Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.vierdes Buch. darüber er wakker ward. Aber er schlief straks wiederein: und treumete noch einen andern/ der viel wunder- licher schien; wiewohl er dem ersten nicht ungleich war. Diese zween Treume/ sonderlich weil sie so straks und Es fielen auch unter ihnen allerhand streitreden vor. schla- L
vierdes Buch. daruͤber er wakker ward. Aber er ſchlief ſtraks wiederein: und treumete noch einen andern/ der viel wunder- licher ſchien; wiewohl er dem erſten nicht ungleich war. Dieſe zween Treume/ ſonderlich weil ſie ſo ſtraks und Es fielen auch unter ihnen allerhand ſtreitreden vor. ſchla- L
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vierdes Buch.
daruͤber er wakker ward. Aber er ſchlief ſtraks wieder
ein: und treumete noch einen andern/ der viel wunder-
licher ſchien; wiewohl er dem erſten nicht ungleich war.
Dieſe zween Treume/ ſonderlich weil ſie ſo ſtraks und
in einer ſtunde auf einander gefolget/ machten dem Koͤ-
nige ſehr fremde gedanken. Er bekuͤmmerte ſich daruͤber
den gantzen morgen. Er war uͤberaus unruhig in ſei-
nem geiſte. Ja er konte nicht ruhen/ er hette dan zuvor
ihre deutung erfahren. Und daruͤm lies er von ſtun-
den an alle Wahrſager/ und alle Weiſen zuſammenru-
fen. Straks muſten ſie kommen. Flugs ſolten ſie
ſolche treume auslegen. Geſchwinde wolte der Koͤnig
die deutung wiſſen. Er erzehlete ſie zwar von ſtuͤkken zu
ſtuͤkken: und ſie ſonnen ihnen auch eifrig nach. Aber
Gott benahm ihnen alle ihre weisheit. Der HERR
entzog ihnen allen ihren verſtand. Sie trahten zwar
zuſammen. Sie trugen alle ihre weisheit zuſammen.
Sie brachten alle ihre Traumbuͤcher zuſammen. Sie
ſuchten/ ſie forſcheten/ ſie berahtfragten ſich unterein-
ander. Aber ſie konten nichts finden/ ſie konten nichts er-
forſchen/ ja ſie ſahen keinen raht dieſe treume zu deuten.
Es fielen auch unter ihnen allerhand ſtreitreden vor.
Der eine teil wolte behaupten/ daß es rechte bedeutende
treume weren: ſonderlich weil ſie der Koͤnig in der
fruͤhſtunde/ da die ſpeiſen im magen ſchon gantz ver-
tauet geweſen/ und derſelben duͤnſte keine ſchweermuͤh-
tige einbildungen mehr wuͤrken koͤnnen/ gehabt hette.
Gleichwohl konten ſie keinesweges errahten/ was ſie
bedeuteten. Die meiſten aber ſtunden in der meinung/
daß es keine bedeutende oder vorſpielende/ ſondern nur
nachſpielende treume weren. Der Koͤnig/ ſagten ſie/
hette ſich geſtern auf dem felde erluſtiget. Da hette er
das Vieh in den Niel und wieder heraus ſteigen geſe-
hen. Da hette er die Kornaͤhren auf ihren haͤlmern er-
blikket. Das beides were ihm die nacht darauf/ im
ſchla-
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