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Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 1. Chemnitz, 1705.

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Untersuchung/ derer von super-klugen
Das 27. Capitel.

Wenn man die Kinder unter einen
Jahre lässet in Spiegel schauen/ so wer-
den sie stoltz.

DAs Spiegel-Schauen an und vor sich
selbst ist zwar gar eine gute Erfindung/
die an sich habende Gestalt zu erkennen;
alleine/ der Mißbrauch des Spiegel-Schau-
ens ist keines weges zu billigen. Das wissen
alle allzukluge Weiber/ darum sind sie besorget/
wenn die Kinder gar zu zeitig/ nehmlich/ unter ei-
nem Jahre in Spiegel schaueten/ sie möchten
auch einen Mißbrauch begehen/ und hernach
durch fernere Gewohnheit des Spiegel-Schau-
ens nur stoltz werden/ und treffen auch damit
das Pflöckgen gantz genau/ denn es heist: Jung
gewohnet/ alt gethan. Aber dieses kan ich de-
nen Weibern dennoch keines weges zu gestehen/
daß/ so man die Kinder unter einem Jahre in
Spiegel sehen liesse/ sie um deßwillen stoltz wür-
den; denn im ersten Jahre ist noch kein solcher
Verstand bey denen Kindern/ daß sie so ferne
könten nachsinnen/ als sey diese Gestalt im Spie-
gel die ihrige/ sondern/ ich habe an gar vielen
Kindern/ die noch nicht übers Jahr alt sind
gewesen/ selbst wahr genommen/ daß sie aus kin-
dischen actionibus so viel haben spüren lassen/

daß
Unterſuchung/ derer von ſuper-klugen
Das 27. Capitel.

Wenn man die Kinder unter einen
Jahre laͤſſet in Spiegel ſchauen/ ſo wer-
den ſie ſtoltz.

DAs Spiegel-Schauen an und vor ſich
ſelbſt iſt zwar gar eine gute Erfindung/
die an ſich habende Geſtalt zu erkennen;
alleine/ der Mißbrauch des Spiegel-Schau-
ens iſt keines weges zu billigen. Das wiſſen
alle allzukluge Weiber/ darum ſind ſie beſorget/
wenn die Kinder gar zu zeitig/ nehmlich/ unter ei-
nem Jahre in Spiegel ſchaueten/ ſie moͤchten
auch einen Mißbrauch begehen/ und hernach
durch fernere Gewohnheit des Spiegel-Schau-
ens nur ſtoltz werden/ und treffen auch damit
das Pfloͤckgen gantz genau/ denn es heiſt: Jung
gewohnet/ alt gethan. Aber dieſes kan ich de-
nen Weibern dennoch keines weges zu geſtehen/
daß/ ſo man die Kinder unter einem Jahre in
Spiegel ſehen lieſſe/ ſie um deßwillen ſtoltz wuͤr-
den; denn im erſten Jahre iſt noch kein ſolcher
Verſtand bey denen Kindern/ daß ſie ſo ferne
koͤnten nachſinnen/ als ſey dieſe Geſtalt im Spie-
gel die ihrige/ ſondern/ ich habe an gar vielen
Kindern/ die noch nicht uͤbers Jahr alt ſind
geweſen/ ſelbſt wahr genommen/ daß ſie aus kin-
diſchen actionibus ſo viel haben ſpuͤren laſſen/

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[50/0072] Unterſuchung/ derer von ſuper-klugen Das 27. Capitel. Wenn man die Kinder unter einen Jahre laͤſſet in Spiegel ſchauen/ ſo wer- den ſie ſtoltz. DAs Spiegel-Schauen an und vor ſich ſelbſt iſt zwar gar eine gute Erfindung/ die an ſich habende Geſtalt zu erkennen; alleine/ der Mißbrauch des Spiegel-Schau- ens iſt keines weges zu billigen. Das wiſſen alle allzukluge Weiber/ darum ſind ſie beſorget/ wenn die Kinder gar zu zeitig/ nehmlich/ unter ei- nem Jahre in Spiegel ſchaueten/ ſie moͤchten auch einen Mißbrauch begehen/ und hernach durch fernere Gewohnheit des Spiegel-Schau- ens nur ſtoltz werden/ und treffen auch damit das Pfloͤckgen gantz genau/ denn es heiſt: Jung gewohnet/ alt gethan. Aber dieſes kan ich de- nen Weibern dennoch keines weges zu geſtehen/ daß/ ſo man die Kinder unter einem Jahre in Spiegel ſehen lieſſe/ ſie um deßwillen ſtoltz wuͤr- den; denn im erſten Jahre iſt noch kein ſolcher Verſtand bey denen Kindern/ daß ſie ſo ferne koͤnten nachſinnen/ als ſey dieſe Geſtalt im Spie- gel die ihrige/ ſondern/ ich habe an gar vielen Kindern/ die noch nicht uͤbers Jahr alt ſind geweſen/ ſelbſt wahr genommen/ daß ſie aus kin- diſchen actionibus ſo viel haben ſpuͤren laſſen/ daß

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Zitationshilfe: Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 1. Chemnitz, 1705, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia01_1705/72>, abgerufen am 31.10.2024.