Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740.

Bild:
<< vorherige Seite

Stande und Wesen nähere Nachricht zu geben, und
seyd versichert, daß ich euer Bestes eilig befördern
will und kan, absonderlich wo ihr einige Zärtlichkeit
und Liebe vor meine Person heget. Sie wurde bey
den letztern Worten Feuer-roth, suhe sich nach ihren
Mädgen um, und sagte noch zu mir: Jhr habt die
Erlaubniß mir in einem Briefe euer gantzes Hertz zu
offenbahren, und könnet denselben morgen meinem
Mädgen geben, seyd aber redlich und verschwiegen.

Man wird mich nicht verdencken, daß ich diese
schöne Gelegenheit meine Freyheit zu erlangen, mit
beyden Händen ergriff. Donna Salome (so hieß
das Fräunlein) war eine wohlgebildete Person von
17. biß 18. Jahren, und solte einen zwar auch noch
jungen, aber einäugigen und sonst überaus heßlichen
Spanischen wohlhabenden Officier heyrathen, wel-
ches ihre eigene Mutter selbst nicht billigen wolte, an
der doch von dem eigensinnigen Gouverneur darzu
gezwungen wurde. Jch könte diesem nach eine zim-
lich weitläufftige Liebes-Geschicht von derselben und
mir erzehen, allein es ist mein Werck nicht. Kurtz!
ich schrieb an die Donna Salome, und machte mich
nach ihrem Wunsche selbst zum Edelmanne, entdeck-
te meine zu ihr tragende hefftige Liebe, und versprach
alles, was sie verlangen könte, wo sie mich in meine
Freyheit setzen wolte.

Wir wurden in wenig Tagen des gantzen
Krahms einig. Jch that ihr einen Eyd, sie an einen
sichern Orth, und so bald als möglich, nach Europa
zu führen, mich mit jhr ordentlich zu verheyrathen,

und

Stande und Weſen naͤhere Nachricht zu geben, und
ſeyd verſichert, daß ich euer Beſtes eilig befoͤrdern
will und kan, abſonderlich wo ihr einige Zaͤrtlichkeit
und Liebe vor meine Perſon heget. Sie wurde bey
den letztern Worten Feuer-roth, ſuhe ſich nach ihren
Maͤdgen um, und ſagte noch zu mir: Jhr habt die
Erlaubniß mir in einem Briefe euer gantzes Hertz zu
offenbahren, und koͤnnet denſelben morgen meinem
Maͤdgen geben, ſeyd aber redlich und verſchwiegen.

Man wird mich nicht verdencken, daß ich dieſe
ſchoͤne Gelegenheit meine Freyheit zu erlangen, mit
beyden Haͤnden ergriff. Donna Salome (ſo hieß
das Fraͤunlein) war eine wohlgebildete Perſon von
17. biß 18. Jahren, und ſolte einen zwar auch noch
jungen, aber einaͤugigen und ſonſt uͤberaus heßlichen
Spaniſchen wohlhabenden Officier heyrathen, wel-
ches ihre eigene Mutter ſelbſt nicht billigen wolte, an
der doch von dem eigenſinnigen Gouverneur darzu
gezwungen wurde. Jch koͤnte dieſem nach eine zim-
lich weitlaͤufftige Liebes-Geſchicht von derſelben und
mir erzehen, allein es iſt mein Werck nicht. Kurtz!
ich ſchrieb an die Donna Salome, und machte mich
nach ihrem Wunſche ſelbſt zum Edelmanne, entdeck-
te meine zu ihr tragende hefftige Liebe, und verſprach
alles, was ſie verlangen koͤnte, wo ſie mich in meine
Freyheit ſetzen wolte.

Wir wurden in wenig Tagen des gantzen
Krahms einig. Jch that ihr einen Eyd, ſie an einen
ſichern Orth, und ſo bald als moͤglich, nach Europa
zu fuͤhren, mich mit jhr ordentlich zu verheyrathen,

und
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0086" n="74"/>
Stande und We&#x017F;en na&#x0364;here Nachricht zu geben, und<lb/>
&#x017F;eyd ver&#x017F;ichert, daß ich euer Be&#x017F;tes eilig befo&#x0364;rdern<lb/>
will und kan, ab&#x017F;onderlich wo ihr einige Za&#x0364;rtlichkeit<lb/>
und Liebe vor meine Per&#x017F;on heget. Sie wurde bey<lb/>
den letztern Worten Feuer-roth, &#x017F;uhe &#x017F;ich nach ihren<lb/>
Ma&#x0364;dgen um, und &#x017F;agte noch zu mir: Jhr habt die<lb/>
Erlaubniß mir in einem Briefe euer gantzes Hertz zu<lb/>
offenbahren, und ko&#x0364;nnet den&#x017F;elben morgen meinem<lb/>
Ma&#x0364;dgen geben, &#x017F;eyd aber redlich und ver&#x017F;chwiegen.</p><lb/>
        <p>Man wird mich nicht verdencken, daß ich die&#x017F;e<lb/>
&#x017F;cho&#x0364;ne Gelegenheit meine Freyheit zu erlangen, mit<lb/>
beyden Ha&#x0364;nden ergriff. <hi rendition="#aq">Donna Salome</hi> (&#x017F;o hieß<lb/>
das Fra&#x0364;unlein) war eine wohlgebildete Per&#x017F;on von<lb/>
17. biß 18. Jahren, und &#x017F;olte einen zwar auch noch<lb/>
jungen, aber eina&#x0364;ugigen und &#x017F;on&#x017F;t u&#x0364;beraus heßlichen<lb/>
Spani&#x017F;chen wohlhabenden <hi rendition="#aq">Officier</hi> heyrathen, wel-<lb/>
ches ihre eigene Mutter &#x017F;elb&#x017F;t nicht billigen wolte, an<lb/>
der doch von dem eigen&#x017F;innigen <hi rendition="#aq">Gouverneur</hi> darzu<lb/>
gezwungen wurde. Jch ko&#x0364;nte die&#x017F;em nach eine zim-<lb/>
lich weitla&#x0364;ufftige Liebes-Ge&#x017F;chicht von der&#x017F;elben und<lb/>
mir erzehen, allein es i&#x017F;t mein Werck nicht. Kurtz!<lb/>
ich &#x017F;chrieb an die <hi rendition="#aq">Donna Salome,</hi> und machte mich<lb/>
nach ihrem Wun&#x017F;che &#x017F;elb&#x017F;t zum Edelmanne, entdeck-<lb/>
te meine zu ihr tragende hefftige Liebe, und ver&#x017F;prach<lb/>
alles, was &#x017F;ie verlangen ko&#x0364;nte, wo &#x017F;ie mich in meine<lb/>
Freyheit &#x017F;etzen wolte.</p><lb/>
        <p>Wir wurden in wenig Tagen des gantzen<lb/>
Krahms einig. Jch that ihr einen Eyd, &#x017F;ie an einen<lb/>
&#x017F;ichern Orth, und &#x017F;o bald als mo&#x0364;glich, nach Europa<lb/>
zu fu&#x0364;hren, mich mit jhr ordentlich zu verheyrathen,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[74/0086] Stande und Weſen naͤhere Nachricht zu geben, und ſeyd verſichert, daß ich euer Beſtes eilig befoͤrdern will und kan, abſonderlich wo ihr einige Zaͤrtlichkeit und Liebe vor meine Perſon heget. Sie wurde bey den letztern Worten Feuer-roth, ſuhe ſich nach ihren Maͤdgen um, und ſagte noch zu mir: Jhr habt die Erlaubniß mir in einem Briefe euer gantzes Hertz zu offenbahren, und koͤnnet denſelben morgen meinem Maͤdgen geben, ſeyd aber redlich und verſchwiegen. Man wird mich nicht verdencken, daß ich dieſe ſchoͤne Gelegenheit meine Freyheit zu erlangen, mit beyden Haͤnden ergriff. Donna Salome (ſo hieß das Fraͤunlein) war eine wohlgebildete Perſon von 17. biß 18. Jahren, und ſolte einen zwar auch noch jungen, aber einaͤugigen und ſonſt uͤberaus heßlichen Spaniſchen wohlhabenden Officier heyrathen, wel- ches ihre eigene Mutter ſelbſt nicht billigen wolte, an der doch von dem eigenſinnigen Gouverneur darzu gezwungen wurde. Jch koͤnte dieſem nach eine zim- lich weitlaͤufftige Liebes-Geſchicht von derſelben und mir erzehen, allein es iſt mein Werck nicht. Kurtz! ich ſchrieb an die Donna Salome, und machte mich nach ihrem Wunſche ſelbſt zum Edelmanne, entdeck- te meine zu ihr tragende hefftige Liebe, und verſprach alles, was ſie verlangen koͤnte, wo ſie mich in meine Freyheit ſetzen wolte. Wir wurden in wenig Tagen des gantzen Krahms einig. Jch that ihr einen Eyd, ſie an einen ſichern Orth, und ſo bald als moͤglich, nach Europa zu fuͤhren, mich mit jhr ordentlich zu verheyrathen, und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/86
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/86>, abgerufen am 31.10.2024.