Raabe, Wilhelm: Die Chronik der Sperlingsgasse. Berlin, 1857.vom Wasserthor her, herunter, -- mir zitterte das "Meister Karsten! Meister Karsten! Schnell, schnell!" "So?!" -- sagt mein Gottfried, stellte seine Säge "Nun, so kommt meine Herren!" Die standen alle mit offenen Mäulern da, aber vom Waſſerthor her, herunter, — mir zitterte das „Meiſter Karſten! Meiſter Karſten! Schnell, ſchnell!“ „So?!“ — ſagt mein Gottfried, ſtellte ſeine Säge „Nun, ſo kommt meine Herren!“ Die ſtanden alle mit offenen Mäulern da, aber <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0151" n="141"/> vom Waſſerthor her, herunter, — mir zitterte das<lb/> Herz immer mehr! —</p><lb/> <p>„Meiſter Karſten! Meiſter Karſten! Schnell, ſchnell!“<lb/> ſchrieen plötzlich mehrere Nachbarn, die in den Hof<lb/> ſtürzten im beſten Sonntagsſtaat. „Ihr ſollt kommen,<lb/> Ihr ſollt mit zur Depentatſchon an den franzöſchen<lb/> General!“</p><lb/> <p>„So?!“ — ſagt mein Gottfried, ſtellte ſeine Säge<lb/> hin und ging langſam in das Haus, gefolgt von den<lb/> Nachbarn, dem Herrn Secretair Schreiber, dem Herrn<lb/> Rath Puſteback, dem Schornſteinfeger Blachdorf und<lb/> dem Schmied Pruſter und anderen. Alle zogen mit<lb/> meinem Alten in die Stuben, weil ſie dachten, er würde<lb/> nun gleich in den Bratenrock fahren und mitrennen.<lb/> Aber proſte Mahlzeit! — An den Tabackskaſten ging<lb/> mein Alter, ſtopfte ſich eine Pfeife, ſchlug langſam<lb/> Feuer und ſagte:</p><lb/> <p>„Nun, ſo kommt meine Herren!“</p><lb/> <p>Die ſtanden alle mit offenen Mäulern da, aber<lb/> mein Gottfried ließ ſich nicht irre machen. In Schlaf-<lb/> rock und Pantoffeln marſchirte er ruhig — ich ſehe ihn<lb/> wie heute — voran bis an die nächſte Straßenecke. Da<lb/> blieb er ſtehen und die Nachbarn um ihn herum; zeigte<lb/> mit der Pfeifenſpitze auf einen Zettel, der da klebte<lb/> und auf welchem ſtand:<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [141/0151]
vom Waſſerthor her, herunter, — mir zitterte das
Herz immer mehr! —
„Meiſter Karſten! Meiſter Karſten! Schnell, ſchnell!“
ſchrieen plötzlich mehrere Nachbarn, die in den Hof
ſtürzten im beſten Sonntagsſtaat. „Ihr ſollt kommen,
Ihr ſollt mit zur Depentatſchon an den franzöſchen
General!“
„So?!“ — ſagt mein Gottfried, ſtellte ſeine Säge
hin und ging langſam in das Haus, gefolgt von den
Nachbarn, dem Herrn Secretair Schreiber, dem Herrn
Rath Puſteback, dem Schornſteinfeger Blachdorf und
dem Schmied Pruſter und anderen. Alle zogen mit
meinem Alten in die Stuben, weil ſie dachten, er würde
nun gleich in den Bratenrock fahren und mitrennen.
Aber proſte Mahlzeit! — An den Tabackskaſten ging
mein Alter, ſtopfte ſich eine Pfeife, ſchlug langſam
Feuer und ſagte:
„Nun, ſo kommt meine Herren!“
Die ſtanden alle mit offenen Mäulern da, aber
mein Gottfried ließ ſich nicht irre machen. In Schlaf-
rock und Pantoffeln marſchirte er ruhig — ich ſehe ihn
wie heute — voran bis an die nächſte Straßenecke. Da
blieb er ſtehen und die Nachbarn um ihn herum; zeigte
mit der Pfeifenſpitze auf einen Zettel, der da klebte
und auf welchem ſtand:
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