Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836.Zweiter Abschnitt. lichen Geschichte die vorlaute, mit Murren verbundene desVolks, in der N. T.lichen die kurzsichtige der Jünger und die menschenfreundliche Jesu. Steht hierauf mit der An- weisung des lezteren an die Jünger, sie sollen dem Volk zu essen geben, in welcher schon sein Vorhaben einer wunderbaren Speisung liegt, die Zusage parallel, welche Jehova dem Moses gab, das Volk mit Manna (2 Mos. 16, 4.) und mit Wachteln (2 Mos. 16, 12. 4 Mos. 11, 18--20) zu speisen: so ist ganz besonders sprechend die Ähnlich- lichkeit des Zuges der evangelischen Erzählung, dass die Jünger es als Unmöglichkeit ansehen, für eine so grosse Volksmasse in der Wüste Nahrungsmittel herbeizuschaffen, mit dem, was der A. T.liche Bericht den Moses gegen die Verheissung Jehova's, das Volk mit Fleisch zu sätti- gen, zweifelnd einwenden lässt (4 Mos. 11, 21 f.). Wie nämlich die Jünger, so findet auch Moses die Menge des Volks zu gross, als dass er für möglich halten könnte, es hinreichend mit Nahrungsmitteln zu versorgen; wie jene fragen, woher in der Wüste so viele Brote nehmen? so fragt Moses ironisch, ob sie denn Schafe und Rinder (was sie nicht hatten) schlachten sollen? und wie die Jünger ein- wenden, dass nicht einmal durch die erschöpfendste Aus- gabe von ihrer Seite dem Bedürfniss gründlich abgeholfen werden könnte: so hatte Moses in einer andern Wendung erklärt, um das Volk so, wie Jehova verhiess, sättigen zu können, müsste das Unmögliche geschehen (die Fische aus dem Meer herbeikommen), -- Einwendungen, auf welche dort Jehova, wie hier Jesus, nicht achtet, sondern das Volk zur Empfangnahme der wunderbaren Speise sich rü- sten heisst. So analog übrigens der Hergang der ausserordentlichen Zweiter Abschnitt. lichen Geschichte die vorlaute, mit Murren verbundene desVolks, in der N. T.lichen die kurzsichtige der Jünger und die menschenfreundliche Jesu. Steht hierauf mit der An- weisung des lezteren an die Jünger, sie sollen dem Volk zu essen geben, in welcher schon sein Vorhaben einer wunderbaren Speisung liegt, die Zusage parallel, welche Jehova dem Moses gab, das Volk mit Manna (2 Mos. 16, 4.) und mit Wachteln (2 Mos. 16, 12. 4 Mos. 11, 18—20) zu speisen: so ist ganz besonders sprechend die Ähnlich- lichkeit des Zuges der evangelischen Erzählung, daſs die Jünger es als Unmöglichkeit ansehen, für eine so groſse Volksmasse in der Wüste Nahrungsmittel herbeizuschaffen, mit dem, was der A. T.liche Bericht den Moses gegen die Verheiſsung Jehova's, das Volk mit Fleisch zu sätti- gen, zweifelnd einwenden läſst (4 Mos. 11, 21 f.). Wie nämlich die Jünger, so findet auch Moses die Menge des Volks zu groſs, als daſs er für möglich halten könnte, es hinreichend mit Nahrungsmitteln zu versorgen; wie jene fragen, woher in der Wüste so viele Brote nehmen? so fragt Moses ironisch, ob sie denn Schafe und Rinder (was sie nicht hatten) schlachten sollen? und wie die Jünger ein- wenden, daſs nicht einmal durch die erschöpfendste Aus- gabe von ihrer Seite dem Bedürfniſs gründlich abgeholfen werden könnte: so hatte Moses in einer andern Wendung erklärt, um das Volk so, wie Jehova verhieſs, sättigen zu können, müſste das Unmögliche geschehen (die Fische aus dem Meer herbeikommen), — Einwendungen, auf welche dort Jehova, wie hier Jesus, nicht achtet, sondern das Volk zur Empfangnahme der wunderbaren Speise sich rü- sten heiſst. 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Zweiter Abschnitt.
lichen Geschichte die vorlaute, mit Murren verbundene des
Volks, in der N. T.lichen die kurzsichtige der Jünger und
die menschenfreundliche Jesu. Steht hierauf mit der An-
weisung des lezteren an die Jünger, sie sollen dem Volk
zu essen geben, in welcher schon sein Vorhaben einer
wunderbaren Speisung liegt, die Zusage parallel, welche
Jehova dem Moses gab, das Volk mit Manna (2 Mos. 16,
4.) und mit Wachteln (2 Mos. 16, 12. 4 Mos. 11, 18—20)
zu speisen: so ist ganz besonders sprechend die Ähnlich-
lichkeit des Zuges der evangelischen Erzählung, daſs die
Jünger es als Unmöglichkeit ansehen, für eine so groſse
Volksmasse in der Wüste Nahrungsmittel herbeizuschaffen,
mit dem, was der A. T.liche Bericht den Moses gegen
die Verheiſsung Jehova's, das Volk mit Fleisch zu sätti-
gen, zweifelnd einwenden läſst (4 Mos. 11, 21 f.). Wie
nämlich die Jünger, so findet auch Moses die Menge des
Volks zu groſs, als daſs er für möglich halten könnte, es
hinreichend mit Nahrungsmitteln zu versorgen; wie jene
fragen, woher in der Wüste so viele Brote nehmen? so fragt
Moses ironisch, ob sie denn Schafe und Rinder (was sie
nicht hatten) schlachten sollen? und wie die Jünger ein-
wenden, daſs nicht einmal durch die erschöpfendste Aus-
gabe von ihrer Seite dem Bedürfniſs gründlich abgeholfen
werden könnte: so hatte Moses in einer andern Wendung
erklärt, um das Volk so, wie Jehova verhieſs, sättigen zu
können, müſste das Unmögliche geschehen (die Fische aus
dem Meer herbeikommen), — Einwendungen, auf welche
dort Jehova, wie hier Jesus, nicht achtet, sondern das
Volk zur Empfangnahme der wunderbaren Speise sich rü-
sten heiſst.
So analog übrigens der Hergang der ausserordentlichen
Speisung auf beiden Seiten ist, so findet sich doch der we-
sentliche Unterschied, daſs im A. T. beidemale, bei dem
Manna wie bei den Wachteln, von wunderbarer Beischaf-
fung zuvor nicht vorhandener Speise, im neuen aber von
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