abzustechen, mithin selbigen durch einen Canal in die kleine See zu führen, deren Ausfluß sich gegen Osten zu, in das Meer ergiesset.
Dieser letztere Anschlag war mir eben nicht miß- fällig, weil ich allem Ansehen nach, leicht glauben konte, daß durch das [Nö]rdliche natürliche Felsen- Gewölbe, nach abgeführten Wasser-Flusse, ohn- fehlbar ein bequemer Außgang nach der See zu fin- den seyn möchte. Derowegen legte meine Hände selbsten mit ans Werck, welches endlich, nach vielen sauern vergossenen Schweisse, im Sommer des 1525ten Jahres zu Stande gebracht wurde. Wir funden einen nach Nothdurfft erhöheten und wei- ten Gang, musten aber den Fuß-Boden wegen vie- ler tieffen Klüffte und steiler Abfälle, sehr mühsam mit Sand und Steinen bequemlich ausfüllen und zurichten, biß wir endlich sehr erfreut das Tages- Licht und die offenbare See ausserhalb der Jnsul erblicken konten.
Nach diesem glücklich ausgeschlagenen Vorneh- men, solten aufs eiligste Anstallten zum abermahli- gen Schiff-Bau gemacht, und die zugerichteten Bäume durch den neu erfundenen Weg an den aus- wendigen Fuß des Felsens hinunter geschafft wer- den; Aber ehe noch ein eintziger Baum darzu be- hauen war, legten sich die zwey schwächsten von mei- nen Lands-Leuten darnieder und starben, weil sie ohnedem sehr ungesundes Leibes waren, und sich noch darzu bißhero bey der ungezwungenen Arbeit allzu hefftig angegriffen haben mochten. Solcher- gestalt blieb der neue Schiffs-Bau unterwegs, zu-
mah-
P p 3
abzuſtechen, mithin ſelbigen durch einen Canal in die kleine See zu fuͤhren, deren Ausfluß ſich gegen Oſten zu, in das Meer ergieſſet.
Dieſer letztere Anſchlag war mir eben nicht miß- faͤllig, weil ich allem Anſehen nach, leicht glauben konte, daß durch das [Noͤ]rdliche natuͤrliche Felſen- Gewoͤlbe, nach abgefuͤhrten Waſſer-Fluſſe, ohn- fehlbar ein bequemer Außgang nach der See zu fin- den ſeyn moͤchte. Derowegen legte meine Haͤnde ſelbſten mit ans Werck, welches endlich, nach vielen ſauern vergoſſenen Schweiſſe, im Sommer des 1525ten Jahres zu Stande gebracht wurde. Wir funden einen nach Nothdurfft erhoͤheten und wei- ten Gang, muſten aber den Fuß-Boden wegen vie- ler tieffen Kluͤffte und ſteiler Abfaͤlle, ſehr muͤhſam mit Sand und Steinen bequemlich ausfuͤllen und zurichten, biß wir endlich ſehr erfreut das Tages- Licht und die offenbare See auſſerhalb der Jnſul erblicken konten.
Nach dieſem gluͤcklich ausgeſchlagenen Vorneh- men, ſolten aufs eiligſte Anſtallten zum abermahli- gen Schiff-Bau gemacht, und die zugerichteten Baͤume durch den neu erfundenen Weg an den aus- wendigen Fuß des Felſens hinunter geſchafft wer- den; Aber ehe noch ein eintziger Baum darzu be- hauen war, legten ſich die zwey ſchwaͤchſten von mei- nen Lands-Leuten darnieder und ſtarben, weil ſie ohnedem ſehr ungeſundes Leibes waren, und ſich noch darzu bißhero bey der ungezwungenen Arbeit allzu hefftig angegriffen haben mochten. Solcher- geſtalt blieb der neue Schiffs-Bau unterwegs, zu-
mah-
P p 3
<TEI><text><back><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0611"n="597"/>
abzuſtechen, mithin ſelbigen durch einen <hirendition="#aq">Canal</hi> in die<lb/>
kleine See zu fuͤhren, deren Ausfluß ſich gegen Oſten<lb/>
zu, in das Meer ergieſſet.</p><lb/><p>Dieſer letztere Anſchlag war mir eben nicht miß-<lb/>
faͤllig, weil ich allem Anſehen nach, leicht glauben<lb/>
konte, daß durch das <supplied>Noͤ</supplied>rdliche natuͤrliche Felſen-<lb/>
Gewoͤlbe, nach abgefuͤhrten Waſſer-Fluſſe, ohn-<lb/>
fehlbar ein bequemer Außgang nach der See zu fin-<lb/>
den ſeyn moͤchte. Derowegen legte meine Haͤnde<lb/>ſelbſten mit ans Werck, welches endlich, nach vielen<lb/>ſauern vergoſſenen Schweiſſe, im Sommer des<lb/>
1525ten Jahres zu Stande gebracht wurde. Wir<lb/>
funden einen nach Nothdurfft erhoͤheten und wei-<lb/>
ten Gang, muſten aber den Fuß-Boden wegen vie-<lb/>
ler tieffen Kluͤffte und ſteiler Abfaͤlle, ſehr muͤhſam<lb/>
mit Sand und Steinen bequemlich ausfuͤllen und<lb/>
zurichten, biß wir endlich ſehr erfreut das Tages-<lb/>
Licht und die offenbare See auſſerhalb der Jnſul<lb/>
erblicken konten.</p><lb/><p>Nach dieſem gluͤcklich ausgeſchlagenen Vorneh-<lb/>
men, ſolten aufs eiligſte Anſtallten zum abermahli-<lb/>
gen Schiff-Bau gemacht, und die zugerichteten<lb/>
Baͤume durch den neu erfundenen Weg an den aus-<lb/>
wendigen Fuß des Felſens hinunter geſchafft wer-<lb/>
den; Aber ehe noch ein eintziger Baum darzu be-<lb/>
hauen war, legten ſich die zwey ſchwaͤchſten von mei-<lb/>
nen Lands-Leuten darnieder und ſtarben, weil ſie<lb/>
ohnedem ſehr ungeſundes Leibes waren, und ſich<lb/>
noch darzu bißhero bey der ungezwungenen Arbeit<lb/>
allzu hefftig angegriffen haben mochten. Solcher-<lb/>
geſtalt blieb der neue Schiffs-Bau unterwegs, zu-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">P p 3</fw><fwplace="bottom"type="catch">mah-</fw><lb/></p></div></div></back></text></TEI>
[597/0611]
abzuſtechen, mithin ſelbigen durch einen Canal in die
kleine See zu fuͤhren, deren Ausfluß ſich gegen Oſten
zu, in das Meer ergieſſet.
Dieſer letztere Anſchlag war mir eben nicht miß-
faͤllig, weil ich allem Anſehen nach, leicht glauben
konte, daß durch das Noͤrdliche natuͤrliche Felſen-
Gewoͤlbe, nach abgefuͤhrten Waſſer-Fluſſe, ohn-
fehlbar ein bequemer Außgang nach der See zu fin-
den ſeyn moͤchte. Derowegen legte meine Haͤnde
ſelbſten mit ans Werck, welches endlich, nach vielen
ſauern vergoſſenen Schweiſſe, im Sommer des
1525ten Jahres zu Stande gebracht wurde. Wir
funden einen nach Nothdurfft erhoͤheten und wei-
ten Gang, muſten aber den Fuß-Boden wegen vie-
ler tieffen Kluͤffte und ſteiler Abfaͤlle, ſehr muͤhſam
mit Sand und Steinen bequemlich ausfuͤllen und
zurichten, biß wir endlich ſehr erfreut das Tages-
Licht und die offenbare See auſſerhalb der Jnſul
erblicken konten.
Nach dieſem gluͤcklich ausgeſchlagenen Vorneh-
men, ſolten aufs eiligſte Anſtallten zum abermahli-
gen Schiff-Bau gemacht, und die zugerichteten
Baͤume durch den neu erfundenen Weg an den aus-
wendigen Fuß des Felſens hinunter geſchafft wer-
den; Aber ehe noch ein eintziger Baum darzu be-
hauen war, legten ſich die zwey ſchwaͤchſten von mei-
nen Lands-Leuten darnieder und ſtarben, weil ſie
ohnedem ſehr ungeſundes Leibes waren, und ſich
noch darzu bißhero bey der ungezwungenen Arbeit
allzu hefftig angegriffen haben mochten. Solcher-
geſtalt blieb der neue Schiffs-Bau unterwegs, zu-
mah-
P p 3
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage… [mehr]
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage folgte schon 1732. Zum Zeitpunkt der Digitalisierung stand nur die dritte Auflage von 1740 zur Verfügung. (Link zur Erstausgabe: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:gbv:3:1-459276)
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 597. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/611>, abgerufen am 01.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.