lends gäntzlich zerfloß, weil die mit Donner und Blitz abermals herein brechende Nacht, schlechten Trost und Hoffnung versprach. Concordia und ich waren vermuthlich die allerelendesten unter allen, indem wir währenden Sturms nicht allein keinen Augenblick geschlaffen hatten, sondern auch der- massen matt und taumelnd gemacht waren, daß wir den Kopf gantz und gar nicht mehr in die Höhe halten konten, und fast das Eingeweyde aus dem Leibe brechen musten. Mons. de Leuven und An- ton Plürs konten von der höchst sauren, und letz- lich doch vergeblichen Arbeit auf dem Schiffe kaum so viel abbrechen, daß sie uns zuweilen auf eine Mi- nute besuchten, wiewol auch ohnedem nichts ver- mögend war, uns einige Linderung zu verschaffen, als etliche Stunden Ruhe. Wir höreten auf dem Schiffe, so offt der Sturm nur ein wenig inne hielt, ein grausames Lermen, kehreten uns aber an nichts mehr, weil sich unsere Sinnen schon bereitet hatten, das jämmerliche Ende unsers Lebens mit Gedult abzuwarten. Da aber die erbärmlichen Worte ausgeruffen wurden: GOtt sey uns gnädig, nun sind wir alle des Todes, vergieng so wol mir als der Concordia der Verstand solchergestalt, daß wir als Ohnmächtige da lagen. Doch habe ich in meiner Schwachheit noch so viel verspüret, daß das Schiff vermuthlich an einen harten Felsen zerschei- terte, indem es ein grausames Krachen und Pras- seln verursachte, das Hintertheil aber, worinnen wir lagen, mochte sehr tieff unter Wasser gekom- men seyn, weil selbiges unfere Kammer über die Helffte anfüllete, jedoch alsobald wieder zurück lief,
worauff
lends gaͤntzlich zerfloß, weil die mit Donner und Blitz abermals herein brechende Nacht, ſchlechten Troſt und Hoffnung verſprach. Concordia und ich waren vermuthlich die allerelendeſten unter allen, indem wir waͤhrenden Sturms nicht allein keinen Augenblick geſchlaffen hatten, ſondern auch der- maſſen matt und taumelnd gemacht waren, daß wir den Kopf gantz und gar nicht mehr in die Hoͤhe halten konten, und faſt das Eingeweyde aus dem Leibe brechen muſten. Monſ. de Leuven und An- ton Plürs konten von der hoͤchſt ſauren, und letz- lich doch vergeblichen Arbeit auf dem Schiffe kaum ſo viel abbrechen, daß ſie uns zuweilen auf eine Mi- nute beſuchten, wiewol auch ohnedem nichts ver- moͤgend war, uns einige Linderung zu verſchaffen, als etliche Stunden Ruhe. Wir hoͤreten auf dem Schiffe, ſo offt der Sturm nur ein wenig inne hielt, ein grauſames Lermen, kehreten uns aber an nichts mehr, weil ſich unſere Sinnen ſchon bereitet hatten, das jaͤmmerliche Ende unſers Lebens mit Gedult abzuwarten. Da aber die erbaͤrmlichen Worte ausgeruffen wurden: GOtt ſey uns gnaͤdig, nun ſind wir alle des Todes, vergieng ſo wol mir als der Concordia der Verſtand ſolchergeſtalt, daß wir als Ohnmaͤchtige da lagen. Doch habe ich in meiner Schwachheit noch ſo viel verſpuͤret, daß das Schiff vermuthlich an einen harten Felſen zerſchei- terte, indem es ein grauſames Krachen und Praſ- ſeln verurſachte, das Hintertheil aber, worinnen wir lagen, mochte ſehr tieff unter Waſſer gekom- men ſeyn, weil ſelbiges unfere Kammer uͤber die Helffte anfuͤllete, jedoch alſobald wieder zuruͤck lief,
worauff
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0152"n="138"/>
lends gaͤntzlich zerfloß, weil die mit Donner und<lb/>
Blitz abermals herein brechende Nacht, ſchlechten<lb/>
Troſt und Hoffnung verſprach. <hirendition="#aq">Concordia</hi> und<lb/>
ich waren vermuthlich die allerelendeſten unter allen,<lb/>
indem wir waͤhrenden Sturms nicht allein keinen<lb/>
Augenblick geſchlaffen hatten, ſondern auch der-<lb/>
maſſen matt und taumelnd gemacht waren, daß<lb/>
wir den Kopf gantz und gar nicht mehr in die Hoͤhe<lb/>
halten konten, und faſt das Eingeweyde aus dem<lb/>
Leibe brechen muſten. <hirendition="#aq">Monſ. de Leuven</hi> und <hirendition="#aq">An-<lb/>
ton Plürs</hi> konten von der hoͤchſt ſauren, und letz-<lb/>
lich doch vergeblichen Arbeit auf dem Schiffe kaum<lb/>ſo viel abbrechen, daß ſie uns zuweilen auf eine Mi-<lb/>
nute beſuchten, wiewol auch ohnedem nichts ver-<lb/>
moͤgend war, uns einige Linderung zu verſchaffen,<lb/>
als etliche Stunden Ruhe. Wir hoͤreten auf dem<lb/>
Schiffe, ſo offt der Sturm nur ein wenig inne hielt,<lb/>
ein grauſames Lermen, kehreten uns aber an nichts<lb/>
mehr, weil ſich unſere Sinnen ſchon bereitet hatten,<lb/>
das jaͤmmerliche Ende unſers Lebens mit Gedult<lb/>
abzuwarten. Da aber die erbaͤrmlichen Worte<lb/>
ausgeruffen wurden: GOtt ſey uns gnaͤdig, nun<lb/>ſind wir alle des Todes, vergieng ſo wol mir als der<lb/><hirendition="#aq">Concordia</hi> der Verſtand ſolchergeſtalt, daß wir<lb/>
als Ohnmaͤchtige da lagen. Doch habe ich in<lb/>
meiner Schwachheit noch ſo viel verſpuͤret, daß das<lb/>
Schiff vermuthlich an einen harten Felſen zerſchei-<lb/>
terte, indem es ein grauſames Krachen und Praſ-<lb/>ſeln verurſachte, das Hintertheil aber, worinnen<lb/>
wir lagen, mochte ſehr tieff unter Waſſer gekom-<lb/>
men ſeyn, weil ſelbiges unfere Kammer uͤber die<lb/>
Helffte anfuͤllete, jedoch alſobald wieder zuruͤck lief,<lb/><fwplace="bottom"type="catch">worauff</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[138/0152]
lends gaͤntzlich zerfloß, weil die mit Donner und
Blitz abermals herein brechende Nacht, ſchlechten
Troſt und Hoffnung verſprach. Concordia und
ich waren vermuthlich die allerelendeſten unter allen,
indem wir waͤhrenden Sturms nicht allein keinen
Augenblick geſchlaffen hatten, ſondern auch der-
maſſen matt und taumelnd gemacht waren, daß
wir den Kopf gantz und gar nicht mehr in die Hoͤhe
halten konten, und faſt das Eingeweyde aus dem
Leibe brechen muſten. Monſ. de Leuven und An-
ton Plürs konten von der hoͤchſt ſauren, und letz-
lich doch vergeblichen Arbeit auf dem Schiffe kaum
ſo viel abbrechen, daß ſie uns zuweilen auf eine Mi-
nute beſuchten, wiewol auch ohnedem nichts ver-
moͤgend war, uns einige Linderung zu verſchaffen,
als etliche Stunden Ruhe. Wir hoͤreten auf dem
Schiffe, ſo offt der Sturm nur ein wenig inne hielt,
ein grauſames Lermen, kehreten uns aber an nichts
mehr, weil ſich unſere Sinnen ſchon bereitet hatten,
das jaͤmmerliche Ende unſers Lebens mit Gedult
abzuwarten. Da aber die erbaͤrmlichen Worte
ausgeruffen wurden: GOtt ſey uns gnaͤdig, nun
ſind wir alle des Todes, vergieng ſo wol mir als der
Concordia der Verſtand ſolchergeſtalt, daß wir
als Ohnmaͤchtige da lagen. Doch habe ich in
meiner Schwachheit noch ſo viel verſpuͤret, daß das
Schiff vermuthlich an einen harten Felſen zerſchei-
terte, indem es ein grauſames Krachen und Praſ-
ſeln verurſachte, das Hintertheil aber, worinnen
wir lagen, mochte ſehr tieff unter Waſſer gekom-
men ſeyn, weil ſelbiges unfere Kammer uͤber die
Helffte anfuͤllete, jedoch alſobald wieder zuruͤck lief,
worauff
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage… [mehr]
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage folgte schon 1732. Zum Zeitpunkt der Digitalisierung stand nur die dritte Auflage von 1740 zur Verfügung. (Link zur Erstausgabe: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:gbv:3:1-459276)
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/152>, abgerufen am 31.10.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.