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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796.

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ter; Du gefällst ihr nicht recht, denn Du bist
ihr etwas zu leichtsinnig. Du mußt darüber
nicht böse werden, sie ist schon alt, und das
macht es, denn wer mögte Dich wohl sonst nicht
gern leiden? Jeder Mensch, der Dich sieht,
muß Dein Freund seyn. Nur das ernsthafte,
finstre Wesen kleidet Dich gar nicht, das kann
ich Dich versichern, Du kömmst mir dann mit
einemmal ganz fremd vor; schaff' es ab.

Auch mit Deinem Vater bist Du nicht recht
gut, der meint es mit seinen Ermahnungen doch
gewiß sehr rechtschaffen. Mach' es, wie ich, ich
lasse meine Mutter oft lange reden, und thu,
als hör' ich ihr zu, und denke unterdessen an
Dich.

Aber wie viel hab ich nun an Dir getadelt!
Ach glaube nur nichts davon, das ist grade so,
als wenn ich ein Lied von bösen Menschen singe,
ich kann immer nicht daran glauben. Ich habe
meine Altklugheit nur vom Hörensagen. -- Noch
eins, sey heut Abend etwas artiger, als gestern,
denn sonst werd' ich noch den Hund abrichten,
daß er Dich beißen soll. -- Adieu, und komm
hübsch früh.



ter; Du gefaͤllſt ihr nicht recht, denn Du biſt
ihr etwas zu leichtſinnig. Du mußt daruͤber
nicht boͤſe werden, ſie iſt ſchon alt, und das
macht es, denn wer moͤgte Dich wohl ſonſt nicht
gern leiden? Jeder Menſch, der Dich ſieht,
muß Dein Freund ſeyn. Nur das ernſthafte,
finſtre Weſen kleidet Dich gar nicht, das kann
ich Dich verſichern, Du koͤmmſt mir dann mit
einemmal ganz fremd vor; ſchaff’ es ab.

Auch mit Deinem Vater biſt Du nicht recht
gut, der meint es mit ſeinen Ermahnungen doch
gewiß ſehr rechtſchaffen. Mach’ es, wie ich, ich
laſſe meine Mutter oft lange reden, und thu,
als hoͤr’ ich ihr zu, und denke unterdeſſen an
Dich.

Aber wie viel hab ich nun an Dir getadelt!
Ach glaube nur nichts davon, das iſt grade ſo,
als wenn ich ein Lied von boͤſen Menſchen ſinge,
ich kann immer nicht daran glauben. Ich habe
meine Altklugheit nur vom Hoͤrenſagen. — Noch
eins, ſey heut Abend etwas artiger, als geſtern,
denn ſonſt werd’ ich noch den Hund abrichten,
daß er Dich beißen ſoll. — Adieu, und komm
huͤbſch fruͤh.



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[154/0160] ter; Du gefaͤllſt ihr nicht recht, denn Du biſt ihr etwas zu leichtſinnig. Du mußt daruͤber nicht boͤſe werden, ſie iſt ſchon alt, und das macht es, denn wer moͤgte Dich wohl ſonſt nicht gern leiden? Jeder Menſch, der Dich ſieht, muß Dein Freund ſeyn. Nur das ernſthafte, finſtre Weſen kleidet Dich gar nicht, das kann ich Dich verſichern, Du koͤmmſt mir dann mit einemmal ganz fremd vor; ſchaff’ es ab. Auch mit Deinem Vater biſt Du nicht recht gut, der meint es mit ſeinen Ermahnungen doch gewiß ſehr rechtſchaffen. Mach’ es, wie ich, ich laſſe meine Mutter oft lange reden, und thu, als hoͤr’ ich ihr zu, und denke unterdeſſen an Dich. Aber wie viel hab ich nun an Dir getadelt! Ach glaube nur nichts davon, das iſt grade ſo, als wenn ich ein Lied von boͤſen Menſchen ſinge, ich kann immer nicht daran glauben. Ich habe meine Altklugheit nur vom Hoͤrenſagen. — Noch eins, ſey heut Abend etwas artiger, als geſtern, denn ſonſt werd’ ich noch den Hund abrichten, daß er Dich beißen ſoll. — Adieu, und komm huͤbſch fruͤh.

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell02_1796/160>, abgerufen am 01.11.2024.