Schiller, [Friedrich]: Maria Stuart. Tübingen u. a., 1801. Maria. Und warum stellte man ihn mir nicht lebend Vor Augen? Warum eilte man so sehr, Ihn aus der Welt zu fördern, eh' man ihn Mir, Stirne gegen Stirne, vorgeführt? Burleigh. Auch eure Schreiber, Kurl und Nau, erhärten Mit einem Eid, daß es die Briefe seien, Die sie aus eurem Munde niederschrieben. Maria. Und auf das Zeugniß meiner Hausbedienten Verdammt man mich? Auf Treu und Glauben derer, Die mich verrathen, ihre Königin, Die in demselben Augenblick die Treu Mir brachen, da sie gegen mich gezeugt? Burleigh. Ihr selbst erklärtet sonst den Schotten Kurl Für einen Mann von Tugend und Gewissen. Maria.
So kannt' ich ihn -- doch eines Mannes Tugend Erprobt allein die Stunde der Gefahr. Die Folter konnt' ihn ängstigen, daß er Aussagte und gestand, was er nicht wußte! Durch falsches Zeugniß glaubt' er sich zu retten. Und mir, der Königin, nicht viel zu schaden. Maria. Und warum ſtellte man ihn mir nicht lebend Vor Augen? Warum eilte man ſo ſehr, Ihn aus der Welt zu foͤrdern, eh' man ihn Mir, Stirne gegen Stirne, vorgefuͤhrt? Burleigh. Auch eure Schreiber, Kurl und Nau, erhaͤrten Mit einem Eid, daß es die Briefe ſeien, Die ſie aus eurem Munde niederſchrieben. Maria. Und auf das Zeugniß meiner Hausbedienten Verdammt man mich? Auf Treu und Glauben derer, Die mich verrathen, ihre Koͤnigin, Die in demſelben Augenblick die Treu Mir brachen, da ſie gegen mich gezeugt? Burleigh. Ihr ſelbſt erklaͤrtet ſonſt den Schotten Kurl Fuͤr einen Mann von Tugend und Gewiſſen. Maria.
So kannt' ich ihn — doch eines Mannes Tugend Erprobt allein die Stunde der Gefahr. Die Folter konnt' ihn aͤngſtigen, daß er Ausſagte und geſtand, was er nicht wußte! Durch falſches Zeugniß glaubt' er ſich zu retten. Und mir, der Koͤnigin, nicht viel zu ſchaden. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0057" n="51"/> <sp who="#MARSTUA"> <speaker><hi rendition="#g">Maria</hi>.</speaker><lb/> <p>Und warum ſtellte man ihn mir nicht lebend<lb/> Vor Augen? Warum eilte man ſo ſehr,<lb/> Ihn aus der Welt zu foͤrdern, eh' man ihn<lb/> Mir, Stirne gegen Stirne, vorgefuͤhrt?</p><lb/> </sp> <sp who="#BURL"> <speaker><hi rendition="#g">Burleigh</hi>.</speaker><lb/> <p>Auch eure Schreiber, Kurl und Nau, erhaͤrten<lb/> Mit einem Eid, daß es die Briefe ſeien,<lb/> Die ſie aus eurem Munde niederſchrieben.</p><lb/> </sp> <sp who="#MARSTUA"> <speaker><hi rendition="#g">Maria</hi>.</speaker><lb/> <p>Und auf das Zeugniß meiner Hausbedienten<lb/> Verdammt man mich? Auf Treu und Glauben derer,<lb/> Die mich verrathen, ihre Koͤnigin,<lb/> Die in demſelben Augenblick die Treu<lb/> Mir brachen, da ſie gegen mich gezeugt?</p><lb/> </sp> <sp who="#BURL"> <speaker><hi rendition="#g">Burleigh</hi>.</speaker><lb/> <p>Ihr ſelbſt erklaͤrtet ſonſt den Schotten Kurl<lb/> Fuͤr einen Mann von Tugend und Gewiſſen.</p><lb/> </sp> <sp who="#MARSTUA"> <speaker><hi rendition="#g">Maria</hi>.</speaker><lb/> <p>So kannt' ich ihn — doch eines Mannes Tugend<lb/> Erprobt allein die Stunde der Gefahr.<lb/> Die Folter konnt' ihn aͤngſtigen, daß er<lb/> Ausſagte und geſtand, was er nicht wußte!<lb/> Durch falſches Zeugniß glaubt' er ſich zu retten.<lb/> Und mir, der Koͤnigin, nicht viel zu ſchaden.</p><lb/> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [51/0057]
Maria.
Und warum ſtellte man ihn mir nicht lebend
Vor Augen? Warum eilte man ſo ſehr,
Ihn aus der Welt zu foͤrdern, eh' man ihn
Mir, Stirne gegen Stirne, vorgefuͤhrt?
Burleigh.
Auch eure Schreiber, Kurl und Nau, erhaͤrten
Mit einem Eid, daß es die Briefe ſeien,
Die ſie aus eurem Munde niederſchrieben.
Maria.
Und auf das Zeugniß meiner Hausbedienten
Verdammt man mich? Auf Treu und Glauben derer,
Die mich verrathen, ihre Koͤnigin,
Die in demſelben Augenblick die Treu
Mir brachen, da ſie gegen mich gezeugt?
Burleigh.
Ihr ſelbſt erklaͤrtet ſonſt den Schotten Kurl
Fuͤr einen Mann von Tugend und Gewiſſen.
Maria.
So kannt' ich ihn — doch eines Mannes Tugend
Erprobt allein die Stunde der Gefahr.
Die Folter konnt' ihn aͤngſtigen, daß er
Ausſagte und geſtand, was er nicht wußte!
Durch falſches Zeugniß glaubt' er ſich zu retten.
Und mir, der Koͤnigin, nicht viel zu ſchaden.
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