Raabe, Wilhelm: Die Chronik der Sperlingsgasse. Berlin, 1857.Da wir nun aber einmal dabei sind, so laß Dir Wie ein Lichtstrahl, -- viel heller und fröhlicher Da wir nun aber einmal dabei ſind, ſo laß Dir Wie ein Lichtſtrahl, — viel heller und fröhlicher <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0186" n="176"/> <p>Da wir nun aber einmal dabei ſind, ſo laß Dir<lb/> auch weiter erzählen, liebe Nanette. Mit dieſen Freun-<lb/> den lag ich an dem Tage, an welchem ich den letzten<lb/> Staub von den Füßen über jene Sand-Stadt ſchüttelte,<lb/> in einem Holze, wo wir den ganzen Tag über Vogel-<lb/> neſter geſucht, Blumen gepflückt und Märchen erzählt<lb/> hatten, als auf einmal ein Gefühl bodenloſer Einſam-<lb/> keit und moraliſchen Katzenjammers u. ſ. w. u. ſ. w.<lb/> über mich kam. Da ſtieg plötzlich, mitten im grünen<lb/> Walde, wo die Vögel ſo luſtig ſangen und die Sonne<lb/> ſo hell und fröhlich durch die Zweige ſchien, ein Gedanke<lb/> in mir auf, ein Gedanke an ein kleines hübſches Mäd-<lb/> chen, mit welchem ich einſt zuſammen geſpielt, und an<lb/> das ich oft, oft gedacht hatte in ſpätern Jahren. —<lb/> Daran aber dacht’ ich in dem Augenblick nicht, daß<lb/> zwiſchen dem Kinderſpiel und dem Waldtage ſo lange<lb/> Zeit lag; — ich dachte — ich dachte: — Heinrich,<lb/> warum gehſt du nicht nach München, wo du geboren<lb/> biſt, wo dein Onkel Pümpel, wo dein — kleines lie-<lb/> bes Mühmchen Nanette wohnt?</p><lb/> <p>Wie ein Lichtſtrahl, — viel heller und fröhlicher<lb/> als die Sonne — durchzuckte mich das; ich ſprang auf,<lb/> warf den Hut in die Luft und ſchrie: „Hurrah, ich<lb/> gehe nach München zu meinem Onkel Pümpel zu mei-<lb/> ner Couſine Nanette!“ — Die Freunde ſchauten mich<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [176/0186]
Da wir nun aber einmal dabei ſind, ſo laß Dir
auch weiter erzählen, liebe Nanette. Mit dieſen Freun-
den lag ich an dem Tage, an welchem ich den letzten
Staub von den Füßen über jene Sand-Stadt ſchüttelte,
in einem Holze, wo wir den ganzen Tag über Vogel-
neſter geſucht, Blumen gepflückt und Märchen erzählt
hatten, als auf einmal ein Gefühl bodenloſer Einſam-
keit und moraliſchen Katzenjammers u. ſ. w. u. ſ. w.
über mich kam. Da ſtieg plötzlich, mitten im grünen
Walde, wo die Vögel ſo luſtig ſangen und die Sonne
ſo hell und fröhlich durch die Zweige ſchien, ein Gedanke
in mir auf, ein Gedanke an ein kleines hübſches Mäd-
chen, mit welchem ich einſt zuſammen geſpielt, und an
das ich oft, oft gedacht hatte in ſpätern Jahren. —
Daran aber dacht’ ich in dem Augenblick nicht, daß
zwiſchen dem Kinderſpiel und dem Waldtage ſo lange
Zeit lag; — ich dachte — ich dachte: — Heinrich,
warum gehſt du nicht nach München, wo du geboren
biſt, wo dein Onkel Pümpel, wo dein — kleines lie-
bes Mühmchen Nanette wohnt?
Wie ein Lichtſtrahl, — viel heller und fröhlicher
als die Sonne — durchzuckte mich das; ich ſprang auf,
warf den Hut in die Luft und ſchrie: „Hurrah, ich
gehe nach München zu meinem Onkel Pümpel zu mei-
ner Couſine Nanette!“ — Die Freunde ſchauten mich
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |