nen alten Capitain zu umarmen, welcher eben aus Holland wieder zurück kam, und nicht allein die Confirmation über seine Gouverneur- Charge, sondern auch weit wichtigere Vollmachten, nebst vielen höchst-nöthigen Dingen, in 3. Schiffen mit brachte. Er erzehlte mir, daß, nach der Versi- cherung meines Todes, er alsofort mein zurück- gelassenes Vermögen durch redliche und theils ge- genwärtige Personen taxiren lassen, welches sich auf 6. tausend Thlr. werth belauffen, hiervon habe er meinem jüngern Bruder, den er nach Amster- dam zu sich verschrieben, vor ihn und das andere Geschwister 5000. Thlr. gezahlet, ein tausend aber vor sich selbst zur Erbschafft, vor die meinetwegen gehabte Mühe, behalten, welche er mir aber nun- mehro, da er die Freude hätte, mich wieder zu fin- den, gedoppelt bezahlen wolte; Allein, ich hatte eine solche Freude über seine Redlichkeit, daß ich ihn beschwur, hiervon nicht zu gedencken, indem ich, weil ich vergnügt wäre, mich reich genug zu seyn schätze, und wohl wüste, daß ihm selbst ein noch weit mehreres schuldig sey.
Wir lebten nachhero in der schönsten Einträch- tigkeit beysammen, Monsieur van der Baar muste mit 50. Mann, und allerhand ihm zugegebenen nothdürfftigen Sachen, eine andere kleine Jnsul bevölckern, ich aber wurde an dessen statt Vice- Gouverneur, und war fast nicht mehr willens, in Zukunfft auf Frey-Beuterey auszugehen, son- dern bey meiner Liebens-würdigen Salome, mein Leben in Ruhe zu zubringen, wie denn dieselbe ihr Verlangen nach Europa gäntzlich fahren ließ, und
nichts
nen alten Capitain zu umarmen, welcher eben aus Holland wieder zuruͤck kam, und nicht allein die Confirmation uͤber ſeine Gouverneur- Charge, ſondern auch weit wichtigere Vollmachten, nebſt vielen hoͤchſt-noͤthigen Dingen, in 3. Schiffen mit brachte. Er erzehlte mir, daß, nach der Verſi- cherung meines Todes, er alſofort mein zuruͤck- gelaſſenes Vermoͤgen durch redliche und theils ge- genwaͤrtige Perſonen taxiren laſſen, welches ſich auf 6. tauſend Thlr. werth belauffen, hiervon habe er meinem juͤngern Bruder, den er nach Amſter- dam zu ſich verſchrieben, vor ihn und das andere Geſchwiſter 5000. Thlr. gezahlet, ein tauſend aber vor ſich ſelbſt zur Erbſchafft, vor die meinetwegen gehabte Muͤhe, behalten, welche er mir aber nun- mehro, da er die Freude haͤtte, mich wieder zu fin- den, gedoppelt bezahlen wolte; Allein, ich hatte eine ſolche Freude uͤber ſeine Redlichkeit, daß ich ihn beſchwur, hiervon nicht zu gedencken, indem ich, weil ich vergnuͤgt waͤre, mich reich genug zu ſeyn ſchaͤtze, und wohl wuͤſte, daß ihm ſelbſt ein noch weit mehreres ſchuldig ſey.
Wir lebten nachhero in der ſchoͤnſten Eintraͤch- tigkeit beyſammen, Monſieur van der Baar muſte mit 50. Mann, und allerhand ihm zugegebenen nothduͤrfftigen Sachen, eine andere kleine Jnſul bevoͤlckern, ich aber wurde an deſſen ſtatt Vice- Gouverneur, und war faſt nicht mehr willens, in Zukunfft auf Frey-Beuterey auszugehen, ſon- dern bey meiner Liebens-wuͤrdigen Salome, mein Leben in Ruhe zu zubringen, wie denn dieſelbe ihr Verlangen nach Europa gaͤntzlich fahren ließ, und
nichts
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0089"n="77"/>
nen alten <hirendition="#aq">Capitain</hi> zu umarmen, welcher eben aus<lb/>
Holland wieder zuruͤck kam, und nicht allein die<lb/><hirendition="#aq">Confirmation</hi> uͤber ſeine <hirendition="#aq">Gouverneur- Charge,</hi><lb/>ſondern auch weit wichtigere Vollmachten, nebſt<lb/>
vielen hoͤchſt-noͤthigen Dingen, in 3. Schiffen mit<lb/>
brachte. Er erzehlte mir, daß, nach der Verſi-<lb/>
cherung meines Todes, er alſofort mein zuruͤck-<lb/>
gelaſſenes Vermoͤgen durch redliche und theils ge-<lb/>
genwaͤrtige Perſonen <hirendition="#aq">taxir</hi>en laſſen, welches ſich<lb/>
auf 6. tauſend Thlr. werth belauffen, hiervon habe<lb/>
er meinem juͤngern Bruder, den er nach Amſter-<lb/>
dam zu ſich verſchrieben, vor ihn und das andere<lb/>
Geſchwiſter 5000. Thlr. gezahlet, ein tauſend aber<lb/>
vor ſich ſelbſt zur Erbſchafft, vor die meinetwegen<lb/>
gehabte Muͤhe, behalten, welche er mir aber nun-<lb/>
mehro, da er die Freude haͤtte, mich wieder zu fin-<lb/>
den, gedoppelt bezahlen wolte; Allein, ich hatte<lb/>
eine ſolche Freude uͤber ſeine Redlichkeit, daß ich<lb/>
ihn beſchwur, hiervon nicht zu gedencken, indem<lb/>
ich, weil ich vergnuͤgt waͤre, mich reich genug zu<lb/>ſeyn ſchaͤtze, und wohl wuͤſte, daß ihm ſelbſt ein<lb/>
noch weit mehreres ſchuldig ſey.</p><lb/><p>Wir lebten nachhero in der ſchoͤnſten Eintraͤch-<lb/>
tigkeit beyſammen, <hirendition="#aq">Monſieur van der Baar</hi> muſte<lb/>
mit 50. Mann, und allerhand ihm zugegebenen<lb/>
nothduͤrfftigen Sachen, eine andere kleine Jnſul<lb/>
bevoͤlckern, ich aber wurde an deſſen ſtatt <hirendition="#aq">Vice-<lb/>
Gouverneur,</hi> und war faſt nicht mehr willens, in<lb/>
Zukunfft auf Frey-Beuterey auszugehen, ſon-<lb/>
dern bey meiner Liebens-wuͤrdigen <hirendition="#aq">Salome,</hi> mein<lb/>
Leben in Ruhe zu zubringen, wie denn dieſelbe ihr<lb/>
Verlangen nach Europa gaͤntzlich fahren ließ, und<lb/><fwplace="bottom"type="catch">nichts</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[77/0089]
nen alten Capitain zu umarmen, welcher eben aus
Holland wieder zuruͤck kam, und nicht allein die
Confirmation uͤber ſeine Gouverneur- Charge,
ſondern auch weit wichtigere Vollmachten, nebſt
vielen hoͤchſt-noͤthigen Dingen, in 3. Schiffen mit
brachte. Er erzehlte mir, daß, nach der Verſi-
cherung meines Todes, er alſofort mein zuruͤck-
gelaſſenes Vermoͤgen durch redliche und theils ge-
genwaͤrtige Perſonen taxiren laſſen, welches ſich
auf 6. tauſend Thlr. werth belauffen, hiervon habe
er meinem juͤngern Bruder, den er nach Amſter-
dam zu ſich verſchrieben, vor ihn und das andere
Geſchwiſter 5000. Thlr. gezahlet, ein tauſend aber
vor ſich ſelbſt zur Erbſchafft, vor die meinetwegen
gehabte Muͤhe, behalten, welche er mir aber nun-
mehro, da er die Freude haͤtte, mich wieder zu fin-
den, gedoppelt bezahlen wolte; Allein, ich hatte
eine ſolche Freude uͤber ſeine Redlichkeit, daß ich
ihn beſchwur, hiervon nicht zu gedencken, indem
ich, weil ich vergnuͤgt waͤre, mich reich genug zu
ſeyn ſchaͤtze, und wohl wuͤſte, daß ihm ſelbſt ein
noch weit mehreres ſchuldig ſey.
Wir lebten nachhero in der ſchoͤnſten Eintraͤch-
tigkeit beyſammen, Monſieur van der Baar muſte
mit 50. Mann, und allerhand ihm zugegebenen
nothduͤrfftigen Sachen, eine andere kleine Jnſul
bevoͤlckern, ich aber wurde an deſſen ſtatt Vice-
Gouverneur, und war faſt nicht mehr willens, in
Zukunfft auf Frey-Beuterey auszugehen, ſon-
dern bey meiner Liebens-wuͤrdigen Salome, mein
Leben in Ruhe zu zubringen, wie denn dieſelbe ihr
Verlangen nach Europa gaͤntzlich fahren ließ, und
nichts
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage… [mehr]
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage folgte schon 1732. Zum Zeitpunkt der Digitalisierung stand nur die dritte Auflage von 1740 zur Verfügung. (Link zur Erstausgabe: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:gbv:3:1-459276)
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/89>, abgerufen am 31.10.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.