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Spener, Philipp Jakob: Natur und Gnade. Frankfurt (Main), 1687.

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fleiß untersuchet/ dann wie betrieglich das
hertz ist/ so weiß doch einmal der geist des
menschen/ was in dem menschen ist/
1.
Cor. 2/ 11. und kan eine seele/ welche fleiß
anwendet/ bey sich/ vermittels Göttlicher
gnade/ unterscheiden/ was redlich oder be-
trieglich seye. Also kan in solchen gutthaten
der mensch bey sich fühlen die wahre zunei-
gung gegen den nechsten/ daß ihn sein eigen
hertzgegen ihn/ ihm gutes zu thun/ treibe/
und daß er an das jenige/ was er hinwieder
guts davor erwarten könte/ nicht gedacht/
oder daher die ursach genommen habe. Son-
derlich auch/ daß er seine absicht nicht habe
gehabt auff den stand/ beschaffenheit/ quali-
täten/ und andere umstände der personen/ an
denen man gutes gethan/ die sonsten die na-
türliche liebe eigenlich befördert/ sondern al-
lein sich bewegen lassen durch die zuneigung
welche man in Göttlicher ordnung gegen al-
le menschen haben solle/ und in denselben
sein fleisch und GOttes geschöpffe liebet.
Dahin gehöret auch/ das man bedencke/
ob man gleiches an andern oder zu andern
zeiten auch gethan/ wann man dergleichen
nicht/ sondern das gegentheil zu erwarten
gehabt; denn wo solches sich findet/ ists ein

star-

fleiß unterſuchet/ dann wie betrieglich das
hertz iſt/ ſo weiß doch einmal der geiſt des
menſchen/ was in dem menſchen iſt/
1.
Cor. 2/ 11. und kan eine ſeele/ welche fleiß
anwendet/ bey ſich/ vermittels Goͤttlicher
gnade/ unterſcheiden/ was redlich oder be-
trieglich ſeye. Alſo kan in ſolchen gutthaten
der menſch bey ſich fühlen die wahre zunei-
gung gegen den nechſten/ daß ihn ſein eigen
hertzgegen ihn/ ihm gutes zu thun/ treibe/
und daß er an das jenige/ was er hinwieder
guts davor erwarten koͤnte/ nicht gedacht/
oder daher die urſach genom̃en habe. Son-
derlich auch/ daß er ſeine abſicht nicht habe
gehabt auff den ſtand/ beſchaffenheit/ quali-
taͤten/ und andere umſtaͤnde deꝛ perſonen/ an
denen man gutes gethan/ die ſonſten die na-
türliche liebe eigenlich befoͤrdert/ ſondern al-
lein ſich bewegen laſſen durch die zuneigung
welche man in Goͤttlicher oꝛdnung gegen al-
le menſchen haben ſolle/ und in denſelben
ſein fleiſch und GOttes geſchoͤpffe liebet.
Dahin gehoͤret auch/ das man bedencke/
ob man gleiches an andern oder zu andern
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[146/0208] fleiß unterſuchet/ dann wie betrieglich das hertz iſt/ ſo weiß doch einmal der geiſt des menſchen/ was in dem menſchen iſt/ 1. Cor. 2/ 11. und kan eine ſeele/ welche fleiß anwendet/ bey ſich/ vermittels Goͤttlicher gnade/ unterſcheiden/ was redlich oder be- trieglich ſeye. Alſo kan in ſolchen gutthaten der menſch bey ſich fühlen die wahre zunei- gung gegen den nechſten/ daß ihn ſein eigen hertzgegen ihn/ ihm gutes zu thun/ treibe/ und daß er an das jenige/ was er hinwieder guts davor erwarten koͤnte/ nicht gedacht/ oder daher die urſach genom̃en habe. Son- derlich auch/ daß er ſeine abſicht nicht habe gehabt auff den ſtand/ beſchaffenheit/ quali- taͤten/ und andere umſtaͤnde deꝛ perſonen/ an denen man gutes gethan/ die ſonſten die na- türliche liebe eigenlich befoͤrdert/ ſondern al- lein ſich bewegen laſſen durch die zuneigung welche man in Goͤttlicher oꝛdnung gegen al- le menſchen haben ſolle/ und in denſelben ſein fleiſch und GOttes geſchoͤpffe liebet. Dahin gehoͤret auch/ das man bedencke/ ob man gleiches an andern oder zu andern zeiten auch gethan/ wann man dergleichen nicht/ ſondern das gegentheil zu erwarten gehabt; denn wo ſolches ſich findet/ iſts ein ſtar-

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Natur und Gnade. Frankfurt (Main), 1687, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_natur_1687/208>, abgerufen am 31.10.2024.