Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolfrath, Friedrich Wilhelm: Freuden der einsamen Andacht für denkende Christen. Hamburg/Kiel, 1784.

Bild:
<< vorherige Seite



Weg. Willig und freudig will ich ihn wandeln,
wenn er mich auch durch dunkle ungebahnte
Straßen leitet. Heile du mich nur mit deinem
Troste, wenn Trübsale mich verwunden; Hilf
du mir auf, wenn meine Füße straucheln. Stär-
ke du mich aus deiner Höhe, wenn meine Kräf-
te, in den Tiefen der Mühe und des Elends,
das sich über mich aufthürmt, ermüden. Auch
im Tode will ich mich deiner freunnden! aus dei-
ner Hand kam meine Seele; in deine Hand
geht sie zurück; in deiner Hand ruht sie selig in
Ewigkeit; in deine Hand soll sie sich befehlen,
wenn sie der Welt entflieht. Der du sie erlöset
hast, treuer Gott, nimm sie auf!

Welch ein erhabner Beruf! durch dich,
Gott, soll ich selig seyn, in Ewigkeit! Nun
verstehe ich die Bestimmung dieses Lebens und sei-
ner wechselnden Schicksale, und weine nie trost-
los wieder; denn Himmel und Erde, sichtbare
Güter und unsichtbare Hoffnungen, rufen mir
zu: Freue dich! aus den Gräbern selbst erschal-
len Stimmen: Freue dich! und alle Ewigkei-
ten tönen sie wieder: Freue dich! Aber du,
mein Gott, bist der Erste und der Lezte, der
Anfang und das Ende, der Urquell aller Wonne;

vor
E 2



Weg. Willig und freudig will ich ihn wandeln,
wenn er mich auch durch dunkle ungebahnte
Straßen leitet. Heile du mich nur mit deinem
Troſte, wenn Trübſale mich verwunden; Hilf
du mir auf, wenn meine Füße ſtraucheln. Stär-
ke du mich aus deiner Höhe, wenn meine Kräf-
te, in den Tiefen der Mühe und des Elends,
das ſich über mich aufthürmt, ermüden. Auch
im Tode will ich mich deiner freunnden! aus dei-
ner Hand kam meine Seele; in deine Hand
geht ſie zurück; in deiner Hand ruht ſie ſelig in
Ewigkeit; in deine Hand ſoll ſie ſich befehlen,
wenn ſie der Welt entflieht. Der du ſie erlöſet
haſt, treuer Gott, nimm ſie auf!

Welch ein erhabner Beruf! durch dich,
Gott, ſoll ich ſelig ſeyn, in Ewigkeit! Nun
verſtehe ich die Beſtimmung dieſes Lebens und ſei-
ner wechſelnden Schickſale, und weine nie troſt-
los wieder; denn Himmel und Erde, ſichtbare
Güter und unſichtbare Hoffnungen, rufen mir
zu: Freue dich! aus den Gräbern ſelbſt erſchal-
len Stimmen: Freue dich! und alle Ewigkei-
ten tönen ſie wieder: Freue dich! Aber du,
mein Gott, biſt der Erſte und der Lezte, der
Anfang und das Ende, der Urquell aller Wonne;

vor
E 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0119" n="67"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
Weg. Willig und freudig will ich ihn wandeln,<lb/>
wenn er mich auch durch dunkle ungebahnte<lb/>
Straßen leitet. Heile <hi rendition="#fr">du</hi> mich nur mit deinem<lb/>
Tro&#x017F;te, wenn Trüb&#x017F;ale mich verwunden; Hilf<lb/><hi rendition="#fr">du</hi> mir auf, wenn meine Füße &#x017F;traucheln. Stär-<lb/>
ke <hi rendition="#fr">du</hi> mich aus deiner Höhe, wenn meine Kräf-<lb/>
te, in den Tiefen der Mühe und des Elends,<lb/>
das &#x017F;ich über mich aufthürmt, ermüden. Auch<lb/>
im Tode will ich mich deiner freunnden! aus dei-<lb/>
ner Hand kam meine Seele; in deine Hand<lb/>
geht &#x017F;ie zurück; in deiner Hand ruht &#x017F;ie &#x017F;elig in<lb/>
Ewigkeit; in deine Hand &#x017F;oll &#x017F;ie &#x017F;ich befehlen,<lb/>
wenn &#x017F;ie der Welt entflieht. Der du &#x017F;ie erlö&#x017F;et<lb/>
ha&#x017F;t, treuer Gott, nimm &#x017F;ie auf!</p><lb/>
        <p>Welch ein erhabner Beruf! durch dich,<lb/>
Gott, &#x017F;oll ich &#x017F;elig &#x017F;eyn, in Ewigkeit! Nun<lb/>
ver&#x017F;tehe ich die Be&#x017F;timmung die&#x017F;es Lebens und &#x017F;ei-<lb/>
ner wech&#x017F;elnden Schick&#x017F;ale, und weine nie tro&#x017F;t-<lb/>
los wieder; denn Himmel und Erde, &#x017F;ichtbare<lb/>
Güter und un&#x017F;ichtbare Hoffnungen, rufen mir<lb/>
zu: <hi rendition="#fr">Freue dich!</hi> aus den Gräbern &#x017F;elb&#x017F;t er&#x017F;chal-<lb/>
len Stimmen: <hi rendition="#fr">Freue dich!</hi> und alle Ewigkei-<lb/>
ten tönen &#x017F;ie wieder: <hi rendition="#fr">Freue dich! Aber du,</hi><lb/>
mein Gott, bi&#x017F;t der Er&#x017F;te und der Lezte, der<lb/>
Anfang und das Ende, der Urquell aller Wonne;<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">E 2</fw><fw place="bottom" type="catch">vor</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[67/0119] Weg. Willig und freudig will ich ihn wandeln, wenn er mich auch durch dunkle ungebahnte Straßen leitet. Heile du mich nur mit deinem Troſte, wenn Trübſale mich verwunden; Hilf du mir auf, wenn meine Füße ſtraucheln. Stär- ke du mich aus deiner Höhe, wenn meine Kräf- te, in den Tiefen der Mühe und des Elends, das ſich über mich aufthürmt, ermüden. Auch im Tode will ich mich deiner freunnden! aus dei- ner Hand kam meine Seele; in deine Hand geht ſie zurück; in deiner Hand ruht ſie ſelig in Ewigkeit; in deine Hand ſoll ſie ſich befehlen, wenn ſie der Welt entflieht. Der du ſie erlöſet haſt, treuer Gott, nimm ſie auf! Welch ein erhabner Beruf! durch dich, Gott, ſoll ich ſelig ſeyn, in Ewigkeit! Nun verſtehe ich die Beſtimmung dieſes Lebens und ſei- ner wechſelnden Schickſale, und weine nie troſt- los wieder; denn Himmel und Erde, ſichtbare Güter und unſichtbare Hoffnungen, rufen mir zu: Freue dich! aus den Gräbern ſelbſt erſchal- len Stimmen: Freue dich! und alle Ewigkei- ten tönen ſie wieder: Freue dich! Aber du, mein Gott, biſt der Erſte und der Lezte, der Anfang und das Ende, der Urquell aller Wonne; vor E 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW): Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolfrath_freuden_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolfrath_freuden_1784/119
Zitationshilfe: Wolfrath, Friedrich Wilhelm: Freuden der einsamen Andacht für denkende Christen. Hamburg/Kiel, 1784, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolfrath_freuden_1784/119>, abgerufen am 16.06.2024.