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Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 1,2. Nürnberg, 1675.

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Da er nun in Sicherheit ware/ begehrte er von des Papsts Commissari einen Marmor/ um aus demselbigen ihm einen verlangten Apollo 3. Elen lang zu machen/ doch wurde derselbe nicht ganz geendiget; Mahlt eine zierliche Leda. in wärender Belägerung hat er für den Herzog von Ferrara eine Leda mit Leimfarbe gemahlet/ welches ein excellent schönes nackendes Frauen-Bild ist/ in dem Arm den Schwanen habend/ neben ihr stehen auch Castor und Pollux, und ist dieses Stuck nachmalen in Druck ausgegangen. Als es färtig ware/ liesse er dasselbe einem Edelmann/ der von vorgenantem Herzog zu solchem Ende abgesandt worden/ sehen/ selbiger aber/ als der keine Wissenschaft in der Kunst hatte/ sagte zu Michael Angelo: Daran ist nichts besonders; darum ihn der Künstler fragte: was seine profession wäre? Und als er vernommen/ daß er ein Kaufmann seye/ sagte er: ihr werdet dißmal für euren Herren einen bösen Kauff thun/ macht euch stracks aus meinen Augen/ gab auch hierauf diese Leda seinem Discipel Antonio Mini, der zwey Schwestern zu verheurathen hatte/ neben dem meisten Theil seiner Zeichnungen und Cartonen/ samt zweyen Kisten Modellen/ dieser zoge mit aller solcher Kunst in Frankreich/ die Leda verkaufte er dem König/ und wurde nach Fontainebleau gestelt/ aber die Zeichnungen und Cartonen giengen verlohren/ weil er eilig gestorben.

Hierauf wurde Michäel Angelo nach Rom von dem Papst Clemens beruffen/ und bekame daselbst Befehl/ die Sacristey und Bibliothec zu S. Lorenzo zu endigen/ darein die Statuen unterschiedlichen Meistern ausgetheilet worden; von Vollendet die Sacristey und Bibliothec zu Florenz/ welchen allen er die Modellen gemacht. So wurden nun die Gerüste und Bücher-Bänke mit Ernst angefangen/ Michael Angelo aber nach Rom beruffen/ um das Jüngste Gericht zu mahlen. Indem er aber an dem Carton beschäftiget war/ wurde er täglich angerennt von dem Agenten oder Commissarien des Herzogs von Urbino, welcher die Vollendung einer Begräbnis urgirte/ zu der er vom Papst Julio II. 16000. Cronen empfangen hatte/ welche er (um in dieser Sach Friede zu haben) noch gern geendiget hätte/ obschon er sehr alt war. Endlich wurde accordirt/ daß die Begräbniß nur mit sechs Bildern solte ausgemacht werden/ und zwar daß dieselbe nur von einer Seite solten zu sehen seyn. In diesem Vertrag wurde auch geschlossen/ daß Michael vier Monat des Jahrs für den Papst möchte arbeiten. Es wolte aber der Papst auch nicht nachlassen/ sondern sein angedingtes Werk vollendet haben/ um die äusserste Kunst von diesem fürtreflichen Künstler zu ersehen; dannenhero er nur heimlich an denen Bildern zur Begräbnis arbeiten muste.

Als aber Anno 1533. der Papst gestorben/ verhofte er von desselben Werk frey zu seyn/ um Und Papsts Julii II. Begräbnis. fleissiger an gemeldter Begräbnis zu arbeiten/ aber Paulus III. wolte nach seiner Erwählung haben/ daß er allein für ihn arbeiten solte/ und erwiese ihm grosse Neigung/sagend/ er wolle den Contract zwischen dem Herzog schon mittlen/ wie dann auch geschehen/ und aus dreyen Bildern Michael mit eigner Hand gemacht erstlich die Lea/ Labans Tochter/[Spaltenumbruch] die in der einen Hand einen Spiegel hatte/ damit anzudeuten/ daß wir unsere Werke mit guter Bedachtsamkeit verrichten sollen/ in der andern aber einen Blumen-Kranz/ welcher auf die Tugend zielet/ als die uns in dieser Welt zieret/ und nach dem Tod herrlich macht. Das andere war Rahel ihre Schwester/ welche das contemplirende Leben vorstelte/ die auf einem Knie mit aufgehebtem Angesicht kniet; diese zwey wurden in einem Jahr gemacht/ und mit dem Moyses/ von welchem oben gedacht worden/ gestelt zu S. Pietro in Vinculis, zu andern Bildern des Papsts Julii, die er und andere Meistere/ doch nach seinem Modell/ mit andern Auszierungen gemacht.

Hierauf begabe er sich in Dienst Papst Pauli III. und vollendete mit grossem Fleiß sein angedingtes Stuck/ in welchem er sich mit sonderbarer Leget sich fleissig auf die nackende Bilder. guter Manier auf die nackende Bilder/ die schöne vollkommene proportion und Gestalt des menschlichen Cörpers zu zeigen/ geleget/ worinn er auch alle andere übertroffen/ durch seine vollkommen gute colorirung/ und viele sonderbare Artigkeiten/ die andere Mahlere mit grosser Mühwaltung suchen müssen. In seinen Erfindungen war Zeichnet die Historie/ wie die Kinder Israel von den Schlangen gebissen worden. er ganz universal, und hatte eine meisterhafte leichte Manier/ alles vernünftig mit rohter Kreide auf Papier zu bringen/ welches allein die Historie von den Kindern Israel/ wie dieselbe in der Wüsten von den Schlangen gebissen werden/ und in meinem Kunstbuch der Zeichnungen/ neben einer Sybilla und andern seinen Handrissen/ zu sehen ist/ genugsam bezeugen könte.

Einsmals kame zu unserm Künstler Papst Paulus mit dem Ceremonienmeister/ Herrn Biagio von Cesano, so ein sehr nasweiser Mensch ware/ sein Werk zu besehen/ Biagio von dem Papst gefraget/ was ihn darvon bedunke/ antwortete Mahlet einen/ der ihn getadelt/ in die Hölle/ mit Esels-Ohren.: daß die viele unverschämte nackende Bilder die Zierlichkeit dieses Werks verderbten/ als welche sich nicht so wol in eine Päpstliche Capelle/ als in eine Stube oder Gastzimmer schikten/ worüber Michael Angelo sich sehr entrüstet/ und solches zu rächen/ mahlte er diesen Herrn nackend nach dem Leben mit aufgesezten Esels-Ohren in die Hölle unter eine Schaar Teufel/ mit einer Schlangen um den Leib/ die in seine Schame bisse/ darwider halfe nichts/ was Biagio an den Papst und Michael Angelo, wegen Veränderung desselben/ solicitirte/ sondern er muste/ als ein Midas-Bruder/ in dem Stuck verbleiben/ wie dasselbe noch also zu sehen ist; dann der Papst solle (wie etliche erzehlen) gesagt haben: Er wäre nicht in dem Fegfeuer/ aus welchem noch Erlösung zu hoffen; sondern in der Hölle/ aus der niemand wieder könne geholet werden. Nicht lang hernach fiele unser Künstler von einem sehr hohen Gerüst/ und zerquetschete seinen Fuß/ weswegen er eine Zeitlang sich von der Arbeit enthalten müssen/ so bald er aber daran curirt Sein Werk von der Hölle. worden/ kehrte er wieder zu seinem Werk/ und vollendete es in etlichen Monaten sehr herrlich/ wie dasselbe in Kupfer in groß und klein genug zu sehen ist. Der Verdamten Bildnisse zeigen fast mit ihren actionen/ indem sie in Charons Schiffe zur Hölle fahren/ wegen welcher Sünden sie dahin

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Da er nun in Sicherheit ware/ begehrte er von des Papsts Commissari einen Marmor/ um aus demselbigen ihm einen verlangten Apollo 3. Elen lang zu machen/ doch wurde derselbe nicht ganz geendiget; Mahlt eine zierliche Leda. in wärender Belägerung hat er für den Herzog von Ferrara eine Leda mit Leimfarbe gemahlet/ welches ein excellent schönes nackendes Frauen-Bild ist/ in dem Arm den Schwanen habend/ neben ihr stehen auch Castor und Pollux, und ist dieses Stuck nachmalen in Druck ausgegangen. Als es färtig ware/ liesse er dasselbe einem Edelmann/ der von vorgenantem Herzog zu solchem Ende abgesandt worden/ sehen/ selbiger aber/ als der keine Wissenschaft in der Kunst hatte/ sagte zu Michaël Angelo: Daran ist nichts besonders; darum ihn der Künstler fragte: was seine profession wäre? Und als er vernommen/ daß er ein Kaufmann seye/ sagte er: ihr werdet dißmal für euren Herren einen bösen Kauff thun/ macht euch stracks aus meinen Augen/ gab auch hierauf diese Leda seinem Discipel Antonio Mini, der zwey Schwestern zu verheurathen hatte/ neben dem meisten Theil seiner Zeichnungen und Cartonen/ samt zweyen Kisten Modellen/ dieser zoge mit aller solcher Kunst in Frankreich/ die Leda verkaufte er dem König/ und wurde nach Fontainebleau gestelt/ aber die Zeichnungen und Cartonen giengen verlohren/ weil er eilig gestorben.

Hierauf wurde Michäel Angelo nach Rom von dem Papst Clemens beruffen/ und bekame daselbst Befehl/ die Sacristey und Bibliothec zu S. Lorenzo zu endigen/ darein die Statuen unterschiedlichen Meistern ausgetheilet worden; von Vollendet die Sacristey und Bibliothec zu Florenz/ welchen allen er die Modellen gemacht. So wurden nun die Gerüste und Bücher-Bänke mit Ernst angefangen/ Michael Angelo aber nach Rom beruffen/ um das Jüngste Gericht zu mahlen. Indem er aber an dem Carton beschäftiget war/ wurde er täglich angerennt von dem Agenten oder Commissarien des Herzogs von Urbino, welcher die Vollendung einer Begräbnis urgirte/ zu der er vom Papst Julio II. 16000. Cronen empfangen hatte/ welche er (um in dieser Sach Friede zu haben) noch gern geendiget hätte/ obschon er sehr alt war. Endlich wurde accordirt/ daß die Begräbniß nur mit sechs Bildern solte ausgemacht werden/ und zwar daß dieselbe nur von einer Seite solten zu sehen seyn. In diesem Vertrag wurde auch geschlossen/ daß Michael vier Monat des Jahrs für den Papst möchte arbeiten. Es wolte aber der Papst auch nicht nachlassen/ sondern sein angedingtes Werk vollendet haben/ um die äusserste Kunst von diesem fürtreflichen Künstler zu ersehen; dannenhero er nur heimlich an denen Bildern zur Begräbnis arbeiten muste.

Als aber Anno 1533. der Papst gestorben/ verhofte er von desselben Werk frey zu seyn/ um Und Papsts Julii II. Begräbnis. fleissiger an gemeldter Begräbnis zu arbeiten/ aber Paulus III. wolte nach seiner Erwählung haben/ daß er allein für ihn arbeiten solte/ und erwiese ihm grosse Neigung/sagend/ er wolle den Contract zwischen dem Herzog schon mittlen/ wie dann auch geschehen/ und aus dreyen Bildern Michael mit eigner Hand gemacht erstlich die Lea/ Labans Tochter/[Spaltenumbruch] die in der einen Hand einen Spiegel hatte/ damit anzudeuten/ daß wir unsere Werke mit guter Bedachtsamkeit verrichten sollen/ in der andern aber einen Blumen-Kranz/ welcher auf die Tugend zielet/ als die uns in dieser Welt zieret/ und nach dem Tod herrlich macht. Das andere war Rahel ihre Schwester/ welche das contemplirende Leben vorstelte/ die auf einem Knie mit aufgehebtem Angesicht kniet; diese zwey wurden in einem Jahr gemacht/ und mit dem Moyses/ von welchem oben gedacht worden/ gestelt zu S. Pietro in Vinculis, zu andern Bildern des Papsts Julii, die er und andere Meistere/ doch nach seinem Modell/ mit andern Auszierungen gemacht.

Hierauf begabe er sich in Dienst Papst Pauli III. und vollendete mit grossem Fleiß sein angedingtes Stuck/ in welchem er sich mit sonderbarer Leget sich fleissig auf die nackende Bilder. guter Manier auf die nackende Bilder/ die schöne vollkommene proportion und Gestalt des menschlichen Cörpers zu zeigen/ geleget/ worinn er auch alle andere übertroffen/ durch seine vollkommen gute colorirung/ und viele sonderbare Artigkeiten/ die andere Mahlere mit grosser Mühwaltung suchen müssen. In seinen Erfindungen war Zeichnet die Historie/ wie die Kinder Israel von den Schlangen gebissen worden. er ganz universal, und hatte eine meisterhafte leichte Manier/ alles vernünftig mit rohter Kreide auf Papier zu bringen/ welches allein die Historie von den Kindern Israel/ wie dieselbe in der Wüsten von den Schlangen gebissen werden/ und in meinem Kunstbuch der Zeichnungen/ neben einer Sybilla und andern seinen Handrissen/ zu sehen ist/ genugsam bezeugen könte.

Einsmals kame zu unserm Künstler Papst Paulus mit dem Ceremonienmeister/ Herrn Biagio von Cesano, so ein sehr nasweiser Mensch ware/ sein Werk zu besehen/ Biagio von dem Papst gefraget/ was ihn darvon bedunke/ antwortete Mahlet einen/ der ihn getadelt/ in die Hölle/ mit Esels-Ohren.: daß die viele unverschämte nackende Bilder die Zierlichkeit dieses Werks verderbten/ als welche sich nicht so wol in eine Päpstliche Capelle/ als in eine Stube oder Gastzimmer schikten/ worüber Michael Angelo sich sehr entrüstet/ und solches zu rächen/ mahlte er diesen Herrn nackend nach dem Leben mit aufgesezten Esels-Ohren in die Hölle unter eine Schaar Teufel/ mit einer Schlangen um den Leib/ die in seine Schame bisse/ darwider halfe nichts/ was Biagio an den Papst und Michael Angelo, wegen Veränderung desselben/ solicitirte/ sondern er muste/ als ein Midas-Bruder/ in dem Stuck verbleiben/ wie dasselbe noch also zu sehen ist; dann der Papst solle (wie etliche erzehlen) gesagt haben: Er wäre nicht in dem Fegfeuer/ aus welchem noch Erlösung zu hoffen; sondern in der Hölle/ aus der niemand wieder könne geholet werden. Nicht lang hernach fiele unser Künstler von einem sehr hohen Gerüst/ und zerquetschete seinen Fuß/ weswegen er eine Zeitlang sich von der Arbeit enthalten müssen/ so bald er aber daran curirt Sein Werk von der Hölle. worden/ kehrte er wieder zu seinem Werk/ und vollendete es in etlichen Monaten sehr herrlich/ wie dasselbe in Kupfer in groß und klein genug zu sehen ist. Der Verdamten Bildnisse zeigen fast mit ihren actionen/ indem sie in Charons Schiffe zur Hölle fahren/ wegen welcher Sünden sie dahin

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[[II, Buch 2 (italienische Künstler), S. 153]/0185] Da er nun in Sicherheit ware/ begehrte er von des Papsts Commissari einen Marmor/ um aus demselbigen ihm einen verlangten Apollo 3. Elen lang zu machen/ doch wurde derselbe nicht ganz geendiget; in wärender Belägerung hat er für den Herzog von Ferrara eine Leda mit Leimfarbe gemahlet/ welches ein excellent schönes nackendes Frauen-Bild ist/ in dem Arm den Schwanen habend/ neben ihr stehen auch Castor und Pollux, und ist dieses Stuck nachmalen in Druck ausgegangen. Als es färtig ware/ liesse er dasselbe einem Edelmann/ der von vorgenantem Herzog zu solchem Ende abgesandt worden/ sehen/ selbiger aber/ als der keine Wissenschaft in der Kunst hatte/ sagte zu Michaël Angelo: Daran ist nichts besonders; darum ihn der Künstler fragte: was seine profession wäre? Und als er vernommen/ daß er ein Kaufmann seye/ sagte er: ihr werdet dißmal für euren Herren einen bösen Kauff thun/ macht euch stracks aus meinen Augen/ gab auch hierauf diese Leda seinem Discipel Antonio Mini, der zwey Schwestern zu verheurathen hatte/ neben dem meisten Theil seiner Zeichnungen und Cartonen/ samt zweyen Kisten Modellen/ dieser zoge mit aller solcher Kunst in Frankreich/ die Leda verkaufte er dem König/ und wurde nach Fontainebleau gestelt/ aber die Zeichnungen und Cartonen giengen verlohren/ weil er eilig gestorben. Mahlt eine zierliche Leda. Hierauf wurde Michäel Angelo nach Rom von dem Papst Clemens beruffen/ und bekame daselbst Befehl/ die Sacristey und Bibliothec zu S. Lorenzo zu endigen/ darein die Statuen unterschiedlichen Meistern ausgetheilet worden; von welchen allen er die Modellen gemacht. So wurden nun die Gerüste und Bücher-Bänke mit Ernst angefangen/ Michael Angelo aber nach Rom beruffen/ um das Jüngste Gericht zu mahlen. Indem er aber an dem Carton beschäftiget war/ wurde er täglich angerennt von dem Agenten oder Commissarien des Herzogs von Urbino, welcher die Vollendung einer Begräbnis urgirte/ zu der er vom Papst Julio II. 16000. Cronen empfangen hatte/ welche er (um in dieser Sach Friede zu haben) noch gern geendiget hätte/ obschon er sehr alt war. Endlich wurde accordirt/ daß die Begräbniß nur mit sechs Bildern solte ausgemacht werden/ und zwar daß dieselbe nur von einer Seite solten zu sehen seyn. In diesem Vertrag wurde auch geschlossen/ daß Michael vier Monat des Jahrs für den Papst möchte arbeiten. Es wolte aber der Papst auch nicht nachlassen/ sondern sein angedingtes Werk vollendet haben/ um die äusserste Kunst von diesem fürtreflichen Künstler zu ersehen; dannenhero er nur heimlich an denen Bildern zur Begräbnis arbeiten muste. Vollendet die Sacristey und Bibliothec zu Florenz/ Als aber Anno 1533. der Papst gestorben/ verhofte er von desselben Werk frey zu seyn/ um fleissiger an gemeldter Begräbnis zu arbeiten/ aber Paulus III. wolte nach seiner Erwählung haben/ daß er allein für ihn arbeiten solte/ und erwiese ihm grosse Neigung/sagend/ er wolle den Contract zwischen dem Herzog schon mittlen/ wie dann auch geschehen/ und aus dreyen Bildern Michael mit eigner Hand gemacht erstlich die Lea/ Labans Tochter/ die in der einen Hand einen Spiegel hatte/ damit anzudeuten/ daß wir unsere Werke mit guter Bedachtsamkeit verrichten sollen/ in der andern aber einen Blumen-Kranz/ welcher auf die Tugend zielet/ als die uns in dieser Welt zieret/ und nach dem Tod herrlich macht. Das andere war Rahel ihre Schwester/ welche das contemplirende Leben vorstelte/ die auf einem Knie mit aufgehebtem Angesicht kniet; diese zwey wurden in einem Jahr gemacht/ und mit dem Moyses/ von welchem oben gedacht worden/ gestelt zu S. Pietro in Vinculis, zu andern Bildern des Papsts Julii, die er und andere Meistere/ doch nach seinem Modell/ mit andern Auszierungen gemacht. Und Papsts Julii II. Begräbnis. Hierauf begabe er sich in Dienst Papst Pauli III. und vollendete mit grossem Fleiß sein angedingtes Stuck/ in welchem er sich mit sonderbarer guter Manier auf die nackende Bilder/ die schöne vollkommene proportion und Gestalt des menschlichen Cörpers zu zeigen/ geleget/ worinn er auch alle andere übertroffen/ durch seine vollkommen gute colorirung/ und viele sonderbare Artigkeiten/ die andere Mahlere mit grosser Mühwaltung suchen müssen. In seinen Erfindungen war er ganz universal, und hatte eine meisterhafte leichte Manier/ alles vernünftig mit rohter Kreide auf Papier zu bringen/ welches allein die Historie von den Kindern Israel/ wie dieselbe in der Wüsten von den Schlangen gebissen werden/ und in meinem Kunstbuch der Zeichnungen/ neben einer Sybilla und andern seinen Handrissen/ zu sehen ist/ genugsam bezeugen könte. Leget sich fleissig auf die nackende Bilder. Zeichnet die Historie/ wie die Kinder Israel von den Schlangen gebissen worden. Einsmals kame zu unserm Künstler Papst Paulus mit dem Ceremonienmeister/ Herrn Biagio von Cesano, so ein sehr nasweiser Mensch ware/ sein Werk zu besehen/ Biagio von dem Papst gefraget/ was ihn darvon bedunke/ antwortete : daß die viele unverschämte nackende Bilder die Zierlichkeit dieses Werks verderbten/ als welche sich nicht so wol in eine Päpstliche Capelle/ als in eine Stube oder Gastzimmer schikten/ worüber Michael Angelo sich sehr entrüstet/ und solches zu rächen/ mahlte er diesen Herrn nackend nach dem Leben mit aufgesezten Esels-Ohren in die Hölle unter eine Schaar Teufel/ mit einer Schlangen um den Leib/ die in seine Schame bisse/ darwider halfe nichts/ was Biagio an den Papst und Michael Angelo, wegen Veränderung desselben/ solicitirte/ sondern er muste/ als ein Midas-Bruder/ in dem Stuck verbleiben/ wie dasselbe noch also zu sehen ist; dann der Papst solle (wie etliche erzehlen) gesagt haben: Er wäre nicht in dem Fegfeuer/ aus welchem noch Erlösung zu hoffen; sondern in der Hölle/ aus der niemand wieder könne geholet werden. Nicht lang hernach fiele unser Künstler von einem sehr hohen Gerüst/ und zerquetschete seinen Fuß/ weswegen er eine Zeitlang sich von der Arbeit enthalten müssen/ so bald er aber daran curirt worden/ kehrte er wieder zu seinem Werk/ und vollendete es in etlichen Monaten sehr herrlich/ wie dasselbe in Kupfer in groß und klein genug zu sehen ist. Der Verdamten Bildnisse zeigen fast mit ihren actionen/ indem sie in Charons Schiffe zur Hölle fahren/ wegen welcher Sünden sie dahin Mahlet einen/ der ihn getadelt/ in die Hölle/ mit Esels-Ohren. Sein Werk von der Hölle.

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Zitationshilfe: Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 1,2. Nürnberg, 1675, S. [II, Buch 2 (italienische Künstler), S. 153]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0102_1675/185>, abgerufen am 31.10.2024.