Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolfrath, Friedrich Wilhelm: Freuden der einsamen Andacht für denkende Christen. Hamburg/Kiel, 1784.

Bild:
<< vorherige Seite



eures Geliebten, um deren Abschied euer müde-
geweintes Auge lange nicht von Thränen trocken
wird: damit die Vollendeten früher der Won-
ne der Ewigkeit sich erfreun, damit euer Tod in
der Stunde seiner Ankunft euch willkommner sey,
und die Freude des Wiedersehns euch euren Ue-
bergang ins Vaterland versüße. Vergeßt das in
keiner Trübsal, Leidende! damit ihr euch nie un-
terwindet den unerforschlichen Rath eures Got-
tes zu tadeln; damit ihr in keiner Versuchung
von seinen Geboten wankt, und in keiner Noth
an der Weisheit und Liebe eures Vaters verzagt.
Erhebt euer thränendes Auge zum Himmel: der
Gott, der die fernsten Ende der Himmel erschaf-
fen hat, und ihre Welten, mit seinem Allmachts-
worte, Jahrtausende schon trägt, der sorgt für
euch.
Demüthiget euch vor Gott. Vor ihm,
dem Unsichtbaren, dem Unendlichen, dem All-
weisen und Allgütigen, werfen Engel ihre Kro-
nen nieder, anzubeten; und ihr wolltet nicht eure
Klagen schweigen heißen, und voll Dank und
Vertrauen auf ihn hoffen? Seht in die Ewig-
keit: vielleicht ist euch der Tag schon nahe, der
alles klar machen wird, seine Ankunft verzögert
nur, um euch desto reichere Erfahrungen der
Weisheit und Güte eures Gottes zu bereiten.

Wohl
F 5



eures Geliebten, um deren Abſchied euer müde-
geweintes Auge lange nicht von Thränen trocken
wird: damit die Vollendeten früher der Won-
ne der Ewigkeit ſich erfreun, damit euer Tod in
der Stunde ſeiner Ankunft euch willkommner ſey,
und die Freude des Wiederſehns euch euren Ue-
bergang ins Vaterland verſüße. Vergeßt das in
keiner Trübſal, Leidende! damit ihr euch nie un-
terwindet den unerforſchlichen Rath eures Got-
tes zu tadeln; damit ihr in keiner Verſuchung
von ſeinen Geboten wankt, und in keiner Noth
an der Weisheit und Liebe eures Vaters verzagt.
Erhebt euer thränendes Auge zum Himmel: der
Gott, der die fernſten Ende der Himmel erſchaf-
fen hat, und ihre Welten, mit ſeinem Allmachts-
worte, Jahrtauſende ſchon trägt, der ſorgt für
euch.
Demüthiget euch vor Gott. Vor ihm,
dem Unſichtbaren, dem Unendlichen, dem All-
weiſen und Allgütigen, werfen Engel ihre Kro-
nen nieder, anzubeten; und ihr wolltet nicht eure
Klagen ſchweigen heißen, und voll Dank und
Vertrauen auf ihn hoffen? Seht in die Ewig-
keit: vielleicht iſt euch der Tag ſchon nahe, der
alles klar machen wird, ſeine Ankunft verzögert
nur, um euch deſto reichere Erfahrungen der
Weisheit und Güte eures Gottes zu bereiten.

Wohl
F 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0141" n="89"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
eures Geliebten, um deren Ab&#x017F;chied euer müde-<lb/>
geweintes Auge lange nicht von Thränen trocken<lb/>
wird: damit die Vollendeten früher der Won-<lb/>
ne der Ewigkeit &#x017F;ich erfreun, damit euer Tod in<lb/>
der Stunde &#x017F;einer Ankunft euch willkommner &#x017F;ey,<lb/>
und die Freude des Wieder&#x017F;ehns euch euren Ue-<lb/>
bergang ins Vaterland ver&#x017F;üße. Vergeßt das in<lb/>
keiner Trüb&#x017F;al, Leidende! damit ihr euch nie un-<lb/>
terwindet den unerfor&#x017F;chlichen Rath eures Got-<lb/>
tes zu tadeln; damit ihr in keiner Ver&#x017F;uchung<lb/>
von &#x017F;einen Geboten wankt, und in keiner Noth<lb/>
an der Weisheit und Liebe eures Vaters verzagt.<lb/>
Erhebt euer thränendes Auge zum Himmel: der<lb/>
Gott, der die fern&#x017F;ten Ende der Himmel er&#x017F;chaf-<lb/>
fen hat, und ihre Welten, mit &#x017F;einem Allmachts-<lb/>
worte, Jahrtau&#x017F;ende &#x017F;chon trägt, der &#x017F;orgt <hi rendition="#fr">für<lb/>
euch.</hi> Demüthiget euch vor Gott. Vor ihm,<lb/>
dem Un&#x017F;ichtbaren, dem Unendlichen, dem All-<lb/>
wei&#x017F;en und Allgütigen, werfen Engel ihre Kro-<lb/>
nen nieder, anzubeten; und ihr wolltet nicht eure<lb/>
Klagen &#x017F;chweigen heißen, und voll Dank und<lb/>
Vertrauen auf ihn hoffen? Seht in die Ewig-<lb/>
keit: vielleicht i&#x017F;t euch der Tag &#x017F;chon nahe, der<lb/>
alles klar machen wird, &#x017F;eine Ankunft verzögert<lb/>
nur, um euch de&#x017F;to reichere Erfahrungen der<lb/>
Weisheit und Güte eures Gottes zu bereiten.<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">F 5</fw><fw place="bottom" type="catch">Wohl</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[89/0141] eures Geliebten, um deren Abſchied euer müde- geweintes Auge lange nicht von Thränen trocken wird: damit die Vollendeten früher der Won- ne der Ewigkeit ſich erfreun, damit euer Tod in der Stunde ſeiner Ankunft euch willkommner ſey, und die Freude des Wiederſehns euch euren Ue- bergang ins Vaterland verſüße. Vergeßt das in keiner Trübſal, Leidende! damit ihr euch nie un- terwindet den unerforſchlichen Rath eures Got- tes zu tadeln; damit ihr in keiner Verſuchung von ſeinen Geboten wankt, und in keiner Noth an der Weisheit und Liebe eures Vaters verzagt. Erhebt euer thränendes Auge zum Himmel: der Gott, der die fernſten Ende der Himmel erſchaf- fen hat, und ihre Welten, mit ſeinem Allmachts- worte, Jahrtauſende ſchon trägt, der ſorgt für euch. Demüthiget euch vor Gott. Vor ihm, dem Unſichtbaren, dem Unendlichen, dem All- weiſen und Allgütigen, werfen Engel ihre Kro- nen nieder, anzubeten; und ihr wolltet nicht eure Klagen ſchweigen heißen, und voll Dank und Vertrauen auf ihn hoffen? Seht in die Ewig- keit: vielleicht iſt euch der Tag ſchon nahe, der alles klar machen wird, ſeine Ankunft verzögert nur, um euch deſto reichere Erfahrungen der Weisheit und Güte eures Gottes zu bereiten. Wohl F 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW): Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolfrath_freuden_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolfrath_freuden_1784/141
Zitationshilfe: Wolfrath, Friedrich Wilhelm: Freuden der einsamen Andacht für denkende Christen. Hamburg/Kiel, 1784, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolfrath_freuden_1784/141>, abgerufen am 16.06.2024.