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Das Pfennig=Magazin für Belehrung und Unterhaltung. Dritte Folge, Zweiter Jahrgang, Nr. 72. Leipzig (Sachsen), 11. Mai 1854.

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Lama und Guanaco.
[Abbildung]
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Das Lama ist mit seinen verschiedenen Gattungsver-
wandten, dem Paco oder Alpaco, dem Guanaco und
der Vicuna, in Südamerika, namentlich in Peru zu
Hause.

Das Lama erreicht von der Sohle bis zum Schei-
tel eine Höhe von 4 Fuß, 6--8 Zoll, bis zum Wider-
rist aber nur 2 Fuß 11 Zoll bis 3 Fuß. Die Fär-
bung ist sehr verschieden, meistens braun mit Nuancen
ins Gelbliche oder Schwärzliche, häufig buntscheckig,
seltener ganz weiß oder schwarz.

Die jungen Lamas werden in der Regel ein Jahr
lang bei den Müttern gelassen, dann von ihnen ge-
trennt und in eigenen Heerden zusammengetrieben. Jm
vierten Jahre werden die Männchen von den Weib-
chen geschieden und zum Lasttragen abgerichtet, wäh-
rend die letztern auf den Hochebenen auf der Weide
bleiben. Jn den südlichen Provinzen Perus werden
die meisten Heerden gehalten und von dort nach den
Silberbergwerken Nordperus getrieben.

Der Preis eines kräftigen, ausgewachsenen Lama
beträgt 3--4 Thaler, wenn sie aber heerdenweise in
jenen Provinzen angekauft werden, nur anderthalb bis
zwei. Die Last, die das Lama trägt, darf 125 Pfund
nicht übersteigen; nur selten wird ihm mehr als ein
Centner aufgeladen. Wenn das Gewicht zu groß ist,
so legt sich das Thier nieder und steht nicht wieder
auf, bis ihm die Bürde erleichtert wird. Jn den Sil-
berminen sind die Lamas von sehr großer Wichtigkeit,
[Spaltenumbruch] denn sie müssen oft das Metall von Gruben hinunter-
tragen, die an so steilen Felsenabhängen liegen, daß
dort der Huf von Eseln oder Maulthieren keinen Halt-
punkt finden würde. Jn diesem Vortheile liegt ein
großer Ersatz für die geringen Kräfte dieser Thiere.

Die Jndianer ziehen oft mit großen Heerden von
Lamas nach der Küste, um Salz zu holen. Die Tage-
reisen, die sie machen, sind sehr klein, denn die Lamas
fressen nie des Nachts; sie müssen sich also während
des Gehens ihre Nahrung suchen oder eine mehrstün-
dige Rast haben. Beim Ab= oder Aufladen wird die
ganze Schar zusammengetrieben und ein einziger Strick
um die langen Hälse dieser Thiere geschlungen, ohne
irgend eins von ihnen festzubinden, und doch wagt es
keins, unter dem losen Seile durchzukriechen. Wenn
sie ausruhen, so geben sie einen eigenthümlichen, leisen
Ton von sich, der bei einer großen Schar von ferne
dem Zusammenklingen mehrer Äolsharfen gleicht.

Es ist ein hübscher Anblick, eine beladene Heerde
von Lamas über die Hochebenen ziehen zu sehen.
Langsam und abgemessen schreiten sie vorwärts und
blicken neugierig nach allen Seiten umher. Wenn
sich ihnen plötzlich ein fremdartiger Gegenstand nä-
hert, der ihnen Furcht erregt, so zerstreuen sie sich
im Nu nach allen Seiten und die armen Arrieros
( Führer ) haben die größte Mühe, sie wieder zusam-
menzutreiben. Trotz ihrer Last bewegen sie sich mit
außerordentlicher Leichtigkeit und machen durchaus nicht
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Lama und Guanaco.
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Das Lama ist mit seinen verschiedenen Gattungsver-
wandten, dem Paco oder Alpaco, dem Guanaco und
der Vicuna, in Südamerika, namentlich in Peru zu
Hause.

Das Lama erreicht von der Sohle bis zum Schei-
tel eine Höhe von 4 Fuß, 6—8 Zoll, bis zum Wider-
rist aber nur 2 Fuß 11 Zoll bis 3 Fuß. Die Fär-
bung ist sehr verschieden, meistens braun mit Nuancen
ins Gelbliche oder Schwärzliche, häufig buntscheckig,
seltener ganz weiß oder schwarz.

Die jungen Lamas werden in der Regel ein Jahr
lang bei den Müttern gelassen, dann von ihnen ge-
trennt und in eigenen Heerden zusammengetrieben. Jm
vierten Jahre werden die Männchen von den Weib-
chen geschieden und zum Lasttragen abgerichtet, wäh-
rend die letztern auf den Hochebenen auf der Weide
bleiben. Jn den südlichen Provinzen Perus werden
die meisten Heerden gehalten und von dort nach den
Silberbergwerken Nordperus getrieben.

Der Preis eines kräftigen, ausgewachsenen Lama
beträgt 3—4 Thaler, wenn sie aber heerdenweise in
jenen Provinzen angekauft werden, nur anderthalb bis
zwei. Die Last, die das Lama trägt, darf 125 Pfund
nicht übersteigen; nur selten wird ihm mehr als ein
Centner aufgeladen. Wenn das Gewicht zu groß ist,
so legt sich das Thier nieder und steht nicht wieder
auf, bis ihm die Bürde erleichtert wird. Jn den Sil-
berminen sind die Lamas von sehr großer Wichtigkeit,
[Spaltenumbruch] denn sie müssen oft das Metall von Gruben hinunter-
tragen, die an so steilen Felsenabhängen liegen, daß
dort der Huf von Eseln oder Maulthieren keinen Halt-
punkt finden würde. Jn diesem Vortheile liegt ein
großer Ersatz für die geringen Kräfte dieser Thiere.

Die Jndianer ziehen oft mit großen Heerden von
Lamas nach der Küste, um Salz zu holen. Die Tage-
reisen, die sie machen, sind sehr klein, denn die Lamas
fressen nie des Nachts; sie müssen sich also während
des Gehens ihre Nahrung suchen oder eine mehrstün-
dige Rast haben. Beim Ab= oder Aufladen wird die
ganze Schar zusammengetrieben und ein einziger Strick
um die langen Hälse dieser Thiere geschlungen, ohne
irgend eins von ihnen festzubinden, und doch wagt es
keins, unter dem losen Seile durchzukriechen. Wenn
sie ausruhen, so geben sie einen eigenthümlichen, leisen
Ton von sich, der bei einer großen Schar von ferne
dem Zusammenklingen mehrer Äolsharfen gleicht.

Es ist ein hübscher Anblick, eine beladene Heerde
von Lamas über die Hochebenen ziehen zu sehen.
Langsam und abgemessen schreiten sie vorwärts und
blicken neugierig nach allen Seiten umher. Wenn
sich ihnen plötzlich ein fremdartiger Gegenstand nä-
hert, der ihnen Furcht erregt, so zerstreuen sie sich
im Nu nach allen Seiten und die armen Arrieros
( Führer ) haben die größte Mühe, sie wieder zusam-
menzutreiben. Trotz ihrer Last bewegen sie sich mit
außerordentlicher Leichtigkeit und machen durchaus nicht
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[157/0005] 157 Lama und Guanaco. [Abbildung] Das Lama ist mit seinen verschiedenen Gattungsver- wandten, dem Paco oder Alpaco, dem Guanaco und der Vicuna, in Südamerika, namentlich in Peru zu Hause. Das Lama erreicht von der Sohle bis zum Schei- tel eine Höhe von 4 Fuß, 6—8 Zoll, bis zum Wider- rist aber nur 2 Fuß 11 Zoll bis 3 Fuß. Die Fär- bung ist sehr verschieden, meistens braun mit Nuancen ins Gelbliche oder Schwärzliche, häufig buntscheckig, seltener ganz weiß oder schwarz. Die jungen Lamas werden in der Regel ein Jahr lang bei den Müttern gelassen, dann von ihnen ge- trennt und in eigenen Heerden zusammengetrieben. Jm vierten Jahre werden die Männchen von den Weib- chen geschieden und zum Lasttragen abgerichtet, wäh- rend die letztern auf den Hochebenen auf der Weide bleiben. Jn den südlichen Provinzen Perus werden die meisten Heerden gehalten und von dort nach den Silberbergwerken Nordperus getrieben. Der Preis eines kräftigen, ausgewachsenen Lama beträgt 3—4 Thaler, wenn sie aber heerdenweise in jenen Provinzen angekauft werden, nur anderthalb bis zwei. Die Last, die das Lama trägt, darf 125 Pfund nicht übersteigen; nur selten wird ihm mehr als ein Centner aufgeladen. Wenn das Gewicht zu groß ist, so legt sich das Thier nieder und steht nicht wieder auf, bis ihm die Bürde erleichtert wird. Jn den Sil- berminen sind die Lamas von sehr großer Wichtigkeit, denn sie müssen oft das Metall von Gruben hinunter- tragen, die an so steilen Felsenabhängen liegen, daß dort der Huf von Eseln oder Maulthieren keinen Halt- punkt finden würde. Jn diesem Vortheile liegt ein großer Ersatz für die geringen Kräfte dieser Thiere. Die Jndianer ziehen oft mit großen Heerden von Lamas nach der Küste, um Salz zu holen. Die Tage- reisen, die sie machen, sind sehr klein, denn die Lamas fressen nie des Nachts; sie müssen sich also während des Gehens ihre Nahrung suchen oder eine mehrstün- dige Rast haben. Beim Ab= oder Aufladen wird die ganze Schar zusammengetrieben und ein einziger Strick um die langen Hälse dieser Thiere geschlungen, ohne irgend eins von ihnen festzubinden, und doch wagt es keins, unter dem losen Seile durchzukriechen. Wenn sie ausruhen, so geben sie einen eigenthümlichen, leisen Ton von sich, der bei einer großen Schar von ferne dem Zusammenklingen mehrer Äolsharfen gleicht. Es ist ein hübscher Anblick, eine beladene Heerde von Lamas über die Hochebenen ziehen zu sehen. Langsam und abgemessen schreiten sie vorwärts und blicken neugierig nach allen Seiten umher. Wenn sich ihnen plötzlich ein fremdartiger Gegenstand nä- hert, der ihnen Furcht erregt, so zerstreuen sie sich im Nu nach allen Seiten und die armen Arrieros ( Führer ) haben die größte Mühe, sie wieder zusam- menzutreiben. Trotz ihrer Last bewegen sie sich mit außerordentlicher Leichtigkeit und machen durchaus nicht

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Zitationshilfe: Das Pfennig=Magazin für Belehrung und Unterhaltung. Dritte Folge, Zweiter Jahrgang, Nr. 72. Leipzig (Sachsen), 11. Mai 1854, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_pfennig072_1854/5>, abgerufen am 01.06.2024.