Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717.Hauptbeschreibung ersten Theils erstes Buch. [Spaltenumbruch]
weil man an unserer Conzenille wederFlügel noch Füßgen, weder Kopf noch andere Theilgen solcher Thierlein erbli- cken kan, da sie hingegen alle Kennzei- chen eines Korns oder Samens an sich hat. Und wenn es auch hieran noch nicht genug, so besehe man nur, was Ximenes und Wilhelm Piso in der Beschreibung der Brasilianischen Ge- wächse davon meldet; denn nachdem dieser letztere eine Gattung Jndiani- Siehe Fig. 28.scher Feigenbäume, die er Jamacaru nennet, weitläufftig beschrieben, so sagt er endlich, dieses sey eben das Gewächse, das in Neuspanien die Conzenille trage. "Ausser diesen wird auch in der Be- Dem sey nun wie ihm wolle, man Die Conzenille wird, meines be- Vom Carmesin. Carmin oder Carmesin ist die theu- Etliche thun Rocou dazu, allein Der Carmin wird zur Mignatur- Von der feinen Lacca, und andern derselben Sorten. Die feine Lacca wird auch die Ve- Die Lacca ist eine härtliche Massa,Etliche thun gelung, C 2
Hauptbeſchreibung erſten Theils erſtes Buch. [Spaltenumbruch]
weil man an unſerer Conzenille wederFluͤgel noch Fuͤßgen, weder Kopf noch andere Theilgen ſolcher Thierlein erbli- cken kan, da ſie hingegen alle Kennzei- chen eines Korns oder Samens an ſich hat. Und wenn es auch hieran noch nicht genug, ſo beſehe man nur, was Ximenes und Wilhelm Piſo in der Beſchreibung der Braſilianiſchen Ge- waͤchſe davon meldet; denn nachdem dieſer letztere eine Gattung Jndiani- Siehe Fig. 28.ſcher Feigenbaͤume, die er Jamacaru nennet, weitlaͤufftig beſchrieben, ſo ſagt er endlich, dieſes ſey eben das Gewaͤchſe, das in Neuſpanien die Conzenille trage. „Auſſer dieſen wird auch in der Be- Dem ſey nun wie ihm wolle, man Die Conzenille wird, meines be- Vom Carmeſin. Carmin oder Carmeſin iſt die theu- Etliche thun Rocou dazu, allein Der Carmin wird zur Mignatur- Von der feinen Lacca, und andern derſelben Sorten. Die feine Lacca wird auch die Ve- Die Lacca iſt eine haͤrtliche Maſſa,Etliche thun gelung, C 2
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Hauptbeſchreibung erſten Theils erſtes Buch.
weil man an unſerer Conzenille weder
Fluͤgel noch Fuͤßgen, weder Kopf noch
andere Theilgen ſolcher Thierlein erbli-
cken kan, da ſie hingegen alle Kennzei-
chen eines Korns oder Samens an ſich
hat. Und wenn es auch hieran noch
nicht genug, ſo beſehe man nur, was
Ximenes und Wilhelm Piſo in der
Beſchreibung der Braſilianiſchen Ge-
waͤchſe davon meldet; denn nachdem
dieſer letztere eine Gattung Jndiani-
ſcher Feigenbaͤume, die er Jamacaru
nennet, weitlaͤufftig beſchrieben, ſo ſagt
er endlich, dieſes ſey eben das Gewaͤchſe,
das in Neuſpanien die Conzenille
trage.
Siehe Fig. 28.
„Auſſer dieſen wird auch in der Be-
„ſchreibung Virginiens einer ange-
„nehmen Frucht, Metaqueſunnauk,
„gedacht, in Groͤſſe und Geſtalt einer
„Birne, welche durch und durch roth iſt,
„und auf einem Gewaͤchſe waͤchſt, deſ-
„ſen Blaͤtter ziemlich dicke und voll ſpi-
„tziger Stacheln ſind. Etliche, die in
„Jndien geweſen, und dieſe rothe und
„koſtbare Farbe, die man Conzenille
„heißt, wachſen geſehen, beſchreiben die-
„ſes Gewaͤchſe eben alſo, als wie die
„Frucht Metaqueſunnauk beſchrie-
„ben wird.
Dem ſey nun wie ihm wolle, man
ſoll iederzeit die feinſte Gattung der
Conzenille erwehlen, das iſt, die da
ſchwer, dicke, voͤllig, rein, trucken, weiß
und gleiſſend ſey, die auch, wenn ein
Korn davon im Munde zerdruͤckt wird,
dem Speichel eine dunckelrothe Farbe
gebe: dagegen ſoll man die verwerffen,
welche garſtig, gering und leichte iſt.
Endlich muß man auch ſich vorſehen,
daß keine Steinlein drunter, wiewohl
ehe geſchicht; bevoraus, wenn ſie theu-
er iſt.
Die Conzenille wird, meines be-
halts, gar nicht in der Medicin ge-
braucht, es muͤſten dann einige, und
zwar nicht wenige Medici ſamt andern
Perſonen dieſe und die Kermeskoͤrner
fuͤr einerley gehalten haben und noch
halten, welches iedoch der Wahrheit
ſchnurſtracks zuwider iſt, wie aus fol-
gendem Cap. zu erſehen. Die Schoͤn-
faͤrber aber brauchen ſie gar haͤuffig,
denn ſie die baſis und vornehmſtes Stuͤ-
cke zur Scharlachfarbe iſt. Etliche
faͤrben den Zucker damit, und thun als-
dann gantz zart geriebenen Weinſtein
oder andere acida und ſaure Sachen
dazu.
Vom Carmeſin.
Carmin oder Carmeſin iſt die theu-
erſt- und koſtbarſte Wahre, die aus der
Cochenilla Miſteca bereitet wird. Es
iſt aber eine Fecula oder ein gantz zartes
Pulver, das eine hochrothe Farbe hat,
und wie Sammt ſiehet, und vermittelſt
eines ſonderlichen Waſſers, darinne
Chouan und Autour geweichet worden,
zugerichtet wird. Wenn es denn ſol-
cher geſtalt recht zubereitet und getreu-
get iſt, wird es Carmin, oder Carmeſin
genennet, der, wenn er aufrichtig, und
wie er ſoll, beſchaffen iſt, ein unbegreif-
lich Pulver, hoch an der Farbe, und beſt-
moͤglich præpariret ſeyn muß. Weil ihn
aber boͤſe Leute des hohen Preiſſes we-
gen ofte zu verfaͤlſchen pflegen, derowe-
gen ſoll man ihn allein bey ſolchen Han-
delsleuten kauffen, welche zu gewiſſen-
haftig ſind, denſelben zu verfaͤlſchen,
oder die andere Sorte, ſo um ein gutes
geringer und ſchlechter iſt, an ſtatt der
erſten zu verkauffen.
Etliche thun Rocou dazu, allein
davon wird der Carmin gantz Pome-
rantzenfarbicht.
Der Carmin wird zur Mignatur-
Arbeit gebrauchet, wie auch zu den ſchoͤ-
nen Tuͤchern, daraus die koͤſtlichen Ta-
pezereyen gemacht werden.
Von der feinen Lacca, und andern
derſelben Sorten.
Die feine Lacca wird auch die Ve-
nediſche genennet, weil ſie ehedeſſen
nirgend anders her gebracht wurde: ſeit
dem aber einige Perſonen zu Paris
ſich unterfangen ſie nachzumachen, und
es ihnen gelungen (wie ſie denn von den
beſten Mahlern der Venediſchen vor-
gezogen wird) ſo kommt ihrer ietzund
wenig mehr dorther.
Die Lacca iſt eine haͤrtliche Maſſa,
wird aus dem Marck oder dem innerſten
der Fiſchbeine, Oſſa ſepiæ genannt, ſo
mit einer gewiſſen Tinctur gefaͤrbet
worden, bereitet. Dieſe Tinctur wird
aus der Cochenilla Miſteca, Braſilien-
und Pernambuc-Holtz, mit gebrann-
ter Engliſcher Alaune, Arſenic und der
Lauge von Egyptiſchem Salpeter, oder
weiſſer Suda, oder in deren Erman-
gelung,
Etliche thun
die Terra Me-
rita dazu.
C 2
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