durch einen andern ersetzen; ich muß die Anzahl der Geforderten stellen, es ist hart, es ist grau- sam, daß ich das Ungefähr benutze, ihr ganzes großes Glück, wo nicht zertrümmere, doch hin- dre; aber es wäre noch weit härter, weit grau- samer, wenn ich ihr Geld annähme, und, aus Mangel anderer Leute, unerzognen Kindern einen Vater, der trostlosen Gattin einen Mann raub- te, um ihn an ihrer Stelle mit fortzuschicken. Das Geschrei, die Verzweiflung der Unglückli- chen würde mich bei Gott anklagen, und mir meine Seligkeit rauben, die ich nicht um Geld und Gut verkaufen will. Sie sind, wie Sie selbst sagen, noch nicht verheirathet, Ihre Braut wird jammern, aber sie hat noch kein festes Recht auf Sie, kann eher als die schwangere oder säugende Gattin harren. Der Krieg muß sich bald enden, kehren Sie glücklich zurück, so will ich Ihnen mit Freuden unentgeldlich geben, was Sie jetzt mit großen Summen bezahlen wollen.
Konrad hatte mehr als fünfhundert Louisd'ors mit sich, er bat den Antmann, diese Summe je- dem zum Lohne zu bieten, der freiwillig an seiner Stelle Soldat werden wolle. Der Amtmann thats, aber es fand sich keiner, der sein Weib und Kin- der um dieses Geld verlassen wollte.
Dem Unglücklichen, äußerst Trauernden blieb nun nichts anders übrig, als die ganze schreckli- che Geschichte seines Leidens der harrenden Ge- liebten und ihrem Vater zu berichten. Er thats,
durch einen andern erſetzen; ich muß die Anzahl der Geforderten ſtellen, es iſt hart, es iſt grau- ſam, daß ich das Ungefaͤhr benutze, ihr ganzes großes Gluͤck, wo nicht zertruͤmmere, doch hin- dre; aber es waͤre noch weit haͤrter, weit grau- ſamer, wenn ich ihr Geld annaͤhme, und, aus Mangel anderer Leute, unerzognen Kindern einen Vater, der troſtloſen Gattin einen Mann raub- te, um ihn an ihrer Stelle mit fortzuſchicken. Das Geſchrei, die Verzweiflung der Ungluͤckli- chen wuͤrde mich bei Gott anklagen, und mir meine Seligkeit rauben, die ich nicht um Geld und Gut verkaufen will. Sie ſind, wie Sie ſelbſt ſagen, noch nicht verheirathet, Ihre Braut wird jammern, aber ſie hat noch kein feſtes Recht auf Sie, kann eher als die ſchwangere oder ſaͤugende Gattin harren. Der Krieg muß ſich bald enden, kehren Sie gluͤcklich zuruͤck, ſo will ich Ihnen mit Freuden unentgeldlich geben, was Sie jetzt mit großen Summen bezahlen wollen.
Konrad hatte mehr als fuͤnfhundert Louisd'ors mit ſich, er bat den Antmann, dieſe Summe je- dem zum Lohne zu bieten, der freiwillig an ſeiner Stelle Soldat werden wolle. Der Amtmann thats, aber es fand ſich keiner, der ſein Weib und Kin- der um dieſes Geld verlaſſen wollte.
Dem Ungluͤcklichen, aͤußerſt Trauernden blieb nun nichts anders uͤbrig, als die ganze ſchreckli- che Geſchichte ſeines Leidens der harrenden Ge- liebten und ihrem Vater zu berichten. Er thats,
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durch einen andern erſetzen; ich muß die Anzahl
der Geforderten ſtellen, es iſt hart, es iſt grau-
ſam, daß ich das Ungefaͤhr benutze, ihr ganzes
großes Gluͤck, wo nicht zertruͤmmere, doch hin-
dre; aber es waͤre noch weit haͤrter, weit grau-
ſamer, wenn ich ihr Geld annaͤhme, und, aus
Mangel anderer Leute, unerzognen Kindern einen
Vater, der troſtloſen Gattin einen Mann raub-
te, um ihn an ihrer Stelle mit fortzuſchicken.
Das Geſchrei, die Verzweiflung der Ungluͤckli-
chen wuͤrde mich bei Gott anklagen, und mir
meine Seligkeit rauben, die ich nicht um Geld
und Gut verkaufen will. Sie ſind, wie Sie
ſelbſt ſagen, noch nicht verheirathet, Ihre Braut
wird jammern, aber ſie hat noch kein feſtes Recht
auf Sie, kann eher als die ſchwangere oder
ſaͤugende Gattin harren. Der Krieg muß ſich
bald enden, kehren Sie gluͤcklich zuruͤck, ſo will
ich Ihnen mit Freuden unentgeldlich geben, was
Sie jetzt mit großen Summen bezahlen wollen.
Konrad hatte mehr als fuͤnfhundert Louisd'ors
mit ſich, er bat den Antmann, dieſe Summe je-
dem zum Lohne zu bieten, der freiwillig an ſeiner
Stelle Soldat werden wolle. Der Amtmann thats,
aber es fand ſich keiner, der ſein Weib und Kin-
der um dieſes Geld verlaſſen wollte.
Dem Ungluͤcklichen, aͤußerſt Trauernden blieb
nun nichts anders uͤbrig, als die ganze ſchreckli-
che Geſchichte ſeines Leidens der harrenden Ge-
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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 2. Leipzig, 1796, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien02_1796/145>, abgerufen am 16.06.2024.
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