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Das wohlfeilste Panorama des Universums. Nr. 14. Prag, 1836.

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Panorama des Universums.
[Beginn Spaltensatz] und der Realschule auch mehrere Lehranstalten zur
physischen Ausbildung der Jünglinge.

Unter die militärischen Bildungsanstalten gehört
ein Erziehungshaus für Militärkinder und die
Schwimmschule, an welcher letztern auch Civi-
listen in großer Anzahl Theil nehmen.

Jn zwei Waisenhäusern erhalten arme Kin-
der, die in früher Jugend ihre Eltern und Versorger
verloren haben, den ersten Unterricht, und werden
sodann bei Künstlern und Handwerkern untergebracht,
um ihren Lebensunterhalt erwerben zu lernen. Nebst
der mit dem Taubstummen=Jnstitute verbun-
denen Versorgungskasse haben sowohl die juri-
stische als medicinische Fakultät, der Handelstand,
die Tonkünstler, die Oekonomiebeamten, die ständi-
schen Schauspieler u. s. w., ja sogar die Bedienten
ihre Witwen= und Waisenanstalten, welche
den Familien Unterstützung gewähren, wenn sie ihren
Versorger durch den Tod verlieren.

Die böhmische Sparkasse gewährt Dienst-
leuten und Personen der niedern Klassen Gelegen-
heit, selbst die kleinsten Ersparnisse dort niederzule-
gen, um sich in derselben einen Nothpfennig für
das Alter oder einen unvorhergesehenen Unglücksfall
zu sammeln, während die wechselseitige Brand-
versicherungs=Anstalt,
dem Grundeigenthümer
eine Entschädigung für die Verheerungen dieses furcht-
baren Elements darbietet. Ein geräumiges Theater
-- das Eigenthum der böhmischen Stände, die es
dem jeweiligen Unternehmer unentgeltlich zur Benü-
tzung überlassen, -- welches erst im Jahre 1834
erweitert wurde, und auch das Lokale für die
Redouten darbietet, mehrere Säle, in welchen
Bälle und Koncerte abgehalten werden, sind, nebst
einigen der besuchteren Kaffee = und Gasthäuser sind
die öffentlichen geselligen Vereinigungspunkte im Win-
ter. Den Sommer bringen die Großen und Reichen
auf ihren Gütern, viele Personen der höhern Mittel-
klassen auf Badereisen zu, während Andere Woh-
nungen in den nächstgelegenen Orten bei Prag --
vorzüglich um den Baumgarten -- beziehen. Die
Uebrigen machen entweder von Zeit zu Zeit Aus-
flüge nach Karlstein, St. Jvan, Weltrus,
das Bad Sternberg bei Schlan u. s. w. oder
Spaziergänge und Spazierfahrten in den Umgebun-
gen, den Baumgarten ( der seit 2 Jahren wegen
der Donnerstags=Reunionen vorzüglich besucht wurde ) ,
die Kaisermühle, Butschekschen Anlagen und
Troja, das Scharka=Thal, den Stern, St.
Prokop, Kuchelbad und Königsal sammt dem
gegenüberliegenden Kletzaner Thal am rechten Ufer
des Flusses, das fischreiche Dorf Podol, die Wim-
merschen
Anlagen, den Zdekauerschen Garten,
die Moldauinseln, die neuen Anlagen auf den Ba-
steyen, oder den Volks = und Schloßgarten.

Das wichtigste der frommen Volksfeste, welches
zugleich eine große Menschenmenge aus allen Kreisen
Böhmens in Prag versammelt, ist die Wallfahrt zu
dem Grabe des heiligen Johann von Nepomuk,
dessen heilige Ueberreste, in der Domkirche verwahrt,
unter die ersten Kostbarkeiten des Reiches gerechnet
werden. Jnnocenz XIII. sprach ihn am 31. Mai
1721 selig, und Benedikt XIII. ließ 1729 die
Canonisationsbulle ausgehen. Seit dieser Zeit ist so-
wohl das silberne Grabmahl, worin St. Johanns
Reliquien in einem krystallenen Sarge ruhen, als
die metallene Statue des Heiligen auf der Prager
Brücke der Gegenstand einer regelmäßigen Wallfahrt.
[Spaltenumbruch] Jn den letzten Tagen vor dem 16. Mai, als Ge-
dächtnißtag seines Martyr = Todes in den Fluthen
der Moldau, wird ein kapellenartiger Ueberbau ober-
halb der letztern errichtet, selbe mit Laub und Blu-
men geschmückt, und schon am Abend des 15. Mai
mit vielen Lampen und Lichtern festlich erleuchtet.
Alles strömt hieher, seine Andacht zu verrichten, und
der Andrang pflegt so groß zu seyn, daß an den ersten
beiden Abenden während der Betstunden kein Wagen
die Brücke passiren darf. Zugleich werden die zahl-
reichen Abbildungen und Statuen des gefeierten Lan-
des patrons sowohl in den Häusern, als auf den
Straßen und Plätzen mit Blumensträußen und grü-
n,n Zweigen geschmückt und reich beleuchtet, und
kleine Bühnen aufgeschlagen, auf welchen man Sce-
nen aus seinem Leben bildlich darstellt. Andere ähn-
liche Feierlichkeiten in Prag und dessen Umgebun-
gen bringen die Gedächtnißtage des heiligen Wen-
zeslaus,
St. Joseph, Prokop, Margaretha,
so wie der Oster = Montag, Dienstag und Mittwoch
mit sich.



Die Verlängerung des Jahres.

Bei der in mehreren Zeitschriften aufgeworfenen
Frage einer zunehmenden Entfernung der Erde von
der Sonne, ist mancher Leser auf den Gedanken ge-
kommen, daß solche Vergrößerung der Bahn nicht
möglich sey, ohne daß auch das Jahr zugleich immer
länger werde. Da dieß auch der erste Entwurf war,
den sich der Verfasser dieser Zeilen selbst gemacht
hatte, so war die Sammlung der hierüber vorhan-
denen geschichtlichen Nachrichten der zweite Gegen-
stand seiner Nachforschungen. Eine vollständige Nach-
weisung der Verlängerung des Jahres seit den älte-
sten Zeiten würde die Grenzen eines Aufsatzes, wie
der Raum und die Tendenz dieses Blattes ihn er-
laubt, überschreiten, und da auch schon in wissen-
schaftlichen Blättern ausführliche Berichte erschienen
sind, so kann sich derselbe hier auf folgendes Ver-
zeichniß der gebräuchlich gewesenen Jahre beschränken:

Als erste Zeitrechnung erwähnen die ältesten hi-
storischen Ueberlieferungen in China, in Jndien und
in Egypten ein Jahr von.... 60 Tagen.

    Jn einem spätern Zeitalter haben
die Chinesen und alle asiatische Völker
ein Jahr gehabt von......     180     --
    Die Mexikaner gebrauchten, als
Amerika entdeckt wurde, noch ein aus
alten zeiten beibehaltenes Ritualjahr
von............     260     --
    Romulus, der sich in der Astro-
nomie auf andere Autoritäten verlassen
mußte, nahm nach einer alten Ueber-
lieferung das Jahr an zu....     304     --
    Die ersten Patriarchen rechneten
das Jahr zu.........     336     --
    Später zählten die Patriarchen,
die Egyptier, die Araber und die Grie-
chen...........     354     --
    Dann zählten die Araber und die
Römer...........     355     --
    Die Jndier, Thebäer, Egyptier,
und Griechen, und später nach diesen
Autoritäten Numa Pompilius setzen das
Jahr auf..........     360     --
    Das olympische Jahr der Grie-
chen hatte anfangs......     361     --
[Ende Spaltensatz]

Panorama des Universums.
[Beginn Spaltensatz] und der Realschule auch mehrere Lehranstalten zur
physischen Ausbildung der Jünglinge.

Unter die militärischen Bildungsanstalten gehört
ein Erziehungshaus für Militärkinder und die
Schwimmschule, an welcher letztern auch Civi-
listen in großer Anzahl Theil nehmen.

Jn zwei Waisenhäusern erhalten arme Kin-
der, die in früher Jugend ihre Eltern und Versorger
verloren haben, den ersten Unterricht, und werden
sodann bei Künstlern und Handwerkern untergebracht,
um ihren Lebensunterhalt erwerben zu lernen. Nebst
der mit dem Taubstummen=Jnstitute verbun-
denen Versorgungskasse haben sowohl die juri-
stische als medicinische Fakultät, der Handelstand,
die Tonkünstler, die Oekonomiebeamten, die ständi-
schen Schauspieler u. s. w., ja sogar die Bedienten
ihre Witwen= und Waisenanstalten, welche
den Familien Unterstützung gewähren, wenn sie ihren
Versorger durch den Tod verlieren.

Die böhmische Sparkasse gewährt Dienst-
leuten und Personen der niedern Klassen Gelegen-
heit, selbst die kleinsten Ersparnisse dort niederzule-
gen, um sich in derselben einen Nothpfennig für
das Alter oder einen unvorhergesehenen Unglücksfall
zu sammeln, während die wechselseitige Brand-
versicherungs=Anstalt,
dem Grundeigenthümer
eine Entschädigung für die Verheerungen dieses furcht-
baren Elements darbietet. Ein geräumiges Theater
— das Eigenthum der böhmischen Stände, die es
dem jeweiligen Unternehmer unentgeltlich zur Benü-
tzung überlassen, — welches erst im Jahre 1834
erweitert wurde, und auch das Lokale für die
Redouten darbietet, mehrere Säle, in welchen
Bälle und Koncerte abgehalten werden, sind, nebst
einigen der besuchteren Kaffee = und Gasthäuser sind
die öffentlichen geselligen Vereinigungspunkte im Win-
ter. Den Sommer bringen die Großen und Reichen
auf ihren Gütern, viele Personen der höhern Mittel-
klassen auf Badereisen zu, während Andere Woh-
nungen in den nächstgelegenen Orten bei Prag —
vorzüglich um den Baumgarten — beziehen. Die
Uebrigen machen entweder von Zeit zu Zeit Aus-
flüge nach Karlstein, St. Jvan, Weltrus,
das Bad Sternberg bei Schlan u. s. w. oder
Spaziergänge und Spazierfahrten in den Umgebun-
gen, den Baumgarten ( der seit 2 Jahren wegen
der Donnerstags=Reunionen vorzüglich besucht wurde ) ,
die Kaisermühle, Butschekschen Anlagen und
Troja, das Scharka=Thal, den Stern, St.
Prokop, Kuchelbad und Königsal sammt dem
gegenüberliegenden Kletzaner Thal am rechten Ufer
des Flusses, das fischreiche Dorf Podol, die Wim-
merschen
Anlagen, den Zdekauerschen Garten,
die Moldauinseln, die neuen Anlagen auf den Ba-
steyen, oder den Volks = und Schloßgarten.

Das wichtigste der frommen Volksfeste, welches
zugleich eine große Menschenmenge aus allen Kreisen
Böhmens in Prag versammelt, ist die Wallfahrt zu
dem Grabe des heiligen Johann von Nepomuk,
dessen heilige Ueberreste, in der Domkirche verwahrt,
unter die ersten Kostbarkeiten des Reiches gerechnet
werden. Jnnocenz XIII. sprach ihn am 31. Mai
1721 selig, und Benedikt XIII. ließ 1729 die
Canonisationsbulle ausgehen. Seit dieser Zeit ist so-
wohl das silberne Grabmahl, worin St. Johanns
Reliquien in einem krystallenen Sarge ruhen, als
die metallene Statue des Heiligen auf der Prager
Brücke der Gegenstand einer regelmäßigen Wallfahrt.
[Spaltenumbruch] Jn den letzten Tagen vor dem 16. Mai, als Ge-
dächtnißtag seines Martyr = Todes in den Fluthen
der Moldau, wird ein kapellenartiger Ueberbau ober-
halb der letztern errichtet, selbe mit Laub und Blu-
men geschmückt, und schon am Abend des 15. Mai
mit vielen Lampen und Lichtern festlich erleuchtet.
Alles strömt hieher, seine Andacht zu verrichten, und
der Andrang pflegt so groß zu seyn, daß an den ersten
beiden Abenden während der Betstunden kein Wagen
die Brücke passiren darf. Zugleich werden die zahl-
reichen Abbildungen und Statuen des gefeierten Lan-
des patrons sowohl in den Häusern, als auf den
Straßen und Plätzen mit Blumensträußen und grü-
n,n Zweigen geschmückt und reich beleuchtet, und
kleine Bühnen aufgeschlagen, auf welchen man Sce-
nen aus seinem Leben bildlich darstellt. Andere ähn-
liche Feierlichkeiten in Prag und dessen Umgebun-
gen bringen die Gedächtnißtage des heiligen Wen-
zeslaus,
St. Joseph, Prokop, Margaretha,
so wie der Oster = Montag, Dienstag und Mittwoch
mit sich.



Die Verlängerung des Jahres.

Bei der in mehreren Zeitschriften aufgeworfenen
Frage einer zunehmenden Entfernung der Erde von
der Sonne, ist mancher Leser auf den Gedanken ge-
kommen, daß solche Vergrößerung der Bahn nicht
möglich sey, ohne daß auch das Jahr zugleich immer
länger werde. Da dieß auch der erste Entwurf war,
den sich der Verfasser dieser Zeilen selbst gemacht
hatte, so war die Sammlung der hierüber vorhan-
denen geschichtlichen Nachrichten der zweite Gegen-
stand seiner Nachforschungen. Eine vollständige Nach-
weisung der Verlängerung des Jahres seit den älte-
sten Zeiten würde die Grenzen eines Aufsatzes, wie
der Raum und die Tendenz dieses Blattes ihn er-
laubt, überschreiten, und da auch schon in wissen-
schaftlichen Blättern ausführliche Berichte erschienen
sind, so kann sich derselbe hier auf folgendes Ver-
zeichniß der gebräuchlich gewesenen Jahre beschränken:

Als erste Zeitrechnung erwähnen die ältesten hi-
storischen Ueberlieferungen in China, in Jndien und
in Egypten ein Jahr von.... 60 Tagen.

    Jn einem spätern Zeitalter haben
die Chinesen und alle asiatische Völker
ein Jahr gehabt von......     180     —
    Die Mexikaner gebrauchten, als
Amerika entdeckt wurde, noch ein aus
alten zeiten beibehaltenes Ritualjahr
von............     260     —
    Romulus, der sich in der Astro-
nomie auf andere Autoritäten verlassen
mußte, nahm nach einer alten Ueber-
lieferung das Jahr an zu....     304     —
    Die ersten Patriarchen rechneten
das Jahr zu.........     336     —
    Später zählten die Patriarchen,
die Egyptier, die Araber und die Grie-
chen...........     354     —
    Dann zählten die Araber und die
Römer...........     355     —
    Die Jndier, Thebäer, Egyptier,
und Griechen, und später nach diesen
Autoritäten Numa Pompilius setzen das
Jahr auf..........     360     —
    Das olympische Jahr der Grie-
chen hatte anfangs......     361     —
[Ende Spaltensatz]

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Da dieß auch der erste Entwurf war, den sich der Verfasser dieser Zeilen selbst gemacht hatte, so war die Sammlung der hierüber vorhan- denen geschichtlichen Nachrichten der zweite Gegen- stand seiner Nachforschungen. Eine vollständige Nach- weisung der Verlängerung des Jahres seit den älte- sten Zeiten würde die Grenzen eines Aufsatzes, wie der Raum und die Tendenz dieses Blattes ihn er- laubt, überschreiten, und da auch schon in wissen- schaftlichen Blättern ausführliche Berichte erschienen sind, so kann sich derselbe hier auf folgendes Ver- zeichniß der gebräuchlich gewesenen Jahre beschränken: Als erste Zeitrechnung erwähnen die ältesten hi- storischen Ueberlieferungen in China, in Jndien und in Egypten ein Jahr von.... 60 Tagen. Jn einem spätern Zeitalter haben die Chinesen und alle asiatische Völker ein Jahr gehabt von...... 180 — Die Mexikaner gebrauchten, als Amerika entdeckt wurde, noch ein aus alten zeiten beibehaltenes Ritualjahr von............ 260 — Romulus, der sich in der Astro- nomie auf andere Autoritäten verlassen mußte, nahm nach einer alten Ueber- lieferung das Jahr an zu.... 304 — Die ersten Patriarchen rechneten das Jahr zu......... 336 — Später zählten die Patriarchen, die Egyptier, die Araber und die Grie- chen........... 354 — Dann zählten die Araber und die Römer........... 355 — Die Jndier, Thebäer, Egyptier, und Griechen, und später nach diesen Autoritäten Numa Pompilius setzen das Jahr auf.......... 360 — Das olympische Jahr der Grie- chen hatte anfangs...... 361 —

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Peter Fankhauser: Automatische Transformation von TUSTEP nach TEI P5 (DTA-Basisformat).
Deutsches Textarchiv: Metadatenerfassung
Institut für Deutsche Sprache, Mannheim: Bereitstellung der Bilddigitalisate und Volltext-Transkription
Susanne Haaf, Rahel Hartz, Nicole Postelt: Nachkorrektur und Vervollständigung der TEI/DTABf-Annotation
Rahel Hartz: Artikelstrukturierung

Weitere Informationen:

Dieser Text wurde aus dem TUSTEP-Format nach TEI-P5 konvertiert und anschließend in das DTA-Basisformat überführt.




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Zitationshilfe: Das wohlfeilste Panorama des Universums. Nr. 14. Prag, 1836, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_panorama14_1836/6>, abgerufen am 14.06.2024.