Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.Der Assenat schlafe/ wieder vorgekommen. Dergleichen bilder hetteihm die einbildung vorgestellet. Diese hette mit dem- selben/ was sie den vorigen tag gefasset/ bloß allein ihr spiel gehabt. Und darüm bedeuteten diese treume/ weil die einbildung von den Göttern selbsten darzu nicht we- re getrieben worden/ nichts sonderliches. Eben als diese letzten ihrer meinung erörterung vor- Der König hörete dieses alles mit an. Er märkte tende
Der Aſſenat ſchlafe/ wieder vorgekommen. Dergleichen bilder hetteihm die einbildung vorgeſtellet. Dieſe hette mit dem- ſelben/ was ſie den vorigen tag gefaſſet/ bloß allein ihr ſpiel gehabt. Und daruͤm bedeuteten dieſe treume/ weil die einbildung von den Goͤttern ſelbſten darzu nicht we- re getrieben worden/ nichts ſonderliches. Eben als dieſe letzten ihrer meinung eroͤrterung vor- Der Koͤnig hoͤrete dieſes alles mit an. Er maͤrkte tende
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Der Aſſenat
ſchlafe/ wieder vorgekommen. Dergleichen bilder hette
ihm die einbildung vorgeſtellet. Dieſe hette mit dem-
ſelben/ was ſie den vorigen tag gefaſſet/ bloß allein ihr
ſpiel gehabt. Und daruͤm bedeuteten dieſe treume/ weil
die einbildung von den Goͤttern ſelbſten darzu nicht we-
re getrieben worden/ nichts ſonderliches.
Eben als dieſe letzten ihrer meinung eroͤrterung vor-
brachten/ war noch ein alter Kaldeer hinein gekommen.
Der befeſtigte ſolche meinung auch. Unter andern ſag-
te er: daß dieſe Treume/ als auch alle die andern/ die
aus den tagsgedanken herruͤhreten/ nicht anders weren/
als der nachklang der ſeiten/ wan man ſie aufhoͤhrete
zu ſchlagen; welcher vom ſchlage gleichſam zuruͤkpral-
lete/ und/ wan dieſer nachlieſſe/ noch eine zeitlang waͤh-
rete. Zudem/ fuhr er fort/ pflegen dergleichen Treume/
die bloß allein aus der uͤbermaͤßigſten der vier Feuchtig-
keiten des menſchlichen leibes entſtehen/ eben ſo wenig
zu bedeuten. Naͤhmlich wan die Fluͤſſigen von waſ-
ſern/ ſuͤmpfen/ ſchif bruͤchen/ vom ertruͤnken/
und auf halten im fliehen; die Bluhtreichen von
gaſtmahlen/ luſtigen wieſen/ vogeln/ vom fluͤ-
gen/ als auch vom ſing- und ſeitenſpiele; die Ver-
galten vom feuer/ vom fechten/ ſtreiten/ und mor-
den; die Schwartzvergalten von ſchwartzen und
traurigen dingen/ von graͤbern/ Mohren/ Teu-
feln/ und dem tode/ treumen. Weil nun im Koͤnige
die Galle/ und dan die Fluͤſſe am meiſten herſchen: ſo
iſt es nicht fremde/ daß ihm im traume gedeuchtet/ als
wan eine Kuh oder Ahre die andere verſchlungen; wie
auch als wan die Kuͤhe aus dem waſſer weren geſtiegen.
Der Koͤnig hoͤrete dieſes alles mit an. Er maͤrkte
auf alle ihre worte. Aber als er ſahe/ daß aus ihren ſo
unterſchiedlichen ſtreit-reden nicht die geringſte deu-
tung ſeiner treume folgete; da ward er ſehr ungedul-
tig. Auch maͤrkte er/ daß dieſelben/ welche ſie vor bedeu-
tende
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