Mainzer Journal. Nr. 255. Mainz, 26. Oktober 1849.[Beginn Spaltensatz]
dabei natürlich in die Hände; aber auch der Klerus dürfte sich München 23. October. Folgendes ist der heute den Abge- Unter den mehrfachen Jnterpellationen dieser Sitzung heben Obgleich der Stand der Staatsfinanzen längst das Zurückzie- Stuttgart 24. October. Jn der "Württ. Zeitung" erklärt [Beginn Spaltensatz]
dabei natürlich in die Hände; aber auch der Klerus dürfte sich München 23. October. Folgendes ist der heute den Abge- Unter den mehrfachen Jnterpellationen dieser Sitzung heben Obgleich der Stand der Staatsfinanzen längst das Zurückzie- Stuttgart 24. October. Jn der „Württ. Zeitung“ erklärt <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <p><pb facs="#f0002"/><cb type="start"/> dabei natürlich in die Hände; aber auch der Klerus dürfte sich<lb/> dieses Mal verrechnen, denn das Gouvernement steht nicht mehr<lb/> vereinzelt da, sondern stützt sich auf die Kammern, von welchen<lb/> ja die jüngsten Beschlüsse in der Kirchenfrage ausgegangen sind.<lb/> — Ob diese Loyalität wohl bezahlt wird? —</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <p>München 23. October. Folgendes ist der heute den Abge-<lb/> ordneten vorgelegte Entwurf eines Gesetzes <hi rendition="#g">die Untersuchun-<lb/> gen wegen politischer Verbrechen und Vergehen</hi><lb/> betreffend. „Se. Maj. der König haben nach Vernehmung Aller-<lb/> höchstihres <gap reason="illegible" unit="chars" quantity="14"/>Staatsrathesit Beirath und Zustimmung der Kam-<lb/> mer der Reichsräthe und der Kammer der Abgeordneten in<lb/> Ansehung der Untersuchungen wegen politischer Verbrechen und<lb/> Vergehen verordnet, was folgt: <hi rendition="#aq">I</hi>. <hi rendition="#g">Jn Ansehung des pfäl-<lb/> zischen Kreises.</hi> Art. 1. Hinsichtlich der während der Monate<lb/> Mai und Juni d. J. in dem pfälzischen Kreise verübten politischen<lb/> Verbrechen und Vergehen werden nachfolgende Untersuchungen<lb/> niedergeschlagen: 1 ) die Untersuchungen wegen Theilnahme an<lb/> dem bewaffneten Aufstande in Ansehung derjenigen Theilnehmer,<lb/> welche der Volkswehr, der Studentenlegion oder den Freischaaren<lb/> als Gemeine oder Unteroffiziere einverleibt waren; 2 ) die Unter-<lb/> suchungen wegen Mitwirkung zu der Errichtung der sogenannten<lb/> provisorischen Regierung in Ansehung derjenigen „ Vertrauens-<lb/> männer,“ welche, nachdem sie vorher <hi rendition="#g">gegen</hi> die Errichtung einer<lb/> provisorischen Regierung gestimmt hatten, später an der Wahl<lb/> der Mitglieder einer solchen Regierung Theil genommen haben;<lb/> 3 ) die Untersuchungen wegen Theilnahme an den Berathungen<lb/> und Beschlüssen der Cantonalausschüsse und der Recrutirungs-<lb/> commission; 4 ) die Untersuchungen wegen Leitung der durch die<lb/> revolutionäre Gewalt angeordneten Gemeindewahlen, wegen<lb/> Ab= und Einsetzung von Gemeindebeamten; 5 ) die Untersuchun-<lb/> gen wegen Uebernahme von Gemeindeämtern in Folge der von<lb/> der revolutionären Gewalt angeordneten Wahlen, sowie wegen<lb/> Ausübung der mit diesen Aemtern verbundenen Verrichtungen;<lb/> 6 ) die Untersuchungen wegen Uebernahme der von der revolutio-<lb/> nären Gewalt oder von den Organen derselben übertragenen<lb/> Verrichtungen in Ansehung derjenigen Personen, welche nicht die<lb/> Stelle eines Civil= oder Militärcommissärs oder eines Mitglie-<lb/> des der Militärcommission bekleidet haben. Art. 2. Von der in<lb/> dem Art. 1. ertheilten Amnestie sind ausgeschlossen: 1 ) Diejenigen,<lb/> welche durch eine unter Art 1. fallende Handlung oder bei Ge-<lb/> legenheit derselben zugleich eine Verletzung der Person oder des<lb/> Eigenthums begangen haben; 2 ) Staats= und Gemeindebeamte,<lb/> Anwälte und Notare; 3 ) Geistliche; 4 ) öffentliche Lehrer;<lb/> 5 ) Militärpersonen, welche nicht in dem am 16. Juni ertheilten<lb/> Generalpardon begriffen sind. Art. 3. Wegen nachfolgender Hand-<lb/> lungen soll keine Untersuchung eröffnet oder fortgesetzt werden:<lb/> 1 ) wegen Ableistung des Eides auf die von der deutschen Na-<lb/> tionalversammlung beschlossene Verfassung; 2 ) wegen Unter-<lb/> werfung unter die sogenannte provisorische Regierung; 3 ) wegen<lb/> Theilnahme an den Berathungen und Beschlüssen des nach<lb/> Stuttgart übersiedelten Theiles der deutschen Nationalversamm-<lb/> lung. Auf die Theilnahme an der sogenannten Reichsregentschaft<lb/> findet diese Bestimmung keine Anwendung. <hi rendition="#aq">II</hi>. <hi rendition="#g">Jn Ansehung<lb/> der Landestheile diesseits des Rheines.</hi> Art. 4. Die<lb/> nach dem oberstrichterlichen Plenarbeschlusse vom 14. Juli d. J.<lb/> von dem Kreis= und Stadtgerichte Augsburg zu führenden Unter-<lb/> suchungen werden, insofern die betreffenden Verbrechen und<lb/> Vergehen vor dem 10. September d. J. verübt worden sind, nie-<lb/> dergeschlagen. Art. 5. Jn der durch Art. 4. ertheilten Amnestie<lb/> sind nicht begriffen: 1 ) Die Anstifter und Vorstände einer als<lb/> Staatsverrath ersten oder zweiten Grades ( Art. 300. und 302.<lb/> Thl. <hi rendition="#aq">I</hi>. des St. G. B. vom Jahre 1813 ) strafbaren Verschwö-<lb/> rung oder Verbindung; 2 ) Diejenigen, welche in öffentlicher<lb/> Rede oder Druckschriften zu einer als Staatsverrath ersten oder<lb/> zweiten Grades strafbaren Handlung aufgefordert oder solche<lb/> Druckschriften in staatsverrätherischer Absicht verbreitet haben;<lb/> 3 ) die im Art. 2. Ziff. 2. bis 5. genannten Personen. Art. 6.<lb/> Die Vorschriften des Art. 3. Ziff. 1. und 3. kommen auch in den<lb/> Landestheilen diesseits des Rheines zur Anwendung. <hi rendition="#aq">III</hi>. <hi rendition="#g">Allge-<lb/> meine Bestimmungen.</hi> Art. 7. Wegen derjenigen Verbre-<lb/> chen und Vergehen, in Ansehung welcher nach den Bestimmungen<lb/> der Art. 1. und 4. die anhängigen Untersuchungen niedergeschlagen<lb/> werden, darf unter denselben Voraussetzungen eine strafgericht-<lb/> liche Verfolgung nicht eröffnet werden. Art. 8. Die Kosten der<lb/> niedergeschlagenen Untersuchungen sind von der Staatscasse zu<lb/> tragen. Art. 9. Gegenwärtiges Gesetz tritt mit dem Tage seiner<lb/> Einrückung in das Gesetzblatt und in das Amtsblatt der Pfalz in<lb/> Wirksamkeit. Die Staatsminister der Justiz und des Krieges<lb/> sind mit dem Vollzuge desselben beauftragt. Gegeben.... Für<lb/> den Entwurf <hi rendition="#g">Kleinschrod. Lüder.</hi> “</p><lb/> <p>Unter den mehrfachen Jnterpellationen dieser Sitzung heben<lb/><cb n="2"/> wir besonders eine hervor, welche Herr <hi rendition="#aq">Dr</hi>. <hi rendition="#g">Jäger</hi> bezüglich<lb/><hi rendition="#g">der Fortdauer des Kriegszustandes in der Pfalz</hi> an<lb/> den Ministertisch richtete, nachdem er in einem längeren Vortrage<lb/> das Drückende und Gesetzwidrige eines derartigen Ausnahmszu-<lb/> standes nachzuweisen gesucht hatte. Sie lautete: 1 ) gedenkt das<lb/> Ministerium den Kriegszustand in der Pfalz noch länger andauern<lb/> zu lassen? 2 ) werden alle dortigen Truppen einkasernirt? 3 ) auf<lb/> welchen Rechtsgrund hin hält man die Gemeinden, für welche<lb/> Garnisonen bestimmt sind, an, die für die Truppen erforderlichen<lb/> Räumlichkeiten und Bettfournituren auf ihre Kosten zu stellen? —<lb/> Kriegsminister v. <hi rendition="#g">Lüder</hi> antwortete hierauf: Am 26. Septem-<lb/> ber l. J. sey dem Ministerium eine Eingabe mehrerer Herren Ab-<lb/> geordneten aus der Pfalz zugekommen, in welcher <hi rendition="#g">die Aufhe-<lb/> bung des Kriegszustandes</hi> beantragt gewesen. Das Mini-<lb/> sterium habe nicht unterlassen, dieser Eingabe die gewissenhafteste<lb/> Berücksichtigung zuzuwenden, jedoch geglaubt, sich deshalb vorerst<lb/> des Ausspruches der betreffenden Civil= und Militärbehörden ver-<lb/> sichern zu sollen, ob deren Wahrnehmungen an Ort und Stelle<lb/> die Einstellung dieser außerordentlichen Maßnahmen räthlich er-<lb/> scheinen lassen. Demgemäß seyen durch Ministerialentschließung<lb/> vom 27. September die desfalls nöthigen Erhebungen angeordnet<lb/> worden. Letztere hätten ergeben, daß zur Zeit der Fortdauer des<lb/> Kriegszustandes noch nicht für die Aufrechthaltung der öffentlichen<lb/> Ordnung und Sicherheit in der Pfalz eingestanden werden könne.<lb/> Die gepflogenen Erhebungen hätten ferner entnehmen lassen, daß<lb/> die Klage der Pfalz eigentlich nicht in dem Kriegszustande, son-<lb/> dern in der Last der Einquartierung und Fouragelieferung liege.<lb/> Bei diesem Sachverhalte habe sich das Ministerium verpflichtet<lb/> gehalten, vorerst den Kriegszustand in der Pfalz fortbestehen zu<lb/> lassen, und es müsse sich in dieser Hinsicht auf die Versicherung<lb/> beschränken, daß es sich durch fortlaufende Berichte und thatsäch-<lb/> liche Nachweise von Seite der Behörden in dem Stande erhalten<lb/> werde, den richtigen Zeitpunkt zur Herstellung des normalen ge-<lb/> setzlichen Zustandes nicht zu übersehen. Dagegen glaubte das<lb/> Ministerium sich um so dringender aufgefordert, nichts zu verab-<lb/> säumen, wodurch den Einwohnern der Pfalz die Last der Ein-<lb/> quartierung möglichst gemindert, wo nicht ganz abgenommen<lb/> werden könnte, und es sey deshalb schon am 27. September<lb/> an den Commandirenden der Auftrag ergangen, unverzüglich<lb/> Anordnung zu treffen, damit die in der Pfalz cantonirenden<lb/> Truppen aus den Cantonirungen zurückgezogen und kasernirt<lb/> würden. Ferner sey der Herr Fürst von Thurn und Taxis unterm<lb/> 9. d. M. aufgefordert worden, sich in möglichster Bälde darüber<lb/> zu äußern, ob eine Verminderung der Truppen ohne Gefahe für<lb/> die Aufrechthaltung der Ruhe und Ordnung eintreten könne.<lb/> Endlich sey der Commandirende in der Pfalz beauftragt worden,<lb/> anstatt der bisherigen Fouragelieferungen, welche auf einzelnen<lb/> Gemeinden besonders schwer und drückend lasten, das System<lb/> der Magazinirung sogleich und wo nur immer thunlich einzufüh-<lb/> ren. Jn einem am 16. l. M. eingekommenen Berichte habe hier-<lb/> auf Fürst von Thurn und Taxis theilweise Verminderung der<lb/> Truppenmacht in der Pfalz begutachtet, zu deren unverzüglichen<lb/> Durchführung das Kriegsministerium die geeigneten Maßnahmen<lb/> vorbereite. 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Jm<lb/> Rückblicke auf diesen Sachverhalt würden sich die Fragen der<lb/> angeführten Jnterpellation dahin beantworten: 1 ) daß das Mi-<lb/> nisterium gesonnen sey, den Kriegszustand in der Pfalz vorerst<lb/> jedoch unter Verminderung der Truppenmacht fortbestehen zu<lb/> lassen; 2 ) daß alle dortigen Truppen alsbald einkasernirt wer-<lb/> den sollen, und 3 ) daß keine Jnanspruchnahme der Gemeinden<lb/> auf zwangsweise, sondern nur eine Aufforderung zu freiwilliger<lb/> Bereitstellung der Räumlichkeiten und Fournituren zur Kaserni-<lb/> rung der Truppen stattgefunden.</p><lb/> <p>Obgleich der Stand der Staatsfinanzen längst das Zurückzie-<lb/> hen der <hi rendition="#g">Truppenkorps in Unterfranken und Schwa-<lb/> ben,</hi> beziehungsweise die Auflösung dieser Korps, wünschens-<lb/> werth machte, so soll doch erst neuerdings höheren Ortes wieder<lb/> beschlossen worden seyn, vorerst diese Truppen in ihren jetzigen<lb/> Standquartieren zu belassen, überhaupt eine weitere Vermin-<lb/> derung des Standes der Truppen in den diesseitigen Kreisen<lb/> noch nicht eintreten zu lassen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <p>Stuttgart 24. October. Jn der „Württ. Zeitung“ erklärt<lb/> Staatsrath <hi rendition="#g">Römer</hi> zur Berichtigung der Nachrichten öffentli-<lb/><cb type="end"/> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0002]
dabei natürlich in die Hände; aber auch der Klerus dürfte sich
dieses Mal verrechnen, denn das Gouvernement steht nicht mehr
vereinzelt da, sondern stützt sich auf die Kammern, von welchen
ja die jüngsten Beschlüsse in der Kirchenfrage ausgegangen sind.
— Ob diese Loyalität wohl bezahlt wird? —
München 23. October. Folgendes ist der heute den Abge-
ordneten vorgelegte Entwurf eines Gesetzes die Untersuchun-
gen wegen politischer Verbrechen und Vergehen
betreffend. „Se. Maj. der König haben nach Vernehmung Aller-
höchstihres ______________Staatsrathesit Beirath und Zustimmung der Kam-
mer der Reichsräthe und der Kammer der Abgeordneten in
Ansehung der Untersuchungen wegen politischer Verbrechen und
Vergehen verordnet, was folgt: I. Jn Ansehung des pfäl-
zischen Kreises. Art. 1. Hinsichtlich der während der Monate
Mai und Juni d. J. in dem pfälzischen Kreise verübten politischen
Verbrechen und Vergehen werden nachfolgende Untersuchungen
niedergeschlagen: 1 ) die Untersuchungen wegen Theilnahme an
dem bewaffneten Aufstande in Ansehung derjenigen Theilnehmer,
welche der Volkswehr, der Studentenlegion oder den Freischaaren
als Gemeine oder Unteroffiziere einverleibt waren; 2 ) die Unter-
suchungen wegen Mitwirkung zu der Errichtung der sogenannten
provisorischen Regierung in Ansehung derjenigen „ Vertrauens-
männer,“ welche, nachdem sie vorher gegen die Errichtung einer
provisorischen Regierung gestimmt hatten, später an der Wahl
der Mitglieder einer solchen Regierung Theil genommen haben;
3 ) die Untersuchungen wegen Theilnahme an den Berathungen
und Beschlüssen der Cantonalausschüsse und der Recrutirungs-
commission; 4 ) die Untersuchungen wegen Leitung der durch die
revolutionäre Gewalt angeordneten Gemeindewahlen, wegen
Ab= und Einsetzung von Gemeindebeamten; 5 ) die Untersuchun-
gen wegen Uebernahme von Gemeindeämtern in Folge der von
der revolutionären Gewalt angeordneten Wahlen, sowie wegen
Ausübung der mit diesen Aemtern verbundenen Verrichtungen;
6 ) die Untersuchungen wegen Uebernahme der von der revolutio-
nären Gewalt oder von den Organen derselben übertragenen
Verrichtungen in Ansehung derjenigen Personen, welche nicht die
Stelle eines Civil= oder Militärcommissärs oder eines Mitglie-
des der Militärcommission bekleidet haben. Art. 2. Von der in
dem Art. 1. ertheilten Amnestie sind ausgeschlossen: 1 ) Diejenigen,
welche durch eine unter Art 1. fallende Handlung oder bei Ge-
legenheit derselben zugleich eine Verletzung der Person oder des
Eigenthums begangen haben; 2 ) Staats= und Gemeindebeamte,
Anwälte und Notare; 3 ) Geistliche; 4 ) öffentliche Lehrer;
5 ) Militärpersonen, welche nicht in dem am 16. Juni ertheilten
Generalpardon begriffen sind. Art. 3. Wegen nachfolgender Hand-
lungen soll keine Untersuchung eröffnet oder fortgesetzt werden:
1 ) wegen Ableistung des Eides auf die von der deutschen Na-
tionalversammlung beschlossene Verfassung; 2 ) wegen Unter-
werfung unter die sogenannte provisorische Regierung; 3 ) wegen
Theilnahme an den Berathungen und Beschlüssen des nach
Stuttgart übersiedelten Theiles der deutschen Nationalversamm-
lung. Auf die Theilnahme an der sogenannten Reichsregentschaft
findet diese Bestimmung keine Anwendung. II. Jn Ansehung
der Landestheile diesseits des Rheines. Art. 4. Die
nach dem oberstrichterlichen Plenarbeschlusse vom 14. Juli d. J.
von dem Kreis= und Stadtgerichte Augsburg zu führenden Unter-
suchungen werden, insofern die betreffenden Verbrechen und
Vergehen vor dem 10. September d. J. verübt worden sind, nie-
dergeschlagen. Art. 5. Jn der durch Art. 4. ertheilten Amnestie
sind nicht begriffen: 1 ) Die Anstifter und Vorstände einer als
Staatsverrath ersten oder zweiten Grades ( Art. 300. und 302.
Thl. I. des St. G. B. vom Jahre 1813 ) strafbaren Verschwö-
rung oder Verbindung; 2 ) Diejenigen, welche in öffentlicher
Rede oder Druckschriften zu einer als Staatsverrath ersten oder
zweiten Grades strafbaren Handlung aufgefordert oder solche
Druckschriften in staatsverrätherischer Absicht verbreitet haben;
3 ) die im Art. 2. Ziff. 2. bis 5. genannten Personen. Art. 6.
Die Vorschriften des Art. 3. Ziff. 1. und 3. kommen auch in den
Landestheilen diesseits des Rheines zur Anwendung. III. Allge-
meine Bestimmungen. Art. 7. Wegen derjenigen Verbre-
chen und Vergehen, in Ansehung welcher nach den Bestimmungen
der Art. 1. und 4. die anhängigen Untersuchungen niedergeschlagen
werden, darf unter denselben Voraussetzungen eine strafgericht-
liche Verfolgung nicht eröffnet werden. Art. 8. Die Kosten der
niedergeschlagenen Untersuchungen sind von der Staatscasse zu
tragen. Art. 9. Gegenwärtiges Gesetz tritt mit dem Tage seiner
Einrückung in das Gesetzblatt und in das Amtsblatt der Pfalz in
Wirksamkeit. Die Staatsminister der Justiz und des Krieges
sind mit dem Vollzuge desselben beauftragt. Gegeben.... Für
den Entwurf Kleinschrod. Lüder. “
Unter den mehrfachen Jnterpellationen dieser Sitzung heben
wir besonders eine hervor, welche Herr Dr. Jäger bezüglich
der Fortdauer des Kriegszustandes in der Pfalz an
den Ministertisch richtete, nachdem er in einem längeren Vortrage
das Drückende und Gesetzwidrige eines derartigen Ausnahmszu-
standes nachzuweisen gesucht hatte. Sie lautete: 1 ) gedenkt das
Ministerium den Kriegszustand in der Pfalz noch länger andauern
zu lassen? 2 ) werden alle dortigen Truppen einkasernirt? 3 ) auf
welchen Rechtsgrund hin hält man die Gemeinden, für welche
Garnisonen bestimmt sind, an, die für die Truppen erforderlichen
Räumlichkeiten und Bettfournituren auf ihre Kosten zu stellen? —
Kriegsminister v. Lüder antwortete hierauf: Am 26. Septem-
ber l. J. sey dem Ministerium eine Eingabe mehrerer Herren Ab-
geordneten aus der Pfalz zugekommen, in welcher die Aufhe-
bung des Kriegszustandes beantragt gewesen. Das Mini-
sterium habe nicht unterlassen, dieser Eingabe die gewissenhafteste
Berücksichtigung zuzuwenden, jedoch geglaubt, sich deshalb vorerst
des Ausspruches der betreffenden Civil= und Militärbehörden ver-
sichern zu sollen, ob deren Wahrnehmungen an Ort und Stelle
die Einstellung dieser außerordentlichen Maßnahmen räthlich er-
scheinen lassen. Demgemäß seyen durch Ministerialentschließung
vom 27. September die desfalls nöthigen Erhebungen angeordnet
worden. Letztere hätten ergeben, daß zur Zeit der Fortdauer des
Kriegszustandes noch nicht für die Aufrechthaltung der öffentlichen
Ordnung und Sicherheit in der Pfalz eingestanden werden könne.
Die gepflogenen Erhebungen hätten ferner entnehmen lassen, daß
die Klage der Pfalz eigentlich nicht in dem Kriegszustande, son-
dern in der Last der Einquartierung und Fouragelieferung liege.
Bei diesem Sachverhalte habe sich das Ministerium verpflichtet
gehalten, vorerst den Kriegszustand in der Pfalz fortbestehen zu
lassen, und es müsse sich in dieser Hinsicht auf die Versicherung
beschränken, daß es sich durch fortlaufende Berichte und thatsäch-
liche Nachweise von Seite der Behörden in dem Stande erhalten
werde, den richtigen Zeitpunkt zur Herstellung des normalen ge-
setzlichen Zustandes nicht zu übersehen. Dagegen glaubte das
Ministerium sich um so dringender aufgefordert, nichts zu verab-
säumen, wodurch den Einwohnern der Pfalz die Last der Ein-
quartierung möglichst gemindert, wo nicht ganz abgenommen
werden könnte, und es sey deshalb schon am 27. September
an den Commandirenden der Auftrag ergangen, unverzüglich
Anordnung zu treffen, damit die in der Pfalz cantonirenden
Truppen aus den Cantonirungen zurückgezogen und kasernirt
würden. Ferner sey der Herr Fürst von Thurn und Taxis unterm
9. d. M. aufgefordert worden, sich in möglichster Bälde darüber
zu äußern, ob eine Verminderung der Truppen ohne Gefahe für
die Aufrechthaltung der Ruhe und Ordnung eintreten könne.
Endlich sey der Commandirende in der Pfalz beauftragt worden,
anstatt der bisherigen Fouragelieferungen, welche auf einzelnen
Gemeinden besonders schwer und drückend lasten, das System
der Magazinirung sogleich und wo nur immer thunlich einzufüh-
ren. Jn einem am 16. l. M. eingekommenen Berichte habe hier-
auf Fürst von Thurn und Taxis theilweise Verminderung der
Truppenmacht in der Pfalz begutachtet, zu deren unverzüglichen
Durchführung das Kriegsministerium die geeigneten Maßnahmen
vorbereite. Anlangend die Kasernirung der in der Pfalz stehenden
Truppen, so sey Anzeige eingelangt: 1 ) daß diese Maßregel in
allen Cantonirungen mit der größten Thätigkeit in Angriff ge-
nommen worden sey und 2 ) daß für die in der Pfalz vorerst
verbleibenden Truppen die Garnisonsorte Landau, Germersheim,
Kaiserslautern, Pirmasenz, Speyer, Zweibrücken, Ludwigs-
hafen und Kirchheimbolanden sich freiwillig erboten hätten, für
eine ihnen zu bewilligende Garnison nicht nur die Gebäude, son-
dern auch theilweise die Fournituren verfügbar zu stellen. Jm
Rückblicke auf diesen Sachverhalt würden sich die Fragen der
angeführten Jnterpellation dahin beantworten: 1 ) daß das Mi-
nisterium gesonnen sey, den Kriegszustand in der Pfalz vorerst
jedoch unter Verminderung der Truppenmacht fortbestehen zu
lassen; 2 ) daß alle dortigen Truppen alsbald einkasernirt wer-
den sollen, und 3 ) daß keine Jnanspruchnahme der Gemeinden
auf zwangsweise, sondern nur eine Aufforderung zu freiwilliger
Bereitstellung der Räumlichkeiten und Fournituren zur Kaserni-
rung der Truppen stattgefunden.
Obgleich der Stand der Staatsfinanzen längst das Zurückzie-
hen der Truppenkorps in Unterfranken und Schwa-
ben, beziehungsweise die Auflösung dieser Korps, wünschens-
werth machte, so soll doch erst neuerdings höheren Ortes wieder
beschlossen worden seyn, vorerst diese Truppen in ihren jetzigen
Standquartieren zu belassen, überhaupt eine weitere Vermin-
derung des Standes der Truppen in den diesseitigen Kreisen
noch nicht eintreten zu lassen.
Stuttgart 24. October. Jn der „Württ. Zeitung“ erklärt
Staatsrath Römer zur Berichtigung der Nachrichten öffentli-
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