tzen Wolcken, die Lufft wurde dick und finster, end- lich schoß der Regen nicht etwa Tropffen, sondern Strohm-Weise auf uns herab, und hielt biß um Mitternacht ohne allen Unterlaß an. Da aber die sehr tieff herab hangenden Wolcken ihrer wichtigsten Last kaum in etwas entledigt und besänfftigt zu seyn schienen, erhub sich dargegen ein dermassen gewalti- ger Sturm-Wind, daß man auch vor dessen entsetz- lichen Brausen, wie ich glaube, den Knall einer Ca- none nicht würde gehört haben. Diese unsichtbare Gewalt muste, meines Erachtens, unser Schiff zu- weilen in einer Stunde sehr viel Meilen fortführen, zuweilen aber schiene selbes auf einer Stelle zu blei- ben, und wurde als ein Kreufel in der See herum ge- drehet, hernachmals von den Erstaunens-würdigen Wellen bald biß an die Wolcken hinan, augenblick- lich aber auch herunter in den aufgerissenen Rachen der Tiefe geworffen. Ein frischer, und noch viel hef- tigerer Regen als der Vorige, vereinigte sich noch zu unserem desto grössern Elende, mit den Sturm- Winden, und kurtz zu sagen, es hatte das Ansehen, als ob alle Feinde und Verfolger der See-Fahren- den unsern Untergang auf die erschrecklichste Arth zu befördern beschlossen hätten.
Man sagt sonst: Je länger das Unglück und wi- derwärtige Schicksal anhalte, je besser man sich darein schicken lerne, jedoch daß dieses damahls bey uns eingetroffen, kan ich mich nicht im geringsten erinnern. Jm Gegentheil muß bekennen, daß un- sere Hertzhafftigkeit, nachdem wir 2. Nachte und dritthalben Tag in solcher Angst zugebracht/ vol-
lends
J 5
tzen Wolcken, die Lufft wurde dick und finſter, end- lich ſchoß der Regen nicht etwa Tropffen, ſondern Strohm-Weiſe auf uns herab, und hielt biß um Mitternacht ohne allen Unterlaß an. Da aber die ſehr tieff herab hangenden Wolcken ihrer wichtigſten Laſt kaum in etwas entledigt und beſaͤnfftigt zu ſeyn ſchienen, erhub ſich dargegen ein dermaſſen gewalti- ger Sturm-Wind, daß man auch vor deſſen entſetz- lichen Brauſen, wie ich glaube, den Knall einer Ca- none nicht wuͤrde gehoͤrt haben. Dieſe unſichtbare Gewalt muſte, meines Erachtens, unſer Schiff zu- weilen in einer Stunde ſehr viel Meilen fortfuͤhren, zuweilen aber ſchiene ſelbes auf einer Stelle zu blei- ben, und wurde als ein Kreufel in der See herum ge- drehet, hernachmals von den Erſtaunens-wuͤrdigen Wellen bald biß an die Wolcken hinan, augenblick- lich aber auch herunter in den aufgeriſſenen Rachen der Tiefe geworffen. Ein friſcher, und noch viel hef- tigerer Regen als der Vorige, vereinigte ſich noch zu unſerem deſto groͤſſern Elende, mit den Sturm- Winden, und kurtz zu ſagen, es hatte das Anſehen, als ob alle Feinde und Verfolger der See-Fahren- den unſern Untergang auf die erſchrecklichſte Arth zu befoͤrdern beſchloſſen haͤtten.
Man ſagt ſonſt: Je laͤnger das Ungluͤck und wi- derwaͤrtige Schickſal anhalte, je beſſer man ſich darein ſchicken lerne, jedoch daß dieſes damahls bey uns eingetroffen, kan ich mich nicht im geringſten erinnern. Jm Gegentheil muß bekennen, daß un- ſere Hertzhafftigkeit, nachdem wir 2. Nachte und dritthalben Tag in ſolcher Angſt zugebracht/ vol-
lends
J 5
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0151"n="137"/>
tzen Wolcken, die Lufft wurde dick und finſter, end-<lb/>
lich ſchoß der Regen nicht etwa Tropffen, ſondern<lb/>
Strohm-Weiſe auf uns herab, und hielt biß um<lb/>
Mitternacht ohne allen Unterlaß an. Da aber die<lb/>ſehr tieff herab hangenden Wolcken ihrer wichtigſten<lb/>
Laſt kaum in etwas entledigt und beſaͤnfftigt zu ſeyn<lb/>ſchienen, erhub ſich dargegen ein dermaſſen gewalti-<lb/>
ger Sturm-Wind, daß man auch vor deſſen entſetz-<lb/>
lichen Brauſen, wie ich glaube, den Knall einer <hirendition="#aq">Ca-<lb/>
none</hi> nicht wuͤrde gehoͤrt haben. Dieſe unſichtbare<lb/>
Gewalt muſte, meines Erachtens, unſer Schiff zu-<lb/>
weilen in einer Stunde ſehr viel Meilen fortfuͤhren,<lb/>
zuweilen aber ſchiene ſelbes auf einer Stelle zu blei-<lb/>
ben, und wurde als ein Kreufel in der See herum ge-<lb/>
drehet, hernachmals von den Erſtaunens-wuͤrdigen<lb/>
Wellen bald biß an die Wolcken hinan, augenblick-<lb/>
lich aber auch herunter in den aufgeriſſenen Rachen<lb/>
der Tiefe geworffen. Ein friſcher, und noch viel hef-<lb/>
tigerer Regen als der Vorige, vereinigte ſich noch<lb/>
zu unſerem deſto groͤſſern Elende, mit den Sturm-<lb/>
Winden, und kurtz zu ſagen, es hatte das Anſehen,<lb/>
als ob alle Feinde und Verfolger der See-Fahren-<lb/>
den unſern Untergang auf die erſchrecklichſte Arth zu<lb/>
befoͤrdern beſchloſſen haͤtten.</p><lb/><p>Man ſagt ſonſt: Je laͤnger das Ungluͤck und wi-<lb/>
derwaͤrtige Schickſal anhalte, je beſſer man ſich<lb/>
darein ſchicken lerne, jedoch daß dieſes damahls bey<lb/>
uns eingetroffen, kan ich mich nicht im geringſten<lb/>
erinnern. Jm Gegentheil muß bekennen, daß un-<lb/>ſere Hertzhafftigkeit, nachdem wir 2. Nachte und<lb/>
dritthalben Tag in ſolcher Angſt zugebracht/ vol-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">J 5</fw><fwplace="bottom"type="catch">lends</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[137/0151]
tzen Wolcken, die Lufft wurde dick und finſter, end-
lich ſchoß der Regen nicht etwa Tropffen, ſondern
Strohm-Weiſe auf uns herab, und hielt biß um
Mitternacht ohne allen Unterlaß an. Da aber die
ſehr tieff herab hangenden Wolcken ihrer wichtigſten
Laſt kaum in etwas entledigt und beſaͤnfftigt zu ſeyn
ſchienen, erhub ſich dargegen ein dermaſſen gewalti-
ger Sturm-Wind, daß man auch vor deſſen entſetz-
lichen Brauſen, wie ich glaube, den Knall einer Ca-
none nicht wuͤrde gehoͤrt haben. Dieſe unſichtbare
Gewalt muſte, meines Erachtens, unſer Schiff zu-
weilen in einer Stunde ſehr viel Meilen fortfuͤhren,
zuweilen aber ſchiene ſelbes auf einer Stelle zu blei-
ben, und wurde als ein Kreufel in der See herum ge-
drehet, hernachmals von den Erſtaunens-wuͤrdigen
Wellen bald biß an die Wolcken hinan, augenblick-
lich aber auch herunter in den aufgeriſſenen Rachen
der Tiefe geworffen. Ein friſcher, und noch viel hef-
tigerer Regen als der Vorige, vereinigte ſich noch
zu unſerem deſto groͤſſern Elende, mit den Sturm-
Winden, und kurtz zu ſagen, es hatte das Anſehen,
als ob alle Feinde und Verfolger der See-Fahren-
den unſern Untergang auf die erſchrecklichſte Arth zu
befoͤrdern beſchloſſen haͤtten.
Man ſagt ſonſt: Je laͤnger das Ungluͤck und wi-
derwaͤrtige Schickſal anhalte, je beſſer man ſich
darein ſchicken lerne, jedoch daß dieſes damahls bey
uns eingetroffen, kan ich mich nicht im geringſten
erinnern. Jm Gegentheil muß bekennen, daß un-
ſere Hertzhafftigkeit, nachdem wir 2. Nachte und
dritthalben Tag in ſolcher Angſt zugebracht/ vol-
lends
J 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage… [mehr]
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage folgte schon 1732. Zum Zeitpunkt der Digitalisierung stand nur die dritte Auflage von 1740 zur Verfügung. (Link zur Erstausgabe: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:gbv:3:1-459276)
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/151>, abgerufen am 31.10.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.