Seite." -- Walt: "O Lieber, wie hast du Recht! Doch kann es nicht so sehr auf poetische Darstel¬ lungen passen, als auf scherzhafte und witzige und philosophische; dir hilft Reden mehr, mir schweigen." -- Vult: "Der Winter ist überhaupt die furcht¬ barste Lettern-Zeit; Schneeballen gefrieren zu Bücherballen. Hingegen, wie reiset und fliegt ein Mensch im Lenz! Hier wären Bilder leicht; aber die Ostermesse ist der beste Beweiß." -- Walt: "Es ist, als wenn der Mensch von neuen Bergen aus Wolken umschlossen, ohne Himmel und ohne Erde, blos im Meer des Schnees trei¬ bend -- so ganz allein -- kein Sington und keine Farbe in der Natur -- ich wollte etwas sagen; näm¬ lich der Mensch muß aus Mangel äußerer Schö¬ pfung zu innerer greifen."
Vult: "Trink' diese Tasse noch. O sehr wahr! Wiewohl wir heute eben nicht viel geschrieben und ich gar nichts."
Beide bedauerten nur, daß ihre so schöne Ge¬ meinschaft der Güter durch Mangel an Gütern etwas gestört würde, indem alles, was sie von Gold in Händen hätten, sich blos auf die Gold¬
Seite.” — Walt: „O Lieber, wie haſt du Recht! Doch kann es nicht ſo ſehr auf poetiſche Darſtel¬ lungen paſſen, als auf ſcherzhafte und witzige und philoſophiſche; dir hilft Reden mehr, mir ſchweigen.” — Vult: „Der Winter iſt uͤberhaupt die furcht¬ barſte Lettern-Zeit; Schneeballen gefrieren zu Buͤcherballen. Hingegen, wie reiſet und fliegt ein Menſch im Lenz! Hier waͤren Bilder leicht; aber die Oſtermeſſe iſt der beſte Beweiß.” — Walt: „Es iſt, als wenn der Menſch von neuen Bergen aus Wolken umſchloſſen, ohne Himmel und ohne Erde, blos im Meer des Schnees trei¬ bend — ſo ganz allein — kein Sington und keine Farbe in der Natur — ich wollte etwas ſagen; naͤm¬ lich der Menſch muß aus Mangel aͤußerer Schoͤ¬ pfung zu innerer greifen.”
Vult: „Trink' dieſe Taſſe noch. O ſehr wahr! Wiewohl wir heute eben nicht viel geſchrieben und ich gar nichts.”
Beide bedauerten nur, daß ihre ſo ſchoͤne Ge¬ meinſchaft der Guͤter durch Mangel an Guͤtern etwas geſtoͤrt wuͤrde, indem alles, was ſie von Gold in Haͤnden haͤtten, ſich blos auf die Gold¬
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Seite.” — Walt: „O Lieber, wie haſt du Recht!
Doch kann es nicht ſo ſehr auf poetiſche Darſtel¬
lungen paſſen, als auf ſcherzhafte und witzige und
philoſophiſche; dir hilft Reden mehr, mir ſchweigen.”
— Vult: „Der Winter iſt uͤberhaupt die furcht¬
barſte Lettern-Zeit; Schneeballen gefrieren zu
Buͤcherballen. Hingegen, wie reiſet und fliegt
ein Menſch im Lenz! Hier waͤren Bilder leicht;
aber die Oſtermeſſe iſt der beſte Beweiß.” —
Walt: „Es iſt, als wenn der Menſch von neuen
Bergen aus Wolken umſchloſſen, ohne Himmel
und ohne Erde, blos im Meer des Schnees trei¬
bend — ſo ganz allein — kein Sington und keine
Farbe in der Natur — ich wollte etwas ſagen; naͤm¬
lich der Menſch muß aus Mangel aͤußerer Schoͤ¬
pfung zu innerer greifen.”
Vult: „Trink' dieſe Taſſe noch. O ſehr wahr!
Wiewohl wir heute eben nicht viel geſchrieben und
ich gar nichts.”
Beide bedauerten nur, daß ihre ſo ſchoͤne Ge¬
meinſchaft der Guͤter durch Mangel an Guͤtern
etwas geſtoͤrt wuͤrde, indem alles, was ſie von
Gold in Haͤnden haͤtten, ſich blos auf die Gold¬
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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805/153>, abgerufen am 01.06.2024.
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