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Das Pfennig=Magazin für Belehrung und Unterhaltung. Dritte Folge, Zweiter Jahrgang, Nr. 72. Leipzig (Sachsen), 11. Mai 1854.

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[Beginn Spaltensatz] den Eindruck, als würden sie zu einem so niedrigen
Dienste gebraucht.

Die Jndianer haben eine große Liebe für diese
Thiere, sie schmücken ihnen die Ohren mit Bändern,
hängen ihnen an bunten Schnüren Glöckchen um den
Hals und liebkosen sie immer, ehe sie ihnen die Bürde
auflegen. Wenn eins von ihnen vor Müdigkeit zu-
sammenstürzt, so knien sie wehklagend neben ihm und
erschöpfen sich in Schmeichelworten. Aller Pflege und
Vorsicht ungeachtet geht auf jeder Reise nach der
Küste, besonders aber auf denen nach den Wäldern
eine Menge Lamas zu Grunde, da sie das heiße
Klima nicht ertragen.

Die Angaben älterer Reisender, daß diese Thiere
zum Reiten oder gar als Zugthiere benutzt werden,
sind unrichtig. Zuweilen setzt sich ein Jndianerjunge,
wenn er einen Fluß passiren muß und er sich nicht
gern naß macht, auf ein Lama, verläßt es aber, am
andern Ufer angelangt, sogleich wieder.

Das größte Thier dieser Familie ist das Guanaco,
denn es mißt von der Sohle bis zum Scheitel 5 Fuß
und bis zum Widerrist 3 Fuß 3 Zoll. Es gleicht in
seiner Gestalt so sehr dem Lama, daß bis auf die
neueste Zeit die Ansicht herrschte, dieses sei nur ein
veredeltes Guanaco oder jenes ein verwildertes Lama.
Das Guanaco ist am Halse, dem Rücken und den
Schenkeln einförmig rothbraun. Am Bauche, der Mit-
tellinie der Brust und an der innern Seite der Glied-
maßen schmuzigweiß. Das Gesicht ist schwärzlichgrau,
um die Lippen heller, fast weiß. Die Wolle ist kür-
zer als bei den Lamas und weniger fein; sie ist aber
fast am ganzen Körper ziemlich gleichmäßig lang, nur
am Halse etwas kürzer, an der Brust aber viel länger.

Die Guanacos leben in Rudeln von fünf bis sie-
ben Stück, selten sind mehr beieinander. Sie sind in
den meisten Gegenden sehr scheu und man kann ihnen
nur schwer sich nähern. Jung eingefangen, werden sie
gezähmt; sie bleiben aber immer tückisch und verwil-
dern leicht wieder; auch können sie zum Lasttragen nur
sehr schwer abgerichtet werden. Man sieht häufig in
den Menagerien in Europa diese Thiere, die aus Chile
kommen und für Lamas ausgegeben werden.



Die Sumpfwälder bei Neuorleans.
( Beschluß. )

Durch die Wälder führen von Neuorleans aus nur
drei Durchgänge zum See, dessen Nähe am Strome
wohl 1718 die Franzosen unter Bienville bewog, hier
eine Stadt zu gründen und dieselbe statt des jetzt zum
Staate Mississippi gerechneten Biloxi zum Hauptorte
ihrer Colonie Louisiana zu machen. Vom östlichen
Theile der Stadt aus läuft schnurgerade und genau
von Süd nach Nord eine aus aufgeschütteter Erde ge-
baute und daher zur Seite größtentheils von sumpfigen
Gräben begrenzte Eisenbahn. Dieselbe beginnt in einem
nahe am Flusse gelegenen Bahnhofe, bildet dann --
in größern Städten Amerikas keine Seltenheit -- eine
breite Straße zwischen den Häusern der Stadt hin-
durch, läuft hierauf eine weit größere Strecke durch
Wald und Sumpf und endigt zuletzt am Pontchartrain-
see, wo sich aus einer großen Maschinenwerkstatt, den
Wohnungen der Arbeiter und der bei einem kleinen
hölzernen Leuchtthurm Angestellten und aus einer An-
zahl Wirthshäuser ein kleiner Hafenort gebildet hat.
[Spaltenumbruch] Bei der Flachheit der Ufer hat man die Bahn ein
Stück in das Wasser bauen und den Bahnhof ein
wenig über demselben anlegen müssen, damit man un-
mittelbar von ihm aus die Dampfschiffe besteigen kann,
die sich hier den zu jeder Tagesstunde von der Stadt
aus abgehenden und vor Verlauf derselben auch wie-
der dahin zurückkehrenden Dampfwagenzügen anschlie-
ßen, um die Reisenden hinüber nach Covington oder
dem Perlflusse hinauf oder hinaus nach Mobile zu
bringen. Ein zweiter Durchgang, und zwar der äl-
teste, ist der vom See aus ein wenig weiter westlich
angelegte alte Kanal, der in dem mittlern und ältesten
Stadttheile in dem sogenannten alten Bassin seinen
Ausgang hat, doch nur von sehr kleinen Schiffen, die
meist nur an den Ufern des Sees hinsegeln, befahren
wird. An ihm hin führt eine Fahrstraße bis zum
See, wie denn in seiner Nähe von der Stadt aus auch
Gartengrundstücke und Felder, die einzige größere Un-
terbrechung des Waldes, liegen. Ebenso zieht sich von
der Mitte der Straße aus ostwärts über die Eisenbahn
hinweg und noch weit über dieselbe hinaus eine Reihe
Pflanzungen, die einzige Häusergruppe zwischen Stadt
und See, die als eine eigene Ortschaft gelten kann.
Auch am Ufer des Sees selbst ist der Ausgang des
Kanals mit dem obenerwähnten Hafenorte durch eine
dicht am Walde hinführende Straße verbunden. End-
lich hat man, nachdem die früher unbedeutende west-
liche Vorstadt sich zu einem neuen großen Stadttheile
mit fast ganz englischer Bevölkerung gestaltet hat, auch
hier ein noch größeres Bassin gegraben und dasselbe
mit dem See ebenfalls durch einen Kanal verbunden,
der breiter, in Folge seiner Richtung auch etwas län-
ger als der alte ist und an seiner Mündung, damit
das seichte Seeufer die Schiffahrt nicht unterbreche,
durch zwei Dämme von demselben abgesondert ist und
durch eine Baggermaschine fleißig gereinigt wird. Auch
an ihm läuft eine schmale, doch sehr zierliche Straße
hin, die, da in dem angeschwemmten Lande weit und
breit nicht ein Kieselstein zu finden ist und die Pfla-
stersteine der Stadt selbst aus ziemlicher Entfernung
den Fluß herab gebracht sind, aus den Schalen klei-
ner im See zahlreich zu findender Muscheln gebaut ist
und dadurch nicht nur eine weiße Farbe, sondern auch
eine nicht geringe Festigkeit erlangt hat. Die Straße
steht mit keiner andern in Verbindung; die den neuen
Kanal hinausfahrenden Schiffe aber, obschon nur von
mäßiger Größe, sind zahlreicher als die, welche den
alten Kanal benutzen und wagen sich, wenn auch nicht
über den Ocean, doch oft über den mexikanischen Golf
nach Florida und Westindien.

Eine vierte Verkehrslinie, die durch diesen Wald
führt, eine Eisenbahn, die in der breiten zwischen dem
mittlern und westlichen Stadttheile hinführenden Straße
beginnt und dann nordwestlich durch den Wald und
über den neuen Kanal hinweg bis Natchez laufen sollte,
hat man, da sie mit der Dampfschiffahrt auf dem
Mississippi doch nicht concurriren konnte, eingehen
lassen, und so konnten wir auf ihren Schienen und
Längsbalken hingehen und dabei unter uns den hier
auf eine geraume Strecke durch Unreinigkeiten aus der
Stadt sehr geschwärzten Sumpf, neben uns Gesträuch
und bald völligen Wald erblicken. Auch einer jener
Contraste zwischen Cultur und Wildniß, wie sie dort
so häufig sind!

Wer es wagt, von einem dieser Wege ab in den
Wald zu gehen, sei es nun auf einem der schmalen
Knüppelwege, wie sie hier und da zum Herausschaffen
des Holzes zu finden sind, oder an einem der Gräben
[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] den Eindruck, als würden sie zu einem so niedrigen
Dienste gebraucht.

Die Jndianer haben eine große Liebe für diese
Thiere, sie schmücken ihnen die Ohren mit Bändern,
hängen ihnen an bunten Schnüren Glöckchen um den
Hals und liebkosen sie immer, ehe sie ihnen die Bürde
auflegen. Wenn eins von ihnen vor Müdigkeit zu-
sammenstürzt, so knien sie wehklagend neben ihm und
erschöpfen sich in Schmeichelworten. Aller Pflege und
Vorsicht ungeachtet geht auf jeder Reise nach der
Küste, besonders aber auf denen nach den Wäldern
eine Menge Lamas zu Grunde, da sie das heiße
Klima nicht ertragen.

Die Angaben älterer Reisender, daß diese Thiere
zum Reiten oder gar als Zugthiere benutzt werden,
sind unrichtig. Zuweilen setzt sich ein Jndianerjunge,
wenn er einen Fluß passiren muß und er sich nicht
gern naß macht, auf ein Lama, verläßt es aber, am
andern Ufer angelangt, sogleich wieder.

Das größte Thier dieser Familie ist das Guanaco,
denn es mißt von der Sohle bis zum Scheitel 5 Fuß
und bis zum Widerrist 3 Fuß 3 Zoll. Es gleicht in
seiner Gestalt so sehr dem Lama, daß bis auf die
neueste Zeit die Ansicht herrschte, dieses sei nur ein
veredeltes Guanaco oder jenes ein verwildertes Lama.
Das Guanaco ist am Halse, dem Rücken und den
Schenkeln einförmig rothbraun. Am Bauche, der Mit-
tellinie der Brust und an der innern Seite der Glied-
maßen schmuzigweiß. Das Gesicht ist schwärzlichgrau,
um die Lippen heller, fast weiß. Die Wolle ist kür-
zer als bei den Lamas und weniger fein; sie ist aber
fast am ganzen Körper ziemlich gleichmäßig lang, nur
am Halse etwas kürzer, an der Brust aber viel länger.

Die Guanacos leben in Rudeln von fünf bis sie-
ben Stück, selten sind mehr beieinander. Sie sind in
den meisten Gegenden sehr scheu und man kann ihnen
nur schwer sich nähern. Jung eingefangen, werden sie
gezähmt; sie bleiben aber immer tückisch und verwil-
dern leicht wieder; auch können sie zum Lasttragen nur
sehr schwer abgerichtet werden. Man sieht häufig in
den Menagerien in Europa diese Thiere, die aus Chile
kommen und für Lamas ausgegeben werden.



Die Sumpfwälder bei Neuorleans.
( Beschluß. )

Durch die Wälder führen von Neuorleans aus nur
drei Durchgänge zum See, dessen Nähe am Strome
wohl 1718 die Franzosen unter Bienville bewog, hier
eine Stadt zu gründen und dieselbe statt des jetzt zum
Staate Mississippi gerechneten Biloxi zum Hauptorte
ihrer Colonie Louisiana zu machen. Vom östlichen
Theile der Stadt aus läuft schnurgerade und genau
von Süd nach Nord eine aus aufgeschütteter Erde ge-
baute und daher zur Seite größtentheils von sumpfigen
Gräben begrenzte Eisenbahn. Dieselbe beginnt in einem
nahe am Flusse gelegenen Bahnhofe, bildet dann —
in größern Städten Amerikas keine Seltenheit — eine
breite Straße zwischen den Häusern der Stadt hin-
durch, läuft hierauf eine weit größere Strecke durch
Wald und Sumpf und endigt zuletzt am Pontchartrain-
see, wo sich aus einer großen Maschinenwerkstatt, den
Wohnungen der Arbeiter und der bei einem kleinen
hölzernen Leuchtthurm Angestellten und aus einer An-
zahl Wirthshäuser ein kleiner Hafenort gebildet hat.
[Spaltenumbruch] Bei der Flachheit der Ufer hat man die Bahn ein
Stück in das Wasser bauen und den Bahnhof ein
wenig über demselben anlegen müssen, damit man un-
mittelbar von ihm aus die Dampfschiffe besteigen kann,
die sich hier den zu jeder Tagesstunde von der Stadt
aus abgehenden und vor Verlauf derselben auch wie-
der dahin zurückkehrenden Dampfwagenzügen anschlie-
ßen, um die Reisenden hinüber nach Covington oder
dem Perlflusse hinauf oder hinaus nach Mobile zu
bringen. Ein zweiter Durchgang, und zwar der äl-
teste, ist der vom See aus ein wenig weiter westlich
angelegte alte Kanal, der in dem mittlern und ältesten
Stadttheile in dem sogenannten alten Bassin seinen
Ausgang hat, doch nur von sehr kleinen Schiffen, die
meist nur an den Ufern des Sees hinsegeln, befahren
wird. An ihm hin führt eine Fahrstraße bis zum
See, wie denn in seiner Nähe von der Stadt aus auch
Gartengrundstücke und Felder, die einzige größere Un-
terbrechung des Waldes, liegen. Ebenso zieht sich von
der Mitte der Straße aus ostwärts über die Eisenbahn
hinweg und noch weit über dieselbe hinaus eine Reihe
Pflanzungen, die einzige Häusergruppe zwischen Stadt
und See, die als eine eigene Ortschaft gelten kann.
Auch am Ufer des Sees selbst ist der Ausgang des
Kanals mit dem obenerwähnten Hafenorte durch eine
dicht am Walde hinführende Straße verbunden. End-
lich hat man, nachdem die früher unbedeutende west-
liche Vorstadt sich zu einem neuen großen Stadttheile
mit fast ganz englischer Bevölkerung gestaltet hat, auch
hier ein noch größeres Bassin gegraben und dasselbe
mit dem See ebenfalls durch einen Kanal verbunden,
der breiter, in Folge seiner Richtung auch etwas län-
ger als der alte ist und an seiner Mündung, damit
das seichte Seeufer die Schiffahrt nicht unterbreche,
durch zwei Dämme von demselben abgesondert ist und
durch eine Baggermaschine fleißig gereinigt wird. Auch
an ihm läuft eine schmale, doch sehr zierliche Straße
hin, die, da in dem angeschwemmten Lande weit und
breit nicht ein Kieselstein zu finden ist und die Pfla-
stersteine der Stadt selbst aus ziemlicher Entfernung
den Fluß herab gebracht sind, aus den Schalen klei-
ner im See zahlreich zu findender Muscheln gebaut ist
und dadurch nicht nur eine weiße Farbe, sondern auch
eine nicht geringe Festigkeit erlangt hat. Die Straße
steht mit keiner andern in Verbindung; die den neuen
Kanal hinausfahrenden Schiffe aber, obschon nur von
mäßiger Größe, sind zahlreicher als die, welche den
alten Kanal benutzen und wagen sich, wenn auch nicht
über den Ocean, doch oft über den mexikanischen Golf
nach Florida und Westindien.

Eine vierte Verkehrslinie, die durch diesen Wald
führt, eine Eisenbahn, die in der breiten zwischen dem
mittlern und westlichen Stadttheile hinführenden Straße
beginnt und dann nordwestlich durch den Wald und
über den neuen Kanal hinweg bis Natchez laufen sollte,
hat man, da sie mit der Dampfschiffahrt auf dem
Mississippi doch nicht concurriren konnte, eingehen
lassen, und so konnten wir auf ihren Schienen und
Längsbalken hingehen und dabei unter uns den hier
auf eine geraume Strecke durch Unreinigkeiten aus der
Stadt sehr geschwärzten Sumpf, neben uns Gesträuch
und bald völligen Wald erblicken. Auch einer jener
Contraste zwischen Cultur und Wildniß, wie sie dort
so häufig sind!

Wer es wagt, von einem dieser Wege ab in den
Wald zu gehen, sei es nun auf einem der schmalen
Knüppelwege, wie sie hier und da zum Herausschaffen
des Holzes zu finden sind, oder an einem der Gräben
[Ende Spaltensatz]

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Das größte Thier dieser Familie ist das Guanaco, denn es mißt von der Sohle bis zum Scheitel 5 Fuß und bis zum Widerrist 3 Fuß 3 Zoll. Es gleicht in seiner Gestalt so sehr dem Lama, daß bis auf die neueste Zeit die Ansicht herrschte, dieses sei nur ein veredeltes Guanaco oder jenes ein verwildertes Lama. Das Guanaco ist am Halse, dem Rücken und den Schenkeln einförmig rothbraun. Am Bauche, der Mit- tellinie der Brust und an der innern Seite der Glied- maßen schmuzigweiß. Das Gesicht ist schwärzlichgrau, um die Lippen heller, fast weiß. Die Wolle ist kür- zer als bei den Lamas und weniger fein; sie ist aber fast am ganzen Körper ziemlich gleichmäßig lang, nur am Halse etwas kürzer, an der Brust aber viel länger. Die Guanacos leben in Rudeln von fünf bis sie- ben Stück, selten sind mehr beieinander. Sie sind in den meisten Gegenden sehr scheu und man kann ihnen nur schwer sich nähern. 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Ein zweiter Durchgang, und zwar der äl- teste, ist der vom See aus ein wenig weiter westlich angelegte alte Kanal, der in dem mittlern und ältesten Stadttheile in dem sogenannten alten Bassin seinen Ausgang hat, doch nur von sehr kleinen Schiffen, die meist nur an den Ufern des Sees hinsegeln, befahren wird. An ihm hin führt eine Fahrstraße bis zum See, wie denn in seiner Nähe von der Stadt aus auch Gartengrundstücke und Felder, die einzige größere Un- terbrechung des Waldes, liegen. Ebenso zieht sich von der Mitte der Straße aus ostwärts über die Eisenbahn hinweg und noch weit über dieselbe hinaus eine Reihe Pflanzungen, die einzige Häusergruppe zwischen Stadt und See, die als eine eigene Ortschaft gelten kann. Auch am Ufer des Sees selbst ist der Ausgang des Kanals mit dem obenerwähnten Hafenorte durch eine dicht am Walde hinführende Straße verbunden. End- lich hat man, nachdem die früher unbedeutende west- liche Vorstadt sich zu einem neuen großen Stadttheile mit fast ganz englischer Bevölkerung gestaltet hat, auch hier ein noch größeres Bassin gegraben und dasselbe mit dem See ebenfalls durch einen Kanal verbunden, der breiter, in Folge seiner Richtung auch etwas län- ger als der alte ist und an seiner Mündung, damit das seichte Seeufer die Schiffahrt nicht unterbreche, durch zwei Dämme von demselben abgesondert ist und durch eine Baggermaschine fleißig gereinigt wird. Auch an ihm läuft eine schmale, doch sehr zierliche Straße hin, die, da in dem angeschwemmten Lande weit und breit nicht ein Kieselstein zu finden ist und die Pfla- stersteine der Stadt selbst aus ziemlicher Entfernung den Fluß herab gebracht sind, aus den Schalen klei- ner im See zahlreich zu findender Muscheln gebaut ist und dadurch nicht nur eine weiße Farbe, sondern auch eine nicht geringe Festigkeit erlangt hat. Die Straße steht mit keiner andern in Verbindung; die den neuen Kanal hinausfahrenden Schiffe aber, obschon nur von mäßiger Größe, sind zahlreicher als die, welche den alten Kanal benutzen und wagen sich, wenn auch nicht über den Ocean, doch oft über den mexikanischen Golf nach Florida und Westindien. Eine vierte Verkehrslinie, die durch diesen Wald führt, eine Eisenbahn, die in der breiten zwischen dem mittlern und westlichen Stadttheile hinführenden Straße beginnt und dann nordwestlich durch den Wald und über den neuen Kanal hinweg bis Natchez laufen sollte, hat man, da sie mit der Dampfschiffahrt auf dem Mississippi doch nicht concurriren konnte, eingehen lassen, und so konnten wir auf ihren Schienen und Längsbalken hingehen und dabei unter uns den hier auf eine geraume Strecke durch Unreinigkeiten aus der Stadt sehr geschwärzten Sumpf, neben uns Gesträuch und bald völligen Wald erblicken. Auch einer jener Contraste zwischen Cultur und Wildniß, wie sie dort so häufig sind! Wer es wagt, von einem dieser Wege ab in den Wald zu gehen, sei es nun auf einem der schmalen Knüppelwege, wie sie hier und da zum Herausschaffen des Holzes zu finden sind, oder an einem der Gräben

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Zitationshilfe: Das Pfennig=Magazin für Belehrung und Unterhaltung. Dritte Folge, Zweiter Jahrgang, Nr. 72. Leipzig (Sachsen), 11. Mai 1854, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_pfennig072_1854/6>, abgerufen am 01.06.2024.