Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740.

Bild:
<< vorherige Seite

alle fernern Sorgen auf dieses mahl bey Seite ge-
setzt, indem sich ein jeder mit seinem Gewehr am
Ufer des Flusses zur Ruhe legte, biß auf meinen ge-
treuen Chascal, welcher die Schildwächterey von
freyen stücken über sich nahm, um uns andern vor
besorglichen Unglücks-Fällen zu warnen. Nach-
dem aber ich etliche Stunden und zwar biß in die
späte Nacht hinein geschlaffen, wurde der ehrliche
Chascal abgelöset, und die Wacht von mir biß zu
Auffgang der Sonne gehalten. Hierauff fieng ich
an, nebst 4. der stärcksten Leute, einen Theil der Jn-
sul durchzustreiffen/ allein wir fanden nicht die ge-
ringsten Spuren von lebendigen Menschen oder
reissenden Thieren, an deren statt aber eine grosse
Menge Wildpret, Ziegen auch Affen von verschie-
denen Farben. Dergleichen Fleischwerck nun kon-
te uns, nebst den überflüßigen herrlichen Kräutern
und Wurtzeln, die gröste Versicherung geben, all-
hier zum wenigsten nicht Hungers wegen zu ver-
derben, derowegen giengen wir zurück, unsern Ge-
fährten diese fröliche Bothschafft zu hinterbringen,
die aber nicht eher als gegen Abend anzutreffen wa-
ren, indem sie die Nordliche Gegend der Jnsul aus-
gekundschafft, und eben dasjenige bekräfftigten,
was wir ihnen zu sagen wusten. Demnach erleg-
ten wir noch selbigen Abend ein Stück Wild nebst
einer Ziege, machten Feuer an und brieten solch schö-
nes Fleisch, da immittelst die drey Jndianer die be-
sten Wurtzeln ausgruben, und dieselben an statt des
Brodts zu rösten und zuzurichten wusten, welches
beydes wir sodann mit gröster Lust verzehreten. Jn
folgenden Tagen bemüheten wir uns sämtlich aufs

äuser-

alle fernern Sorgen auf dieſes mahl bey Seite ge-
ſetzt, indem ſich ein jeder mit ſeinem Gewehr am
Ufer des Fluſſes zur Ruhe legte, biß auf meinen ge-
treuen Chaſcal, welcher die Schildwaͤchterey von
freyen ſtuͤcken uͤber ſich nahm, um uns andern vor
beſorglichen Ungluͤcks-Faͤllen zu warnen. Nach-
dem aber ich etliche Stunden und zwar biß in die
ſpaͤte Nacht hinein geſchlaffen, wurde der ehrliche
Chaſcal abgeloͤſet, und die Wacht von mir biß zu
Auffgang der Sonne gehalten. Hierauff fieng ich
an, nebſt 4. der ſtaͤrckſten Leute, einen Theil der Jn-
ſul durchzuſtreiffen/ allein wir fanden nicht die ge-
ringſten Spuren von lebendigen Menſchen oder
reiſſenden Thieren, an deren ſtatt aber eine groſſe
Menge Wildpret, Ziegen auch Affen von verſchie-
denen Farben. Dergleichen Fleiſchwerck nun kon-
te uns, nebſt den uͤberfluͤßigen herrlichen Kraͤutern
und Wurtzeln, die groͤſte Verſicherung geben, all-
hier zum wenigſten nicht Hungers wegen zu ver-
derben, derowegen giengen wir zuruͤck, unſern Ge-
faͤhrten dieſe froͤliche Bothſchafft zu hinterbringen,
die aber nicht eher als gegen Abend anzutreffen wa-
ren, indem ſie die Nordliche Gegend der Jnſul aus-
gekundſchafft, und eben dasjenige bekraͤfftigten,
was wir ihnen zu ſagen wuſten. Demnach erleg-
ten wir noch ſelbigen Abend ein Stuͤck Wild nebſt
einer Ziege, machten Feuer an und brieten ſolch ſchoͤ-
nes Fleiſch, da immittelſt die drey Jndianer die be-
ſten Wurtzeln ausgruben, und dieſelben an ſtatt des
Brodts zu roͤſten und zuzurichten wuſten, welches
beydes wir ſodann mit groͤſter Luſt verzehreten. Jn
folgenden Tagen bemuͤheten wir uns ſaͤmtlich aufs

aͤuſer-
<TEI>
  <text>
    <back>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0602" n="588"/>
alle fernern Sorgen auf die&#x017F;es mahl bey Seite ge-<lb/>
&#x017F;etzt, indem &#x017F;ich ein jeder mit &#x017F;einem Gewehr am<lb/>
Ufer des Flu&#x017F;&#x017F;es zur Ruhe legte, biß auf meinen ge-<lb/>
treuen <hi rendition="#aq">Cha&#x017F;cal,</hi> welcher die Schildwa&#x0364;chterey von<lb/>
freyen &#x017F;tu&#x0364;cken u&#x0364;ber &#x017F;ich nahm, um uns andern vor<lb/>
be&#x017F;orglichen Unglu&#x0364;cks-Fa&#x0364;llen zu warnen. Nach-<lb/>
dem aber ich etliche Stunden und zwar biß in die<lb/>
&#x017F;pa&#x0364;te Nacht hinein ge&#x017F;chlaffen, wurde der ehrliche<lb/><hi rendition="#aq">Cha&#x017F;cal</hi> abgelo&#x0364;&#x017F;et, und die Wacht von mir biß zu<lb/>
Auffgang der Sonne gehalten. Hierauff fieng ich<lb/>
an, neb&#x017F;t 4. der &#x017F;ta&#x0364;rck&#x017F;ten Leute, einen Theil der Jn-<lb/>
&#x017F;ul durchzu&#x017F;treiffen/ allein wir fanden nicht die ge-<lb/>
ring&#x017F;ten Spuren von lebendigen Men&#x017F;chen oder<lb/>
rei&#x017F;&#x017F;enden Thieren, an deren &#x017F;tatt aber eine gro&#x017F;&#x017F;e<lb/>
Menge Wildpret, Ziegen auch Affen von ver&#x017F;chie-<lb/>
denen Farben. Dergleichen Flei&#x017F;chwerck nun kon-<lb/>
te uns, neb&#x017F;t den u&#x0364;berflu&#x0364;ßigen herrlichen Kra&#x0364;utern<lb/>
und Wurtzeln, die gro&#x0364;&#x017F;te Ver&#x017F;icherung geben, all-<lb/>
hier zum wenig&#x017F;ten nicht Hungers wegen zu ver-<lb/>
derben, derowegen giengen wir zuru&#x0364;ck, un&#x017F;ern Ge-<lb/>
fa&#x0364;hrten die&#x017F;e fro&#x0364;liche Both&#x017F;chafft zu hinterbringen,<lb/>
die aber nicht eher als gegen Abend anzutreffen wa-<lb/>
ren, indem &#x017F;ie die Nordliche Gegend der Jn&#x017F;ul aus-<lb/>
gekund&#x017F;chafft, und eben dasjenige bekra&#x0364;fftigten,<lb/>
was wir ihnen zu &#x017F;agen wu&#x017F;ten. Demnach erleg-<lb/>
ten wir noch &#x017F;elbigen Abend ein Stu&#x0364;ck Wild neb&#x017F;t<lb/>
einer Ziege, machten Feuer an und brieten &#x017F;olch &#x017F;cho&#x0364;-<lb/>
nes Flei&#x017F;ch, da immittel&#x017F;t die drey Jndianer die be-<lb/>
&#x017F;ten Wurtzeln ausgruben, und die&#x017F;elben an &#x017F;tatt des<lb/>
Brodts zu ro&#x0364;&#x017F;ten und zuzurichten wu&#x017F;ten, welches<lb/>
beydes wir &#x017F;odann mit gro&#x0364;&#x017F;ter Lu&#x017F;t verzehreten. Jn<lb/>
folgenden Tagen bemu&#x0364;heten wir uns &#x017F;a&#x0364;mtlich aufs<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">a&#x0364;u&#x017F;er-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </back>
  </text>
</TEI>
[588/0602] alle fernern Sorgen auf dieſes mahl bey Seite ge- ſetzt, indem ſich ein jeder mit ſeinem Gewehr am Ufer des Fluſſes zur Ruhe legte, biß auf meinen ge- treuen Chaſcal, welcher die Schildwaͤchterey von freyen ſtuͤcken uͤber ſich nahm, um uns andern vor beſorglichen Ungluͤcks-Faͤllen zu warnen. Nach- dem aber ich etliche Stunden und zwar biß in die ſpaͤte Nacht hinein geſchlaffen, wurde der ehrliche Chaſcal abgeloͤſet, und die Wacht von mir biß zu Auffgang der Sonne gehalten. Hierauff fieng ich an, nebſt 4. der ſtaͤrckſten Leute, einen Theil der Jn- ſul durchzuſtreiffen/ allein wir fanden nicht die ge- ringſten Spuren von lebendigen Menſchen oder reiſſenden Thieren, an deren ſtatt aber eine groſſe Menge Wildpret, Ziegen auch Affen von verſchie- denen Farben. Dergleichen Fleiſchwerck nun kon- te uns, nebſt den uͤberfluͤßigen herrlichen Kraͤutern und Wurtzeln, die groͤſte Verſicherung geben, all- hier zum wenigſten nicht Hungers wegen zu ver- derben, derowegen giengen wir zuruͤck, unſern Ge- faͤhrten dieſe froͤliche Bothſchafft zu hinterbringen, die aber nicht eher als gegen Abend anzutreffen wa- ren, indem ſie die Nordliche Gegend der Jnſul aus- gekundſchafft, und eben dasjenige bekraͤfftigten, was wir ihnen zu ſagen wuſten. Demnach erleg- ten wir noch ſelbigen Abend ein Stuͤck Wild nebſt einer Ziege, machten Feuer an und brieten ſolch ſchoͤ- nes Fleiſch, da immittelſt die drey Jndianer die be- ſten Wurtzeln ausgruben, und dieſelben an ſtatt des Brodts zu roͤſten und zuzurichten wuſten, welches beydes wir ſodann mit groͤſter Luſt verzehreten. Jn folgenden Tagen bemuͤheten wir uns ſaͤmtlich aufs aͤuſer-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/602
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 588. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/602>, abgerufen am 31.10.2024.