Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 2. Leipzig, 1846.Vater daheim zu treffen, so mögte ich Sie bitten -- --" Herrn Felchners Anzug bestand nämlich in seinem alten grauen Rocke, seinen niedergetretenen und zerriss'nen gestickten Schuhen, über welche graue Socken herabhingen, um den Hals ein strickartig zusammengedrehtes weißes Tuch, ohne Vorhemdchen und Weste; und so hatte er sich jetzt nur halb vom Sopha erhoben und den Eintretenden mit seinen kleinen blitzenden Augen angeschielt, dessen Gruß nur mit einem leichten Kopfnicken erwidernd. Jetzt aber stand der Genannte auf, schlug die Arme a la Napoleon ineinander und that einige Schritte nach dem Geheimrath zu, warf ihm aus seinen grauen Augen einen durchbohrenden Blick voll Stolz und Ironie zugleich zu und sagte seine Rede unterbrechend: "Mein Herr, was beliebt?" "Mein Vater ist selbst hier!" sagte gleichzeitig Pauline als Antwort auf den Herzutretenden zeigend. Der Geheimrath suchte sich schnell von seinem Staunen zu fassen, daß dieser kleine dürre Mann in diesem schmuzigen Anzug hier der Hausherr sei, der Besitzer der Fabrik, der Besitzer von Millionen! Der Erstaunte sagte mit höflichem Kratzfuß: "Es sollte mir leid thun, wenn ich vielleicht in der Mittagsruhe gestört --" Der Fabrikherr war Menschenkenner genug, um zu bemerken, daß ein adeliger, ein sogenannter vornehmer Vater daheim zu treffen, so mögte ich Sie bitten — —“ Herrn Felchners Anzug bestand nämlich in seinem alten grauen Rocke, seinen niedergetretenen und zerriss’nen gestickten Schuhen, über welche graue Socken herabhingen, um den Hals ein strickartig zusammengedrehtes weißes Tuch, ohne Vorhemdchen und Weste; und so hatte er sich jetzt nur halb vom Sopha erhoben und den Eintretenden mit seinen kleinen blitzenden Augen angeschielt, dessen Gruß nur mit einem leichten Kopfnicken erwidernd. Jetzt aber stand der Genannte auf, schlug die Arme à la Napoleon ineinander und that einige Schritte nach dem Geheimrath zu, warf ihm aus seinen grauen Augen einen durchbohrenden Blick voll Stolz und Ironie zugleich zu und sagte seine Rede unterbrechend: „Mein Herr, was beliebt?“ „Mein Vater ist selbst hier!“ sagte gleichzeitig Pauline als Antwort auf den Herzutretenden zeigend. Der Geheimrath suchte sich schnell von seinem Staunen zu fassen, daß dieser kleine dürre Mann in diesem schmuzigen Anzug hier der Hausherr sei, der Besitzer der Fabrik, der Besitzer von Millionen! Der Erstaunte sagte mit höflichem Kratzfuß: „Es sollte mir leid thun, wenn ich vielleicht in der Mittagsruhe gestört —“ Der Fabrikherr war Menschenkenner genug, um zu bemerken, daß ein adeliger, ein sogenannter vornehmer <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0207" n="201"/> Vater daheim zu treffen, so mögte ich Sie bitten — —“</p> <p>Herrn Felchners Anzug bestand nämlich in seinem alten grauen Rocke, seinen niedergetretenen und zerriss’nen gestickten Schuhen, über welche graue Socken herabhingen, um den Hals ein strickartig zusammengedrehtes weißes Tuch, ohne Vorhemdchen und Weste; und so hatte er sich jetzt nur halb vom Sopha erhoben und den Eintretenden mit seinen kleinen blitzenden Augen angeschielt, dessen Gruß nur mit einem leichten Kopfnicken erwidernd.</p> <p>Jetzt aber stand der Genannte auf, schlug die Arme à la Napoleon ineinander und that einige Schritte nach dem Geheimrath zu, warf ihm aus seinen grauen Augen einen durchbohrenden Blick voll Stolz und Ironie zugleich zu und sagte seine Rede unterbrechend: „Mein Herr, was beliebt?“</p> <p>„Mein Vater ist selbst hier!“ sagte gleichzeitig Pauline als Antwort auf den Herzutretenden zeigend.</p> <p>Der Geheimrath suchte sich schnell von seinem Staunen zu fassen, daß dieser kleine dürre Mann in diesem schmuzigen Anzug hier der Hausherr sei, der Besitzer der Fabrik, der Besitzer von Millionen! Der Erstaunte sagte mit höflichem Kratzfuß: „Es sollte mir leid thun, wenn ich vielleicht in der Mittagsruhe gestört —“</p> <p>Der Fabrikherr war Menschenkenner genug, um zu bemerken, daß ein adeliger, ein sogenannter vornehmer </p> </div> </body> </text> </TEI> [201/0207]
Vater daheim zu treffen, so mögte ich Sie bitten — —“
Herrn Felchners Anzug bestand nämlich in seinem alten grauen Rocke, seinen niedergetretenen und zerriss’nen gestickten Schuhen, über welche graue Socken herabhingen, um den Hals ein strickartig zusammengedrehtes weißes Tuch, ohne Vorhemdchen und Weste; und so hatte er sich jetzt nur halb vom Sopha erhoben und den Eintretenden mit seinen kleinen blitzenden Augen angeschielt, dessen Gruß nur mit einem leichten Kopfnicken erwidernd.
Jetzt aber stand der Genannte auf, schlug die Arme à la Napoleon ineinander und that einige Schritte nach dem Geheimrath zu, warf ihm aus seinen grauen Augen einen durchbohrenden Blick voll Stolz und Ironie zugleich zu und sagte seine Rede unterbrechend: „Mein Herr, was beliebt?“
„Mein Vater ist selbst hier!“ sagte gleichzeitig Pauline als Antwort auf den Herzutretenden zeigend.
Der Geheimrath suchte sich schnell von seinem Staunen zu fassen, daß dieser kleine dürre Mann in diesem schmuzigen Anzug hier der Hausherr sei, der Besitzer der Fabrik, der Besitzer von Millionen! Der Erstaunte sagte mit höflichem Kratzfuß: „Es sollte mir leid thun, wenn ich vielleicht in der Mittagsruhe gestört —“
Der Fabrikherr war Menschenkenner genug, um zu bemerken, daß ein adeliger, ein sogenannter vornehmer
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