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Wolfrath, Friedrich Wilhelm: Freuden der einsamen Andacht für denkende Christen. Hamburg/Kiel, 1784.

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nie muthlos werden, dem hohen und seligen Ziele
der Vollkommenheit nachzustreben.

Gott hat Geduld mit unsrer Schwach-
heit:
das ist eine Hoffnung, die uns nur das
Wort unsers Gottes mit zuverläßiger Gewißheit
geben kann. Denn das Licht unsrer Vernunft,
so lange es nicht durch die Offenbarung Gottes,
durch Jesum Christum, erhellt ist, zeigt uns
die Vollkommenheiten Gottes, in einem Glan-
ze, der zwar immer Bewundrung und Anbe-
tung uns abdringt, der uns aber im Gefühl un-
srer Unwürdigkeit im Staube, mehr furchtbar,
als tröstend ist. Die Betrachtung Gottes aus
der Natur und Vernunft, zeigt uns seine All-
macht, seine Allwißenheit, seine Heiligkeit und
Gerechtigkeit, seine allerhöchste Seligkeit und
Güte, freilich auch zur Freude und Ermunte-
rung für die wahren Freunde Gottes: aber
sie gründet die Gewißheit unsrer Hoffnung
und Freude zu Gott, auf nichts, als auf
die Reinigkeit unsers Herzens, und die Voll-
ständigkeit unsers Gehorsams gegen ihn: --
Und wie kann sich der auf diesen Anker stützen,
dem sein Gewißen so viel Flecken seines Herzens,
so viel Mängel seines redlichsten Bestrebens nach

der



nie muthlos werden, dem hohen und ſeligen Ziele
der Vollkommenheit nachzuſtreben.

Gott hat Geduld mit unſrer Schwach-
heit:
das iſt eine Hoffnung, die uns nur das
Wort unſers Gottes mit zuverläßiger Gewißheit
geben kann. Denn das Licht unſrer Vernunft,
ſo lange es nicht durch die Offenbarung Gottes,
durch Jeſum Chriſtum, erhellt iſt, zeigt uns
die Vollkommenheiten Gottes, in einem Glan-
ze, der zwar immer Bewundrung und Anbe-
tung uns abdringt, der uns aber im Gefühl un-
ſrer Unwürdigkeit im Staube, mehr furchtbar,
als tröſtend iſt. Die Betrachtung Gottes aus
der Natur und Vernunft, zeigt uns ſeine All-
macht, ſeine Allwißenheit, ſeine Heiligkeit und
Gerechtigkeit, ſeine allerhöchſte Seligkeit und
Güte, freilich auch zur Freude und Ermunte-
rung für die wahren Freunde Gottes: aber
ſie gründet die Gewißheit unſrer Hoffnung
und Freude zu Gott, auf nichts, als auf
die Reinigkeit unſers Herzens, und die Voll-
ſtändigkeit unſers Gehorſams gegen ihn: —
Und wie kann ſich der auf dieſen Anker ſtützen,
dem ſein Gewißen ſo viel Flecken ſeines Herzens,
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[98/0150] nie muthlos werden, dem hohen und ſeligen Ziele der Vollkommenheit nachzuſtreben. Gott hat Geduld mit unſrer Schwach- heit: das iſt eine Hoffnung, die uns nur das Wort unſers Gottes mit zuverläßiger Gewißheit geben kann. Denn das Licht unſrer Vernunft, ſo lange es nicht durch die Offenbarung Gottes, durch Jeſum Chriſtum, erhellt iſt, zeigt uns die Vollkommenheiten Gottes, in einem Glan- ze, der zwar immer Bewundrung und Anbe- tung uns abdringt, der uns aber im Gefühl un- ſrer Unwürdigkeit im Staube, mehr furchtbar, als tröſtend iſt. Die Betrachtung Gottes aus der Natur und Vernunft, zeigt uns ſeine All- macht, ſeine Allwißenheit, ſeine Heiligkeit und Gerechtigkeit, ſeine allerhöchſte Seligkeit und Güte, freilich auch zur Freude und Ermunte- rung für die wahren Freunde Gottes: aber ſie gründet die Gewißheit unſrer Hoffnung und Freude zu Gott, auf nichts, als auf die Reinigkeit unſers Herzens, und die Voll- ſtändigkeit unſers Gehorſams gegen ihn: — Und wie kann ſich der auf dieſen Anker ſtützen, dem ſein Gewißen ſo viel Flecken ſeines Herzens, ſo viel Mängel ſeines redlichſten Beſtrebens nach der

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Zitationshilfe: Wolfrath, Friedrich Wilhelm: Freuden der einsamen Andacht für denkende Christen. Hamburg/Kiel, 1784, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolfrath_freuden_1784/150>, abgerufen am 16.06.2024.