Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740.

Bild:
<< vorherige Seite

falt und Liebe, in so artiger Vermischung an, der
gleichen ich noch von keinem Frauenzimmer auf der
Welt erfahren. Derowegen wolten mir alle
Stunden zu Jahren werden, ehe ich mich wieder
auf den Weg zu ihr machen konte. Folgenden
Morgen stund ich sehr früh auf, öffnete meinen Ka-
sten, und nahm allerhand Sachen heraus, als 2.
kleine, und 1. mittelmäßigen Spiegel, von der neu-
sten Facon. 1. Sonnen-Fechel mit güldner Qua-
ste.
1. Zinnerne Schnupff-Tobacks Dose, in Ge-
stalt einer Taschen-Uhr. 2. Gesteck saubere Frau-
enzimmer-Messer. 3erley artige Scheeren, 20.
Elen Seyden Band, von 4erley coleur, allerhand
von Helffenbein gedresseltes Frauenzimmer-Ge-
räthe, nebst Spiel und andern Kinder-Sachen, de-
ren mich vorjetzo nicht mehr erinnern kan.

Alle diese Waare backte ich ordentlich zusammen
begab mich nach Anweisung meiner Taschen-Uhr,
die ich ihr aber zu zeigen nicht willens hatte, 2. Stun-
den vor den Mittage auf die Reisse, und gelangete
ohne Hinderniß bey dem Lust-Hause meiner Prin-
zeßin an. Die 3. Spanische Thaler hatten die
gute Alte so dienstfertig gemacht: daß sie mit über
100. Schritte vor der Garten-Thür entgegen kam,
mich bey der Hand fassete und sagte: Willkommen
mein lieber Herr Landsmann, (sie war aber eine
Holländerin, und ich ein Brandenburger) ach eilet
doch meine Gebietherin hat schon über eine halbe
Stunde auf euren versprochenen Zuspruch gehoffet,
und so gar das Tantzen heute bleiben lassen. Jch
schenckte ihr 2. grosse gedruckte Leinwand- Halßtü-
cher, 2. paar Stümpffe, ein Messer, einen Löffel

und

falt und Liebe, in ſo artiger Vermiſchung an, der
gleichen ich noch von keinem Frauenzimmer auf der
Welt erfahren. Derowegen wolten mir alle
Stunden zu Jahren werden, ehe ich mich wieder
auf den Weg zu ihr machen konte. Folgenden
Morgen ſtund ich ſehr fruͤh auf, oͤffnete meinen Ka-
ſten, und nahm allerhand Sachen heraus, als 2.
kleine, und 1. mittelmaͤßigen Spiegel, von der neu-
ſten Façon. 1. Sonnen-Fechel mit guͤldner Qua-
ſte.
1. Zinnerne Schnupff-Tobacks Doſe, in Ge-
ſtalt einer Taſchen-Uhr. 2. Geſteck ſaubere Frau-
enzimmer-Meſſer. 3erley artige Scheeren, 20.
Elen Seyden Band, von 4erley coleur, allerhand
von Helffenbein gedreſſeltes Frauenzimmer-Ge-
raͤthe, nebſt Spiel und andern Kinder-Sachen, de-
ren mich vorjetzo nicht mehr erinnern kan.

Alle dieſe Waare backte ich ordentlich zuſammen
begab mich nach Anweiſung meiner Taſchen-Uhr,
die ich ihr aber zu zeigen nicht willens hatte, 2. Stun-
den vor den Mittage auf die Reiſſe, und gelangete
ohne Hinderniß bey dem Luſt-Hauſe meiner Prin-
zeßin an. Die 3. Spaniſche Thaler hatten die
gute Alte ſo dienſtfertig gemacht: daß ſie mit uͤber
100. Schritte vor der Garten-Thuͤr entgegen kam,
mich bey der Hand faſſete und ſagte: Willkommen
mein lieber Herr Landsmann, (ſie war aber eine
Hollaͤnderin, und ich ein Brandenburger) ach eilet
doch meine Gebietherin hat ſchon uͤber eine halbe
Stunde auf euren verſprochenen Zuſpruch gehoffet,
und ſo gar das Tantzen heute bleiben laſſen. Jch
ſchenckte ihr 2. groſſe gedruckte Leinwand- Halßtuͤ-
cher, 2. paar Stuͤmpffe, ein Meſſer, einen Loͤffel

und
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0054" n="42"/>
falt und Liebe, in &#x017F;o artiger Vermi&#x017F;chung an, der<lb/>
gleichen ich noch von keinem Frauenzimmer auf der<lb/>
Welt erfahren. Derowegen wolten mir alle<lb/>
Stunden zu Jahren werden, ehe ich mich wieder<lb/>
auf den Weg zu ihr machen konte. Folgenden<lb/>
Morgen &#x017F;tund ich &#x017F;ehr fru&#x0364;h auf, o&#x0364;ffnete meinen Ka-<lb/>
&#x017F;ten, und nahm allerhand Sachen heraus, als 2.<lb/>
kleine, und 1. mittelma&#x0364;ßigen Spiegel, von der neu-<lb/>
&#x017F;ten <hi rendition="#aq">Façon.</hi> 1. Sonnen-Fechel mit gu&#x0364;ldner <hi rendition="#aq">Qua-<lb/>
&#x017F;te.</hi> 1. Zinnerne Schnupff-Tobacks Do&#x017F;e, in Ge-<lb/>
&#x017F;talt einer Ta&#x017F;chen-Uhr. 2. Ge&#x017F;teck &#x017F;aubere Frau-<lb/>
enzimmer-Me&#x017F;&#x017F;er. 3erley artige Scheeren, 20.<lb/>
Elen Seyden Band, von 4erley <hi rendition="#aq">coleur,</hi> allerhand<lb/>
von Helffenbein gedre&#x017F;&#x017F;eltes Frauenzimmer-Ge-<lb/>
ra&#x0364;the, neb&#x017F;t Spiel und andern Kinder-Sachen, de-<lb/>
ren mich vorjetzo nicht mehr erinnern kan.</p><lb/>
        <p>Alle die&#x017F;e Waare backte ich ordentlich zu&#x017F;ammen<lb/>
begab mich nach Anwei&#x017F;ung meiner Ta&#x017F;chen-Uhr,<lb/>
die ich ihr aber zu zeigen nicht willens hatte, 2. Stun-<lb/>
den vor den Mittage auf die Rei&#x017F;&#x017F;e, und gelangete<lb/>
ohne Hinderniß bey dem Lu&#x017F;t-Hau&#x017F;e meiner Prin-<lb/>
zeßin an. Die 3. Spani&#x017F;che Thaler hatten die<lb/>
gute Alte &#x017F;o dien&#x017F;tfertig gemacht: daß &#x017F;ie mit u&#x0364;ber<lb/>
100. Schritte vor der Garten-Thu&#x0364;r entgegen kam,<lb/>
mich bey der Hand fa&#x017F;&#x017F;ete und &#x017F;agte: Willkommen<lb/>
mein lieber Herr Landsmann, (&#x017F;ie war aber eine<lb/>
Holla&#x0364;nderin, und ich ein Brandenburger) ach eilet<lb/>
doch meine Gebietherin hat &#x017F;chon u&#x0364;ber eine halbe<lb/>
Stunde auf euren ver&#x017F;prochenen Zu&#x017F;pruch gehoffet,<lb/>
und &#x017F;o gar das Tantzen heute bleiben la&#x017F;&#x017F;en. Jch<lb/>
&#x017F;chenckte ihr 2. gro&#x017F;&#x017F;e gedruckte Leinwand- Halßtu&#x0364;-<lb/>
cher, 2. paar Stu&#x0364;mpffe, ein Me&#x017F;&#x017F;er, einen Lo&#x0364;ffel<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[42/0054] falt und Liebe, in ſo artiger Vermiſchung an, der gleichen ich noch von keinem Frauenzimmer auf der Welt erfahren. Derowegen wolten mir alle Stunden zu Jahren werden, ehe ich mich wieder auf den Weg zu ihr machen konte. Folgenden Morgen ſtund ich ſehr fruͤh auf, oͤffnete meinen Ka- ſten, und nahm allerhand Sachen heraus, als 2. kleine, und 1. mittelmaͤßigen Spiegel, von der neu- ſten Façon. 1. Sonnen-Fechel mit guͤldner Qua- ſte. 1. Zinnerne Schnupff-Tobacks Doſe, in Ge- ſtalt einer Taſchen-Uhr. 2. Geſteck ſaubere Frau- enzimmer-Meſſer. 3erley artige Scheeren, 20. Elen Seyden Band, von 4erley coleur, allerhand von Helffenbein gedreſſeltes Frauenzimmer-Ge- raͤthe, nebſt Spiel und andern Kinder-Sachen, de- ren mich vorjetzo nicht mehr erinnern kan. Alle dieſe Waare backte ich ordentlich zuſammen begab mich nach Anweiſung meiner Taſchen-Uhr, die ich ihr aber zu zeigen nicht willens hatte, 2. Stun- den vor den Mittage auf die Reiſſe, und gelangete ohne Hinderniß bey dem Luſt-Hauſe meiner Prin- zeßin an. Die 3. Spaniſche Thaler hatten die gute Alte ſo dienſtfertig gemacht: daß ſie mit uͤber 100. Schritte vor der Garten-Thuͤr entgegen kam, mich bey der Hand faſſete und ſagte: Willkommen mein lieber Herr Landsmann, (ſie war aber eine Hollaͤnderin, und ich ein Brandenburger) ach eilet doch meine Gebietherin hat ſchon uͤber eine halbe Stunde auf euren verſprochenen Zuſpruch gehoffet, und ſo gar das Tantzen heute bleiben laſſen. Jch ſchenckte ihr 2. groſſe gedruckte Leinwand- Halßtuͤ- cher, 2. paar Stuͤmpffe, ein Meſſer, einen Loͤffel und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/54
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/54>, abgerufen am 31.10.2024.