Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814.

Bild:
<< vorherige Seite

erst nur im Vorübergehn, dann aber entschie¬
dener, zu erwerben. Straßburg selbst bot
Vortheile genug. Eine Aussicht auf die deut¬
sche Kanzley in Versailles, der Vorgang von
Schöpflin, dessen Verdienst mir freylich uner¬
reichbar schien, sollte zwar nicht zur Nachah¬
mung, doch zur Nacheiferung reizen und viel¬
leicht dadurch ein ähnliches Talent zur Aus¬
bildung gelangen, welches sowohl dem, der
sich dessen rühmen dürfte, ersprießlich, als
andern, die es für sich zu gebrauchen däch¬
ten, nützlich seyn könnte. Diese meine Gön¬
ner, und Salzmann mit ihnen, legten auf
mein Gedächtniß und auf meine Fähigkeit,
den Sinn der Sprachen zu fassen, einen gro¬
ßen Werth und suchten hauptsächlich dadurch
ihre Absichten und Vorschläge zu motiviren.

Wie nun aus allem diesem nichts gewor¬
den, und wie es gekommen, daß ich wieder
von der französischen Seite auf die deutsche
herübergetreten, gedenk' ich hier zu entwickeln.

erſt nur im Voruͤbergehn, dann aber entſchie¬
dener, zu erwerben. Straßburg ſelbſt bot
Vortheile genug. Eine Ausſicht auf die deut¬
ſche Kanzley in Verſailles, der Vorgang von
Schoͤpflin, deſſen Verdienſt mir freylich uner¬
reichbar ſchien, ſollte zwar nicht zur Nachah¬
mung, doch zur Nacheiferung reizen und viel¬
leicht dadurch ein aͤhnliches Talent zur Aus¬
bildung gelangen, welches ſowohl dem, der
ſich deſſen ruͤhmen duͤrfte, erſprießlich, als
andern, die es fuͤr ſich zu gebrauchen daͤch¬
ten, nuͤtzlich ſeyn koͤnnte. Dieſe meine Goͤn¬
ner, und Salzmann mit ihnen, legten auf
mein Gedaͤchtniß und auf meine Faͤhigkeit,
den Sinn der Sprachen zu faſſen, einen gro¬
ßen Werth und ſuchten hauptſaͤchlich dadurch
ihre Abſichten und Vorſchlaͤge zu motiviren.

Wie nun aus allem dieſem nichts gewor¬
den, und wie es gekommen, daß ich wieder
von der franzoͤſiſchen Seite auf die deutſche
heruͤbergetreten, gedenk' ich hier zu entwickeln.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0082" n="74"/>
er&#x017F;t nur im Voru&#x0364;bergehn, dann aber ent&#x017F;chie¬<lb/>
dener, zu erwerben. Straßburg &#x017F;elb&#x017F;t bot<lb/>
Vortheile genug. Eine Aus&#x017F;icht auf die deut¬<lb/>
&#x017F;che Kanzley in Ver&#x017F;ailles, der Vorgang von<lb/>
Scho&#x0364;pflin, de&#x017F;&#x017F;en Verdien&#x017F;t mir freylich uner¬<lb/>
reichbar &#x017F;chien, &#x017F;ollte zwar nicht zur Nachah¬<lb/>
mung, doch zur Nacheiferung reizen und viel¬<lb/>
leicht dadurch ein a&#x0364;hnliches Talent zur Aus¬<lb/>
bildung gelangen, welches &#x017F;owohl dem, der<lb/>
&#x017F;ich de&#x017F;&#x017F;en ru&#x0364;hmen du&#x0364;rfte, er&#x017F;prießlich, als<lb/>
andern, die es fu&#x0364;r &#x017F;ich zu gebrauchen da&#x0364;ch¬<lb/>
ten, nu&#x0364;tzlich &#x017F;eyn ko&#x0364;nnte. Die&#x017F;e meine Go&#x0364;<lb/>
ner, und Salzmann mit ihnen, legten auf<lb/>
mein Geda&#x0364;chtniß und auf meine Fa&#x0364;higkeit,<lb/>
den Sinn der Sprachen zu fa&#x017F;&#x017F;en, einen gro¬<lb/>
ßen Werth und &#x017F;uchten haupt&#x017F;a&#x0364;chlich dadurch<lb/>
ihre Ab&#x017F;ichten und Vor&#x017F;chla&#x0364;ge zu motiviren.</p><lb/>
        <p>Wie nun aus allem die&#x017F;em nichts gewor¬<lb/>
den, und wie es gekommen, daß ich wieder<lb/>
von der franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;chen Seite auf die deut&#x017F;che<lb/>
heru&#x0364;bergetreten, gedenk' ich hier zu entwickeln.<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[74/0082] erſt nur im Voruͤbergehn, dann aber entſchie¬ dener, zu erwerben. Straßburg ſelbſt bot Vortheile genug. Eine Ausſicht auf die deut¬ ſche Kanzley in Verſailles, der Vorgang von Schoͤpflin, deſſen Verdienſt mir freylich uner¬ reichbar ſchien, ſollte zwar nicht zur Nachah¬ mung, doch zur Nacheiferung reizen und viel¬ leicht dadurch ein aͤhnliches Talent zur Aus¬ bildung gelangen, welches ſowohl dem, der ſich deſſen ruͤhmen duͤrfte, erſprießlich, als andern, die es fuͤr ſich zu gebrauchen daͤch¬ ten, nuͤtzlich ſeyn koͤnnte. Dieſe meine Goͤn¬ ner, und Salzmann mit ihnen, legten auf mein Gedaͤchtniß und auf meine Faͤhigkeit, den Sinn der Sprachen zu faſſen, einen gro¬ ßen Werth und ſuchten hauptſaͤchlich dadurch ihre Abſichten und Vorſchlaͤge zu motiviren. Wie nun aus allem dieſem nichts gewor¬ den, und wie es gekommen, daß ich wieder von der franzoͤſiſchen Seite auf die deutſche heruͤbergetreten, gedenk' ich hier zu entwickeln.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/82
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/82>, abgerufen am 31.10.2024.