Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 3. Leipzig, 1837.Es sei der Einzelne, es sei ein ganz Geschlecht, An dem verloren scheint der Menschheit ew'ges Recht; Da ist kein andrer Rath, als, liebes Herz, zu sagen: Hier will der Menschengeist einmal Thiermaske tragen. Unwürdig ist das Spiel, daß er die Maske nahm; Und wenn er sich besinnt, legt er sie ab mit Scham. Der Maske Anblick schon ist zur Genüge häßlich; Als wirkliches Gesicht betrachtet, wär' es gräßlich. 135. Wenn Thiere von dem Tod wüßten soviel wie ihr, Zur Speise würd' euch auf der Welt kein fettes Thier. So sprach einst der Profet. Weil sie vom Tod nichts wissen, Drum werden Thiere fett, und ihnen schmeckt der Bissen. Und fett nur werden auch gleich Thieren mit Behagen Die Menschen, die den Tod sich aus dem Sinne schlagen. Es ſei der Einzelne, es ſei ein ganz Geſchlecht, An dem verloren ſcheint der Menſchheit ew'ges Recht; Da iſt kein andrer Rath, als, liebes Herz, zu ſagen: Hier will der Menſchengeiſt einmal Thiermaſke tragen. Unwuͤrdig iſt das Spiel, daß er die Maſke nahm; Und wenn er ſich beſinnt, legt er ſie ab mit Scham. Der Maſke Anblick ſchon iſt zur Genuͤge haͤßlich; Als wirkliches Geſicht betrachtet, waͤr' es graͤßlich. 135. Wenn Thiere von dem Tod wuͤßten ſoviel wie ihr, Zur Speiſe wuͤrd' euch auf der Welt kein fettes Thier. So ſprach einſt der Profet. Weil ſie vom Tod nichts wiſſen, Drum werden Thiere fett, und ihnen ſchmeckt der Biſſen. Und fett nur werden auch gleich Thieren mit Behagen Die Menſchen, die den Tod ſich aus dem Sinne ſchlagen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0236" n="226"/> <lg n="4"> <l>Es ſei der Einzelne, es ſei ein ganz Geſchlecht,</l><lb/> <l>An dem verloren ſcheint der Menſchheit ew'ges Recht;</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Da iſt kein andrer Rath, als, liebes Herz, zu ſagen:</l><lb/> <l>Hier will der Menſchengeiſt einmal Thiermaſke tragen.</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Unwuͤrdig iſt das Spiel, daß er die Maſke nahm;</l><lb/> <l>Und wenn er ſich beſinnt, legt er ſie ab mit Scham.</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Der Maſke Anblick ſchon iſt zur Genuͤge haͤßlich;</l><lb/> <l>Als wirkliches Geſicht betrachtet, waͤr' es graͤßlich.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>135.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Wenn Thiere von dem Tod wuͤßten ſoviel wie ihr,</l><lb/> <l>Zur Speiſe wuͤrd' euch auf der Welt kein fettes Thier.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>So ſprach einſt der Profet. Weil ſie vom Tod nichts wiſſen,</l><lb/> <l>Drum werden Thiere fett, und ihnen ſchmeckt der Biſſen.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Und fett nur werden auch gleich Thieren mit Behagen</l><lb/> <l>Die Menſchen, die den Tod ſich aus dem Sinne ſchlagen.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [226/0236]
Es ſei der Einzelne, es ſei ein ganz Geſchlecht,
An dem verloren ſcheint der Menſchheit ew'ges Recht;
Da iſt kein andrer Rath, als, liebes Herz, zu ſagen:
Hier will der Menſchengeiſt einmal Thiermaſke tragen.
Unwuͤrdig iſt das Spiel, daß er die Maſke nahm;
Und wenn er ſich beſinnt, legt er ſie ab mit Scham.
Der Maſke Anblick ſchon iſt zur Genuͤge haͤßlich;
Als wirkliches Geſicht betrachtet, waͤr' es graͤßlich.
135.
Wenn Thiere von dem Tod wuͤßten ſoviel wie ihr,
Zur Speiſe wuͤrd' euch auf der Welt kein fettes Thier.
So ſprach einſt der Profet. Weil ſie vom Tod nichts wiſſen,
Drum werden Thiere fett, und ihnen ſchmeckt der Biſſen.
Und fett nur werden auch gleich Thieren mit Behagen
Die Menſchen, die den Tod ſich aus dem Sinne ſchlagen.
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