Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740.

Bild:
<< vorherige Seite

muste ein Mittel unserer dermahligen Lebens-Erhal-
tung und künfftiger hertzlicher Buße seyn, denn ehe
wir uns dessen versahen, wurde unser jämmerlich zu-
gerichtetes Schiff auf eine von denenjenigen Sand-
Bäncken geworffen, welche ohnfern von dieser mit
Felsen umgebenen Jnsul zu sehen sind. Wir liessen
bey bald darauff erfolgter Wind-Stille unsern Na-
chen in See, das Schiff aber auf der Sand-
Banck in Ruhe liegen, und fuhren mit gröster Le-
bens-Gefahr durch die Mündung des Westlichen
Flusses, welche zur selbigen Zeit durch die herab ge-
stürtzten Felsen-Stücken noch nicht verschüttet war,
in diese schöne Jnsul herein, welche ein jeder vernünff-
tiger Mensch, so lange er allhier in Gesellschafft an-
derer Menschen lebt, und nicht mit andern Vorur-
theilen behafftet ist, ohnstreitig vor ein irrdisches Pa-
radieß erkennen wird.

Keiner von uns allen gedachte dran, ob wir all-
hier Menschen-Fresser, wilde Thiere oder andere
feindseelige Dinge antreffen würden, sondern so
bald wir den Erdboden betreten, das süsse Wasser
gekostet und einige Frucht tragende Bäume erblickt
hatten, fielen so wohl die drey Jndianer als wir 6.
Christen auf die Knie nieder und danckten dem al-
lerhöchsten Wesen, daß wir durch desselben Gnade
so |wunderbarer, ja fast übernatürlicher Weise er-
halten worden. Es war ohngefähr zwey Stunden
über Mittag, da wir trostloß gewesenen Menschen
zu Lande kamen, hatten derowegen noch Zeit ge-
nung unsere hungerigen Magen mit wohlschme-
ckenden Früchten anzufüllen, und aus dem klaren
Wasser-Bächen zu trincken, nach diesen wurden

alle

muſte ein Mittel unſerer dermahligen Lebens-Erhal-
tung und kuͤnfftiger hertzlicher Buße ſeyn, denn ehe
wir uns deſſen verſahen, wurde unſer jaͤmmerlich zu-
gerichtetes Schiff auf eine von denenjenigen Sand-
Baͤncken geworffen, welche ohnfern von dieſer mit
Felſen umgebenen Jnſul zu ſehen ſind. Wir lieſſen
bey bald darauff erfolgter Wind-Stille unſern Na-
chen in See, das Schiff aber auf der Sand-
Banck in Ruhe liegen, und fuhren mit groͤſter Le-
bens-Gefahr durch die Muͤndung des Weſtlichen
Fluſſes, welche zur ſelbigen Zeit durch die herab ge-
ſtuͤrtzten Felſen-Stuͤcken noch nicht verſchuͤttet war,
in dieſe ſchoͤne Jnſul herein, welche ein jeder vernuͤnff-
tiger Menſch, ſo lange er allhier in Geſellſchafft an-
derer Menſchen lebt, und nicht mit andern Vorur-
theilen behafftet iſt, ohnſtreitig vor ein irrdiſches Pa-
radieß erkennen wird.

Keiner von uns allen gedachte dran, ob wir all-
hier Menſchen-Freſſer, wilde Thiere oder andere
feindſeelige Dinge antreffen wuͤrden, ſondern ſo
bald wir den Erdboden betreten, das ſuͤſſe Waſſer
gekoſtet und einige Frucht tragende Baͤume erblickt
hatten, fielen ſo wohl die drey Jndianer als wir 6.
Chriſten auf die Knie nieder und danckten dem al-
lerhoͤchſten Weſen, daß wir durch deſſelben Gnade
ſo |wunderbarer, ja faſt uͤbernatuͤrlicher Weiſe er-
halten worden. Es war ohngefaͤhr zwey Stunden
uͤber Mittag, da wir troſtloß geweſenen Menſchen
zu Lande kamen, hatten derowegen noch Zeit ge-
nung unſere hungerigen Magen mit wohlſchme-
ckenden Fruͤchten anzufuͤllen, und aus dem klaren
Waſſer-Baͤchen zu trincken, nach dieſen wurden

alle
<TEI>
  <text>
    <back>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0601" n="587"/>
mu&#x017F;te ein Mittel un&#x017F;erer dermahligen Lebens-Erhal-<lb/>
tung und ku&#x0364;nfftiger hertzlicher Buße &#x017F;eyn, denn ehe<lb/>
wir uns de&#x017F;&#x017F;en ver&#x017F;ahen, wurde un&#x017F;er ja&#x0364;mmerlich zu-<lb/>
gerichtetes Schiff auf eine von denenjenigen Sand-<lb/>
Ba&#x0364;ncken geworffen, welche ohnfern von die&#x017F;er mit<lb/>
Fel&#x017F;en umgebenen Jn&#x017F;ul zu &#x017F;ehen &#x017F;ind. Wir lie&#x017F;&#x017F;en<lb/>
bey bald darauff erfolgter Wind-Stille un&#x017F;ern Na-<lb/>
chen in See, das Schiff aber auf der Sand-<lb/>
Banck in Ruhe liegen, und fuhren mit gro&#x0364;&#x017F;ter Le-<lb/>
bens-Gefahr durch die Mu&#x0364;ndung des We&#x017F;tlichen<lb/>
Flu&#x017F;&#x017F;es, welche zur &#x017F;elbigen Zeit durch die herab ge-<lb/>
&#x017F;tu&#x0364;rtzten Fel&#x017F;en-Stu&#x0364;cken noch nicht ver&#x017F;chu&#x0364;ttet war,<lb/>
in die&#x017F;e &#x017F;cho&#x0364;ne Jn&#x017F;ul herein, welche ein jeder vernu&#x0364;nff-<lb/>
tiger Men&#x017F;ch, &#x017F;o lange er allhier in Ge&#x017F;ell&#x017F;chafft an-<lb/>
derer Men&#x017F;chen lebt, und nicht mit andern Vorur-<lb/>
theilen behafftet i&#x017F;t, ohn&#x017F;treitig vor ein irrdi&#x017F;ches Pa-<lb/>
radieß erkennen wird.</p><lb/>
          <p>Keiner von uns allen gedachte dran, ob wir all-<lb/>
hier Men&#x017F;chen-Fre&#x017F;&#x017F;er, wilde Thiere oder andere<lb/>
feind&#x017F;eelige Dinge antreffen wu&#x0364;rden, &#x017F;ondern &#x017F;o<lb/>
bald wir den Erdboden betreten, das &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;e Wa&#x017F;&#x017F;er<lb/>
geko&#x017F;tet und einige Frucht tragende Ba&#x0364;ume erblickt<lb/>
hatten, fielen &#x017F;o wohl die drey Jndianer als wir 6.<lb/>
Chri&#x017F;ten auf die Knie nieder und danckten dem al-<lb/>
lerho&#x0364;ch&#x017F;ten We&#x017F;en, daß wir durch de&#x017F;&#x017F;elben Gnade<lb/>
&#x017F;o |wunderbarer, ja fa&#x017F;t u&#x0364;bernatu&#x0364;rlicher Wei&#x017F;e er-<lb/>
halten worden. Es war ohngefa&#x0364;hr zwey Stunden<lb/>
u&#x0364;ber Mittag, da wir tro&#x017F;tloß gewe&#x017F;enen Men&#x017F;chen<lb/>
zu Lande kamen, hatten derowegen noch Zeit ge-<lb/>
nung un&#x017F;ere hungerigen Magen mit wohl&#x017F;chme-<lb/>
ckenden Fru&#x0364;chten anzufu&#x0364;llen, und aus dem klaren<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er-Ba&#x0364;chen zu trincken, nach die&#x017F;en wurden<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">alle</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </back>
  </text>
</TEI>
[587/0601] muſte ein Mittel unſerer dermahligen Lebens-Erhal- tung und kuͤnfftiger hertzlicher Buße ſeyn, denn ehe wir uns deſſen verſahen, wurde unſer jaͤmmerlich zu- gerichtetes Schiff auf eine von denenjenigen Sand- Baͤncken geworffen, welche ohnfern von dieſer mit Felſen umgebenen Jnſul zu ſehen ſind. Wir lieſſen bey bald darauff erfolgter Wind-Stille unſern Na- chen in See, das Schiff aber auf der Sand- Banck in Ruhe liegen, und fuhren mit groͤſter Le- bens-Gefahr durch die Muͤndung des Weſtlichen Fluſſes, welche zur ſelbigen Zeit durch die herab ge- ſtuͤrtzten Felſen-Stuͤcken noch nicht verſchuͤttet war, in dieſe ſchoͤne Jnſul herein, welche ein jeder vernuͤnff- tiger Menſch, ſo lange er allhier in Geſellſchafft an- derer Menſchen lebt, und nicht mit andern Vorur- theilen behafftet iſt, ohnſtreitig vor ein irrdiſches Pa- radieß erkennen wird. Keiner von uns allen gedachte dran, ob wir all- hier Menſchen-Freſſer, wilde Thiere oder andere feindſeelige Dinge antreffen wuͤrden, ſondern ſo bald wir den Erdboden betreten, das ſuͤſſe Waſſer gekoſtet und einige Frucht tragende Baͤume erblickt hatten, fielen ſo wohl die drey Jndianer als wir 6. Chriſten auf die Knie nieder und danckten dem al- lerhoͤchſten Weſen, daß wir durch deſſelben Gnade ſo |wunderbarer, ja faſt uͤbernatuͤrlicher Weiſe er- halten worden. Es war ohngefaͤhr zwey Stunden uͤber Mittag, da wir troſtloß geweſenen Menſchen zu Lande kamen, hatten derowegen noch Zeit ge- nung unſere hungerigen Magen mit wohlſchme- ckenden Fruͤchten anzufuͤllen, und aus dem klaren Waſſer-Baͤchen zu trincken, nach dieſen wurden alle

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/601
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 587. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/601>, abgerufen am 01.11.2024.