mithin einseitig geschehen. Daher bean-
tragt er, es solle dem Bureau eine Commission für die Biblio-
thekangelegenheit zur Seite gesetzt werden. Wird genehmigt und
den obigen Buchhändlern zugleich die dankende Anerkenntniß der
Versammlung ausgesprochen.

v. Mayfeld aus Wien ersucht das Reichsministerium in
Folge der vom österreichischen Ministerium auf die Anfragen
Schuselka's zu Kremsier gemachten Eröffnungen, um Aufklärung
der Widersprüche jener österreichischen und der diesseitigen Mit-
theilungen des Reichsministeriums der Justiz.

Zimmermann von Spandow verlangt, daß die neuer-
richteten Aemter und die dazu ernannten Personen vom Ministe-
rium bezeichnet werden.

Dietsch aus Annaberg fragt die Reichsminister des Jnnern
und der Justiz: was zur Ermittelung und Bestrafung der
Schuldtragenden von Blums Hinrichtung geschehen, wie dem
Ungehorsame des österreichischen Ministeriums begegnet werden
solle Alle diese Anfragen werden dem Reichsministerium zur
Beantwortung zugefertigt.

Werner von Oberkirch stellt einen dringenden Antrag in
Bezug auf die außerordentliche Conscription in Baden: daß das
Reichsministerium des Krieges veranlaßt werde, die Zurücknahme
der badischen Truppenaushebungsmaßregeln zu verfügen und
dafür die Einführung von Bürgerwehren, allgemeiner Volks-
bewaffnung u. s. w. anzuordnen. Der Antrag wird als dringlich
nicht erkannt und dem Wehrausschusse zur Begutachtung über-
wiesen.

Vicepräsident Beseler trägt die Liste sehr zahlreicher Ur-
landsgesuche vor, die sämmtlich bewilligt werden. Dann über-
nimmt er den Vorsitz für die Fortsetzung der zweiten Lesung
der Grundrechte.
Die Abstimmung geht auch heute rasch
von statten. Unter Verzicht auf die Discussion wird zum Be-
schlusse erhoben:

Artikel VI. §. 22. Die Wissenschaft und ihre Lehre ist frei.

§. 23. Das Unterrichts= und Erziehungswesen steht unter
der Oberaufsicht des Staates, und ist, abgesehen vom Religions-
unterrichte, der Beaufsichtigung der Geistlichkeit als solcher enthoben.

§. 24. Unterrichts= und Erziehungsanstalten zu gründen,
zu leiten und an solchen Unterricht zu ertheilen, steht jedem Deut-
schen frei, wenn er seine Befähigung der betreffenden Staats-
behörde nachgewiesen hat. Der häusliche Unterricht unterliegt
keiner Beschränkung.

§. 25. Für die Bildung der deutschen Jugend soll durch
öffentliche Schulen überall genügend gesorgt werden. Angenom-
men wird dazu der Zusatz des Schulausschusses: Die öffentlichen
Lehrer haben die Rechte der Staatsdiener. ( Ebenso der Zusatz
desselben Schulausschusses: Der Staat stellt unter gesetzlich ge-
ordneter Betheiligung der Gemeinden, aus der Zahl der Geprüf-
ten, die Lehrer der Volksschulen an. )

Eltern oder deren Stellvertreter dürfen ihre Kinder oder
Pflegbefohlenen nicht ohne den Unterricht lassen, welcher für die
unteren Volksschulen vorgeschrieben ist.

Obige beiden Zusätze des Schulausschusses werden in dem
Artikel einen besondern Paragraphen bilden, wozu dem Verfas-
sungsausschusse der Auftrag ertheilt wird.

§. 26. Für den Unterricht in Volksschulen und niederen Ge-
werbeschulen wird kein Schulgeld bezahlt. Unbemittelten soll auf
[Spaltenumbruch] allen öffentlichen Unterrichtsanstalten freier Unterricht gewährt
werden.

Der Zusatz des Schulausschusses, daß keine besonderen Ar-
menschulen mehr bestehen dürfen, zu §. 26. wird mit 206 gegen
202 Stimmen verworfen.

§. 27. Es steht einem Jeden frei, seinen Beruf zu wählen
und sich für denselben auszubilden, wie und wo er will.

Artikel VII. §. 28. Die Deutschen haben das Recht, sich fried-
lich und ohne Waffen zu versammeln; einer besondern Erlaub-
niß bedarf es nicht. Volksversammlungen unter freiem Himmel
können bei dringender Gefahr für die öffentliche Ordnung und
Sicherheit verboten werden.

§. 29. Die Deutschen haben das Recht Vereine zu bilden.
Dieses Recht soll durch keine vorbeugende Maßregel beschränkt
werden.

Nachdem auf Zachariä's Antrag noch folgender Zusatz ange-
nommen worden: „Die in §§. 28. und 29. enthaltenen Bestim-
mungen finden auch auf das Heer und die Kriegsflotte Anwen-
dung, insofern die Disciplinargesetze nicht entgegenstehen“ — ver-
tagt das Haus die Berathung über die Grundrechte. Wesen-
donck
interpellirt abermals im heftigsten Tone und mit dem
dringendsten Ausdrucke den Biedermann=sächsischen Ausschuß um
Beschleunigung des Berichtes über die preußischen Angelegen-
heiten.

Jordan von Marburg erklärt, daß der Referent des Aus-
schusses erkrankt und daher die verlangte Berichterstattung vor
Montag nicht zu liefern sey. Mit der Feststellung der morgenden
Tagesordnung schließt2 1 / 4 Uhr Nachmittags die heutige Sitzung.



Deutschland.

Wien 10. December. ( A. Z. ) Wie ich Jhnen geschrieben,
gestern begannen die Operationen, indem das Hauptquartier an
die ungarische Grenze aufgebrochen ist, heute verläßt uns der
Banus, morgen wird Preßburg angegriffen, „genommen,“ wie
man jetzt immer sagt, denn an ernstlichen Widerstand ist kaum zu
denken. Uebrigens sind wir ohne alle bestimmten Nachrichten aus
Ungarn. Ziemlich verbürgt scheint es, daß die Nationalgarde in
den Städten entwaffnet wurde, als nicht verläßlich, und daß
Kossuth aller Orten das Proletariat bewaffnete, c'est tout comme
chez nous
. Windischgrätz wie Cavaignac kämpft nur, wo der
Sieg unfehlbar ist, und jedenfalls ist seine Uebermacht in Ungarn
unwiderstehlich. Täglich kommen hier jetzt Remonten durch in lan-
gen Zügen; da es in Ungarn namentlich an Transportmitteln
gebricht, mußte ein enormer Train neu geschaffen werden. Auch
exerciren auf dem Glacis die Recruten, deren die Bataillone jetzt
übermäßig viele haben. Aufsehen erregen die Officiere der hiesigen
Freiwilligen, welche aus Jtalien zurückkamen, und zwar in pie-
montesischen Uniformen; das vortreffliche Tuch war ihnen eine
willkommene Beute, und nach dem Reglement frägt kein Mensch
mehr, unsere Officiere sind eine wahre Musterkarte von Paletots
jeder Art, von Fräcken und Waffenröcken. — Noch immer erwar-
tet man das kaiserliche Manifest, welches dem Angriffe auf Ungarn
vorhergehen soll.

Wien 11. December. ( St. C. ) Der ehemalige Bezirkschef
der Nationalgarde in einer Vorstadt, ein reicher, von Geschäften
zurückgezogener Privatier, ist von der Gemeinde auf Schadener-
satz verklagt worden, da der von ihm ertheilte Befehl, beim An-
griffe der Truppen die Fenster offen zu halten, Plünderungen ver-
anlaßt habe. Das Vermögen des Angeklagten soll sich auf eine
halbe Million belaufen. — Nach der erschienenen Kundmachung
verfällt der standrechtlichen Behandlung noch fortwäh-
rend: wer Waffen verheimlicht und nicht abliefert; wer einen
Militäristen zum Treubruche zu verleiten sucht; wer zum Aufruhre
reizt oder einer solchen Aufforderung werkthätige Hilfe leistet;
wer bei einer aufrührerischen Zusammenrottung auf die erste Auf-
forderung der öffentlichen Behörde sich nicht zurückzieht und wer
im letztern Falle mit Waffen in der Hand betreten wird.

Berlin 12. December. ( D. Z. ) Heute kündigt auch unser
bestes Witzblatt „Kladderadatsch“ durch gewaltige Placate an
allen Straßenecken an, daß es von jetzt ab wieder erscheinen werde.
Das bunte Gewühl des Weihnachtsmarktes hat ebenfalls begon-
nen, so daß der Fremde unserer Stadt vom Belagerungszustande
[Ende Spaltensatz]

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[0005] Beilage zum Mainzer Journal. Nro 165. Samstag, den 16. December. 1848. Verhandlungen der Nationalversammlung. Vom 15. December. Tagesordnung der 136. öffentlichen Sitzung. Fortsetzung der Berathung über die Vorlage zur zweiten Lesung der Grundrechte. Der Vorsitzende, Heinrich v. Gagern, zeigt den Austritt des Abgeordneten Gerstner aus Böhmen an. Sodann wird eine längere Reihe von deutschen Buchhandlungen namhaft gemacht: Julius Baumgärtner in Leipzig, Dumont=Schauberg in Köln, Flammer und Hofmann in Pforzheim, sämmtliche Buchhändler Frankfurts, welche der Reichsbibliothek eine beliebige Auswahl aus ihren Verlagswerken zur unentgeldlichen Verfügung stellen. Moritz Hartmann aus Leitmeritz fürchtet, die Auswahl werde durch Fachmänner und mithin einseitig geschehen. Daher bean- tragt er, es solle dem Bureau eine Commission für die Biblio- thekangelegenheit zur Seite gesetzt werden. Wird genehmigt und den obigen Buchhändlern zugleich die dankende Anerkenntniß der Versammlung ausgesprochen. v. Mayfeld aus Wien ersucht das Reichsministerium in Folge der vom österreichischen Ministerium auf die Anfragen Schuselka's zu Kremsier gemachten Eröffnungen, um Aufklärung der Widersprüche jener österreichischen und der diesseitigen Mit- theilungen des Reichsministeriums der Justiz. Zimmermann von Spandow verlangt, daß die neuer- richteten Aemter und die dazu ernannten Personen vom Ministe- rium bezeichnet werden. Dietsch aus Annaberg fragt die Reichsminister des Jnnern und der Justiz: was zur Ermittelung und Bestrafung der Schuldtragenden von Blums Hinrichtung geschehen, wie dem Ungehorsame des österreichischen Ministeriums begegnet werden solle Alle diese Anfragen werden dem Reichsministerium zur Beantwortung zugefertigt. Werner von Oberkirch stellt einen dringenden Antrag in Bezug auf die außerordentliche Conscription in Baden: daß das Reichsministerium des Krieges veranlaßt werde, die Zurücknahme der badischen Truppenaushebungsmaßregeln zu verfügen und dafür die Einführung von Bürgerwehren, allgemeiner Volks- bewaffnung u. s. w. anzuordnen. Der Antrag wird als dringlich nicht erkannt und dem Wehrausschusse zur Begutachtung über- wiesen. Vicepräsident Beseler trägt die Liste sehr zahlreicher Ur- landsgesuche vor, die sämmtlich bewilligt werden. Dann über- nimmt er den Vorsitz für die Fortsetzung der zweiten Lesung der Grundrechte. Die Abstimmung geht auch heute rasch von statten. Unter Verzicht auf die Discussion wird zum Be- schlusse erhoben: Artikel VI. §. 22. Die Wissenschaft und ihre Lehre ist frei. §. 23. Das Unterrichts= und Erziehungswesen steht unter der Oberaufsicht des Staates, und ist, abgesehen vom Religions- unterrichte, der Beaufsichtigung der Geistlichkeit als solcher enthoben. §. 24. Unterrichts= und Erziehungsanstalten zu gründen, zu leiten und an solchen Unterricht zu ertheilen, steht jedem Deut- schen frei, wenn er seine Befähigung der betreffenden Staats- behörde nachgewiesen hat. Der häusliche Unterricht unterliegt keiner Beschränkung. §. 25. Für die Bildung der deutschen Jugend soll durch öffentliche Schulen überall genügend gesorgt werden. Angenom- men wird dazu der Zusatz des Schulausschusses: Die öffentlichen Lehrer haben die Rechte der Staatsdiener. ( Ebenso der Zusatz desselben Schulausschusses: Der Staat stellt unter gesetzlich ge- ordneter Betheiligung der Gemeinden, aus der Zahl der Geprüf- ten, die Lehrer der Volksschulen an. ) Eltern oder deren Stellvertreter dürfen ihre Kinder oder Pflegbefohlenen nicht ohne den Unterricht lassen, welcher für die unteren Volksschulen vorgeschrieben ist. Obige beiden Zusätze des Schulausschusses werden in dem Artikel einen besondern Paragraphen bilden, wozu dem Verfas- sungsausschusse der Auftrag ertheilt wird. §. 26. Für den Unterricht in Volksschulen und niederen Ge- werbeschulen wird kein Schulgeld bezahlt. Unbemittelten soll auf allen öffentlichen Unterrichtsanstalten freier Unterricht gewährt werden. Der Zusatz des Schulausschusses, daß keine besonderen Ar- menschulen mehr bestehen dürfen, zu §. 26. wird mit 206 gegen 202 Stimmen verworfen. §. 27. Es steht einem Jeden frei, seinen Beruf zu wählen und sich für denselben auszubilden, wie und wo er will. Artikel VII. §. 28. Die Deutschen haben das Recht, sich fried- lich und ohne Waffen zu versammeln; einer besondern Erlaub- niß bedarf es nicht. Volksversammlungen unter freiem Himmel können bei dringender Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit verboten werden. §. 29. Die Deutschen haben das Recht Vereine zu bilden. Dieses Recht soll durch keine vorbeugende Maßregel beschränkt werden. Nachdem auf Zachariä's Antrag noch folgender Zusatz ange- nommen worden: „Die in §§. 28. und 29. enthaltenen Bestim- mungen finden auch auf das Heer und die Kriegsflotte Anwen- dung, insofern die Disciplinargesetze nicht entgegenstehen“ — ver- tagt das Haus die Berathung über die Grundrechte. Wesen- donck interpellirt abermals im heftigsten Tone und mit dem dringendsten Ausdrucke den Biedermann=sächsischen Ausschuß um Beschleunigung des Berichtes über die preußischen Angelegen- heiten. Jordan von Marburg erklärt, daß der Referent des Aus- schusses erkrankt und daher die verlangte Berichterstattung vor Montag nicht zu liefern sey. Mit der Feststellung der morgenden Tagesordnung schließt2 1 / 4 Uhr Nachmittags die heutige Sitzung. Deutschland. Wien 10. December. ( A. Z. ) Wie ich Jhnen geschrieben, gestern begannen die Operationen, indem das Hauptquartier an die ungarische Grenze aufgebrochen ist, heute verläßt uns der Banus, morgen wird Preßburg angegriffen, „genommen,“ wie man jetzt immer sagt, denn an ernstlichen Widerstand ist kaum zu denken. Uebrigens sind wir ohne alle bestimmten Nachrichten aus Ungarn. Ziemlich verbürgt scheint es, daß die Nationalgarde in den Städten entwaffnet wurde, als nicht verläßlich, und daß Kossuth aller Orten das Proletariat bewaffnete, c'est tout comme chez nous. Windischgrätz wie Cavaignac kämpft nur, wo der Sieg unfehlbar ist, und jedenfalls ist seine Uebermacht in Ungarn unwiderstehlich. Täglich kommen hier jetzt Remonten durch in lan- gen Zügen; da es in Ungarn namentlich an Transportmitteln gebricht, mußte ein enormer Train neu geschaffen werden. Auch exerciren auf dem Glacis die Recruten, deren die Bataillone jetzt übermäßig viele haben. Aufsehen erregen die Officiere der hiesigen Freiwilligen, welche aus Jtalien zurückkamen, und zwar in pie- montesischen Uniformen; das vortreffliche Tuch war ihnen eine willkommene Beute, und nach dem Reglement frägt kein Mensch mehr, unsere Officiere sind eine wahre Musterkarte von Paletots jeder Art, von Fräcken und Waffenröcken. — Noch immer erwar- tet man das kaiserliche Manifest, welches dem Angriffe auf Ungarn vorhergehen soll. Wien 11. December. ( St. C. ) Der ehemalige Bezirkschef der Nationalgarde in einer Vorstadt, ein reicher, von Geschäften zurückgezogener Privatier, ist von der Gemeinde auf Schadener- satz verklagt worden, da der von ihm ertheilte Befehl, beim An- griffe der Truppen die Fenster offen zu halten, Plünderungen ver- anlaßt habe. Das Vermögen des Angeklagten soll sich auf eine halbe Million belaufen. — Nach der erschienenen Kundmachung verfällt der standrechtlichen Behandlung noch fortwäh- rend: wer Waffen verheimlicht und nicht abliefert; wer einen Militäristen zum Treubruche zu verleiten sucht; wer zum Aufruhre reizt oder einer solchen Aufforderung werkthätige Hilfe leistet; wer bei einer aufrührerischen Zusammenrottung auf die erste Auf- forderung der öffentlichen Behörde sich nicht zurückzieht und wer im letztern Falle mit Waffen in der Hand betreten wird. Berlin 12. December. ( D. Z. ) Heute kündigt auch unser bestes Witzblatt „Kladderadatsch“ durch gewaltige Placate an allen Straßenecken an, daß es von jetzt ab wieder erscheinen werde. Das bunte Gewühl des Weihnachtsmarktes hat ebenfalls begon- nen, so daß der Fremde unserer Stadt vom Belagerungszustande

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Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 165. Mainz, 15. Dezember 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal165_1848/5>, abgerufen am 01.06.2024.